Urteil des LG Kleve vom 15.10.2008

LG Kleve: kaufvertrag, unfall, anhörung, original, eigentümer, käufer, kopie, offenkundig, adresse, datum

Landgericht Kleve, 2 O 312/07
Datum:
15.10.2008
Gericht:
Landgericht Kleve
Spruchkörper:
2. Zivillammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 O 312/07
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die
Zwangsvollstre-ckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110
Prozent des vollstreckba-ren Betrages abwenden, wenn nicht die
Beklagten zuvor Sicherheit in glei-cher Höhe leisten.
Tatbestand
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Der Kläger macht mit der Klage Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche
geltend wegen eines angeblichen Verkehrsunfalls am 02.10.2006 gegen 11:48 Uhr in y
auf der x Straße / z straße.
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Die Beklagte zu 2) wies mit Schreiben vom 21.01.2007 die Forderungen des Klägers als
rechtlich unbegründet zurück.
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Der Kläger behauptet, er sei mit dem Pkw Audi A8 auf der x Straße in Fahrtrichtung zur
Innenstadt gefahren und habe verkehrsbedingt an der Ampelanlage Ecke z straße
anhalten müssen; sodann sei ihm der Lkw der Beklagten zu 1), gefahren von dem
Zeugen a, aufgefahren. Er sei Eigentümer des Audi A8; am 01.10.2006 habe er es von
dem Autohändler p käuflich erworben. Dieser habe das Fahrzeug seinerseits zuvor am
22.09.2006 von dem noch eingetragenen Halter w gekauft. Der Kläger sei auf dem Weg
zum Straßenverkehrsamt gewesen, um das Auto umzumelden. Der Zeuge p habe
seinerzeit in dem Objekt O straße seinen Kfz-Handel betrieben und eine große
Tiefgarage als Lagerstelle für seine gebrauchten Fahrzeuge genutzt.
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Als Reparaturkosten seien netto 5.310,72 Euro entstanden, zusätzlich verlangt der
Kläger eine allgemeine Kostenpauschale (25,00 Euro).
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Bei dem angeblichen Auffahrunfall sei er verletzt worden, er habe ein HWS-
Schleudertrauma erlitten. Auf den Entlassungsbericht des Malteser Krankenhauses, Bl.
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10 GA, wird verwiesen. Danach habe er sich in hausärztliche Behandlung begeben. Vor
diesem Hintergrund hält der Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 500,00 Euro für
angemessen.
Auf die Einwendungen der Beklagten zu 2) entgegnet er, er sei zum
Straßenverkehrsamt in y gefahren, weil dort weniger Andrang herrsche und die Strecke
von seinem Wohnort aus genauso weit sei wie zum Straßenverkehrsamt in D; das Auto
habe er im Auftrag seines Bruders erworben.
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Der Kläger beantragt,
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1. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn 5.335,72 Euro nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
21.01.2007 zu zahlen,
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2. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn ein angemessenen
Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 21.01.2007 zu zahlen.
