Urteil des LG Köln vom 30.08.2005

LG Köln: rücktritt vom vertrag, grad des verschuldens, eigene mittel, eigentumswohnung, aufwand, käufer, kaufvertrag, brandschutz, sanierung, erheblichkeit

Landgericht Köln, 5 O 479/04
Datum:
30.08.2005
Gericht:
Landgericht Köln
Spruchkörper:
5. Kammer für Handelssachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 O 479/04
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 129.500,00 € nebst 5 %
Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 12.01.2005 zu zahlen, Zug um
Zug gegen Rückgabe der Eigentumswohnung Y-Weg, 7. OG rechts,
dem im Wohnungsgrundbuch des Amtsgerichts Köln von Westhoven
Blatt #### eingetragenen Wohnungseigentum bestehend aus einem 16/
10.000stel Miteigentumsanteil verbunden mit dem Sondereigentum an
der im Aufteilungsplan mit Nr. 435 bezeichneten Eigentumswohnung.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte sich im Annahmeverzug befindet.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.311,96 € zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils
zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
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Die Klägerin verlangt Rückgängigmachung eines im Jahre 2003 geschlossenen
Kaufvertrages über eine gebrauchte Eigentumswohnung in Köln-Porz wegen der
Beklagten bei Veräußerung bekannter Mängel. Sie macht geltend, die Beklagte habe
sie bei den Kaufverhandlungen nicht auf einen erheblichen Feuchtigkeitsschaden im
Bereich der Kegelbahn der zum Objekt gehörenden Gaststätte und Mängeln bezüglich
der Brandschutzanforderungen hingewiesen. Diese Mängel machten es nunmehr
erforderlich, die Instandhaltungsrücklage erheblich zu erhöhen, was zu beträchtlich
erhöhten monatlichen Nebenkosten führe. Allein die Sanierung im Bereich der
Kegelbahn koste zwischen 400.000 und 500.000 €.
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Im Bereich der Kegelbahn traten bereits Ende des Jahres 1998 und dann fortgesetzt
Wasserschäden auf. Seit 1999 unternahm die Beklagte Untersuchungen, die Ursache
für die Wasserschäden an der Kegelbahn zu ermitteln und zu beseitigen. Unter dem
28.04.2000 erstellte eine Fa. H aus Krefeld ein Gutachten und schlug der Verwalterin
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des Objekts, der Fa. C, Gesellschaft für Bauen, Betreuung und D mbH,
Sanierungsmaßnahmen vor (vgl. Anl. K 9 der Parallelakte 5 O 461/04; Bl. 57 Anlh.). In
einem ergänzenden Gutachten vom 15.08.2000 (vgl. Bl. 60 d. Anlh.) wurde festgehalten,
dass bei den begonnenen Sanierungsarbeiten festgestellt worden sei, dass offenbar
wegen Setzungen umfangreiche Risse entstanden seien und mit Hilfe von Gipsmarken
beobachtet werden solle, ob weitere Risse entstehen. Jedenfalls sei eine
Grundsanierung erforderlich. In der Folgezeit erfolgte eine solche grundlegende
Sanierung nicht. Es wurden zwar Verpressungsarbeiten durchgeführt. Im Mai 2001
traten aber immer noch erhebliche Wassermassen in die Kegelbahn ein, so dass
vermutet wurde, dass es weitere - bisher nicht lokalisierte - Undichtigkeiten gebe (vgl.
Bl. 66/67 Anlh. der Parallelakte). Mit den Sanierungsarbeiten sollte nach der
Beschlussfassung in der Wohnungseigentümerversammlung vom 04.02.2004
begonnen werden (vgl. Bl. 61 Anlh.) Der Kostenaufwand bezüglich der Schäden im
Bereich der Kegelbahn wurde mit 40.000 € beziffert (Bl. 62).
