Urteil des LG Köln vom 12.11.2008

LG Köln: konzept, weltraum, werbekampagne, geistiges eigentum, werbung, paket, geschäftsführer, zusammenarbeit, nachahmung, wettbewerber

Landgericht Köln, 28 O 685/08
Datum:
12.11.2008
Gericht:
Landgericht Köln
Spruchkörper:
28. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
28 O 685/08
Tenor:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom
19.10.2008/20.10.2008 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens werden der
Verfügungsklägerin auferlegt.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Verfügungsklägerin darf die
Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus
diesem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die
Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu
vollstreckenden Betrages leistet.
T A T B E S T A N D :
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Die Parteien streiten über Unterlassungsansprüche hinsichtlich der Werbekampagne
"XXX im All" bzw. "XXX Goes Space".
2
Die Verfügungsklägerin ist eine Werbeagentur, die sich seit ca. 10 Jahren mit dem
Thema "Werbung im Weltall" beschäftig. In diesem Rahmen arbeitet sie mit der ESA
und dem Sojus Zulieferer F zusammen.
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Im Jahr 2000 verwirklichte der Mutterkonzern der Verfügungsbeklagten die Q AG eine
Werbung mit Bezug zum Weltall. Im Rahmen der Kampagne "Space Mail" wurden alle
Menschen in Deutschland aufgefordert, Postkarten und Briefe einzusenden, von denen
am 07.02.2000 2000 mit einer mit "Q" beschrifteten Trägerrakete ins Weltall geschickt
wurden. Diese Briefe wurden - nach Rückkehr auf die Erde - auf der Erde an die
jeweiligen Empfänger zugestellt. Auf die als Anlage AG 6 vorgelegte Präsentation der
Werbekampagne wird Bezug genommen.
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Ein für eine "Weltraumwerbung" erstelltes Konzept stellte der Geschäftsführer der
Verfügungsklägerin der Q AG und der Verfügungsbeklagten in verschiedenen Treffen
u.a. im Juni 2004 vor. Ob dabei das Konzept auch an die Verfügungsbeklagte oder die
Q AG übergeben wurde, ist umstritten.
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Die Verfügungsbeklagte bzw. die Q AG bekundete zunächst ein Interesse an einer
Zusammenarbeit. Am 02.11.2004 meldete die Verfügungsbeklagte im Rahmen einer
Pressemitteilung auch, dass ein entsprechendes Werbekonzept geplant sei.
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Sodann teilte das zuständige Vorstandsmitglied der Verfügungsbeklagten Dr. L der
Verfügungsklägerin mit, dass das Projekt zunächst "auf Eis gelegt" werde.
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Im Juni 2007 kam es zu einem weiteren Treffen zwischen dem Geschäftsführer der
Verfügungsklägerin und dem damaligen Vorstandsvorsitzenden der Q AG. Hier wurden
die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit erneut besprochen, ohne dass dies zu einem
konkreten Ergebnis führte.
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Im Oktober 2008 stellte die Verfügungsklägerin fest, dass die Verfügungsbeklagte das
Thema "Weltraum" in einem Werbekonzept umsetzte. Dieses Konzept enthält einige
Elemente, die den Elementen des Konzepts der Verfügungsklägerin ähnlich sind. Ob es
sich hierbei um eine Übernahme handelt, ist zwischen den Parteien umstritten.
Hinsichtlich der einzelnen ähnlichen Punkte wird auf die als Anlage 1b vorgelegte
Gegenüberstellung Bezug genommen.
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Auf die Abmahnung durch den Prozessbevollmächtigten der Verfügungsklägerin wurde
eine strafbewährte Unterlassungserklärung nicht abgegeben.
