Urteil des LG Köln vom 30.07.2008

LG Köln: recht am eigenen bild, grad des verschuldens, veröffentlichung, schweres verschulden, hochzeit, privatsphäre, medien, überwiegendes öffentliches interesse, schutz der persönlichkeit, trauung

Landgericht Köln, 28 O 148/08
Datum:
30.07.2008
Gericht:
Landgericht Köln
Spruchkörper:
28. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
28 O 148/08
Tenor:
Unter Abweisung der Klage im übrigen wird die Beklagte verurteilt,
1.
an die Klägerin eine Geldentschädigung von 15.000,00 € nebst Zinsen
in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
31.03.2008 zu zahlen,
2.
an die Klägerin 1.365,27 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz seit dem 31.03.2008 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 24 %, die Beklagte
zu 76 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckbaren
Betrages. Ihr wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils
vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet.
T A T B E S T A N D :
1
Die Klägerin ist die Ehefrau des Fernsehmoderators K, die Beklagte verlegt die
Zeitschrift "G". Die Klägerin macht Ansprüche auf Zahlung einer Geldentschädigung im
Zusammenhang mit der Veröffentlichung eines Hochzeitsfotos durch die Beklagte
geltend. Die Klägerin heiratete im Sommer 2006 ihren langjährigen Lebensgefährten,
Herrn K. Die standesamtliche Trauung fand in einem abgegrenzten Bereich im Schloss
Belvedere auf dem Pfingstberg, die kirchliche Trauung in der Friedenskirche, beides in
Potsdam, statt. Das Paar wünschte, dass die Hochzeit in einem ausschließlich privaten
Rahmen stattfindet und keine Medienberichterstattung über die konkreten Abläufe und
2
Ausstattungen erfolgt; dies auch, um am Tag der Hochzeit von Paparazzi-Jagden
verschont zu bleiben und ihre Kinder vor Berichterstattung zu schützen. Im Vorfeld der
Hochzeit gaben die Klägerin und ihr Ehemann der Presse – auch der Beklagten – durch
presserechtliches Infoschreiben (Anlage K 1, Bl. 18 d.A.) bekannt, dass sie keinerlei
Berichterstattung in Wort und Bild über ihre Hochzeitsfeier wünschten. Die Einladung
wurde nur an die konkret eingeladenen Gäste verschickt und nicht offiziell bekannt
gegeben oder an die Medien verschickt. Die Örtlichkeiten wurden so ausgesucht, dass
die Feierlichkeiten bzw. die Zeremonie selbst nicht oder nur von außen schwer
einsehbar waren. Das Gelände des Schlosses Belvedere war über seine Außenmauer
hinaus weiträumig abgesperrt, genauso wie der Bereich der Gästezufahrt. Zu den
Feierlichkeiten waren keine Pressefotografen oder andere professionelle Fotografen
zugelassen. Als sich noch vor Beginn der Feierlichkeiten im Schloss Belvedere
herausstellte, dass mehrere Fotografen dennoch das Gelände betreten und sich in
unmittelbarer Nähe zum Gebäude aufhalten würden, erklärten der Chef der eigens
engagierten Sicherheitsmanagementfirma und auch die Verwaltung des Pfingstberges
den Pressevertretern gegenüber ausdrücklich, dass der gesamte Geländebereich der
Anlage während der Dauer der Feierlichkeiten Privatgelände sei. Danach wurde das
Gelände an den gefährdeten Stellen mittels Flatterband abgesperrt.
Nachdem bereits vor der Hochzeit in der BILD-Zeitung am 27.03.2006 ein Bericht unter
der Überschrift "Märchen-Hochzeit im Schloss" erschienen war, in dem nicht nur über
die Örtlichkeiten der Hochzeitsfeier, sondern auch über Details (katholischer Pfarrer,
Bläserchor, Einladungen, Polterabend im Restaurant, Feinkosthändler,
Veranstaltungsagentur) berichtet worden war, erwirkten die Klägerin und ihr Mann bei
dem Landgericht Berlin hiergegen eine einstweilige Verfügung, die vom Kammergericht
weitestgehend bestätigt wurde mit der Ausnahme, dass wegen der überragenden
Prominenz des Ehe-mannes der Klägerin als Fernsehmoderator und Werbeträger der
Ort der standesamtlichen und kirchlichen Trauung und der Ort der Hochzeitsfeier
veröffentlicht werden durften. Dieser Rechtsstreit war Gegenstand der Berichterstattung
in nahezu allen Medien, auch in dem hier streitgegenständlichen Bericht der Beklagten
in der Freizeit-Revue Nr. 30/2006 (Anlage K 5, Bl. 32 d.A.) mit der Überschrift:
3
"Nach 18 Jahren heiratete er seine Thea
4
K
5
Warum wollte er sein Glück nicht mit seinen Fans teilen?"
6
Im Vorspann zu dem Artikel war ausgeführt: "Bei seiner Trauung und den
anschließenden Feierlichkeiten schloss der TV-Moderator alle Journalisten aus und
verbat sich jede Berichterstattung. Ergebnis: ein seltsames Spektakel ...". Im Beitrag
selbst wurde über die weiträumige Absperrung berichtet und ausgeführt "...Nicht etwa
um den US-Prä-sidenten vor einem Attentat zu schützen, sondern um dem Wunsch des
Medienmannes nach privatem Ambiente selbst an den öffentlichsten Plätzen Respekt
und Geltung zu verschaffen. K hatte sogar die Gerichte bemüht, um dieses
durchzusetzen. ..." Der Beitrag ist mit diversen Fotos in unterschiedlichsten Größen
bebildert. Von den beiden größten Fotos zeigt eines den Ehemann der Klägerin und
Thomas Gottschalk; das andere, hier streitgegenständliche Lichtbild zeigt die Klägerin
beim Warten auf die Trauung im Inneren von Schloss Belvedere, und zwar hinter dem
Gemäuer rechts von einer geöffneten Eisengittertür stehend. Eingeblendet ist der
Schriftzug: "Die Braut. Thea im weißen Hochzeitskostüm – und ein wenig angespannt.
