Urteil des LG Kiel vom 02.04.2017

LG Kiel: treu und glauben, ausschluss der haftung, feststellungsklage, meinung, fusion, erfüllung, beendigung, widerklage, gesellschaftsvertrag, schwerin

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Gericht:
LG Kiel 6.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 O 486/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass der Beklagte keine Ansprüche auf Erfüllung einer
Versorgungsverpflichtung gemäß dem Sozietätsvertrag der Sozietät xxx
Rechtsanwälte vom 12.07.1990 gegen die Klägerin zu 1.) hat.
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte keine Schadensersatzansprüche gegen
die Kläger zu 2.) und 3.) für den Fall hat, dass die Klägerin zu 1.) nicht in die
Versorgungsverpflichtung der Sozietät xxx Rechtsanwälte aus dem
Sozietätsvertrag vom 12.07.1990 gegenüber dem Beklagten eingetreten ist und
dass eine solche Schadensersatzverpflichtung auch insbesondere nicht wegen
einer schuldhaften Verletzung eventueller Verpflichtungen gemäß Ziffer 5 der
Ergänzungsvereinbarung zum Sozietätsvertrag xxx Rechtsanwälte GbR vom
12.12.1995 besteht.
3. Die Widerklagen werden abgewiesen.
4. Der Beklagte und die Widerklägerin zu 2.) tragen die Kosten des Rechtsstreits
als Gesamtschuldner.
5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin zu 1.) begehrt die Feststellung, dass der Beklagte keine Ansprüche
gegen sie aus einer Versorgungsverpflichtung der Sozietät xxx hat. Die Kläger zu
2.) und 3.) begehren die Feststellung, dass sie den Beklagten nicht dafür
schadensersatzpflichtig sind, dass die Klägerin zu 1.) keine
Versorgungsverpflichtung gemäß dem Sozietätsvertrag der Sozietät xxx
übernommen hat. Der Beklagte und die Widerklägerin zu 2.) begehren die
Feststellung, dass die Klägerin zu 1.) ihnen gegenüber die
Versorgungsverpflichtung der Sozietät xxx zu erfüllen hat und dass anderenfalls
die Kläger zu 2.) und 3.) ihnen zum Schadensersatz verpflichtet sind.
Der Beklagte zu 1.) war Rechtsanwalt und Notar. Er schloss sich am 01.01.1969
mit dem Rechtsanwalt und Notar xxx zur gemeinsamen Ausübung ihres Berufes
sowie zur Sicherstellung ihrer Alters- und Hinterbliebenenversorgung zu einer
Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Sozietät) zusammen. Der Kläger zu 2.) trat am
01.01.1984 und der Kläger zu 3.) trat am 01.01.1987 in die Sozietät ein.
Nachdem Rechtsanwalt und Notar xxx am 03.06.1988 verstorben war, schlossen
der Beklagte und die Kläger zu 2.) und 3.) am 12.07.1990 einen
Gesellschaftsvertrag, wonach gemäß § 10 Ziff. 2 die Sozietät xxx an den Beklagten
bei dessen Ausscheiden eine Versorgungsrente zu zahlen hat. Gemäß § 10 Ziff. 5
haften die Sozien für die Erfüllung der Versorgungsrente gesamtschuldnerisch. Die
Haftung geht nicht auf die Erben über und endet, wenn der betreffende Sozius
berufsunfähig wird bzw. auf Dauer erkrankt ist, von den übrigen Sozien von der
aktiven Mitarbeit freigestellt wird oder aus der Kanzlei nach Vollendung des 65.
Lebensjahres ausscheidet. Gemäß § 11 zahlt die Sozietät im Falles des Todes des
Beklagten 75 % der an ihn zu zahlenden Rente an die Widerklägerin. Gemäß § 15
kann ein Sozius, der für Anwartschaften auf Versorgungsrente eines anderen
Sozius haftet, die Sozietät nur aus einem von einem anderen Sozius zu
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Sozius haftet, die Sozietät nur aus einem von einem anderen Sozius zu
vertretenen wichtigen Grund kündigen. § 19 regelt den Fall, dass die Sozietät
endet, ohne das ein Sozius die Praxis fortführen will. Jeder Sozius hat sich nach
Verständigung mit den anderen Sozien mit denjenigen Mandanten in Verbindung
zu setzen, deren Aufträge ihm zugeteilt waren. Die weitere Vertretung sollte sich
nach den Wünschen des jeweiligen Mandanten richten. Nach Ziff. 3 des § 19 hat
jeder Sozius, der seine eigene Praxis begründet oder in eine andere Sozietät
eintritt, alles zu unterlassen, was darauf abzielt, der früheren Sozietät erteilte
Aufträge bzw. ihre Mandanten an sich zu ziehen. Im übrigen wird auf den in
Ablichtung als Anlage B1 eingereichten Sozietätsvertrag Bezug genommen.