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Die Verfügungsklägerin trägt vor, dass der Geschäftsführer der Verfügungsklägerin
gemeinsam mit der ESA in den Jahren 2003 bis 2004 ein Werbekonzept entworfen
habe, das eine Werbekampagne der Verfügungsbeklagten mit dem Thema "Weltraum"
beinhaltete. Auf das als Anlage 1a vorgelegte Konzept wird Bezug genommen. Der
Geschäftsführer der Verfügungsklägerin habe mit der Verfügungsklägerin die
Übertragung sämtlicher Nutzungsrechte an dem streitgegenständlichen Konzept
vereinbart.
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Die Verfügungsklägerin behauptet, die Präsentation ihres Konzeptes sei in ihrem
Namen erfolgt. Auch seien die sich daran anschließenden Vertragsverhandlungen
soweit fortgeschritten gewesen, dass bereits schriftlich fixierte Vertragsentwürfe
vorgelegen hätten.
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Die Verfügungsklägerin ist der Ansicht, dass die wesentlichen Elemente des Konzepts
der Verfügungsklägerin von der Verfügungsbeklagten übernommen worden seien.
Daher bestehe ein Unterlassungsanspruch aus § 97 UrhG. Auch sei das Verhalten der
Verfügungsbeklagten wettbewerbswidrig. Insoweit seien die Parteien auch
Wettbewerber, da die Verfügungsbeklagte sowohl ihren eigenen Wettbewerb zu
anderen Logistikdienstleitstern fördere als auch den Wettbewerb der auf der Homepage
- unstreitig - als für die Werbekampagne verantwortlichen Firmen. Die dort genannten
Firmen sind - unstreitig - wie die Verfügungsklägerin auf dem Gebiet des "Space
Marketing" tätig.
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Jedenfalls bestehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 826 BGB.
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Die Verfügungsklägerin beantragt,
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der Verfügungsbeklagten bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00
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€, ersatzweise Haft oder Haft zu untersagen, ihre Kampagne "XXX im All"
entsprechend der "XXX-Kampagne" 2008 Anlage 1b rechte Seite wie folgt zu
verbreiten und zu bewerben:
1. das vorgelegte Projektlogos "XXX im All" gemäß Anlage 1b zu
verbreiten und damit zu werben;
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2. eine Abbildung einer Trägerrakete zur Belieferung der ISS gemäß
Anlage 1b zu verbreiten und zu bewerben;
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3. die Abbildung eines "XXX im All" - Paketes gemäß Anlage 1b als
Sonderedition zu verbreiten und zu bewerben;
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4. die Abbildung von Kosmonauten gemäß Anlage 1b, die an Bord der
ISS ein XXX-Paket entgegennehmen, zu verbreiten und zu bewerben.
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5. das Alleinstellungsmerkmal von XXX als erstem Logistiker, der in den
Weltraum zustellt, zu verbreiten zu bewerben,
21
6. Fotomontagen von Raumfahrt-Sujets mit XXX-Logos gemäß Anlage
1b zu verbreiten und zu bewerben,
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7. Gewinnspiele mit Raumfahrtbezug zu veranstalten und zu bewerben.
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Die Verfügungsbeklagte beantragt,
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den Antrag zurückzuweisen.
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Die Verfügungsbeklagte trägt vor, dass ihr die Verfügungsklägerin als solche nicht
bekannt sei. Für die im Jahr 2004 geplante Kampagne sei die Mitarbeit einer Firma
namens "M GmbH" im Gespräch gewesen. Die heutige Kampagne sei durch die Q AG
und die Verfügungsbeklagte konzipiert worden. Dies sei in den Jahren 2007/2008 in
Zusammenarbeit mit der ESA geschehen. Eine Kooperation mit der ESA fände jedoch
entgegen dem Konzept der Verfügungsklägerin nicht statt. Vielmehr gäbe es eine
Zusammenarbeit mit "Jugend forscht" und einem Anbieter privater Weltraumflüge.
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Vor diesem Hintergrund seien weder urheberrechtliche noch sonstige
Unterlassungsansprüche gegeben. Die Kampagne als solche sei nicht schutzfähig. Die
angeblich übernommenen Elemente könnten daher keine Rechtsverletzung begründen.