7
Wegen des unnötigen Trubels?" Die Ausgabe der Freizeit-Revue hatte eine Auflage
von über einer Million Exemplaren.
Auf die Aufforderung der Klägerin vom 31.07.2006 gab die Beklagte hinsichtlich des
Bildnisses eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, verweigerte aber die
Begleichung der Anwaltsgebühren genauso wie die Zahlung einer Geldentschädigung.
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Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin die Zahlung von beidem geltend, wobei
sie die Geldentschädigung mit mindestens 20.000,00 € bemisst. Sie behauptet, das Bild
habe nur mit Hilfe eines starken Teleobjektivs und unter Ausnutzung eines extrem
schrägen Winkels hergestellt werden können. Zudem habe ein starkes Zoom eingesetzt
werden müssen. Sie ist der Ansicht, in der Veröffentlichung liege eine besonders
schwere und hartnäckige Verletzung ihrer Privatsphäre zur Verfolgung kommerzieller
Zwecke der Beklagten. Der Bildnisveröffentlichung habe kein überwiegendes
öffentliches Interesse gegenübergestanden. Zu berücksichtigen sei, dass die Klägerin
sich in dem intimen Moment vor der Trauung habe unbeobachtet fühlen dürfen. Die
Beklagte habe sich bewusst über die Bitte der Klägerin und Gerichtsentscheidungen
hinweggesetzt. Besonders schwer wiege hierbei, dass die Klägerin zuvor alles getan
habe, um sich vor Paparazzi zu schützen. Den bewussten Rechtsbruch habe die
Beklagte - anders als die überwiegende Zahl der Medien, die sich an den Ausschluss
der Öffentlichkeit und der Medien gehalten hätten - begangen, um sich von der
Konkurrenz abzuheben und durch die Exklusivität ihre Auflage zu steigern. Besonders
schwerwiegend sei der Verstoß auch deshalb, weil der ganze Artikel nur von den
Bemühungen des Paares gehandelt habe, ungestört heiraten zu dürfen. Es bestehe
auch kein öffentliches Interesse an der Veröffentlichung des Textes und des hier
angegriffenen Bildes. Die Klägerin sei keine Person der Zeitgeschichte, habe in der
Vergangenheit bewusst zurückgezogen gelebt und sei gegen jede Berichterstattung
vorgegangen, die sich mit ihrem Ehe- und Beziehungsleben auseinandergesetzt habe,
was auch der Yellow Press bekannt sei. Der Verstoß sei auch nicht auf andere Weise
auszugleichen.
9
Der Höhe nach sei ein Ausgleichsanspruch von mindestens 20.000,00 € gerechtfertigt,
da die Beklagte ihr Recht auf Privatsphäre auf besonders zynische Weise und ihren
ausdrücklich geäußerten Willen ignoriert habe, um die Neugier der Leser zu befriedigen
und hierdurch ihre eigenen kommerziellen Interessen zu verfolgen, was sich auch aus
der Veröffentlichung des Beitrags an besonders prominenter Stelle zeige.
10
Die Erstattung der Anwaltskosten für die außergerichtliche Geltendmachung des
Unterlassungsanspruches mit 20.000,00 € bei Ansatz einer 1,3-Gebühr in Höhe von
997,37 € sei ebenso gerechtfertigt wie die Erstattung der 0,65-Geschäftsgebühr für die
außergerichtliche Geltendmachung des Geldentschädigungsanspruches in Höhe von
20.000,00 € in Höhe von 419,19 €.
11
Die Klägerin beantragt,
12
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie eine Geldentschädigung zu zahlen, deren Höhe
in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch mindestens 20.000,00 Euro
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der
13
Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.417,24 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit
Rechtshängigkeit zu zahlen;
14
Die Beklagte beantragt,
15
die Klage abzuweisen.
16
Die Beklagte behauptet, das Bild sei nicht so entstanden wie die Klägerin dies vortrage,
was an der Präsentation des Gästeaufmarsches in dem Artikel zu ersehen sei. Daher
sei insbesondere kein starkes Zoom eingesetzt und kein starker Winkel gewählt worden.
Insbesondere ergebe eine Gesamtbeurteilung der Umstände, dass ein Anspruch nicht
bestehe. Insbesondere liege schon keine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung vor.
Weiterhin sei die Hochzeit von K als des bekanntesten deutschen Fernsehmoderators
ein zeitgeschichtliches Ereignis ersten Ranges gewesen, weshalb sie auf breiteste
mediale Resonanz gestoßen sei. Auch an der Klägerin als seiner nunmehrigen Ehefrau
habe ein berechtigtes Informationsinteresse bestanden.
17
Es fehle auch an einem Verschulden der Beklagten. Entschädigungswürdig sei die
Veröffentlichung nur, wenn der betreffenden Redaktion eine besonders grobe
Missachtung der sie treffenden Sorgfalt vorzuwerfen ist. Das Anstellen komplexer
rechtlicher Erwägungen könne von einem Laien – wie der Beklagten – nicht erwartet
werden.
18
Schließlich sei im Rahmen der Gesamtbetrachtung ein unabwendbares Bedürfnis für
die Zuerkennung einer Geldentschädigung nicht gegeben. Da vorwiegend
Präventionserwägungen anzustellen seien, fehle dieses bei Überzeichnungen, die für
sich genommen zwar schwer wiegen, wegen der Berücksichtigung der Umstände des
Einzelfalles aber keine Beeinträchtigung des Lebensbildes oder der Persönlichkeit des
Betroffenen darstellen. Es komme hinzu, dass es sich lediglich um einen ultima-ratio-
Rechtsbehelf handele. Ein Anspruch, bestehe er dennoch, sei jedenfalls nicht in der
beantragten Höhe gegeben. Auch der Gegenstandswert bei der Geltendmachung der
Anwaltskosten sei übersetzt.
19
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen
auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf
die von ihnen eingereichten Urkunden, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung
gewesen sind.
20
E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
21
Die Klage ist zum überwiegenden Teil begründet.