Am 12.12.1995 beschlossen der Beklagte und die Kläger zu 2.) und 3.) eine
Ergänzung zum Sozietätsvertrag vom 12.07.1990, wonach in Ziff. 5 vereinbart
wird, dass bei Aufnahme neuer Sozien eine gesamtschuldnerische Haftung der
hinzukommenden Sozien im Hinblick auf die Versorgungsrente des Beklagten und
der Widerklägerin zu 2.) für die Dauer der Zugehörigkeit zu der Sozietät zu
vereinbaren ist. Im übrigen wird auf den in Ablichtung eingereichten
Ergänzungsvertrag (Anl. B 2) Bezug genommen.
Am 17.04.1996 schlossen der Beklagte und die Kläger zu 2.) und 3.) mit
Rechtsanwalt xxx, Schwerin, einen Vertrag über eine überörtliche Sozietät
Kiel/Schwerin. Gemäß § 7 des Vertrages trat Rechtsanwalt xxx den künftigen
Altersversorgungsverpflichtungen gegenüber dem Beklagten und der
Widerklägerin zu 2.) als Gesamtschuldner in beschränktem Umfang bei.
Mit Vereinbarung vom 18.06.2001 nahm der Beklagte mit den Klägern zu 2.) und
3.) sowie Rechtsanwalt xxx den Rechtsanwalt xxx als sogenannten Juniorpartner für
drei Jahre bis zum 31.12.2003 in die Sozietät auf. In der Vereinbarung wurde u.a.
die persönliche Haftung von Rechtsanwalt xxx für die Versorgungsrente des
Beklagten und der Widerklägerin zu 2.) ausgeschlossen, wobei diese
Verpflichtungen allerdings als Betriebsausgabe der Sozietät anerkannt werden (§ 2
b).
Des Weiteren wurde, ebenfalls unter Mitwirkung des Beklagten, Rechtsanwalt xxx
im Juni 2002 als sogenannter Juniorpartner in die Sozietät aufgenommen. Auch
ihm gegenüber wurde die persönliche Übernahme von Verbindlichkeiten
hinsichtlich der Versorgungsrenten ausgeschlossen.
Der Beklagte schied zum 01.01.2004 aus der Sozietät aus und gab - wie in dem
Sozietätsvertrag vorgesehen - sein Amt als Notar und seine Tätigkeit als
Rechtsanwalt auf.
Beginnend mit diesem Datum erhielt der Beklagte bis einschließlich März 2004 die
ihm vertragsgemäß zustehende Versorgungsrente. Ab April 2004 zahlte lediglich
Rechtsanwalt xxx den auf ihn entfallenden Teilbetrag. Die Kläger zu 2.) und 3.)
verweigerten die darüber hinausgehende Zahlung der Versorgungsrente mit der
Behauptung, dass ihnen aus der Abrechnung der Sozietät Gegenforderungen
zustehen würden. Dies führte zu dem Rechtsstreit des Beklagten als Kläger gegen
den Kläger zu 2.) und 3.) als Beklagte vor dem Landgericht Kiel mit dem
Aktenzeichen 13 O 119/04, der am 03.11.2004 durch einen Vergleich beendet
wurde, wonach sich die Kläger zu 2.) und 3.) verpflichten, an den Kläger die
Versorgungsrente in Höhe von monatlich 4.343,42 € neben dem auf den
Rechtsanwalt xxx entfallenden Anteil zu zahlen. Im übrigen wird auf den Vergleich
(Bl. 132 ff d. BeiA. 13 O 119/04 Bezug) genommen.