Auch seien die einzelnen im Rahmen der Synopse dargestellten Elemente für sich
betrachtet nicht schutzfähig. Auch Ansprüche aus Wettbewerbsrecht bestünden nicht, da
die wettbewerbliche Eigenart der streitgegenständlichen Elemente nicht gegeben sei
und die Parteien keine Wettbewerber seien. Ansprüche nach §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB,
18 UWG bestünden genauso wenig wie Ansprüche aus § 826 BGB. Zum einen sei
keine Übernahme anzunehmen. Auch seien der Verfügungsbeklagten keine Unterlagen
im Sinne des § 18 UWG anvertraut worden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen
auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf
die von ihnen eingereichten Urkunden, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung
gewesen sind.
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E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
29
Der Unterlassungsantrag ist zulässig. Insbesondere ist er ausreichend bestimmt (§ 253
ZPO), da durch die Bezugnahme auf die Anlage 1b die zu unterlassende Handlung
ausreichend und unmissverständlich umschrieben wird.
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Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch der Verfügungsklägerin gegen die
Verfügungsbeklagte ist jedoch aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegeben, da
weder aus Urheber- noch aus Wettbewerbsrecht oder dem allgemeinen Deliktsrecht ein
entsprechender Unterlassungsanspruch besteht. Im Einzelnen:
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Ein Unterlassungsanspruch gemäß § 97 UrhG besteht nicht. Zwar kann ein
Unterlassungsanspruch hinsichtlich eines Werbekonzeptes gemäß § 97 UrhG
bestehen. Die hierfür erforderliche Übernahme eines schutzfähigen Konzeptes im
Rahmen einer unfreien Bearbeitung ist jedoch nicht gegeben:
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Fraglich ist dabei schon, ob die Verfügungsklägerin aktivlegitimiert ist. Hier hat die
Verfügungsklägerin nicht glaubhaft gemacht, dass ihr Geschäftsführer der Urheber der
Konzeption der Werbekampagne ist. Aus seiner eidesstattlichen Versicherung ergibt
sich lediglich, an wen die entsprechenden Nutzungsrechte übertragen worden sein
sollen. Wer jedoch als Urheber der Kampagne anzusehen ist, wird nicht ausgeführt.
Dies kann jedoch letztlich auch offen bleiben, da der Unterlassungsanspruch
insbesondere mangels einer unfreien Bearbeitung nicht gegeben ist.
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Dabei kann offen bleiben, ob das Konzept als Ganzes ein Werk darstellt, da das
Konzept der Werbekampagne jedenfalls nicht im Rahmen einer unfreien Bearbeitung
übernommen wurde.
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Die Kammer neigt allerdings dazu, in der als Anlage vorgelegten Konzeption ein
schutzfähiges Werk zu sehen, da die notwendige Schöpfungshöhe erreicht sein dürfte
und es daher als Werk einzuordnen ist (vgl. Schricker in GRUR 1996, 815 ff).
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Die streitgegenständliche Werbekonzeption stellt jedenfalls keine Grundlage für die
spätere Werbekonzeption der Verfügungsbeklagten dar. Die prägenden Elemente der
ursprünglichen Konzeption wurden nicht im Rahmen einer Bearbeitung oder
Umgestaltung im Sinne des § 23 UrhG von der Verfügungsbeklagten verwandt.
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Die Beurteilung der Frage der Nachahmung bzw. der Entnahme setzt grundsätzlich die
Prüfung voraus, durch welche objektiven Merkmale die schöpferische Eigentümlichkeit
des Originals bestimmt wird (BGH GRUR 1988, 812- Ein bisschen Frieden). Dabei ist
von übereinstimmenden Merkmalen auszugehen und nicht von unterschiedlichen.
Maßgeblich ist der Eindruck, den die miteinander zu vergleichenden Gestaltungen nach
dem Urteil des für Kunst empfänglichen und mit Kunstdingen einigermaßen vertrauten
Menschen vermitteln (vgl. BGH in GRUR 1994, 206, 209 Alcolix). Dabei ist
insbesondere zu berücksichtigen, dass die Idee als solche nicht geschützt ist (vgl.