22
Der Klägerin steht wegen der streitgegenständlichen Bildberichterstattung aus § 823
Abs. 1 BGB, 22, 23 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 KUG i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG ein
Geldentschädigungsanspruch in Höhe von 15.000,00 € nebst Zinsen zu; weiterhin
besteht ein Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Anwaltskosten für die
23
außergerichtliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs in voller Höhe sowie
anteilig der Kosten für die vorgerichtliche Geltendmachung des
Gelderstattungsanspruchs. Es ist nach den gesamten Umständen davon auszugehen,
dass die Beklagte durch die Bildnisveröffentlichung das Persönlichkeitsrecht der
Klägerin schwerwiegend verletzt hat und dass dies schuldhaft geschah. Die Verletzung
ist nicht anderweitig auszugleichen. Schließlich ergibt sich bei Abwägung aller
Umstände auch ein unabwendbares Bedürfnis für die Zuerkennung eines
Geldentschädigungsanspruches. Im Einzelnen gilt Folgendes:
I.
24
Durch die streitgegenständliche, ohne die erforderliche Einwilligung erfolgte
Veröffentlichung ist die Klägerin in ihrem Recht am eigenen Bild, § 22 KUG,
rechtswidrig verletzt worden; die Veröffentlichung ist auch nicht gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1
KUG gerechtfertigt, weil dieser bei Abwägung der maßgeblichen Kriterien ein
berechtigtes Interesse der Klägerin entgegensteht, § 23 Abs. 2 KUG. Ungeachtet des
Umstandes nämlich, dass es sich um ein Bildnis "aus dem Bereich der Zeitgeschichte"
handelt, ist es unter Missachtung der Privatsphäre der Klägerin entstanden, deren
Schutz in concreto vorrangig ist.
25
1.
26
Unzweifelhaft stellt die Hochzeit des Fernsehmoderators K ein Ereignis der
Zeitgeschichte dar. Zur Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zählen alle
Erscheinungen im Leben der Gegenwart, die von der Öffentlichkeit beachtet werden, bei
ihr Aufmerksamkeit finden und Gegenstand der Teilnahme oder Wissbegier weiter
Kreise sind. Der Begriff ist nicht auf historisch bedeutsame Ereignisse beschränkt,
sondern umfasst nach gängiger Definition jede Abbildung, oder Darstellung einer
Person, die ständig oder nur vorübergehend im Blickfeld wenigstens eines Teils der
Öffentlichkeit steht und an der die Allgemeinheit ein legitimes Informationsinteresse hat
(BVerfG GRUR 2000, 446, 452 – Caroline von Monaco). Insbesondere im Hinblick auf
den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-
politischer Bedeutung, sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen
von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse, und wird mithin vom Interesse der
Öffentlichkeit bestimmt. Auch durch unterhaltende Beiträge kann nämlich
Meinungsbildung stattfinden; solche Beiträge können die Meinungsbildung unter
Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene
Informationen (BGH, Urteil vom 06.03.2007, Az. VI ZR 14/06). Es bedarf keiner vertieften
Darlegung, dass die Hochzeit von K, der zu den bekanntesten und beliebtesten
Fernsehmoderatoren gehört, dem "Zeitgeschehen" im Sinne der aufgeführten
Rechtsprechung zuzuordnen ist. Seiner Präsenz in den Medien entspricht umgekehrt
ein legitimes Interesse der Öffentlichkeit an seiner Person. Es kommt hinzu, dass die
Hochzeitsfeier an solchen Orten stattfand, die als bekannte Sehenswürdigkeiten gelten
und dass auch eine Vielzahl der Eingeladenen zum Kreis derjenigen gehören, die aus
Sport, Medien, Wirtschaft und Politik bekannte Persönlichkeiten sind. Auch an der
Klägerin als der Braut von K bestand zu diesem Anlass unzweifelhaft ein
Berichterstattungsinteresse. Die Öffentlichkeit hat ein Interesse daran, zu erfahren,
inwieweit Personen, die als Vorbild gelten, funktionales und persönliches Verhalten
überzeugend in Übereinstimmung bringen (BVerfG, a.a.O.). An diesem Interesse nahm
die Klägerin im Zusammenhang mit ihrer Hochzeit teil. An ihrer Person bestand
jedenfalls ein abgeleitetes Interesse der Öffentlichkeit. Die "Begleiter-Situation" ist
27
insoweit ein zeitgeschichtlicher Vorgang wegen des Interesses an der absoluten Person
der Zeitgeschichte, das auf die Person ausstrahlt, von dem jene in der Öffentlichkeit
begleitet wird (vgl. BVerfG NJW 2001, 1921, 1923 – Fotoberichterstattung über
Personen der Zeitgeschichte).
2.
28
Angesichts der besonderen Umstände standen der Veröffentlichung des Bildes jedoch
überwiegende berechtigte Interessen der Klägerin im Sinne von § 23 Abs. 2 KUG
entgegen, weil es sie in einem der Privatsphäre zuzuordnenden Rückzugsbereich zeigt.
29
Vom Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit ist neben dem Recht am Bild auch der
Schutz der Privatsphäre umfasst. Dieser Schutz hat verschiedene Dimensionen. In
thematischer Hinsicht betrifft er insbesondere solche Angelegenheiten, die von dem
Grundrechtsträger einer öffentlichen Erörterung oder Zurschaustellung entzogen zu
werden pflegen. In räumlicher Hinsicht gehört zur Privatsphäre ein Rückzugsbereich
des Einzelnen, der ihm insbesondere im häuslichen, aber auch im außerhäuslichen
Bereich die Möglichkeit des Zu-Sich-Selbst-Kommens und der Entspannung sichert und
der das Bedürfnis verwirklichen hilft, in Ruhe gelassen zu werden. Die Grenzen der
geschützten Privatsphäre lassen sich nicht generell und abstrakt festlegen (vgl. BVerfG
NJW 2008, 1793, 1794). Vielmehr lässt sich die Frage, ob bei einem Aufenthalt
außerhalb des eigenen häuslichen Bereichs die Voraussetzungen einer solchen
Abgeschiedenheit erfüllt sind, nur situativ aufgrund der jeweiligen Beschaffenheit des
Ortes beantworten, den der Betroffene zum fraglichen Zeitpunkt aufgesucht hat.