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Die Beklagte zu 2 beantragt – zugleich als Nebenintervenientin für die Beklagte zu 1) –,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte zu 2) behauptet, die von dem Kläger vorgelegten Kaufverträge spiegelten
keine realen Erwerbsvorgänge wider; der Kläger sei zum Unfallzeitpunkt nicht
Eigentümer des streitgegenständlichen Fahrzeugs gewesen. Der Unfall sei gestellt
gewesen, was aus mehreren Umständen folge: der Zeuge p sei ebenso wie der Kläger
arbeitslos; der Kläger habe sich daher keinen Audi A8 leisten können; die Besichtigung
des Audis im Rahmen der Schadensbegutachtung sei in der O straße und damit bei
dem Zeugen p erfolgt, dieser sei auch bei der Besichtigung anwesend gewesen; er
habe auch das Fahrzeug bei dem angeblichen Unfallereignis gefahren; die beteiligten
Fahrzeuge seien typisch (fremder Lkw auf der Schädigerseite, Luxusfahrzeug auf der
Geschädigtenseite); die Besitz- und Haltereigenschaft des Klägers sei auffallend kurz;
die Unfallkonstellation (Auffahrunfall mit klarer Haftungslage und geringen
Verletzungsrisiken) sei typisch; die Beklagte zu 1) habe trotz mehrfacher Aufforderungen
bislang keine Schadensmeldung übersandt – den Versicherungsschutz habe sie ihr
gegenüber daher wegen Obliegenheitsverletzung entzogen; die Angaben des Grundes
für die Fahrt des Zeugen x seien widersprüchlich; der Fahrer werde nicht verklagt; die
Angaben hinsichtlich der Wohnungsverhältnisse des Zeugen p in der O straße als
angeblichem Kfz-Handel seien widersprüchlich, das dortige Gebäude sei gar nicht
abgerissen worden, die Eltern des Zeugen p lebten dort immer noch. Die Firma q heiße
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nun j GmbH; der Kilometerzähler des Audi A8 sei zurückgedreht worden; der von dem
Kläger vorgelegte Kostenvoranschlag (Bl. 7 ff. GA) sei nicht richtig wegen der
Halterangabe "Herr p", eines anderen Kfz-Kennzeichens und eines falschen
Erstzulassungsdatums; der Audi A8 habe erhebliche Vorschäden gehabt (Gutachten
vom 03.03.2004, Bl. 61 – 74 GA).
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien
nebst Anlagen Bezug genommen.
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Das Gericht hat Beweis erhoben; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf
das Protokoll der Sitzung vom 02.10.2008 (Bl. 180 ff. GA) verwiesen.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist unbegründet.
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Dem Kläger steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf Schadensersatz zu gemäß
§ 831 Abs. 1 BGB bzw. §§ 7 Abs. 1 StVG, 3 Nr. 1 PflVG. Ihm ist nicht der Nachweis
gelungen, dass er Eigentümer des streitgegenständlichen Audis A8 war.
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Gemeinsame Voraussetzung der genannten Vorschriften ist eine erlittene
Rechtsgutverletzung des Anspruchsstellers, hier in Form der Eigentumsverletzung. Die
Beklagte zu 2) – die in diesem Verfahren zugleich als Nebenintervenientin der
Beklagten zu 1) auftrat – hat bestritten, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt Eigentümer
des streitgegenständlichen Fahrzeugs war. Für diese anspruchsbegründende, für ihn
günstige Tatsache ist der Kläger beweisbelastet. Dieser Beweis ist ihm nach
Durchführung der Beweisaufnahme am 02.10.2008 nicht gelungen. Das Gericht ist nicht
davon überzeugt, dass der angeblichen Übertragung des Eigentums an dem Wagen ein
realer Erwerbsvorgang zugrunde lag. Vielmehr spricht einiges dafür, dass der Kläger
gemeinschaftlich mit dem Zeugen p das Unfallereignis vom 02.10.2006 bewusst
herbeigeführt hat und nur zu diesem Zwecke den Anschein erwecken wollte, dass das
Eigentum an dem beschädigten Fahrzeug zuvor auf den Kläger übertragen worden sei.
Dass das Eigentum aber tatsächlich – und sei es auch nur zur Geltendmachung der
Schäden gegenüber der Versicherung – von dem Zeugen p auf den Kläger übertragen
wurde, steht nach Durchführung der Beweisaufnahme nicht zur Überzeugung des
Gerichts fest.