Dreier/Schulze, UrhG, 2. Auflage, § 2 Rn. 37).
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Nach diesen Grundsätzen kann nicht von einer Übernahme der prägenden Elemente
ausgegangen werden, da eine solche Übernahme hinsichtlich der einzelnen vom
Verfügungskläger dargelegten Elemente nicht gegeben ist.
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Soweit beide Kampagnen auf der Idee beruhen, dass Werbung im Zusammenhang mit
dem Weltraum gemacht werden soll, handelt es sich nur um eine nicht schutzfähige
Idee, die auch schon im Jahr 2000 durch den Mutterkonzern der Verfügungsbeklagten
die Q AG umgesetzt wurde.
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Richtig ist dabei zwar, dass bei der Kampagne aus dem Jahr 2000 eine Zustellung im
Weltraum nicht stattfand. Jedoch ist auch die Zustellung eines Paketes auf der ISS nicht
schutzfähig. Denn das in den Mittelpunkt-Stellen der Raumstation ISS ist in diesem
Zusammenhang lediglich eine Idee, die nicht schutzfähig ist. Die Überlegung, dass an
diesen Ort ein Paket geliefert werden soll, ist naheliegend und begründet keine
schöpferische Leistung. Tatsächlich ist die ISS der einzige Ort im Weltraum, an dem
sich Menschen über eine längere Zeit aufhalten und auch von "Transportern"
regelmäßig "beliefert" werden. Daher kann ein Paket auch im Weltall sinnvoll nur an
diesen Ort geliefert werden. Die sich aus der Gegenüberstellung ergebende Darstellung
enthält an Übereinstimmungen sodann lediglich die ISS als solche. Diese Darstellung
ist jedoch für die Verfügungsklägerin nicht geschützt. Im übrigen sind die Darstellungen
erheblich unterschiedlich.
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Auch die Idee, ein eigenes Logo für die Werbung zu entwerfen, ist nicht schutzfähig, da
dies eine in der Werbung gängige Methode ist, einen neue Werbekampagne zu
platzieren. Die Ausgestaltung der Logos ist wiederum in erheblichem Maß verschieden,
so dass dies eine Übernahme nicht begründen kann. Soweit hier ein Slogan "XXX goes
Space" bzw. "XXX im All" verwandt wird, sind ebenfalls keine schutzfähigen Elemente
übernommen worden. Hierbei ist festzustellen, dass der Slogan lediglich die Werbeidee
als solche beschreibt und daher die notwendige Schöpfungshöhe nicht erreicht. Auch
wurde vorliegend nicht der Slogan als solcher übernommen, sondern trotz des rein
beschreibenden Inhaltes eine andere Wortwahl genutzt. Vor diesem Hintergrund führen
auch die durch das KG Berlin (GRUR 1988, 702) genannten Grundsätze nicht zu einer
anderen Entscheidung. Bei der Übernahme, die das KG zu beurteilen hatte, wurde ein
kurzer, aber prägnanter Werbespruch übernommen, der auch die Bedeutung des
Namens der dortigen Beklagten mit einbezog und ihn insoweit besonders hervorhob.
Dies ist vorliegend nicht der Fall, da lediglich eine Werbung im Weltraum Thema des
nur im Kern gleichen Slogans ist. Eine Übernahme ist daher nicht zu sehen.
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Das gleiche gilt für die Präsentation einer Rakete. Auch hier wird allenfalls die Idee
übernommen. Die Tatsache, dass beide Raketen im Rahmen der Kampagne mit "XXX
Look" dargestellt werden, führt zu keinem anderen Ergebnis. Dies gilt insbesondere vor
dem Hintergrund, dass auch die Q AG als Mutterkonzern bei der Aktion "Space Mail"
eine Rakete in den Mittelpunkt stellte, die - wie vorliegen in der Konzeption der
Verfügungsklägerin - ein Logo der Q AG trug. Darüber hinaus wird wiederum lediglich
die Idee als solche übernommen, nicht aber die konkrete Ausgestaltung. Diese
unterscheidet sich vielmehr in entscheidenden Punkten: Einmal wird ein Lichtbild einer
tatsächlichen Rakete verwandt, während die Verfügungsbeklagte eine stark stilisierte,
eher einem Comic entnommene Rakete zum Gegenstand ihrer Darstellung macht.