Ausschlaggebend ist, ob der Einzelne eine Situation vorfindet oder schafft, in der er
begründetermaßen und somit auch für Dritte erkennbar davon ausgehen darf, den
Blicken der Öffentlichkeit nicht ausgesetzt zu sein (BVerfG NJW 2000, 1021, 1023 –
Caroline von Monaco). Ist dies der Fall, setzt eine Verletzung der Privatsphäre weder
voraus, dass der Betroffene im Vertrauen auf die Abgeschiedenheit sich in einer Weise
verhalten hat, die er unter den Augen der Öffentlichkeit vermeiden würde, noch, dass die
Aufnahmen heimlich oder in überrumpelnder Weise gemacht wurden (vgl. von Strobl-
Albeg in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, Rn. 8.68). Dabei setzt
die Annahme der Abgeschiedenheit kein Alleinsein oder eine fremden Blicken völlig
entzogene Örtlichkeit voraus. Auch wer sich den Augen einer begrenzten Öffentlichkeit
aussetzt, kann geschützt sein, denn es macht einen entscheidenden Unterschied, ob
jemand lediglich von den zufällig anwesenden Personen seiner Umgebung gesehen
und beobachtet werden kann oder ob in einer solchen Situation Fotografien von ihm
hergestellt werden zu dem Zweck, diese in der Öffentlichkeit zu verbreiten (BGH NJW
1996, 1128, 1130).
30
In einem derart abgeschiedenen Bereich befand sich die Klägerin zur Zeit der Erstellung
des Lichtbildes, wenngleich sie – was am Rande des Fotos erkennbar ist – nicht allein
war. Entscheidend ist, dass das Schloss Belvedere zum Zeitpunkt, als das Bild
entstand, unstreitig weiträumig abgesperrt war und die Klägerin sich in seinem Inneren
befand. Es war Privatgelände, zu dem nur die geladenen Gäste und diejenigen
Personen Zutritt hatten, die für die (ungestörte) Durchführung der
Hochzeitsfeierlichkeiten sorgen sollten, wie z.B. das Sicherheitspersonal. Diese
Sicherungen entsprachen dem gegenüber den Medien geäußerten Wunsch des
Hochzeitspaares, bei den Feierlichkeiten ungestört sein zu wollen, ohne dass sie von
Außenstehenden beobachtet oder fotografiert werden. Der Vortrag der Beklagten ist
nicht geeignet, das Merkmal der Abgeschiedenheit in Frage zu stellen. Alleine ihr
31
Bestreiten, das Bild sei gegenüber dem Vortrag der Klägerin nicht mit starkem Zoom
oder aus einem scharfen Winkel aufgenommen worden, ist demgegenüber unerheblich.
Auch sind die Hochzeitsgäste, wie sich aus dem jeweiligen Bildhintergrund erkennen
lässt, an anderen Stellen fotografiert worden als die Klägerin. Da der Ort der Aufnahme
des Bildes ein Vorgang ist, der notwendigerweise der Kenntnis der Klägerin entzogen
ist, dieser vielmehr aus dem Bereich der Beklagten stammt, trifft die Beklagte insoweit
bereits nach allgemeinen Grundsätzen eine erweiterte Darlegungslast (Zöller-Greger,
ZPO, vor § 284, Rn. 34). Dies ist für die Frage der Umstände, unter denen ein Lichtbild
entstanden ist ausdrücklich vom Bundesverfassungsgericht bestätigt worden (BVerfG
NJW 2008, 1793, 1797). Im übrigen ist, wie dargelegt, die Entstehungsweise des Bildes
unerheblich, wenn sich der Betroffene in örtlicher Abgeschiedenheit befand.
3.
32
Bei der Abwägung des Schutzes der Persönlichkeit der Klägerin aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m.
Art 1 Abs. 1 GG einerseits und der Pressefreiheit andererseits im Hinblick auf die Frage
der Zulässigkeit der Veröffentlichung des streitgegenständlichen Bildes hat die Kammer
auch bedacht, dass der von Art. 10 Abs. 1 EMRK verbürgten Äußerungsfreiheit ein
besonderes Gewicht dort beizumessen ist, wo die Berichterstattung der Presse einen
Beitrag zu Fragen von allgemeinem Interesse leistet. Gerade bei unterhaltenden
Inhalten kommt bei der Gewichtung des Informationsinteresses im Verhältnis zu dem
kollidierenden Persönlichkeitsschutz dem Gegenstand der Berichterstattung
maßgebliche Bedeutung zu, etwa der Frage, ob private Angelegenheiten ausgebreitet
werden, die lediglich die Neugier befriedigen. Von Bedeutung sind, soweit die
Bildberichterstattung betroffen ist, auch ihr Anlass sowie die Umstände, unter denen die
Aufnahme entstanden ist (vgl. BVerfG NJW 2008, 1793, 1796). Hierzu kann ferner der
Kontext der dazu gehörenden Wortberichterstattung gehören, wenn nicht das Bild als
solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält (BVerfG
a.a.O.). Für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes wird neben den
Umständen der Gewinnung der Abbildung, etwa durch Ausnutzung von Heimlichkeit
oder beharrliche Nachstellung, auch bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene
erfasst und wie er dargestellt wird. Das Gewicht der mit der Abbildung verbundenen
Beeinträchtigungen des Persönlichkeitsrechts ist erhöht, wenn die visuelle Darstellung
durch Ausbreitung von üblicherweise der öffentlichen Erörterung entzogenen
Einzelheiten des privaten Lebens thematisch die Privatsphäre berührt (BVerfG a.a.O.,
1797). Hier war unter Berücksichtigung der Darlegungslast zu den Umständen der
Aufnahme zu berücksichtigen, dass – wie dargelegt – zwar die Erwähnung der Hochzeit
als solche und auch die Bekanntgabe der Örtlichkeiten, an denen sie gefeiert wurde, im
vorrangig schützenswerten Interesse der Öffentlichkeit stand. Die streitgegenständliche
Abbildung der Klägerin als Person indes hat keinen zugunsten der Beklagten
schützenswerten Informationswert. Als Person war sie dadurch bekannt, dass sie zuvor
an der Seite von K bei Anlässen als seine Lebensgefährtin gezeigt worden ist, wie z.B.
die Anlage B 5 belegt, wo das Paar beim Besuch des Endspiels abgebildet ist. Der Text
der Bildunterschrift mit der Erwähnung des schlichten weißen Kleides, insbesondere
aber des vermeintlichen Angespanntseins der Klägerin sind keine für die öffentliche
Meinungsbildung bedeutsamen Aussagen, jedenfalls hat die Beklagte hierzu nicht
vorgetragen, welcher Aussagewert von öffentlichem Interesse damit verbunden war.