Mit Schreiben vom 13.04.2005 übersandte der Kläger zu 2.) mit einem
Anschreiben unter dem Briefkopf der Sozietät „xxx Rechtsanwälte, Notare in Kiel -
Hamburg“ dem Beklagten vorab eine Pressemitteilung, die auszugsweise wie folgt
lautet:
„Presseerklärung
Führende Kieler Rechtsanwälte gehen zusammen.
Die bekannten Kieler Rechtsanwaltskanzleien xxx & Partner sowie xxx haben
gestern bekannt gegeben, dass sie ab dem 1. Juli 2005 gemeinsam unter dem
Namen „xxx & Partner ihre Tätigkeit ausführen werden.
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xxx, Seniorpartner der Kanzlei, bewertet den Zusammenschluss als konsequente
Fortentwicklung des schon bislang eingeschlagenen Weges:
„Mit diesem Schritt vereinigen wir die Stärken beider Praxen, so dass wir noch
besser als bisher in der Lage sein werden, eine hochwertige, kompetente
Rechtsberatung für Schleswig-Holstein und darüber hinaus anzubieten.“
Partner xxx ergänzte dies mit dem Hinweis auf die Vielfalt der Spezialisierung der
beteiligten Anwälte, die es erlaubt, eine ganzheitliche Beratung der Mandanten
auch bei sehr komplexen Rechtsfragen auf höchstem Niveau zu gewährleisten.
...“
Im Weiteren werden Entstehung und Tätigkeitsschwerpunkt sowohl der Kanzlei xxx
& Partner wie auch der Kanzlei xxx beschrieben.
Ein entsprechender Artikel erschien in der Tageszeitung „Kieler Nachrichten“ am
14.05.2005.
Mit Schreiben seiner Prozessvertreter vom 31. 05.2005 trat der Beklagte an die
Sozietät xxx Rechtsanwälte und Notare, zu Händen des Klägers zu 2.) mit der Bitte
um Auskunft über die vertragliche Gestaltung der mitgeteilten Verbindung der
beiden Rechtsanwaltspraxen insbesondere im Hinblick auf seine Altersversorgung
heran. Mit Schreiben vom 14.06.2005 teilten die Kläger zu 2.) und 3.) unter dem
Briefkopf der Sozietät „xxx Rechtsanwälte und Notare Kiel-Hamburg“ mit, dass der
derzeitigen Sozietät xxx die Kläger zu 2.) und 3.) angehören würden. Die Kollegen
xxx und xxx seien der Sozietät nicht beigetreten. Sie seien nicht bereit gewesen,
der Verpflichtung für die Versorgungsrente des Beklagten beizutreten. Nach 20
Jahren vergeblicher Versuche sei es nicht möglich gewesen, Sozien zu gewinnen,
die auch die Haftung für die Versorgungsrente dauerhaft mit übernehmen wollten.
Das wesentliche Vermögen der bisherigen Sozietät xxx werde ab 01.07.2005
Sonderbetriebsvermögen der Kläger zu 2.) und 3.). Die Versorgungsverpflichtung
gehe nicht auf die Partnerschaftsgesellschaft über. Die übrigen Partner der
Partnerschaftsgesellschaft xxx & Partner würden nicht für den
Versorgungsanspruch haften. Die Verpflichtung aus Ziffer 5 der
Ergänzungsvereinbarung vom 12.12.1995 könne aus den bereits genannten
Gründen nicht mehr erfüllt werden. Einen Fusionsvertrag gebe es nicht. Der
Vertrag über den Beitritt der Kläger zu 2.) und 3.) sowie des Kollegen xxx zu der
Partnerschaftsgesellschaft sehe keine Regelung hinsichtlich der Versorgungsrente
des Beklagten vor, außer der, dass die bisherigen Partner in diese Verpflichtung
nicht eintreten. Die Rechtsfolgen ergäben sich aus § 10 Abs. 5 des
Sozietätsvertrages vom 12.07.1990. Die Versorgungsrente des Beklagten werde
ab 01.07.2005 aufgrund der persönlichen Haftung der Kläger zu 2.) und 3.)
weitergezahlt. Dieser Verpflichtung kamen die Kläger zu 2.) und 3.) bislang nach.