Insoweit ist auch zu unterscheiden, dass die von der Verfügungsklägerin konzipierte
Rakete lediglich ein Logo der Verfügungsbeklagten trägt, während die von der
Verfügungsbeklagten genutzte Rakete insgesamt in den für die Verfügungsbeklagte
prägenden Farben gehalten ist.
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Auch die Idee, ein Paket im Rahmen der Kampagne in einer besonderen Optik
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anzubieten, führt nicht zu einer Übernahme. Diese Idee, ein Produkt mit den Motiven, für
die es stehen soll, zu verbinden, ist vorbekannt und daher nicht schutzfähig. Die
Ausgestaltung der Pakete ist wiederum so unterschiedlich, dass eine Übernahme nicht
zu erkennen ist.
Auch die Idee, ein Paket in den Weltraum zu befördern, das ein Astronaut (also ein
Mensch) entgegen nimmt, ist nicht schutzfähig. Die konkrete Ausgestaltung ist wiederum
in keiner Weise ähnlich.
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Für das von der Verfügungsklägerin genannte "Alleinstellungsmerkmal", dass die
Verfügungsbeklagte als einziges und erstes Unternehmen ein Paket in den Weltraum
zustellt, gilt nichts anderes. Es handelt sich wiederum um eine (nicht neue) Idee, die im
Rahmen einer Weltraumwerbung naheliegend und daher nicht schutzfähig ist. Die in
Ziff. 6 und 7 gegenübergestellten konkreten Formulierungen und Gestaltungen dieses
Ziels sind wiederum abgesehen von der nicht schutzfähigen Idee nicht übernommen.
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Die Einstellung eines eigenen "Missionsauftritts" im Internet ist auch lediglich eine Idee,
die im Rahmen der Werbung üblich ist. Die konkrete Darstellung ist wiederum
vollkommen unterschiedlich.
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Auch die Idee ein Gewinnspiel im Rahmen der Werbekampagne anzubieten, ist nicht
neu und als Idee nicht schutzfähig. Sie ist vielmehr vorbekannt. Die eigentliche
Darstellung des Gewinnspiels ist erheblich unterschiedlich.
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Soweit die Preise des Gewinnspiels identisch sind (Zero-Gravity-Flug), geht der Antrag
hierauf nicht ein. Nach dem Wortlaut des Antrages soll der Verfügungsbeklagten
verboten werden, Gewinnspiele mit Raumfahrtbezug anzubieten. Dies beinhaltet
jedenfalls lediglich die Idee eines Gewinnspiels und ist nicht schutzfähig. Aber auch die
Übernahme der konkreten Preise führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn auch diese
stellt lediglich eine Idee dar. Dabei ist die Frage zu beurteilen, welcher Preis eine
Möglichkeit bietet, eine Nähe zu der Werbeidee zu erreichen. Da die meisten Projekte
(beispielsweise der Flug in den Weltall) als Preise nicht realisierbar sind, ist es
naheliegend, einzelne Elemente aus dem Bereich eines Astronautentrainings
herauszunehmen und ein solches Element zum Gegenstand eines Preisausschreibens
zu machen. Genau dies ist vorliegend geschehen. Die Ausgestaltung ist zwar auch
insoweit ähnlich, als jeweils Personen bei einem entsprechenden Flug gezeigt werden.
Weitere Elemente sind jedoch nicht übernommen. Vor diesem Hintergrund ist auch
dieser angeblich übernommene Teil nicht schutzfähig.