Auch das Thema des Berichts, die aus der Sicht der Beklagten übertriebene
Abschottung der Feierlichkeiten durch das Brautpaar, wird durch das gerade entgegen
ihren ausdrücklichen Anordnungen doch entstandene Lichtbild aus dem Inneren des
Schlosses nicht illustriert, sondern - deutlich nach außen getragen - konterkariert.
33
Umgekehrt lässt gerade die Situation der Klägerin kurz vor ihrer standesamtlichen
Trauung sie vielmehr besonders schützenswert erscheinen; die Veröffentlichung des in
dieser Situation entstandenen Fotos konnte nur die Neugier der Leser der Beklagten
befriedigen. Das Bild unterscheidet sich zudem thematisch deutlich von üblicherweise
veröffentlichten Hochzeitsbildern, bei denen das Paar auf dem Weg zur Trauung oder
danach gemeinsam abgebildet wird; das streitgegenständliche Foto zeigt gleichsam
den Moment vor Beginn der Zeremonie, der den Betroffenen bei Hochzeiten auch
üblicherweise ganz persönlich "gehört".
II.
34
Die Kammer geht ferner davon aus, dass die streitgegenständliche
Persönlichkeitsrechtsverletzung schwer wiegt. Ob eine Persönlichkeitsrechtsverletzung
in einem Maße schwer wiegt, dass die Zubilligung einer Geldentschädigung
gerechtfertigt ist, lässt sich immer nur anhand der Gesamtumstände des Einzelfalles
ermitteln. Die Entscheidung hängt insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des
Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Verletzers sowie dem Grad des Verschuldens ab
(BGH NJW 1996, 1131, 1134 – Lohnkiller). Während bei Wortberichterstattung die
Verletzungsschwere insbesondere auch aus der Verletzung der persönlichen
Eigensphäre folgen kann, ist bei der Verletzung des Rechts am eigenen Bild darüber
hinaus zu berücksichtigen, dass dem Verletzten keine anderen Abwehrmöglichkeiten
wie etwa ein Widerruf zur Verfügung stehen. Deswegen kann insoweit die Zubilligung
einer Geldentschädigung auch bei weniger schwerwiegenden Eingriffen in Betracht
kommen, dabei ist insbesondere der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen (BGH
NJW 1996, 985 – Kumulationsgedanke).
35
Typischerweise kommt die Zubilligung einer Geldentschädigung in Betracht, wenn die
persönliche Eigensphäre verletzt worden ist, insbesondere in Gestalt der Geheim- und
der Intimsphäre. Aber auch Berichte über die Privatsphäre können über die erforderliche
Eingriffsintensität verfügen, jedenfalls bei wiederholter, hartnäckiger und nachhaltiger
Verletzung des Persönlichkeitsbereichs (BGH NJW 1996, 985 – Kumulationsgedanke;
Wenzel-Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, Rn. 14.102 f.).
Vorliegend geht die Kammer aus dem Gesamtzusammenhang davon aus, dass eine
schwere Persönlichkeitsverletzung anzunehmen ist. Die Klägerin und ihr Ehemann
haben im Vorfeld der Hochzeit alles getan, um sich gegen Paparazzi zu schützen und
hatten dementsprechend die Medien zuvor informiert. Sie hatten, um ihrer Bitte
Nachdruck zu verleihen, den Förderverein, dem die Nutzung des Pfingstberges
übertragen ist, veranlasst, das Gelände am Tag ihrer Hochzeit zu Privatgelände zu
erklären und hatten zusätzlich eine Sicherheitsmanagementfirma engagiert, seitens
derer die Erklärung nochmals abgegeben worden ist und die auch für eine weiträumige
Absperrung mittels Flatterband gesorgt hat. Sie sind gegen eine im Vorfeld der
Hochzeitsfeierlichkeiten geschehene Veröffentlichung im Wege der einstweiligen
Verfügung vorgegangen, durch die Einzelheiten des geplanten Ablaufs vorab mitgeteilt
worden war. Dies hat nochmals das Interesse der Öffentlichkeit auf den Umstand
gelenkt, wo die Grenzen zulässiger Berichterstattung zu ziehen waren. Jedenfalls die
Entscheidung des Kammergerichts zur Einstellung der Zwangsvollstreckung aus der
einstweiligen Verfügung des Landgerichts Berlin vom 23.06.2006 – 9 U 133/06 –
(Anlage K 4) hat die Grenzen zwischen den berechtigten Informationsinteressen der
Öffentlichkeit einerseits und dem Recht der Klägerin und ihres Ehemannes auf
Privatsphäre aus Anlass ihrer Hochzeit ganz klar gezogen. Die
Gerichtsentscheidungen, die in den Medien bekannt geworden sind und die die
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Beklagte auch zum Anlass ihrer Berichterstattung herangezogen hat, zeigten deutlich,
dass eine Bildberichterstattung durch Abbildung der Klägerin aus dem Inneren des
Schlosses Belvedere unzweifelhaft rechtswidrig sein würde. Über den ausdrücklich
erklärten entgegenstehenden Willen der Klägerin hat sich die Beklagte, was sich auch
aus der Veröffentlichung selbst ergibt, hinweggesetzt. Diese bewusste und offenkundige
Missachtung des ihr bekannten Wunsches der Klägerin ist ein bei der Abwägung zu
berücksichtigender Umstand (BGH NJW 1996, 985 – Kumulationsgedanke). Es kommt
hinzu, dass der Artikel, der den besonderen Wunsch des Ehepaares K thematisierte, in
offenkundiger Weise zeigte, dass die Beklagte deren Anliegen nicht nur kritisierte,
sondern zugleich deutlich machte, welche Möglichkeiten – jedenfalls mittels
Rechtsbruchs - ihr zur Verfügung stehen, um sich darüber hinwegzusetzen.