Mit Wirkung zum 01.07.2005 traten sie und Rechtsanwalt xxx der Klägerin zu 1.)
bei. Auf der Internetseite der Klägerin zu 1.) stellt sich der Kläger zu 2.) u.a. mit
dem Eintritt in die Kanzlei im Jahr 1982, der Kläger zu 3.) mit dem Eintritt in die
Kanzlei im Jahre 1985 sowie Rechtsanwalt xxx mit dem Eintritt in die Kanzlei im
Jahre 2000 vor. Die Rechtsanwälte xxx und xxx traten der Klägerin weder als
Mitglieder noch als Angestellte bei.
Mit anwaltlichen Schreiben vom 05.09.2005 forderte der Beklagte die Klägerin zu
1.) unter Fristsetzung bis zum 19.09.2005 zur schriftlichen Anerkennung des
Eintritts in die Versorgungsverpflichtung aus dem Sozietätsvertrag vom
12.07.1990 gegenüber dem Beklagten und der Widerklägerin zu 2.) auf bzw.
forderte die Kläger zu 2.) und 3.) unter gleicher Fristsetzung auf, ihre
Schadensersatzverpflichtung ausdrücklich anzuerkennen, falls die Klägerin zu 1.)
nicht in die Versorgungsvereinbarung eingetreten sein sollte. Die Kläger forderten
den Beklagten durch Schreiben vom 12.09.2005 unter Fristsetzung bis zum
23.09.2005 auf, verbindlich zu erklären, sich zukünftig nicht mehr der
gesamtschuldnerischen Zahlungsverpflichtung der Klägerin zu 1.) aus der
Versorgungsverpflichtung sowie der Schadensersatzansprüche gegen die Kläger
zu 2.) und 3.) zu berühmen.
Die Kläger sind der Meinung, dass die Klägerin zu 1.) für die
Versorgungsverpflichtung gemäß dem Sozietätsvertrag der Sozietät xxx vom
12.07.1990 weder gegenüber dem Beklagten noch gegenüber der Widerklägerin zu
2.) hafte. Eine Fusion der Kanzleien liege nicht vor. Die Kläger zu 2.) und 3.) seien
der Klägerin zu 1.) lediglich beigetreten. Die handelsrechtlichen Vorschriften über
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der Klägerin zu 1.) lediglich beigetreten. Die handelsrechtlichen Vorschriften über
eine Haftung für Altschulden bei Erwerb eines Handelsgeschäfts bzw. bei Eintritt in
ein solches seien nicht anwendbar. Zum einen sei eine analoge Anwendung der
Vorschriften auf Nichtkaufleute nicht vorzunehmen, zum anderen würden bei
analoger Anwendung auch die Vorraussetzungen der Vorschriften nicht erfüllt sein.
Jedenfalls sei durch das Schreiben vom 14.06.2005 eine Haftung ausgeschlossen,
weil mitgeteilt worden sei, dass die Versorgungsverpflichtung nicht von der
Klägerin zu 1.) übernommen werde. Sie sind der Meinung, dass die Übernahme
der Versorgungsverpflichtung vertraglich ausgeschlossen worden sei. Denn die
Zusammenschlussvereinbarung, mit der die Kläger zu 2.) und 3.) der
Partnerschaftsgesellschaft xxx & Partner beigetreten seien, regele in § 1 Abs. 2 c,
dass die Kläger zu 2.) und 3.) die Versorgungsrente des Beklagten bzw. der
Widerklägerin zu 2.) allein zu tragen hätten. Bei der Versorgungsverpflichtung
handele es sich auch um eine sogenannte Sozialverpflichtung, für die der Erwerber
eines Handelsgeschäfts bzw. der in ein Handelsgeschäft Eintretende nicht hafte,
da es sich nicht um im Betrieb des Geschäfts begründete Verbindlichkeiten
handeln würde.
Eine Schadensersatzverpflichtung der Kläger zu 2.) und 3.) lasse sich aus der
fehlenden Haftung der Klägerin zu 1.) für die Versorgungsverpflichtung nicht
herleiten. Es sei für die Kläger zu 2.) und 3.) nicht möglich gewesen, weitere
Rechtsanwälte zum Beitritt in die Sozietät xxx zu bewegen, weil keiner die Haftung
für die Versorgungsverpflichtung des Beklagten und der Widerklägerin zu 2.) habe
übernehmen wollen. Eine Pflicht zur Aufnahme neuer Sozien habe auch nicht
bestanden. Durch die persönliche Haftung der Kläger zu 2.) und 3.) seien der
Beklagte und die Widerklägerin zu 2.) ausreichend abgesichert.