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Die einzelnen Elemente aus dem Konzept der Verfügungsbeklagten stellen damit keine
entsprechende Übernahme von geschützten Leistungen der Verfügungsklägerin dar.
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Auch eine Übernahme im Rahmen einer unfreien Bearbeitung der Gesamtkonzeption ist
nicht gegeben. Eine solche wäre nur dann anzunehmen, wenn prägende Elemente
übernommen wurden. Wie dargelegt sind jedoch im Rahmen der Werbekampagne der
Verfügungsbeklagten keine prägenden Elemente von der Verfügungsklägerin
übernommen worden. Diese Elemente ergeben sich nämlich nur aus der konkreten
Ausgestaltung und nicht aus den der Kampagne zugrundeliegenden Ideen, die
naheliegend und daher nicht urheberrechtlich geschützt sind.
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Vor diesem Hintergrund kommt auch ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 823 Abs. 2,
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1004 BGB i.V.m. § 18 UWG nicht in Betracht (vgl. Wüterich in GRUR 2004, 389,
m.w.N.).
Zwar kann ein solcher Anspruch gegeben sein, weil eine Werbeagentur regelmäßig
nicht nur Vorschläge für einzelne Werbemaßnahmen entwickelt, sondern darüber
hinaus ein schriftliches und/oder grafisches Konzept als Grundlage einer ganzheitlichen
Werbe- oder Imagekampagne für die Steuerung kommunikativer Prozesse des
jeweiligen Unternehmens erstellt, so dass die Gesamtheit der Konzeption als geschützt
im Sinne des § 18 UWG angesehen werden kann. Dass die Konzeption dabei nicht als
Vorbild zur Herstellung einer verkörperten "Sache” i.S. des § 90 BGB dient, ist dabei
unschädlich, da in § 18 UWG auch das Rezept genannt wird.
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Eine Übernahme im Sinne des § 18 UWG liegt jedoch nur dann vor, wenn das
Schutzgut abgrenzbar und damit für die am Geschäftsleben Beteiligten im Sinne der
Rechtssicherheit und Rechtsklarheit eindeutig erkennbar ist. Dies hat zur Folge, dass
die bloße Idee, eine allgemeine Vorstellung oder Planung diesen Voraussetzungen
nicht genügen kann. Die erforderliche Ausgestaltung ist daher nur dann anzunehmen,
wenn sie den Inhalt und die zeitliche Abfolge einer Werbe- oder Imagekampagne unter
zumindest beispielhafter Nennung einzelner Maßnahmen und ihres Zusammenspiels in
konkreter schriftlicher oder digitalisierter Form fixieren.
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Darüber hinaus müssen die Vorlagen der Verfügungsbeklagten anvertraut im Sinne des
§ 18 UWG gewesen sein. Dies setzt voraus, dass die Verfügungsbeklagte mit der
Verfügungsklägerin vereinbart hätte, dass die Vorlagen ihr geistiges Eigentum sind und
nicht ohne ihre Zustimmung verwertet werden dürfen. Dies kann auch stillschweigend
geschehen sein.
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Nach diesen Grundsätzen ist von einer Übernahme nicht auszugehen. Dabei kann offen
bleiben, ob die Konzeption der Verfügungsbeklagten anvertraut wurde, da jedenfalls
eine Übernahme nicht vorliegt.