Bezüglich der Mängel beim Brandschutz verweist die Klägerin zunächst auf ein
Protokoll der Wohnungseigentümerversammlung vom 11.11.1999, wo unter
Tagesordnungspunkt 14 festgehalten wurde, dass "Instandsetzungsarbeiten an
Rauchmeldeanlagen, Feuerschutztüren und verschiedener weiterer Punkte erforderlich
sind" und die "erforderlichen Instandsetzungsmaßnahmen in einem erheblichen
Kostenrahmen liegen" (Bl. 94 Anlh.). Unstreitig ist im weiteren, dass bei einer
behördlichen Brandschau der Wohnanlage am 31.05.2000 diverse
brandschutztechnische Mängel festgestellt wurden (Bl. 98ff Anlh). Im Nachweis über die
Instandhaltungsrechnungen für das Jahr 2001 wurden bezüglich der
Brandschutzmängel keine entsprechenden Kostenpositionen ausgewiesen. Bei einer
am 21.02.2003 durchgeführten erneuten Brandschau wurden weitere Mängel
beanstandet, insbesondere dass die Wohnungen der einzelnen Häuser über die Bad –
und Küchenabluftleitungen untereinander in brandschutztechnisch unzulässiger
Verbindung stehen. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 102 ff Anlh. Bezug genommen.
Die Aufwendungen für den Brandschutz wurden in der
Wohnungseigentümerversammlung vom 04.02.2004 mit 470.000 € angegeben (Bl. 59
Anlh.).
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Im Rahmen der Verkaufsverhandlungen mit der Klägerin wurde der Zustand der
Wohnanlage von Seiten der Beklagten als in Ordnung und der Erwerb als problemlos
finanzierbar bezeichnet. Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 08.07.2003 nahm die
Beklagte das notariell beurkundete Kaufvertragsangebot der Klägerin vom 01.07.2003
zu einem Kaufpreis von 129.500 € an. Die Parteien vereinbarten u.a.: "Der Verkäufer
versichert, dass ihm unsichtbare Mängel nicht bekannt sind. Rechte des Käufers wegen
eines Sachmangels sind ausgeschlossen."
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Mit Schreiben vom 17.09.2004 verlangte die Klägerin durch ihren
Prozessbevollmächtigten von der Beklagten die Zustimmung zur "Wandelung" des
Kaufvertrages. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 29.09.2004 ab. Die Klägerin
wandte für außergerichtliches Tätigwerden ihres Prozessbevollmächtigten
Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.647, 12 € auf.
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Die Klägerin behauptet, der Beklagten seien vor Verkauf die erheblichen Mängel
bekannt gewesen. Diese würden zu einem Sanierungsaufwand von mehr als 1 Mio. €
führen. Diesen erheblichen Sanierungsbedarf habe die Beklagte der Klägerin im
Rahmen der Verkaufsverhandlungen nicht offengelegt.
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Die Klägerin beantragt,
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1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 129.500,00 € nebst 5 % Zinsen über dem
Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen, Zug um Zug gegen
Rücknahme der Eigentumswohnung Y-Weg, 7. OG rechts, Wohnungsgrundbuch
des Amtsgerichts Köln von X Blatt #### eingetragenen Wohnungseigentum
bestehend aus einem 16/10.000stel Miteigentumsanteil verbunden mit dem
Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 435 bezeichneten Wohnung.
2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der im Klageantrag zu 1.)
bezeichneten Wohnung im Annahmeverzug befindet.
3. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.311,96 € zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte behauptet, die genaue Ursache der Schäden an der Kegelbahn und der
diesbezügliche Aufwand seien bis heute nicht bekannt. Bis zum Zeitpunkt des Verkaufs
seien die Wohnungs – und Teileigentümer übereinstimmend davon ausgegangen, dass
die Schadensursache im Sondereigentum der Beklagten begründet sei. Dass das
Gemeinschaftseigentum betroffen sei, habe sich erst nach Abschluss des Kaufvertrages
ergeben. Auch die behördlichen Anforderungen an den Brandschutz seien erst nach
Abschluss des Kaufvertrages bekannt geworden, qualifizierte Kenntnisse hätten bei
Verkauf der Eigentumswohnung nicht vorgelegen. Mehr als die Notwendigkeit,
Brandmeldeanlagen zu installieren, sei ihr vor dem Verkauf nicht bekannt gewesen. Aus
dem Protokoll der Eigentümerversammlung vom 11.11.1999 seien die erforderlichen
Maßnahmen und deren Kosten nicht zu ersehen gewesen. Das Ausmaß des
Sanierungsbedarfs bezüglich der Kegelbahn und des Brandschutzes seien der
Beklagten zum Zeitpunkt des Verkaufs nicht bewusst gewesen. Die Beklagte ist daher
der Auffassung, dass ihr im Rahmen der Verkaufsverhandlungen keine
Offenbarungspflicht oblegen habe.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach – und Streitstandes wird auf das
schriftsätzliche Parteivorbringen nebst Anlagen Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist begründet.
15
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung von 129.500,00 € Zug um Zug gegen
Rückgabe der im Tenor näher bezeichneten Wohnung gemäß §§ 346 Abs.1, 323, 434
Abs. 1, 437 Nr. 2 BGB zu.
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Die Parteien haben einen wirksamen Kaufvertrag gemäß §§ 433, 311 b Abs. 1 BGB
über die Eigentumswohnung geschlossen. Dieser wurde durch die schriftliche Erklärung
des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 17.09.2004 in ein
Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt. Obgleich dort die Zustimmung zu einer
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"Wandelung" des Kaufvertrages binnen einer Frist von 14 Tagen verlangt wird, ist von
einer Rücktrittserklärung gemäß § 349 BGB auszugehen, da unmissverständlich zum
Ausdruck gebracht wird, dass die Klägerin an dem Kaufvertrag nicht mehr gebunden
sein will.
Ein Rücktrittsgrund gemäß §§ 434 Abs. 1 , 437 Nr. 2 BGB ist gegeben. Die Abweichung
der Gebäudebeschaffenheit von den brandschutzrechtlichen Bestimmungen und die
das Gemeinschaftseigentum betreffenden Wasserschäden an der Gaststätte sind
unzweifelhaft Mängel der Kaufsache gemäß § 434 Abs. 1 BGB.
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Die Einhaltung der brandschutztechnischen Vorgaben der BauO NRW, des Gesetzes
über den Feuerschutz und die Hilfeleistung NRW (FSHG NRW) und der
Hochhausverordnung NRW sind mit Blick auf §§ 3 Abs. 1, 61 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW
relevant für die Benutzbarkeit der Gebäude und Eigentumswohnungen und damit für die
Verwendbarkeit der Kaufsache im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr.1 und 2 BGB. Dass
diese brandschutztechnischen Mängel tatsächlich vorliegen, ist zwischen den Parteien
nicht streitig. Die Beklagte macht lediglich geltend, ihr sei bei den Kaufverhandlungen
das Ausmaß des Mängelbeseitigungsaufwandes nicht bekannt gewesen. Das ist in
diesem Zusammenhang indes ohne Bedeutung.
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Der im Bereich der Kegelbahn vorhandene Nässeschaden stellt ebenfalls einen Mangel
dar. Unzweifelhaft ist hiervon das Gemeinschaftseigentum betroffen. Ob zur Beseitigung
des Mangels ein Aufwand in Höhe von 400.000 bis 500.000 € erforderlich ist, wie die
Klägerin behauptet, oder eine wesentlich kostengünstigere Lösung gefunden werden
kann, ist unerheblich. Denn der zur Sanierung notwendige Betrag liegt nicht in einem
vernachlässigbaren niedrigen Bereich. Zuletzt wurde in der
Wohnungseigentümerversammlung vom 04.02.2004 ein Betrag von 40.000 € genannt.