Die Kläger sind der Meinung, dass die Drittwiderklage unzulässig sei, weil die
Widerklägerin zu 2.) derzeit keine Ansprüche gegen die Kläger habe und das
Entstehen dieser Ansprüche von weiteren Vorraussetzungen abhänge.
Die Kläger stellen folgende Anträge:
1. Es wird festgestellt, dass der Beklagte keine Ansprüche auf Erfüllung einer
Versorgungsverpflichtung gemäß dem Sozietätsvertrag der Sozietät xxx
Rechtsanwälte vom 12.07.1990 gegen die Klägerin zu 1.) hat.
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte keine Schadensersatzansprüche
gegen die Kläger zu 2.) und 3.) für den Fall hat, dass die Klägerin zu 1.) nicht in die
Versorgungsverpflichtung der Sozietät xxx Rechtsanwälte aus dem
Sozietätsvertrag vom 12.07.1990 gegenüber dem Beklagten eingetreten ist und
dass eine solche Schadensersatzverpflichtung auch insbesondere nicht wegen
einer schuldhaften Verletzung eventueller Verpflichtungen gemäß Ziffer 5 der
Ergänzungsvereinbarung zum Sozietätsvertrag xxx Rechtsanwälte GbR vom
12.12.1995 besteht.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er beantragt im Wege der Widerklage,
festzustellen, dass die Klägerin zu 1.) verpflichtet ist, als Gesamtschuldnerin
mit den Klägern zu 2.) und 3.) an den Beklagten die Versorgungsrente gemäß §§
10, 11 des Sozietätsvertrages der Sozietät xxx vom 12.07.1990 - solange
Rechtsanwalt xxx seinen Anteil von 517,55 € entrichtet - in Höhe von derzeit
4.373,00 € pro Monat zu zahlen.
Für den Fall,
dass die Widerklage des Beklagten gegen die Klägerin zu 1.) abgewiesen werden
sollte,
beantragt er gegen die Kläger zu 2.) und 3.) widerklagend,
festzustellen, dass die Kläger zu 2.) und 3.) verpflichtet sind, über ihr 65.
Lebensjahr hinaus, ohne Ausschluss der Erbenhaftung und ohne Rücksicht auf die
übrigen Beschränkungen aus § 10 Abs. 5 des Sozietätsvertrages der Sozietät xxx
vom 12.07.1990 als Gesamtschuldner an den Beklagten die Versorgungsrente
gemäß §§ 10, 11 des Sozietätsvertrages der Sozietät xxx vom 12.07.1990 zu
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gemäß §§ 10, 11 des Sozietätsvertrages der Sozietät xxx vom 12.07.1990 zu
zahlen.
Die Widerklägerin zu 2.) beantragt im Wege der Drittwiderklage,
festzustellen, dass die Klägerin zu 1.) für den Fall des Versterbens des
Beklagten verpflichtet ist, als Gesamtschuldnerin mit den Klägern zu 2.) und 3.) an
die Widerklägerin zu 2.) die Versorgungsrente gemäß §§ 10, 11 des
Sozietätsvertrages der Sozietät xxx vom 12.07.1990 zu zahlen.
Für den Fall, dass die Drittwiderklage der Widerklägerin zu 2.) gegen die Klägerin zu
1.) abgewiesen werden sollte, beantragt sie,
festzustellen, dass die Kläger zu 2.) und 3.) für den Fall des Versterbens des
Beklagten verpflichtet sind, über ihr 65. Lebensjahr hinaus ohne Ausschluss der
Erbenhaftung und ohne Rücksicht auf die übrigen Beschränkungen aus § 10 Abs. 5
des Sozietätsvertrages der Sozietät xxx vom 12.07.1990 als Gesamtschuldner an
die Widerklägerin zu 2.) die Versorgungsrente gemäß §§ 10, 11 des
Sozietätsvertrages der Sozietät xxx vom 12.07.1990 zu zahlen.
Die Kläger beantragen,
die Widerklaganträge einschließlich der Eventual-Widerklaganträge abzuweisen.