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Für die Übernahme der Konzeption kommt vorliegend allenfalls eine nachschaffende
Übernahme, wie sie im Rahmen des UWG zu prüfen ist, in Betracht. Eine
nachschaffende Leistungsübernahme liegt vor, wenn die fremde Leistung nicht
unmittelbar oder fast identisch übernommen, sondern lediglich als Vorbild benutzt und
nachschaffend unter Einsatz eigener Leistung wiederholt wird (BGH GRUR 1992, 523,
524 - Betonsteinelemente), somit eine bloße Annäherung an das Originalprodukt
vorliegt (BGH WRP 2007, 1076 Tz 22 - Handtaschen). Entscheidend ist, ob die
Nachahmung wiedererkennbare wesentliche Elemente des Originals aufweist oder sich
deutlich davon absetzt (vgl. OLG München GRUR-RR 2003, 329, 330). Geringfügige
Abweichungen vom Original sind unerheblich, solange das Original als Vorbild
erkennbar bleibt (OLG Köln GRUR-RR 2003, 84, 85). Bei der Annäherung an eine
fremde Kennzeichnung kommt es auf die Ähnlichkeit der Zeichen an, worüber der
Gesamteindruck entscheidet (BGH GRUR 2003, 973, 974 - Tupperwareparty). Bei
einem nur geringen Grad der Zeichenähnlichkeit müssen weitere Umstände hinzutreten,
um eine unlautere Rufausbeutung zu begründen. Dazu reicht es nicht aus, dass die
Aufmerksamkeit von Teilen des Verkehrs erweckt wird, weil sie das nachgeahmte
Kennzeichen kennen (BGH GRUR 2003, 973, 975 - Tupperwareparty).
56
Nach diesen Grundsätzen ist eine nachahmende Übernahme nicht gegeben. Vielmehr
sind, wie oben dargestellt, lediglich einzelne Ideen übernommen, die naheliegend
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erscheinen. Dies ist nicht unzulässig, da auch im Rahmen des Wettbewerbsrechts nicht
verboten werden soll, verschiedene Ideen aufzugreifen, sondern - wie im Urbeberrecht
auch - die wesentlichen (also prägenden) Elemente des Ausgangsproduktes geschützt
werden sollen.
Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass der Unterscheidung im Rahmen der
Wechselwirkung der Tatbestandsmerkmale (Nachahmung und die Unlauterkeit) von
Bedeutung ist. Je mehr die Nachahmung dem Original gleichkommt, desto geringere
Anforderungen sind an die weiteren wettbewerblichen Umstände zu stellen (BGH
GRUR 1992, 523, 524 - Betonsteinelemente; BGH GRUR 1999, 923, 927 - Tele-Info-
CD). Vorliegend sind die Ähnlichkeiten allenfalls im Bereich der Ideen gegeben, so
dass die Übernahme auch vor diesem Hintergrund nicht als unlauter angesehen werden
kann. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass "Weltraumwerbung" als gängig
anzusehen ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Sendung von Briefen in den
Weltraum bereits im Jahr 2000 Grundlage einer Kampagne der Q AG war, die - wie
dargelegt - ebenfalls verschiedene auch der vorliegenden Werbung zugrundeliegende
Ideen enthielt.
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Auch die Berücksichtigung der Brombeer-Muster Entscheidung des BGH (GRUR 1983,
377) führt zu keinem anderen Ergebnis, da auch nach dieser Entscheidung die
Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch grundsätzlich die Übernahme von
geschützten Elementen darstellt, die vorliegend nicht anzunehmen ist.
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Da eine nachschaffende Übernahme nicht vorliegt, kommen Unterlassungsansprüche -
unabhängig von der Frage, ob die Parteien Wettbewerber sind - gemäß §§ 8, 3, 4 Nr. 9
c. UWG ebenfalls nicht in Betracht, da eine unlautere Leistungsübernahme nicht
gegeben ist. Auch ein Anspruch aus § 826 BGB scheidet aus diesem Grund aus.
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Soweit die Verfügungsklägerin in tatsächlicher Hinsicht nach der mündlichen
Verhandlung zur Sache weiter schriftsätzlich vorgetragen hat, ist dieser Vortrag als
verspätet gemäß § 296 a ZPO zurückzuweisen. Eine Wiedereröffnung der mündlichen
Verhandlung nach § 156 ZPO scheidet vorliegend aus, da dies zu einer Verzögerung
des einstweiligen Verfügungsverfahrens führen würde. Dies würde dem Charakter des
einstweiligen Verfügungsverfahrens als Eilverfahren widersprechen (vgl. OLG München
NJW-RR 1994, 556).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 6, 711 ZPO.
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Streitwert: 100.000,00 EUR.
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