Es kommt ferner die Art und Weise der Entstehung der Fotos hinzu, die nur unter
Überwindung erheblicher Schutzmechanismen und unter Ausnutzung der technischen
Möglichkeiten gemacht worden sein können. Auch dies ist ein Gesichtspunkt, der
Berücksichtigung finden muss. In seiner Entscheidung vom 26.02.2008 hat das
Bundesverfassungsgericht (Az. 1 BvR 1602/07 u.a., NJW 2008, 1793 ff.) u.a. ausgeführt:
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"Das Recht am eigenen Bild gewährleistet dem Einzelnen aber Einfluss- und
Entscheidungsmöglichkeiten, soweit es um die Anfertigung und Verwendung von
Bildaufzeichnungen seiner Person durch andere geht. Das Schutzbedürfnis ergibt sich
vor allem aus der Möglichkeit, das auf eine bestimmte Situation bezogene
Erscheinungsbild eines Menschen von ihr zu lösen und das Abbild jederzeit unter für
den Betroffenen nicht überschaubaren Voraussetzungen vor Dritten zu reproduzieren
(vgl. BVerfGE 101, 361 [381] = NJW 2000, 1021). Je leichter dies ist, umso größer kann
das Schutzbedürfnis sein.
38
So sind mit dem Fortschritt der Aufnahmetechniken wachsende Möglichkeiten der
Gefährdung von Persönlichkeitsrechten verbunden (vgl. BVerfGE 101, 361 [381] = NJW
2000, 1021). Die zunehmende Verfügbarkeit kleiner und handlicher Aufnahmegeräte,
wie etwa in ein Mobiltelefon integrierter Digitalkameras, setzt insbesondere prominente
Personen gesteigerten Risiken aus, in praktisch jeder Situation unvorhergesehen und
unbemerkt mit der Folge fotografiert zu werden, dass das Bildnis in Medien veröffentlicht
wird. Ein besonderer Schutzbedarf kann sich ferner aus einem heimlichen oder
überrumpelnden Vorgehen ergeben (vgl. BVerfGE 101, 361 [394f.] = NJW 2000, 1021).
Für den Schutzbedarf ist ebenfalls von Bedeutung, in welcher Situation der Betroffene
abgebildet wird, etwa in seinem gewöhnlichen Alltagsleben oder in einer Situation der
Entspannung von Beruf und Alltag, in der er erwarten darf, keinen Bildnachstellungen
ausgesetzt zu sein."
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Die Situation, in der die Klägerin fotografiert worden ist, zeigt sie dementsprechend in
einem sehr privaten Moment, in dem sie zudem mit der Fertigung von Fotografien nicht
zu rechnen brauchte. Sie wartete im Inneren des Gebäudes auf die Trauzeremonie. Es
kommt hinzu, dass die Klägerin nicht der Teil des Brautpaares ist, dem das vorrangige
Interesse der Öffentlichkeit gilt. Es ist bekannt, dass sie ihr Privatleben nicht in der
Öffentlichkeit ausbreitet und gegen jede Berichterstattung vorgegangen ist, die sich mit
ihrem Ehe- und Beziehungsleben auseinandersetzte. Schließlich ist davon
auszugehen, dass die Beklagte ausschließlich eigene kommerzielle Interessen
verfolgte, als sie die Bildveröffentlichung an hervorgehobener Stelle in der Ausgabe der
G vornahm. Anders als die überwiegende Zahl der Medien, die sich an die Bitte der
Klägerin und ihres Ehemannes hielten, nutzte sie die vermeintliche Exklusivität der
40
Aufnahmen aus, um hieraus zu profitieren. Dabei verkennt die Kammer durchaus nicht,
dass die Hochzeit von K als solche durchaus in den Augen der Presse ein
zeitgeschichtliches Ereignis ersten Ranges gewesen sein mag; allerdings waren die
Grenzen der Berichterstattung klar abgesteckt.
III.
41
Die weitere Voraussetzung für die Zuerkennung einer Geldentschädigung, nämlich,
dass der Verletzer schuldhaft handelt, ist nach den Darlegungen unter II. anzunehmen.
Dabei geht die Kammer davon aus, dass ein schweres Verschulden im Sinne von
Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit dem Grunde nach nicht einmal erforderlich ist
(Burkhardt in Wenzel, a.a.O., Rn. 14.115 m.w.N.), dass sich andererseits aus einem
schweren Verschulden jedoch gerade die Schwere des Eingriffs ergeben kann (BGH
NJW 1996, 1131, 1135 – Lohnkiller) oder umgekehrt sein Fehlen bei der
Gesamtabwägung mitentscheidend sein kann, dass ein Anspruch auf
Geldentschädigung zu verneinen ist.
42
Vorliegend ist allerdings davon auszugehen, dass die Beklagte ein schweres
Verschulden trifft. Dass sie angesichts der bekannt gewordenen und in den Medien
diskutierten Einschränkungen der Berichterstattung durch das Brautpaar, die zudem
bekanntermaßen auch Gegenstand von Gerichtsentscheidungen geworden sind,
dennoch die streitgegenständliche Bildveröffentlichung vornahm, obwohl das Bild
erkennbar im Inneren von Schloss Belvedere entstanden war, ist als vorsätzliches
Handeln zu bewerten. Die besonders grobe Missachtung der Sorgfaltspflicht der
Beklagten ergibt sich gerade aus der Gegenüberstellung von Text – hier die
"untersagte" Berichterstattung – und dem streitgegenständlichen Foto, das zeigt, dass
sich die Beklagte über das Verbot bedenkenlos hinweggesetzt hat. Dies zu erkennen
bedurfte es keiner juristischen, sondern nur journalistischer Vorkenntnisse, die bei der
Beklagten vorausgesetzt werden können.
43
IV.
