Urteil des LG Köln vom 07.03.2007

LG Köln: einstweilige verfügung, nicht wiedergutzumachender schaden, zustellung, wiederholungsgefahr, bestandteil, datum, zukunft, dringlichkeit, urheberrechtsverletzung, unterlassen

Landgericht Köln, 28 O 551/06
Datum:
07.03.2007
Gericht:
Landgericht Köln
Spruchkörper:
28. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
28 O 551/06
Tenor:
Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 27.11.2006 – Az.: 28 O
551/06 – wird im Kostenausspruch bestätigt.
Die weiteren Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsbeklagte.
T a t b e s t a n d:
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Die Parteien streiten über die Kosten einer einstweiligen Verfügung.
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Die Verfügungsklägerin vertreibt unter dem Mitgliedsnamen c" auf der Auktionsplattform
"f" in großem Umfang Kosmetik- und Parfümartikel. Dabei verwendet sie für die
Präsentation der Artikel M, die jeweils zur Illustration der Angebote verwandt werden.
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Zur Verwendung auf der Auktionsplattform "f" erstellte der Mitgesellschafter der
Verfügungsklägerin, Herr Andreas D, das Lichtbild eines Parfüms mit der Bezeichnung
"E". Die ausschließlichen Nutzungsrechte an diesem Lichtbild übertrug der
Mitgesellschafter Andreas D der Verfügungsklägerin.
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Am 07.11.2006 stellte die Verfügungsklägerin fest, dass die Verfügungsbeklagte unter
dem Benutzernamen "t" auf der Auktionsplattform "f" das vorgenannte Parfüm als
Angebot mit der Artikelnummer 000 anbot. Hierbei verwandte die Verfügungsbeklagte
das streitgegenständliche Lichtbild der Verfügungsklägerin, ohne die erforderlichen
Nutzungsrechte an dem Lichtbild zu haben. Bei dem Angebot handelte es sich um einen
privaten Verkauf, der nur einmalig erfolgte.
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Mit Schriftsatz vom 09.11.2006 wurde die Verfügungsbeklagte abgemahnt und zur
Abgabe einer strafbewährten Unterlassungserklärung aufgefordert. Hierbei wurde ihr
eine Frist bis zum 20.11.2006 gesetzt. Mit Schreiben vom 20.11.2006 durch ihre
Prozessbevollmächtigten lehnte die Verfügungsbeklagte die Abgabe einer
Unterlassungserklärung ab.
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Die Verfügungsklägerin hat daraufhin nach Antrag vom 23.11.2006 eine am 27.11.2006
im Beschlusswege erlassene einstweilige Verfügung der Kammer erwirkt, durch die der
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Verfügungsbeklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt
worden ist, das streitgegenständliche Lichtbild öffentlich zugänglich zu machen. Die
Kosten des Verfahrens sind in dem Beschluss der Kammer vom 27.11.2006 der
Verfügungsbeklagten auferlegt worden.
Mit Schreiben vom 28.12.2006 gab die Verfügungsbeklagte nach Zustellung der
einstweiligen Verfügung die geforderte strafbewährte Unterlassungserklärung ab. Mit
Datum vom gleichen Tag hat die Verfügungsbeklagte Akteneinsicht beantragt und
Widerspruch gegen die Auferlegung der Kosten des einstweiligen
Verfügungsverfahrens eingelegt.
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Die Verfügungsklägerin ist der Auffassung, die Verfügungsbeklagte habe die Kosten
des einstweiligen Verfügungsverfahrens zu tragen. Insbesondere sei das Lichtbild
jedenfalls gemäß § 72 UrhG geschützt. Auch die erforderliche Dringlichkeit habe
vorgelegen.
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Nachdem die Verfügungsbeklagte mit Schriftsatz vom 28.12.2006 einen auf den
Kostenpunkt beschränkten Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung eingelegt
hat, beantragt die Verfügungsklägerin nunmehr,
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die in der einstweiligen Verfügung der Kammer vom 27.11.2006 getroffene
Kostenentscheidung zu bestätigen.