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Zwar geht das Gericht davon aus, dass sich das Schadensereignis am 02.10.2006
tatsächlich auf der x Straße in y dergestalt ereignet hat, dass der Zeuge x mit dem Lkw
der Beklagten zu 1) von hinten in den Audi A8 hineingefahren ist und diesen dadurch
beschädigt hat. So waren hinsichtlich des äußeren Ablaufs des Geschehens die
Aussagen der Zeugen p, x und A im Wesentlichen durchaus übereinstimmend. Es
ergaben sich aber sowohl hinsichtlich des angeblichen Ankaufs des Wagens (siehe
dazu unten 1.) als auch hinsichtlich des konkreten Schadensereignisses (siehe dazu
unten 2.) erhebliche Widersprüche, die letztlich an der Richtigkeit der Darstellung des
Klägers im Rahmen dessen Anhörung am 02.10.2006 sowie der der Zeugen p und a
zweifeln lassen. Hinzu kommen schließlich unstreitige Umstände des Einzelfalls (siehe
dazu unten 3.), die in ihrer Gesamtschau typisch für sogenannte gestellte Unfälle sind
und damit weitere Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Klägers begründen.
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Hinsichtlich des Nachweises der angeblichen Eigentumsübertragung hat der Kläger
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einen Kaufvertrag vom 01.10.2006 (im angeblichen Original Bl. 186 GA) vorgelegt.
Darin sind zwar der Kläger als Käufer und der Zeuge p als Verkäufer ausgewiesen. Es
ergaben sich aber Widersprüchlichkeiten zwischen den Angaben des Klägers, die
dieser schriftsätzlich vorgetragen hat, seinen Angaben, die er in der Anhörung gemacht
hat und den Bekundungen des Zeugen p.
Im Schriftsatz vom 15.01.2008 auf Seite 2 (Bl. 84 GA) wurde vorgetragen, dass der
Kaufpreis in Höhe von 7.500,00 Euro teilweise durch den in D ansässigen Bruder
gezahlt worden sei durch Überweisungen über die Western Union Bank vom
23.09.2006 (Bl. 90 GA; das im Schriftsatz angegebene Datum betrifft nicht das
Auszahlungsdatum) und vom 02.10.2006 (Bl. 91 GA). Dementsprechend gab der Kläger
in der mündlichen Anhörung an, sich selbst ein solches Fahrzeug aufgrund seiner
Arbeitslosigkeit gar nicht leisten zu können (Bl. 181 GA). Demgegenüber hat aber der
Zeuge p bekundet, dass der Kläger ihm die Hälfte des Geldes einen Tag vor Abschluss
des Kaufvertrages (also am 30.09.2006) gegeben habe, die andere Hälfte habe von
dem Bruder in D gezahlt werden sollen (Bl. 182 R GA). Vor Abschluss des
Kaufvertrages konnte der Kläger aber höchstens den Betrag vom 23.09.2006 vom
Bruder verwendet haben; dies waren lediglich 1.700 Euro (Bl. 90 GA) und damit nicht
annähernd die Hälfte des Kaufpreises. Der weitere Betrag von 3.000 Euro (Bl. 91 GA)
konnte demgegenüber nur nach Abschluss des Kaufvertrages übergeben worden sein,
was aber ebenfalls den Bekundungen des Zeugen widersprechen würde.
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Des Weiteren ist nicht nachvollziehbar, weshalb der angebliche Empfang des Geldes
nicht quittiert wurde, zugleich aber der Kaufvertrag schriftlich abgeschlossen wurde.
Diesbezüglich befragt gab der Zeuge p an, dass er dem Kläger hinsichtlich des Geldes
vertraut habe, in Bezug auf den Kaufvertrag sich aber für verpflichtet gehalten habe,
diesen schriftlich abzuschließen. Zudem habe der Kläger – was dieser zuvor ebenfalls
angegeben hatte – den Kaufvertrag schriftlich machen wollen, da der Wagen für den
Bruder in D bestimmt gewesen sei. Zum einen kommt es aber bei dem Verzicht auf eine
Quittung nicht auf das Vertrauen des Geldempfängers, sondern auf das des Geldgebers,
hier also des Klägers an, so dass die Bekundung, der Zeuge p habe dem Kläger
vertraut, in diesem Zusammenhang unerheblich ist. Zum anderen hätte es aber nahe
gelegen, den Empfang eines Teilbetrages in die Vertragsurkunde aufzunehmen, wenn
dort ohnehin eine schriftliche Angabe zur Höhe des Kaufpreises gemacht wurde; im
Kaufvertrag (Bl. 186 GA) ist aber lediglich als Kaufpreis vermerkt: "7500 Euro bar".