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Eine anderweitige Ausgleichsmöglichkeit als eine Entschädigung in Geld ist gegen die
geschehene Bildveröffentlichung nicht erkennbar. Die Besonderheit einer Verletzung
des Rechts am eigenen Bild besteht darin, dass dem Verletzten - anders als in den
anderen Fällen, in denen er etwa den Widerruf oder die Richtigstellung einer sein
Persönlichkeitsrecht beeinträchtigenden Äußerung verlangen kann - gegen eine solche
Rechtsverletzung keine anderen Abwehrmöglichkeiten als ein Anspruch auf
Geldentschädigung zu Gebote stehen. Daraus folgt, dass in einem solchen Fall an die
Zubilligung eines Entschädigungsanspruchs geringere Anforderungen als in anderen
Fällen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung zu stellen sind (BGH NJW 1996, 985, 986 -
Kumulationsgedanke). Aus diesem Grund sind bei Bildnisfällen keine überzogenen
Anforderungen an die Subsidiarität des Anspruchs zu stellen (Wankel, Foto- und
Bildrecht, rn. 269). Der gegen die Beklagte durchgesetzte Unterlassungsanspruch kann
keine Kompensation mit sich bringen, andere Rechtsbehelfe, die demselben Ziel dienen
könnten, sind nicht erkennbar.
45
V.
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Schließlich geht die Kammer davon aus, dass die Gesamtbeurteilung aller
maßgeblichen Umstände ergibt, dass für die Zuerkennung einer Geldentschädigung ein
47
unabwendbares Bedürfnis besteht. Ein solches liegt in der Regel vor, wenn sich der
Angriff gegen die Grundlagen der Persönlichkeit richtet oder wenn die
Persönlichkeitsverletzung das Schamgefühl berührt, zu Peinlichkeiten führt, wenn sie
ein Gefühl des Ausgeliefertseins verursacht. Ob eine solche Folge eintritt, kann das
Gericht in der Regel aufgrund der Lebenserfahrung oder gerichtsbekannter Umstände
beurteilen (Burkhardt, a.a.O., Rn. 14.128). Bei der Abwägung ist auch die
Zweckbestimmung der Geldentschädigung zu berücksichtigen. Es handelt sich bei ihr
um ein Recht, das auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und 2 I GG zurückgeht. Die
Zubilligung einer Geldentschädigung, die in Verbindung mit diesen Vorschriften ihre
Grundlage in § 823 I BGB findet, beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen
Anspruch Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts häufig ohne Sanktion
blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde.
Anders als beim Schmerzensgeldanspruch steht bei dem Anspruch auf eine
Geldentschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der
Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll er der
Prävention dienen (BGH NJW 1996, 985, 987 - Kumulationsgedanke).
Der Beklagten ist zuzugeben, dass das Foto, das die Klägerin zeigt, nicht
geldentschädigungswürdig wäre, wäre es in einer nicht der örtlichen Abgeschiedenheit
zuzurechnenden Situation entstanden: es zeigt weder ihren Intimbereich noch stellt es
sie ungünstig oder verzerrt dar. Indes sind die in dieser Entscheidung bereits
dargestellten Umstände, unter denen es entstand – insbesondere unter "Eindringen" in
den privaten Schutzbereich mittels einer Kamera und die private Situation kurz vor der
Eheschließung, in der sie gezeigt wird, in Verbindung mit dem besonders hartnäckigen
Verstoß der Beklagten insgesamt geeignet, zum Ergebnis der Unabwendbarkeit zu
führen, zumal die Beklagte einzig ihres eigenen wirtschaftlichen Vorteils wegen
handelte. Insoweit war insbesondere der vom Bundesgerichtshof in der aufgeführten
Entscheidung ins Feld geführte Kumulationsgedanke zu berücksichtigen, der der
Verletzung des Persönlichkeitsrecht seine besondere Schwere verlieh. Dies gilt auch für
den Grad des Verschuldens der Beklagten. Auf die vorangegangenen Darlegungen wird
insoweit Bezug genommen.
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Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass selbst dann, wenn einzelne
Bildveröffentlichungen nicht zu einer Geldentschädigung Anlass geben würden, die aus
deren Kumulation erkennbare Hartnäckigkeit sowie ein bewusstes Hinwegsetzen über
die Wünsche des Betroffenen ein Geldentschädigungsanspruch zu gewähren ist. Der
Bundesgerichtshof hat hierzu Folgendes ausgeführt (BGH NJW 1996, 985 ff. -
Kumulationsgedanke): "Die Rechtsverletzung, die die Beklagte dem Kläger zugefügt
hat, erschöpft sich jedoch nicht in der bloßen Veröffentlichung der Fotos. Sie erhält
vielmehr ihr besonderes Gewicht dadurch, daß die Beklagte durch die wiederholte
einwilligungslose Veröffentlichung der Fotos des Klägers dessen Recht am eigenen
Bild mit besonderer Hartnäckigkeit verletzt und sich zumindest bei der letzten
Veröffentlichung über den ihr ausdrücklich erklärten entgegenstehenden Willen des
Klägers hinweggesetzt hat. Zu dem wiederholten Rechtsbruch der Beklagten, der in der
einwilligungslosen Veröffentlichung der Fotos bestand, trat damit die bewußte und
offenkundige Mißachtung des erklärten Willens des Klägers hinzu. Dabei handelte die
Beklagte um des eigenen wirtschaftlichen Vorteils willen. Dies bedeutet, daß die
Rechtsverletzung, die die Beklagte dem Kläger zugefügt hat, nach ihrer Intensität, dem
Beweggrund der Beklagten und dem Grad ihres Verschuldens als so gewichtig zu
werten ist, daß sie die Zubilligung eines Anspruchs auf eine Geldentschädigung
gebietet."