Im Hinblick auf die Feststellungsklage gegen die Klägerin zu 1.), soweit sie der
Beklagte und Widerkläger zu 1.) erhebt, haben die Kläger wegen Vorrangs der
positiven Feststellungsklage vorsorglich die Erledigung der negativen
Feststellungsklage der Klägerin erklärt .
Im Hinblick auf die Eventual-Feststellungswiderklage gegen die Kläger zu 2.) und
3.) haben sie - für den Fall, dass das Gericht über die Eventual-
Feststellungswiderklage zu entscheiden hat - die Erledigung der negativen
Feststellungsklage, soweit sie sich auf die Feststellung des Fehlens einer
Schadensersatzpflicht der Kläger zu 2.) und 3.) gegenüber dem Beklagten - und
hilfsweise seiner Ehegattin, der Widerklägerin zu 2.) - nach dem Ablauf des jeweils
65. Lebensjahr der Kläger zu 2.) und 3.) bezieht, erklärt .
Der Beklagte und die Widerklägerin zu 2.) sind der Meinung, dass die Klägerin zu
1.) gesamtschuldnerisch aufgrund analoger Anwendung der handelsrechtlichen
Vorschriften über den Erwerb eines Handelsgeschäfts bzw. den Eintritt in ein
solches für die Erfüllung der Versorgungsrente hafte, weil infolge der Fusion der
Kanzleien die Klägerin zu 1.) das Unternehmen der Sozietät xxx fortführe. Sie
profitiere daher von dem Kundenstamm der Sozietät xxx sowie deren
Bekanntheitsgrad, insbesondere auf dem Gebiet des Medizinrechts. Sowohl
bezüglich des Aufbaues des Kundenstammes wie auch hinsichtlich des
Bekanntheitsgrades der Sozietät xxx habe der Beklagte den maßgeblichen Beitrag
geleistet.
Falls die Klägerin zu 1.) nicht für die Versorgungsrente gesamtschuldnerisch hafte,
seien die Kläger zu 2.) und 3.) schadensersatzpflichtig. Aufgrund des
Sozietätsvertrages vom 12.07.1990, insbesondere aufgrund der
Ergänzungsvereinbarung vom 12.12.1995, hätten die Kläger zu 2.) und 3.) die
Verpflichtung gehabt, die Fusion mit der Sozietät xxx & Partner nur unter der
Bedingung durchzuführen, dass nach Fusion die Sozietät auch für die
Versorgungsrente des Beklagten und der Widerklägerin zu 2.)
gesamtschuldnerisch hafte. Ansonsten würde dem Beklagten und der
Widerklägerin zu 2.) ein Schuldner entzogen werden, was insbesondere im Hinblick
auf die Beschränkung der Haftung der Kläger zu 2.) und 3.) bis zum 65. Lebensjahr
und auf den Ausschluss einer Erbenhaftung bedeutsam sei.
Im übrigen wird auf die bis zum 06.11.2006 gewechselten Schriftsätze
einschließlich Anlagen und das Terminsprotokoll vom 06.11.2006 Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit
Die Klage ist zulässig. Die Widerklage des Beklagten ist unzulässig. Die
Drittwiderklage ist zulässig.
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Die negative Feststellungklage ist gemäß § 256 ZPO zulässig, weil sich der
Beklagte darauf beruft, dass die Klägerin zu 1.) aufgrund der
Versorgungsverpflichtung der Sozietät xxx haftet und anderenfalls die Kläger zu 2.)
und 3.) schadensersatzpflichtig sind. Die Kläger haben ein Interesse an der
Feststellung, dass dies nicht bestehen der Fall ist.
Das Feststellungsinteresse der Kläger ist auch nicht durch die Erhebung der
positiven Feststellungswiderklage des Beklagten entfallen. Vielmehr ist die positive
Feststellungswiderklage unzulässig. Denn sie betrifft dasselbe streitige
Rechtsverhältnis, so dass ihr der Einwand der Rechtshängigkeit gemäß § 261 Abs.