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Hinzu kommt, dass es sich bei dem als angeblichen Original des Kaufvertrages vom
01.10.2006 überreichten Schriftstück Bl. 186 GA offenkundig nicht um das Original zu
dem Kaufvertrag, welcher als Anlage B2 (Bl. 40 GA) in Kopie überreicht wurde, handelt.
Dies wird deutlich anhand des Firmenstempels bei der Unterschrift des Verkäufers.
Während dieser sich einmal mitten auf der Unterschrift befindet (Bl. 186 GA), ist er auf
Bl. 40 der Akte unter dieser zu erkennen. Soweit dies darauf zurückzuführen sein mag,
dass möglicherweise hier eine Durchschrift des Originalkaufvertrages vorgelegt wurde
und die Unterschrift auf jeder Durchschrift wiederholt werden muss, gilt dies jedenfalls
nicht für den Vertragstext selbst, da derartige Formularverträge bekanntermaßen
selbstdurchschreibend sind. Ein Vergleich beider Vertragstexte ergibt offensichtliche
Unstimmigkeiten: bei dem Käufer ist im Original zunächst zweimal die Postleitzahl
durchgestrichen worden, während sie sich bei der Kopie Bl. 40 GA vor "Du" befindet; in
der Kopie fehlt die Angabe "Abgemelden" nach "das Auto wert am 02.10.06". Ein
genauer Blick auf die Schreibweise beider Dokumente bestätigt in fast jedem Detail die
Unterschiede (bspw. Position des i-Punktes bei "p" usw.).
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Aus dieser Unstimmigkeit ergibt sich somit eine weitere Widersprüchlichkeit bei den
Angaben des Klägers und des Zeugen p.
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Im Ergebnis ohne rechtlichen Nachteil für den Kläger ist allerdings nach Auffassung des
Gerichts die Tatsache, dass das Auto nach Angaben des Klägers für dessen Bruder in D
bestimmt gewesen sei. Man könnte zwar die Auffassung vertreten, dass damit nicht der
Kläger, sondern unmittelbar dessen Bruder Vertragspartner geworden sei. Dagegen
spricht allerdings, dass immerhin in dem angeblichen Vertrag der Kläger selbst als
Käufer genannt ist und dass ein sogenanntes Geschäft für den, den es angeht, in der
Regel nur dann anzunehmen ist, wenn es dem Vertragspartner ersichtlich nicht auf die
Person des Gegenübers ankommt. Dies ist bei der Wahl zwischen einem Schuldner im
Inland (Kläger) und einem solchen im Ausland (Bruder in D) offenkundig nicht der Fall.
Eine ausdrückliche Vertretung ist, auch wenn der Zeuge p wusste, dass das Fahrzeug
im Ergebnis für den Bruder des Klägers bestimmt war, ebenfalls nicht anzunehmen, da
nicht deutlich wurde, dass der Kläger nicht im eigenen Namen gehandelt habe. Für das
hiesige Ergebnis kommt es auf diese Frage aber letztlich nicht an, da bereits aus
anderen Gründen der Eigentumserwerb des Klägers nicht nachgewiesen ist.
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Ebenso verhält es sich mit der Frage des Eigentumsvorbehalts, welcher in dem
angeblichen Kaufvertrag vereinbart wurde und auf welchen der Zeuge p nunmehr mit
Schreiben vom 04.03.2008 (Bl. 133 GA) verzichtet hat. Auch hierauf kommt es im
Ergebnis nicht an.
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Hinsichtlich des Unfallgeschehens selbst ergeben sich im Wesentlichen zwei Aspekte,
die Zweifel an der Unfreiwilligkeit des Unfallgeschehens begründen und daher auch die
Glaubhaftigkeit der Aussage insbesondere des Zeugen p erheblich in Frage stellen.