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Die Verfügungsbeklagte beantragt,
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die Kosten des Verfahrens der Verfügungsklägerin aufzuerlegen.
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Die Verfügungsbeklagte ist der Ansicht, dass kein schutzfähiges Werk im Sinne des
Urhebergesetzes vorliege. Auch sei eine Wiederholungsgefahr nicht gegeben gewesen.
Eine Dringlichkeit für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung habe nicht
bestanden. Jedenfalls sei der Streitwert des Verfahrens zu hoch angesetzt worden und
mit max. 1.000 € zu bemessen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den
vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
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Mit Schreiben vom 28.12.2007 hat die Verfügungsbeklagte Kostenwiderspruch
eingelegt. Diesen hat die Verfügungsbeklagte mit Schriftsatz vom 30.01.2007 begründet
und unter anderem die o.g. Rechtausführungen vorgetragen. Mit Beschluss vom
31.01.2007 ist angeordnet worden, dass eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren
getroffen werden soll.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
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Auf den in zulässiger Weise auf die Kosten beschränkten Widerspruch des
Verfügungsbeklagten war der Beschluss der Kammer vom 27.11.2006 – 28 O 551/06 –
auch im Kostenpunkt zu bestätigen.
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Ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne des § 93 ZPO lag nicht vor. Zwar hat die
Verfügungsbeklagte gegen den Beschluss der Kammer lediglich Kostenwiderspruch
eingelegt. Dies geschah jedoch erst nach Ablauf der durch den Verfügungskläger in der
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Abmahnung gesetzten Frist von 10 Tagen, die angesichts der Eilbedürftigkeit als
angemessen anzusehen ist.
Eine Prüfung, ob die einstweilige Verfügung zu Recht ergangen ist, erübrigt sich bei
Einlegung eines Kostenwiderspruchs, da dieser als bindender Verzicht auf den
Widerspruch in der Sache anzusehen ist (vgl. Vollkommer in Zöller, ZPO, 26. Auflage, §
924 Rn. 5, m.w.N.). Da die Verfügungsbeklagte anwaltlich vertreten ist, kommt auch eine
Umdeutung des ausdrücklich als Kostenwiderspruch bezeichneten Rechtsmittels in
einen Widerspruch in der Sache insgesamt nicht in Betracht, zumal auch mit dem
Schriftsatz vom 30.01.2007 ausdrücklich lediglich die Begründung des Rechtsmittels
aus dem Schriftsatz vom 28.12.2006 erfolgen soll.
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Selbst wenn der Widerspruch aufgrund der Begründung als Widerspruch in der Sache
insgesamt angesehen würde, würde dies nicht zu einem anderen Ergebnis führen, da
ein Verfügungsanspruch der Verfügungsklägerin gegen den Verfügungsbeklagten aus
§§ 97, 72 UrhG bestand.
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Die Verfügungsklägerin ist als Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte
aktivlegitimiert. Dies ist unstreitig. Im übrigen hat die Verfügungsklägerin die
Urheberschaft von Herrn D an dem streitgegenständlichen Lichtbild und die
ausschließlichen Nutzungsrechte der Verfügungsklägerin durch eidesstattliche
Versicherung der Geschäftsführerin der Verfügungsklägerin vom 21.11.2006 glaubhaft
gemacht, § 294 ZPO.
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Das streitgegenständliche Lichtbild wird durch § 72 UrhG geschützt, ohne dass es auf
die Schöpfungshöhe ankäme. Die Verfügungsbeklagte hat das Lichtbild öffentlich
zugänglich gemacht und damit gegen § 19a UrhG verstoßen.