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Die besondere Hartnäckigkeit des Vorgehens der Beklagten ist vorliegend zu bejahen,
auch wenn es nicht zu einer wiederholten Veröffentlichung gekommen ist. Indes kann –
wie im Streitfall geschehen – die erforderliche Hartnäckigkeit sich auch bereits in einer
einzigen Veröffentlichung zeigen. Diese Hartnäckigkeit der Beklagten hat sich darin
gezeigt, dass sie es trotz aller Schutzmaßnahmen geschafft hat, an ein Foto aus dem
Inneren des Schlosses Belvedere zu kommen, das die Klägerin noch dazu in dem
besonderen Moment kurz vor ihrer Trauung zeigt. Durch die Veröffentlichung hat sie
sich zugleich über den erklärten Willen des Brautpaares hinweggesetzt – dies
erklärtermaßen bewusst und demonstrativ. Es kommt hinzu, dass die Klägerin nicht die
Person ist, der vorrangig das Interesse der Medien gilt, sondern dass dies "nur" als die
Lebenspartnerin ihres Ehemannes der Fall ist; trotzdem war sie diejenige, von der ein
Bild veröffentlicht wurde, auf dem sie ohne ihn zu sehen ist. Der Umstand, dass es trotz
der umfangreichen Sicherungsmaßnahmen gelingen konnte, ein Foto aus dem Inneren
des Schlosses zu veröffentlichen, ist objektiv geeignet, bei der Klägerin ein Gefühl des
Ausgeliefertseins ihrer Privatsphäre gegenüber der Öffentlichkeit zu erzeugen. Es zeigte
deutlich, dass es trotz der enormen Sicherheitsvorkehrungen und der Beschränkungen
für die Presse möglich war, an Fotografien aus ihrer Privatsphäre zu gelangen.
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Die Kammer hat bei der Abwägung auch bedacht, dass das unabwendbare Bedürfnis
für eine Geldentschädigung fehlen kann, wenn der Betroffene hat erkennen lassen, dass
er sich nicht beeinträchtigt fühlt, so dass in diesem Fall ein Genugtuungsbedürfnis zu
verneinen wäre. Dies kann sich unter anderem auch daran zeigen, dass bis zur
Geltendmachung des Anspruchs eine lange Zeitspanne vergangen ist (Burkhardt,
a.a.O., Rn. 14.130). Zwar ist die Klageschrift in dieser Sache erst etwa 1 ¾ Jahr nach
der streitgegenständlichen Berichterstattung und der Ablehnung einer
Geldentschädigung durch die Beklagte eingegangen, jedoch belegt dieser Umstand
nicht, dass die Klägerin hierdurch gezeigt hat, sich nicht beeinträchtigt zu fühlen. Die
Klägerin hat zunächst aus prozessökonomischen Gründen wegen der Berichterstattung
in der BUNTEN (Anlage B 5) gegen die Konzernschwestergesellschaft der Beklagten
einen Rechtsstreit vor dem Landgericht Hamburg geführt, von der ein sehr ähnliches
Bild, freilich in der Situation nach der Trauung und mit anderer Bildunterschrift, erfasst
war.
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VI. Insgesamt geht die Kammer davon aus, dass der Klägerin ein
Geldentschädigungsanspruch in Höhe von 15.000,00 € zusteht. Die nochmalige
Abwägung aller bereits aufgeführten maßgeblichen Umstände der Entstehung und
Veröffentlichung des Bildes, dessen Beschaffenheit selbst führten unter
Berücksichtigung der Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion sowie des in Fällen
vorsätzlicher, rücksichtsloser Zwangskommerzialisierung der Persönlichkeit bei der
Bemessung der Geldentschädigung erhöhend zu berücksichtigende
Präventionsaspekts (BVerfG NJW 2000, 2187) sowie der wirtschaftlichen Verhältnisse
beider Parteien zur Bemessung des zuerkannten Betrages. Auch der Verbreitungsgrad
der Ausgabe, in der das Lichtbild abgedruckt war, mit über 1 Million Exemplaren, hat
eine Rolle gespielt. Die Kammer hat dabei insbesondere auch bedacht, dass auf Seiten
der Klägerin weniger die Ausgleichs- sondern vielmehr die Genugtuungsfunktion im
Vordergrund zu stehen hatte. Daneben spielte, insbesondere unter Berücksichtigung
des schweren Verschuldens der Beklagten, auch der Präventionsgedanke eine wichtige
Rolle. Hiernach erscheint der Betrag von 15.000,00 € erforderlich, aber auch
ausreichend, die Funktion der Geldentschädigung im Streitfalle zu erfüllen. Der
Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.
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VI.
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Die Klägerin kann ferner gemäß § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 und 2 GG von der
Beklagten die Erstattung ihrer außergerichtlich angefallenen Anwaltsgebühren in Höhe
von 997,37 € nebst gesetzlicher Zinsen für die Geltendmachung ihres
Unterlassungsanspruchs verlangen. Durch die Bildberichterstattung, zu deren
Unterlassung sich die Beklagte verpflichtet hat, hat die Beklagte schuldhaft das
allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin verletzt. Die Abmahnung der Klägerin
zählt zu den Maßnahmen einer zweckmäßigen Rechtsverfolgung. Die Klägerin kann in
der geltend gemachten Höhe nach den §§ 2, 13 RVG Nr. 2400 VV für die Durchsetzung
des Anspruchs auf Unterlassung eine 1,3 Geschäftsgebühr zzgl. Kostenpauschale und
Mehrwertsteuer beanspruchen. Dabei geht die Kammer davon aus, dass angesichts des
für die Bemessung des Gegenstandswertes maßgeblichen Interesses der Klägerin an
der Unterlassung angesichts der Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung und des
Verbreitungsgrades der Ansatz von 20.000,00 € nicht zu beanstanden ist.
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Für die außergerichtliche Geltendmachung des Geldentschädigungsanspruchs in
berechtigter Höhe von 15.000,00 € steht der Klägerin entsprechend der
Geltendmachung in der Klageschrift ein Anspruch in Höhe von 367,90 € zu. Durch die
außergerichtliche Geltendmachung des Schmerzengeldanspruchs ist eine 1,3
Verfahrensgebühr angefallen, die die Klägerin in einer nicht anrechenbaren Höhe von
0,65 geltend machen kann.
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Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
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VII.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 708 Nr. 11, 709 ZPO.
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Streitwert: Antrag zu 1: 20.000,00 € Antrag zu 2: 997,37 € (im Übrigen Nebenforderung
gem. § 4 ZPO)
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insgesamt: 20.997,37 €
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