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Zum einen ist die eigentliche Unfallursache für das Gericht nicht plausibel. Nach
Angaben des Zeugen a hat dieser "etwas am Autoradio eingestellt, im nächsten
Augenblick hat es dann auch schon gekracht." (Bl. 184 R GA). Er konnte sich nicht
genau dahingehend festlegen, was er an dem Autoradio eingestellt habe; er glaubte
lediglich, sich daran zu erinnern, dass er an dem Autoradio den Sender eingestellt habe.
Zuvor habe er noch die Ampel wahrgenommen und gesehen, dass diese Grün gezeigt
habe. Es habe eine ganze Zeit gedauert, dass er den Sender eingestellt habe.
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Diese Aussage ist dadurch gekennzeichnet, dass eine auf den ersten Blick plausibel
erscheinende Erklärung für die Ablenkung des Fahrers gegeben wird, die dann
allerdings weder aufgrund der eigenen Erzählung noch auf Nachfrage mit lebensnahen
Details gefüllt werden konnte. Der Zeuge hat nicht den Eindruck vermittelt, dass er das
Bekundete – Ablenkung aufgrund von Einstellungen am Autorradio – tatsächlich selber
erlebt hätte. Aus den Formulierungen wird deutlich, dass der Zeuge sich eigentlich nicht
festlegen wollte, warum genau er abgelenkt gewesen sei. Es entstand der Eindruck,
dass der Zeuge sich in diesem – entscheidenden – Punkt nicht erinnern wollte und nur
zögerlich versuchte, genauere Angaben zu machen.
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Hier könnte man dem Zeugen noch zu Gute halten, dass es ihm möglicherweise schwer
fiel, über den eigenen – in diesem Falle offensichtlichen – Fehler zu sprechen: immerhin
hat er hier einräumen müssen, dass ihn die Alleinschuld an dem Unfall traf. Dieser
Gesichtspunkt gilt aber jedenfalls nicht für den zweiten Aspekt, der hier relevant ist: dem
Zeugen a gelang es nicht, den Anlass für die Fahrt plausibel im Zusammenhang
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darzustellen. Er gab an, irgendetwas abholen zu wollen, was genau, wisse er heute
nicht mehr (Bl. 184 R GA). Einen möglichen Widerspruch zu seiner Angabe gegenüber
der Frau H (Mitarbeiterin der Beklagten zu 2) versuchte er auszuräumen, indem er sagte,
mit dem "Bekannten" damals möglicherweise seinen Chef Herrn H gemeint zu haben.
Nicht nachvollziehbar und daher schlichtweg unglaubhaft ist dennoch, dass der Zeuge
angeblich nicht mehr in der Lage war, sich zu Beginn der Vernehmung daran zu
erinnern, was genau eigentlich Anlass der Fahrt gewesen sei; zum Ende der
Vernehmung gab der Zeuge dann an, er sei auf dem Weg nach y gewesen, um Möbel
dort hinzubringen, während er aber zunächst bekundete, dort etwas abholen zu müssen.
Schließlich gab der Zeuge sogar an, dass er mit dem Firmenfahrzeug von der O straße
aus losgefahren sei, während er zunächst angegeben hatte, über eine Verbindung der
Fa. Herz zu der O straße nichts sagen zu können.
Da auch der Kläger angegeben hatte, von dem Wohnsitz des Zeugen p (damals
Ostraße) losgefahren zu sein (Bl. 181 R GA), geht das Gericht daher davon aus, dass
die Fahrzeuge des Geschädigten und des Schädigers von demselben Ausgangspunkt
losfuhren, um kurz danach in der x Straße zusammen zu stoßen. Dies ist ein
gewichtiges Indiz dafür, dass es sich um einen gestellten Unfall handelte.