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Das Gewährleistungsrecht der Klägerin aus § 437 Nr. 2 BGB scheitert nicht an dem
vertraglichen Haftungsausschluss, da dieser gemäß § 444 BGB unwirksam ist. Denn die
Beklagte hat der Klägerin die das Gemeinschaftseigentum betreffenden Mängel
jedenfalls arglistig verschwiegen, da sie im Rahmen der Verkaufsverhandlungen ihre
Mangelkenntnis bzw. ihren Mangelverdacht nicht offenbart hat.
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Das arglistige Verschweigen eines Mangels nach § 444 BGB setzt voraus, dass dem
Verkäufer eine Aufklärungs – bzw. Offenbarungspflicht obliegt (Palandt/ Putzo, a.a.O., §
444 Rdn. 11; Staudinger/ Matuschke – Beckmann, BGB, Neubearb. 2004, § 438 Rdn.
97). Jedenfalls Umstände, die für die Willensbildung des anderen Teils von
ausschlaggebender Bedeutung sind, müssen ungefragt offenbart werden (Palandt/
Heinrichs, a.a.O., § 123 Rdn. 5b). Wie sich aus den von den Verhandlungen bekannten
Aussagen ergibt, spielte die durch den Wohnungserwerb auf die Klägerin zukommende
finanzielle Belastung für diese eine erhebliche Rolle. Sichere Finanzierbarkeit des
Kaufs und fortlaufende Belastung durch monatliche Wohngeldzahlungen kamen zur
Sprache. Vor diesem Hintergrund war ein von der Klägerin über die
Instandhaltungsrücklage oder etwaige Sonderumlagen mit zu tragender
Sanierungsbedarf am Wohnkomplex ersichtlich von großer Bedeutung. Soweit die
Beklagte vorträgt, sie habe den erforderlichen Aufwand nicht für erheblich und die
Mängel daher für nicht offenbarungspflichtig gehalten, ändert das an der
Aufklärungspflicht nichts. Diese bezweckt gerade, den Käufer in die Lage zu versetzen,
sich vom Sanierungsaufwand ein Bild zu machen und auf dieser Grundlage über einen
Erwerb der Wohnung zum geforderten Preis zu entscheiden. Angesichts dieser
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Interessenlage hätte über den Sanierungsbedarf aufgeklärt werden müssen. Dies wurde
aber von Beklagtenseite unterlassen.
Die Beklagte handelte auch arglistig. Bei der Täuschung durch Verschweigen eines
offenbarungspflichtigen Mangels handelt arglistig, wer einen Mangel zumindest für
möglich hält, gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der
Vertragspartner den Fehler nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht
mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (BGH, NJW – RR 1992, 333, 334). Auch
das Verschweigen von bloßen Zweifeln über die Mangelfreiheit der Kaufsache kann
Arglist begründen (Staudinger/ Matuschke – Beckmann, a.a.O., § 438 Rdn. 93).
Offenbarungspflicht und damit der Vorwurf arglistigen Handelns hängen nicht von der
tatsächlichen Kenntnis eines Mangels ab, auch vorhandene Zweifel an der
Fehlerlosigkeit oder die bekannte Vermutung eines erheblichen Mangels können der
Verkäufer zur Offenlegung verpflichten (Staudinger/ Matuschke – Beckmann, a.a.O., §
438 Rdn. 101). Erforderlich ist allerdings, dass greifbare Anhaltspunkte für einen Mangel
vorliegen (Staudinger/ Matuschke – Beckmann, a.a.O., § 438 Rdn. 90).