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Entgegen der beklagtenseits vertretenen Auffassung ist eine Wiederholungsgefahr
gegeben. Diese ist für den Unterlassungsanspruch materielle Anspruchsvoraussetzung
(vgl. BVerfG NJW 2000, 1209; BGH NJW 1995, 132). Sie wird durch die
vorangegangene rechtswidrige Beeinträchtigung indiziert (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, §
97 Rn. 41 m.w.N.), an deren Widerlegung durch den Verletzer hohe Anforderungen
gestellt werden. Die Wiederholungsgefahr entfällt nicht schon dann, wenn der Verletzer
lediglich eine Absichtserklärung abgibt, in Zukunft keine Verletzung mehr begehen zu
wollen (Dreier/Schulze, UrhG, § 97 Rn. 42), sondern wird grundsätzlich erst dann
ausgeräumt, wenn der Verletzer sich unter Übernahme einer angemessenen
Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegenüber dem Verletzten
verpflichtet, sein Verhalten einzustellen (vgl. statt aller: Vinck in: Loewenheim,
Handbuch des Urheberrechts, § 81 Rn 24; Palandt, BGB, Einf. V. § 823 Rn. 20 m.w.N.;
Dreier/Schulze, UrhG, § 97 Rn. 42). Der bloße Vortrag der Verfügungsbeklagten, es
habe sich um einen einmaligen Gelegenheitsverkauf gehandelt, ist dagegen unter
Anlegung des vorbezeichneten Maßstabs nicht geeignet, die Wiederholungsgefahr
entfallen zu lassen.
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Es liegt auch ein Verfügungsgrund vor. Durch die Fortsetzung der
Urheberrechtsverletzung entstünde der Verfügungsklägerin ein nicht
wiedergutzumachender Schaden, da im nachhinein durch die Geltendmachung von
Schadensersatz der tatsächlich entstandene Schaden nicht mehr ausgeglichen werden
kann.
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Die einstweilige Verfügung war auch nicht deshalb aufzuheben, weil sie nicht innerhalb
der Frist der § 936, 922 II ZPO dem Verfügungsbeklagten ordnungsgemäß zugestellt
worden wäre. Eine ordnungsgemäße Zustellung ist entgegen der von dem
Verfügungsbeklagten vertretenen Auffassung erfolgt. Zum einen ist die Zustellung einer
einfachen Ausfertigung für die Zustellung ausreichend (vgl. BGH in NJW 2004, 506).
Zum anderen ist die Zustellung von allen in der einstweiligen Verfügung genannten
Anlagen nicht zwingendes Erfordernis einer wirksamen Zustellung. Insoweit verkennt
die Kammer nicht, dass der Beschluss mit allen Anlagen, auf die der Beschluss Bezug
nimmt zuzustellen ist (vgl. Zöller, ZPO, § 922 Rn. 11 m.w.N.). Zwingend mit dem
Beschluss zuzustellen sind indes nur solche Anlagen, auf die der Beschluss in seinem
Tenor Bezug nimmt bzw. die ausdrücklich zum Bestandteil des Beschlusses gemacht
werden (vgl. insoweit Zöller, ZPO, § 922 Rn. 11; OLG Düsseldorf GRUR 1984, 78; OLG
Frankfurt NJW-RR 1996,750; OLG München NJW-RR 2003, 1722). Die Notwendigkeit
der Zustellung derartiger Anlagen beruht auf der Überlegung, dass für den Schuldner
aus dem ihm zugestellten Beschluss heraus ersichtlich sein muss, welche bestimmten
Handlungen er in Zukunft zu unterlassen hat. Aus diesem Grund müssen die
Handlungen, die er unterlassen soll, durch die zugestellten Unterlagen klar und
eindeutig bestimmt sein. Die Bestimmung solcher Handlungen kann entweder bereits
aus dem Tenor oder – falls beigefügt - aus der Begründung des Beschlusses oder aber
erst mit Hilfe der Anlagen erfolgen. Ist letzteres der Fall, der Beschluss also im Hinblick
auf die zu unterlassenden Handlungen nicht aus sich heraus verständlich, müssen aus
Gründen der Rechtssicherheit und Klarheit die Anlagen beigefügt sein. Für den
Verfügungsbeklagten muss aus den ihm zugestellten Unterlagen unter
Berücksichtigung der Gesamtumstände eindeutig erkennbar sein, um welchen
konkreten Sachverhalt es geht (vgl. OLG Düsseldorf GRUR 1984, 78; OLG München
NJW-RR 2003, 1722). Dann ist dem Zweck des § 922 Abs. 2 ZPO wie auch dem des §
929 Abs. 2 ZPO – Schutz vor Überraschungsangriffen – hinreichend Rechnung
getragen.