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Als weiterer Aspekt st über die gerade Genannten hinaus anzuführen, dass der Kläger
bei seiner Anhörung nur zögerlich erklären konnte, warum er in dem Kostenvoranschlag
des Autohauses M. KG (Bl. 7 ff. GA) als Fahrzeughalter notiert war, kurz zuvor aber
angegeben hatte, dass er niemals als Halter des Fahrzeuges eingetragen gewesen sei
(Bl. 181 GA). Es ist schwer vorstellbar, dass der Widerspruch seiner Angaben allein auf
die Tatsache zurückzuführen sein soll, dass er den Begriff Halter nicht richtig verstanden
haben will. Ebenso zögerlich erfolgte die Angabe, dass er das Kurzkennzeichen bei
dem Straßenverkehrsamt in D und nicht in y beantragt hatte; noch zögerlicher und nur
auf konkretes Befragen gab der Kläger eine Erklärung dazu ab, warum er nunmehr zum
Straßenverkehrsamt in D gefahren ist, wenn er vorher – nämlich am Unfalltag des
02.10.2006 – nach seinen Angaben zum Straßenverkehrsamt in y habe fahren wollen,
da dorthin der Weg kürzer sei und auch die Wartezeiten kürzer seien (Bl. 180 R GA).
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Bemerkenswert ist außerdem, dass der Kläger erst im Laufe der Vernehmung auf
Nachfrage angab, dass der Zeuge p als Beifahrer des Audi A8 ebenfalls bei dem Unfall
anwesend war. Zuvor war diese Tatsache nicht vorgetragen worden. Der Zeuge p war
auch weder in der Klageschrift noch in den folgenden Schriftsätzen als Zeuge benannt
worden. Auch wenn das Gericht aufgrund der Schilderungen des Zeugen p und
insbesondere der Angaben der Zeugin K , welche den Zeugen p als Beifahrer
wiedererkannte (Bl. 184 GA), durchaus davon überzeugt ist, dass der Zeuge p bei dem
Unfall anwesend war, ist doch nicht nachvollziehbar, dass er sogar in der
Unfallaufnahme durch die Polizei unter "Zeugen" keine Erwähnung findet (Anlage K1,
Bl. 5 GA).
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Innerhalb der Aussage des Zeugen p war besonders auffällig, dass er, als er
aufgefordert wurde, seine Reaktion auf das Auffahren des Lkw auf den Audi zu
schildern, lediglich angeben konnte, diese sei "normal" gewesen (Bl. 183 GA). Er sei in
dem Sitz nach vorne geflogen. Auch auf konkrete Nachfrage nach seiner emotionalen
Reaktion (Schock? Wut?) hat er nur angegeben: "Ja, ich habe mich geärgert, das ist
normal".
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Dieser ausdrückliche Verweis auf das "Normale" lässt erheblich daran zweifeln, dass
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der Zeuge p das Auffahren auf den Pkw tatsächlich als Unfallereignis wahrgenommen
hat und legt vielmehr den Schluss nahe, dass er mit dem Auffahren rechnete, so dass er
ein überraschendes Gefühl, einen Schock oder eine vergleichbare Gefühlsreaktion in
diesem Moment tatsächlich gar nicht erlebt hat, so dass er außer Stande war, eine
derartige überhaupt zu schildern.
Auch seine Angaben hinsichtlich eines Gespräches mit dem Zeugen Brandt unmittelbar
nach dem Unfall ergeben keinen sinnvollen Zusammenhang. So habe Herr a
"irgendetwas von Bremsen gesagt, möglicherweise hat er gesagt, er habe zu stark
gebremst"; an genaue Einzelheiten mochte sich der Zeuge nicht erinnern (Bl. 183 GA).
Es ergibt aber keinen Sinn, dass der Zeuge amöglicherweise gesagt habe, zu stark
gebremst zu haben – von einem zu starken Bremsen des Hintermanns kann bei einem
Auffahrunfall keine Rede sein.