3 ZPO entgegensteht. Es besteht in der Regel auch kein Bedürfnis an einer
positiven Feststellung, weil im Falle der Abweisung der negativen
Feststellungsklage als unbegründet das Bestehen der von dem Beklagten
behaupteten Ansprüche gemäß § 197 Abs. 1 Ziff. 3 BGB mit
verjährungsunterbrechender Wirkung festgestellt werden würde (vgl. BGHZ 72,
23ff; Heinrichs in Palandt 65. Aufl. § 197 Rn. 11). Eine positive
Feststellungswiderklage ist nur ausnahmsweise mit der Folge des Entfallens des
Feststellungsinteresses der negativen Feststellungsklage zulässig, wenn die
Verjährung der streitigen Ansprüche während der Dauer des Rechtsstreits droht
(vgl. Greger in Zöller 26. Aufl. § 256 Rn. 7d u. 17; Schumann in Stein-Jonas 21.
Aufl. § 256 Fußn. 358; Macke NJW 1990, 1651; KG NJW 1961, 33; im Hinblick auf die
zitierten Nachweise wohl nicht abweichend Musielak § 256, Rn. 17). Eine
Verjährung der streitigen Ansprüche ist jedoch nicht zu befürchten. Da derzeit die
monatliche Versorgungsrente gezahlt wird, geht es nur um zukünftige Ansprüche,
die noch nicht entstanden sind, so dass gemäß § 199 Abs. 1 Ziff. 1 BGB die
Verjährungsfrist noch gar nicht begonnen hat.
Die Drittwiderklage ist zulässig. Gegenstand einer Feststellungsklage kann nur ein
gegenwärtiges Rechtsverhältnis sein. Ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis im Sinne
des § 256 ZPO wird auch bei bedingten Rechtsgeschäften angenommen, wenn sie
bereits die gegenwärtigen Rechtsbeziehungen der Beteiligten zueinander berühren
(vgl. Greger in Zöller § 256 Rn. 3 a). So liegt der Fall hier. Denn die zukünftige
Versorgungsverpflichtung gegenüber der Widerklägerin zu 2.) hängt zwar noch von
weiteren Bedingungen ab, diese sind jedoch bereits in dem Gesellschaftsvertrag
der Sozietät xxx geregelt. Die Widerklägerin zu 2.) hat ein berechtigtes Interesse
auf Feststellung, ob die Klägerin zu 1.) ggf. für die Rentenzahlungen haftet.
Gleiches gilt für die eventuellen Schadensersatzansprüche gegenüber den Klägern
zu 2.) und 3.).
2. Begründetheit
Die Klage ist begründet. Die Drittwiderklage ist unbegründet.
a. Ansprüche gegen die Klägerin zu 1.)
Der Beklagte und die Widerklägerin zu 2.) haben gegen die Klägerin zu 1.) keinen
Anspruch auf Erfüllung der Versorgungsverpflichtung gemäß dem Sozietätsvertrag
der Sozietät xxx vom 12.07.1990.
Eine Haftung der Klägerin zu 1.) analog § 130 Abs. 1 HGB scheidet aus. Nach
dieser Vorschrift haftet ein in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingetretener
Gesellschafter auch für vor seinem Eintritt begründete Verbindlichkeiten der
Gesellschaft persönlich und als Gesamtschuldner mit den Altgesellschaftern (vgl.
BGH Urteil vom 07.04.2003 II ZR 56/02). Eine Haftung nach dieser Norm setzt
jedoch voraus, dass der auf Haftung in Anspruch Genommene überhaupt in die
betreffende Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingetreten ist (vgl. BGH Urteil vom
22.01.2004, Az: IX ZR 65/01). Das ist hier nicht der Fall. Denn die Klägerin zu 1.) ist
der Sozietät xxx nicht beigetreten. Stattdessen sind die Kläger zu 2.) und 3.) der
Klägerin zu 1.) beigetreten.
Eine Übernahme der Verbindlichkeiten der Sozietät xxx durch die Klägerin zu 1.)
nach den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes wegen Verschmelzung der
Partnergesellschaft xxx & Partner mit der Sozietät xxx scheidet ebenfalls aus, weil
eine Verschmelzung nach den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes nicht
vorgenommen wurde und auch nicht möglich war, da die Sozietät xxx als
Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemäß § 3 UmwG kein verschmelzungsfähiger
Rechtsträger ist. Eine analoge Anwendung der Regeln des Umwandlungsgesetzes
scheidet nach allgemeiner Meinung aus.