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Vorliegend ist in dem angegriffenen Beschluss der Kammer nur die Anlage ASt 1 in
Bezug genommen worden. Dass diese nicht zugestellt worden wäre, ist weder
vorgetragen noch ersichtlich. Hinsichtlich der übrigen in dem Beschluss genannten
Urkunden ist weder eine Bezugnahme erfolgt noch sind diese zum Bestandteil des
Beschlusses gemacht worden. Sie sind lediglich genannt worden, um die Mittel der
Glaubhaftmachung näher zu bezeichnen. Der in Rede stehende konkrete Sachverhalt
und die zu unterlassende Handlung war indes durch den Tenor des Beschlusses
eindeutig bezeichnet.
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Die Entscheidung über die weiteren Kosten des Verfahrens folgt aus § 91 ZPO. Das die
einstweilige Verfügung bestätigende Urteil wirkt wie die ursprüngliche einstweilige
Verfügung und ist daher ohne besonderen Ausspruch mit der Verkündung sofort
vollstreckbar (Zöller-Vollkommer, ZPO, § 925 Rn. 9).
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Soweit sich die Verfügungsbeklagte gegen die Festsetzung des Streitwertes wendet,
führt dies nicht zu einer anderen Festsetzung. Wertbestimmend ist beim
Unterlassungsanspruch die gemäß § 3 ZPO zu schätzende Beeinträchtigung, die für
den Verfügungskläger von dem beanstandeten Verhalten verständigerweise zu
besorgen ist und die mit der begehrten Unterlassung beseitigt werden soll (vgl. Zöller,
ZPO, § 3 Rn. 16 "Unterlassung"). Auf den von der Verfügungsbeklagten erzielten
Gewinn kommt es dagegen für die Bemessung des Streitwertes nicht an.
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Insoweit ist zu sehen, dass die Verwendung des Fotos der Verfügungsklägerin durch
die Verfügungsbeklagte eine Urheberrechtsverletzung darstellt. Bei der
Streitwertbemessung ist daher das Interesse der Verfügungsklägerin an der
wirkungsvollen Abwehr eklatanter Verstöße gegen seine geistigen Schutzrechte und
seine daraus resultierenden Vermögenspositionen zu berücksichtigen. Diesbezüglich
hat der Gesetzgeber mit den gesetzlichen Modifikationen des urheberrechtlichen
Schutzes durch das "Gesetz zur Stärkung des Schutzes des geistigen Eigentums und
zur Bekämpfung der Produktpiraterie" vom 07.03.1990 mit aller Deutlichkeit zum
Ausdruck gebracht, dass die Unterbindung der Missachtung geistiger Schutzrechte ein
wichtiges Anliegen der Allgemeinheit ist. Diese gesetzgeberische Intention kann nicht
ohne Auswirkung auf die Streitwertbemessung bleiben und zwar auch gegenüber
Rechtsverletzern, deren individueller Verstoß nicht sehr erheblich ist. Mit Rücksicht
darauf hält die Kammer an dem festgesetzten Streitwert von 6.000 € für die
unberechtigte Verwendung des Fotos durch die Verfügungsbeklagte fest. Dies
entspricht der ständigen Rechtsprechung der erkennenden Kammer und steht in
Übereinstimmung mit der Rechtsprechung anderer Gerichte (vgl. OLG Hamburg GRUR-
RR 2004, 342). Das Vorliegen einer möglichen Änderung der gesetzlichen Grundlagen
vermag nicht zu einer anderen Bewertung zu führen.
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Insoweit mag die Verfügungsbeklagte darlegen, ob der Widerspruch vom 28.12.2006
auch als Streitwertbeschwerde angesehen werden soll. Hiervon wird derzeit nicht
ausgegangen.
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Streitwert: einstweilige Verfügung bis zum Widerspruch 6.000 €
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ab dem Widerspruch: Die Kosten des Verfahrens.
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