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Zwischen den Parteien ist streitig, wie hoch der von der Eigentümergemeinschaft zu
tragende Aufwand bezüglich der Kegelbahn sein wird und ob die Beklagte von den
Ergebnissen der weiteren Brandschau vom 21.03.2003 und den daraus folgenden
zusätzlichen Brandschutzkosten vor Vertragsschluss Kenntnis erlangte. Dies ist hier
aber nicht von Belang. Jedenfalls hinsichtlich der Probleme bezüglich des
Nässeschadens im Gewerbeobjekt war der Beklagten die Möglichkeit bewusst, dass
weiterer, nicht unerheblicher Sanierungsaufwand anfallen könnte. Bereits im Jahre 2000
und 2001 war die Eigentümergemeinschaft mit diesbezüglichen Kosten belastet
worden, wie sich aus den Einzelnachweis über die Instandsetzungsarbeiten ergibt.
Soweit sie geltend macht, sie habe von dem Umfang der Schäden und den Kosten ihrer
Beseitigung keine Kenntnis gehabt, ist das nicht nachvollziehbar. Dabei ist
insbesondere zu berücksichtigen, dass das Gewerbeobjekt in ihrem Sondereigentum
steht, entsprechende Arbeiten also nicht ohne ihr Wissen stattgefunden haben können.
Ferner trägt die Beklagte selbst vor, dass sie zusätzlich erhebliche eigene Mittel zur
Schadensbeseitigung eingesetzt habe. Auch dass diese Maßnahmen den Mangel nicht
beseitigt hatten, war der Beklagten aus den Sanierungsgutachten bekannt. Dass diese
an die namensgleiche Hausverwaltung gerichtet waren und die Beklagte keine Kenntnis
davon erhalten hätte, liegt außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit. Daraus ergab sich für
die Beklagte aber schon vor Verkauf wenigstens die Verdachtslage, dass diesbezüglich
weitere Kosten auf die Eigentümergemeinschaft zukommen würden.
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Vor einem Rücktritt vom Kaufvertrag hat der Käufer dem Verkäufer grundsätzlich
erfolglos eine Frist zur Nacherfüllung im Sinne des § 439 Abs. 1 BGB zu setzen.
(Palandt/ Putzo, a.a.O., § 437 Rdn. 4). Eine solche Nachfristsetzung ist hier nicht erfolgt.
Sie war indes nach der gegebenen Sachlage ausnahmsweise wegen der arglistigen
Täuschung durch die Beklagte nach § 440 Satz 1 Alt. 3 BGB entbehrlich. Eine
Nacherfüllung ist dem Käufer dann unzumutbar, wenn das Vertrauen des Käufers in
eine sachgerechte Vertragserfüllung durch den Verkäufer nachhaltig gestört ist. Ein
derartiger Fall liegt insbesondere bei einer arglistigen Täuschung durch den Verkäufer
vor (Staudinger/ Matuschke – Beckmann, a.a.O. § 440 Rdn. 22). Soweit darüber hinaus
noch auf die Gegebenheiten des Einzelfalles abzustellen ist (vgl. LG Bonn, NJW 2004,
74, 75), fällt hier zu Lasten der Beklagten ins Gewicht, dass von ihr während der
Verkaufsverhandlungen ausdrücklich geäußert wurde, die Gesamtanlage sei in einem
ordentlichen Zustand. Ob angesichts der fruchtlosen Versuche der Beklagtenseite die
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Nacherfüllung bezogen auf die Abdichtung der Kegelbahn nicht ohnehin anfänglich
unmöglich im Sinne des § 326 Abs. 5 BGB ist, kann dahinstehen.
Der Rücktritt ist auch nicht gemäß § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen, da der
Mangel im Zusammenhang mit der Kegelbahn nicht unerheblich ist. Die Erheblichkeit
der Pflichtverletzung ist bei einem Mangel grundsätzlich gegeben (Palandt/ Putzo,
a.a.O., § 437 Rdn. 23). Im Rahmen der Erwägungen zur Erheblichkeit ist eine
Interessenabwägung vorzunehmen, in die unter anderem auch der Grad des
Verschuldens des Vertragspartners mit einzubeziehen ist (Palandt/ Heinrichs, a.a.O., §
323 Rdn. 27 und § 281 Rdn. 48). Vorliegend handelte die Beklagte arglistig. Hinzu
kommt, dass die finanzielle Inanspruchnahme der Klägerin durch den Wohnungserwerb
im Rahmen der Vertragsanbahnung ausdrücklich Gesprächsgegenstand war. Eine
Zusatzbelastung - durch wenn - überhaupt schwierig zu behebende Mängel des
Miteigentums – wie hier bezüglich des Gewerbeobjekts – stellt nicht nur die der Klägerin
erkennbar wichtige Aufwandskalkulationen, sondern auch die Werthaltigkeit der
erworbenen Eigentumswohnung in Frage.
