Urteil des LG Köln vom 01.08.2003

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Landgericht Köln, 32 O 43/03
Datum:
01.08.2003
Gericht:
Landgericht Köln
Spruchkörper:
32. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
32 O 43/03
Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.215,00 € nebst 5% Zinsen
über dem Basiszins seit dem 09.01.2003 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 120 % des zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand:
1
Am 02.09.2002 erwarb die Klägerin vom Beklagten einen PKW VW Passat zu einem
Kaufpreis von 9.300,00 €. In der verbindlichen Bestellung (Bl. 2 des Anlagenheftes), die
von der Klägerin später gegengezeichnet wurde, wurde die Gesamtfahrleistung des
Fahrzeugs mit 116.000 km angegeben. Tatsächlich war der Wagen aber bereits am
11.01.2002 178.757 km gelaufen. Der Kauf des Wagens erfolgte in beiderseitigem
Einverständnis unter Ausschluss jeder Gewährleistung.
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Die Klägerin forderte den Beklagten am 09.12.2002 mit Fristsetzung bis 12.12.2002 zur
Zahlung eines Betrages von 10.800,00 € Zug um Zug gegen Rücknahme des PKW auf.
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Eine Schätzung des Wertes des Fahrzeugs, die für die Klägerin mit Kosten in Höhe von
115,00 € verbunden war, ergab am 29.01.2003 einen Händlereinkaufswert von 6.800,00
€ (Bl. 4, 5 des Anlagenheftes).
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Am 12.02.2003 - vor Zustellung der Klage am 05.03.2003 - veräußerte die Klägerin das
Fahrzeug an einen Herrn B für 7.700,00 € (Bl. 3 des Anlagenheftes).
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Die Klägerin behauptet, das Fahrzeug unmittelbar nach dem Erwerb vom Beklagten an
Herrn G für 10.000,00 € weiterverkauft zu haben. Dieser habe das Fahrzeug für 796,46 €
reparieren lassen. Als die tatsächliche Laufleistung des Fahrzeugs bekannt geworden
sei, habe Herr G Gewährleistungsansprüche geltend gemacht. Darauf habe sie den
Wagen zum Preis von 10.800,00 € zurückgenommen.
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Mit ihrer Klage hatte die Klägerin zunächst Zahlung in Höhe von 10.800,00 € Zug um
Zug gegen die Rücknahme des Fahrzeuges begehrt. Nach dessen Weiterverkauf hat
sie die Klage teilweise zurückgenommen und beantragt nunmehr,
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den Beklagten zu verurteilen, an sie 3.215,00 € nebst 5% Zinsen über dem
Basiszins seit dem 09.01.2003 zu zahlen, und dem Beklagten die Kosten des
Rechtsstreits auch insoweit aufzuerlegen, als sie die Klage zurückgenommen hat.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er ist der Ansicht, Rechte aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrag
bestünden aufgrund des wirksamen Gewährleistungsausschlusses und des Fehlens
einer Zusicherung nicht.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist begründet.
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Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 3.215,00 €
gemäß §§ 443 Abs. 1, 437 Abs. 1 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB.
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Die Angabe "Gesamtfahrleistung: 116.000 km" ist eine Beschaffenheitsgarantie im
Sinne des § 443 Abs. 1 BGB, die vom Gewährleistungsausschluss nach § 444 BGB
nicht erfasst wird.
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Die Parteien haben einen Kaufvertrag gemäß § 433 BGB geschlossen. Zum Inhalt der
Vertragsurkunde gehörte vorbenannte Angabe der Gesamtlaufleistung. Die Angabe
erfolgte ohne jeglichen Zusatz, wie etwa "soweit bekannt", "nach Angabe des
Verkäufers" oder "laut Tacho", obgleich den Parteien als Gebrauchtwagenhändlern
diese Formulierungsmöglichkeiten hätten vertraut sein müssen. Da die Laufleistung für
den Gebrauchtwagenkäufer von kaufentscheidender Bedeutung ist, ist sie bei
Auslegung anhand des Wortlauts und Regelungszusammenhangs vom Empfänger als
verbindliche Auskunft über die bisher gefahrenen Kilometer zu verstehen (vgl. OLG
Düsseldorf, NJW-RR 2000, 505 (506), sowie BGH, NJW 1998, 2207 (2208), der sogar
trotz des Zusatzes "soweit bekannt" von einer Zusicherung ausging).
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An eine Gewährübernahme sind insbesondere bei einem Gebrauchtwagenkauf
zwischen Autohändlern keine hohen Anforderungen zu stellen (vgl. OLG Nürnberg, Urt.
vom 3.3.1997, Az. 5 U 3329/96). Bereits eine einfache km-Angabe in einem Kaufvertrag
ist als Zusicherung und insoweit nach neuem Recht als Beschaffenheitsgarantie zu
werten (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 22.10.2001, Az. 12 U 1663/99).
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Die von der Klägerin geltend gemachten Schäden werden in vollem Umfang von ihrem
Schadensersatzanspruch umfasst. Ersetzt wird das positive Interesse (vgl. Palandt-
Heinrichs, BGB, § 280 Rn. 32). Die Klägerin ist mithin so zu stellen, wie sie stünde,
wenn ordnungsgemäß erfüllt worden wäre. Ihr sind die angefallenen Kosten in Höhe
von 2.515,00 € sowie der ihr entgangene Gewinn zu erstatten:
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Ohne die falsche Leistungsangabe hätte die Klägerin, die den Wagen für 9.300,00 €
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vom Beklagten erworben hatte, mit einem Gewinn von 700,00 € an Herrn G verkauft.
Dass dieser Kauf stattgefunden hat, ist durch den vorgelgten Kaufvertrag vom
02.09.2002 und die auf Herrn G ausgestellte Reparaturrechnung des Wagens (Bl. 8, 9
des Anlagenheftes) belegt.
Die Klägerin hätte den Wagen ferner nicht mit einem Verlust von 800,00 € für 10.800,00
€ (Kaufvertrag vom 28.02.2003, Bl. 10 des Anlagenheftes) zurückkaufen müssen. Mit
dem Weiterverkauf an Herrn B hat die Klägerin, nachdem der Beklagte auf ihre
Mahnung hin nicht reagierte, ihrer Schadensminderungspflicht entsprochen. Zusätzlich
sind der Klägerin durch die Sachverständigenbegutachtung erstattungsfähige Kosten in
Höhe von 115,00 € entstanden.
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Das Vorbringen des Beklagten im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 22.07.2003
bietet keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung der Sach- und Rechtslage
oder zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
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Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 und 3 BGB.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz
3, 709 Satz 1 ZPO.
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Der Beklagte hat auch die durch die teilweise Klagerücknahme verursachten Kosten zu
tragen, da nach den vorstehenden Ausführungen die Klage in der ursprünglichen Höhe
ebenfalls begründet war und die Klägerin nach fruchtloser Mahnung ihrer
Schadensminderungspflicht nachgekommen ist.
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Streitwert:
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a) bis zur mündlichen Verhandlung: 10.800,00 €,
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b) ab der mündlichen Verhandlung: 3.215,00 €.
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