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Weitere Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen psind schließlich darin
begründet, dass er auf Vorhalt eines angeblichen Kaufvertrags über den
streitgegenständlichen Audi zwischen ihm und seinem Bruder d p (Anlage B 16, Bl. 191
GA) lediglich angab, die Unterschrift des Verkäufers stamme nicht von ihm, er
unterschreibe stets mit vollem Namen und nicht bloß mit einem Namenskürzel. Zuvor
hatte er geschildert, mit dem Verkauf des Audis an seinen Bruder nichts zu tun gehabt
zu haben, er habe mit diesem keinen Kontakt mehr (Bl. 183 GA). Auffällig ist aber, dass
die Schreibweise des Vertragstextes offenkundig mit derjenigen des angeblichen
Kaufvertrags zwischen dem Kläger und dem Zeugen p (Bl. 180 GA) übereinstimmt, was
auch für einen graphologischen Laien insbesondere an dem kreisförmigen i-Punkt, dem
doppelten linken Seitenstrich beim "A" sowie dem individuellen Schriftzug "O Str." zu
erkennen ist. Das Argument, der Zeuge p unterschreibe sonst nicht mit einem
Namenskürzel, überzeugt nicht, da sich dasselbe Kürzel – dort aber neben dem
vollständigen Nachnamen – immerhin auch auf dem vorgelegten Kaufvertrag vom
01.10.2006 findet (Bl. 180 GA).
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Seine Angabe, keinen Kontakt mehr zu seinem Bruder zu haben, ist schließlich auch
dadurch erheblichen Zweifeln ausgesetzt, dass die Adresse des Bruders o offensichtlich
– so wie die Adresse des Zeugen p selbst – B straße in D lautet. Dies geht unter
anderem aus einer als Anlage B19 beigefügten Unfallmitteilung nebst Schreiben vom
19.07.2007 (Bl. 175 f. GA) hervor.
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In diesem Zusammenhang höchst ungewöhnlich ist auch, dass für das hier
streitgegenständliche Fahrzeug – die Fahrgestellnummern stimmen überein – unter dem
19.10.2007 ein Schadensgutachten in einer anderen Unfallsache erstellt wurde (Anlage
B 17, Bl. 193 ff. GA) und dort als Anspruchsteller Frau D M in Erscheinung tritt, welche
als Adresse ebenfalls die B straße in D angegeben hat.
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Als für Fälle eines gestellten Unfalls typische Umstände ist zu würdigen, dass es sich
bei dem Schädigerfahrzeug um einen Lkw handelte und bei dem beschädigten
Fahrzeug (Audi A8) um ein Oberklassefahrzeug (vgl. Geyer, Die "Unfallmanipulation" in
der Kfz-Haftpflichtversicherung, VersR 89, 882, 886).
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Schließlich wurde der Schaden fiktiv abgerechnet, so dass der wirtschaftliche Vorteil,
den es zu erzielen gilt, bar verwertet werden kann, ohne diesen in die Reparatur des Kfz
zu investieren.
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Dass der Fahrer nicht in die gegen die beklagte Haftpflichtversicherung gerichtete
Direktklage mit einbezogen wird, mag durchaus prozesstaktische Gründe gehabt haben,
um diesen als Zeugen benennen zu können.
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Allerdings besteht ein weiteres Indiz in der ungewöhnlich kurzen Besitzzeit des
Anspruchsstellers an dem Fahrzeug sowie auch des Zeugen p. Besonders auffällig ist,
dass der Unfall lediglich einen Tag nach Abschluss des angeblichen Kaufvertrags
passiert ist.
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Letztlich ist auch die eindeutige Haftungslage des Auffahrunfalls bei gleichzeitig
geringem Verletzungsrisiko als Indiz eines gestellten Unfalls zu werten.
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Im Ergebnis treten also zu den bereits genannten Widersprüchlichkeiten weitere
Indizien hinzu, die in einer Gesamtwürdigung derart an den Angaben der Beteiligten
zweifeln lassen, dass dem Kläger der durch ihn zu führende Beweis des Vorliegens der
Anspruchsvoraussetzungen nicht gelungen ist.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
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Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Streitwert: 5.835,72 Euro
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Klageantrag zu 1): 5.335,72 Euro
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Klageantrag zu 2): 500,00 Euro.
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