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Die Erheblichkeit der Pflichtverletzung im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2 bezieht sich
aber auch auf den Wert der Sache (Palandt/ Putzo, a.a.O., § 437 Rdn. 23). Wie die
Beklagte selbst einräumt, sind die Kosten einer restlosen Beseitigung des Mangels
letztlich ungeklärt. Wollte die Klägerin die Wohnung weiterveräußern, so müsste das ihr
bekannte Problem im Rahmen der Bestimmung des Kaufpreises als entsprechender
Abzug Berücksichtigung finden. Gerade weil die genaue Ursache für die dauerhafte
Problematik trotz diverser Maßnahmen immer noch nicht gefunden worden ist, würde
dies den Verkehrswert der Wohnung nicht bloß unerheblich schmälern.
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Der Zinsanspruch ist aus § 291 in Verbindung mit § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB begründet.
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Die Beklagte befindet sich hinsichtlich der Rücknahme der Eigentumswohnung auch im
Annahmeverzug gemäß §§ 293 ff. BGB. Dies setzt grundsätzlich voraus, dass dem
Gläubiger die Leistung angeboten wird. Die Beklagte hat aber durch ihr
Antwortschreiben vom 29.09.2004 auf das Rückabwicklungsansinnen der Klägerin
sowie durch den Klagabweisungsantrag und ihren Vortrag zu erkennen gegeben, dass
sie der Annahme der zurückzugebenden Wohnung eindeutig ablehnend
gegenübersteht. Ist offenkundig, dass der Gläubiger auf seiner Weigerung beharrt, ist
selbst ein wörtliches Angebot nicht erforderlich, da es eine leere Form wäre (Palandt/
Heinrichs, a.a.O., § 295 Rdn. 4).
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Der Schadensersatzanspruch hinsichtlich der im Rahmen des vorliegenden Prozesses
nicht erstattungsfähigen Rechtsanwaltskosten (Vorbemerkung 3 Abs. 4 der Anlage 1,
Vergütungsverzeichnis, zum RVG) in Höhe von 1.311,96 € ergibt sich aus §§ 280 Abs.
1, 437 Nr. 3 BGB. Aus § 325 BGB folgt, dass neben dem Rücktritt vom Vertrag
Schadenersatzansprüche weiterhin möglich bleiben. Der neben den Anspruch auf
Nacherfüllung tretende § 280 BGB erfasst in Abgrenzung zu den §§ 281 ff. BGB
diejenigen Schäden, die durch die Pflichtverletzung endgültig entstanden sind und
durch Nachbesserung oder Nachlieferung nicht beseitigt werden können (Palandt/
Heinrichs, a.a.O., § 280 Rdn. 18). Dies ist für Kosten, welche die Klägerin für die
erforderliche vorgerichtliche Einschaltung ihres Prozessbevollmächtigten aufwenden
musste, der Fall. Die Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB liegt beim Kauf
wegen § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB bereits in der Übergabe einer mangelhaften Kaufsache
begründet (Palandt/ Heinrichs, a.a.O., § 280 Rdn. 19). Die Beklagte hat die
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Mangelhaftigkeit auch arglistig verschwiegen und damit schuldhaft gehandelt.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 Abs. 1 Satz 1, 709 S. 2 ZPO.
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Streitwert: 129.500,00 €.
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