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Eine Haftung der Klägerin zu 1.) aufgrund einer analogen Anwendung oder
erweiterten Auslegung des § 28 HGB ist ebenfalls nicht gegeben. Nach dieser
Vorschrift haftet eine Gesellschaft, die dadurch entsteht, dass jemand als
persönlich haftender Gesellschafter oder als Kommanditist in das Geschäft eines
Einzelkaufmannes eintritt, auch dann für alle im Betrieb des Geschäfts des
früheren Geschäftsinhabers entstandenen Verbindlichkeiten, wenn die frühere
Firma nicht fortgeführt wird.
Die Kammer geht zwar von einer wirtschaftlichen Fusion der
Partnerschaftsgesellschaft xxx & Partner mit der Sozietät xxx aus. Denn aus der
Pressemitteilung anlässlich des Zusammenschlusses der Kanzleien wie auch aus
den Internet-Auftritten der Kläger zu 2.) und 3.) sowie des Rechtsanwaltes xxx wird
deutlich, dass der vorhandene Mandantenstamm und die Bekanntheit beider
Kanzleien für die zukünftige gemeinsame Berufstätigkeit genutzt werden sollen.
Mit den Klägern zu 2.) und 3.) sind auch sämtliche örtlich ansässigen Hauptsozien
der Sozietät xxx der Klägerin beigetreten.
Nach der Überzeugung der Kammer ist § 28 HGB jedoch auf Nichtkaufleute nicht
anwendbar. Die teilweise in der Literatur kritisierte lückenhafte Regelung der
Haftung bei Unternehmensfortführungen ( vgl. Schmidt, Handelsrecht § 8 m. w. N)
besteht seit langem und ist dem Gesetzgeber bekannt, der dennoch keine
umfassende und widerspruchsfreie Regelung dieser Problematik geschaffen hat.
Daraus ist entgegen der in der Literatur vertretenen Meinung der Wille des
Gesetzgebers zu entnehmen, dass es bei der lückenhaften Regelung
insbesondere der §§ 25, 28 HGB bleiben soll. Aus der systematischen Stellung der
Normen im Abschnitt des Handelsgesetzbuches über die Handelsfirma ergibt sich,
dass § 25 HGB die Ausgangsnorm ist, die an eine Fortführung der Firma anknüpft,
und § 28 HGB lediglich einen Sonderfall regelt. Sowohl § 25 HGB als auch § 28 HGB
sehen jeweils in ihrem zweiten Absatz einen möglichen Ausschluss der Haftung für
die Altverbindlichkeiten vor, der entweder im Handelsregister eingetragen und
bekannt gemacht oder dem Anspruchsinhaber mitgeteilt worden sein muss. Bei
den §§ 25, 28 HGB handelt es sich also um dispositive Normen. Eine einheitliche
und verlässliche Regelung der Haftung bei Unternehmensfortführungen ist deshalb
jedenfalls im Interesse der Gläubiger auch bei analoger Anwendung oder
erweiternder Auslegung nicht erreichbar.
Entgegen dem Oberlandesgericht Naumburg (Urteil vom 17.01.2006, AZ: 9 U
86/05) kann aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.01.2004, AZ: IX ZR
65/01 nicht der Schluss gezogen werden, dass der Bundesgerichtshof
grundsätzlich eine Anwendung des § 28 HGB auf Nichtkaufleute befürwortet. Der
Bundesgerichtshof hat im Gegenteil diese Frage ausdrücklich offen gelassen, weil
aufgrund der Besonderheiten des Falles eine Haftung aus anderen Gründen
ausschied, und darüber hinaus darauf hingewiesen, dass die Anwendung des § 28
Abs. 1 HGB auf den Zusammenschluss von Nichtkaufleuten ferner deshalb
abzulehnen sei, weil sie nicht wie Kaufleute gemäß § 28 Abs. 2 HGB die Möglichkeit
hätten, einer abweichenden Vereinbarung durch Eintragung in das Handelsregister
Dritten gegenüber Geltung zu verleihen. Dadurch wären Nichtkaufleute schlechter
gestellt als Kaufleute.
Eine Eintragung derartiger Vereinbarungen in das Partnerschaftsregister ist durch
die §§ 4 u. 5 PartGG mangels Bezugnahme auf die §§ 25 Abs. 2, 28 Abs. 2 HGB
zum einen nicht vorgesehen, zum anderen würde dies auch nicht zu einer anderen
Bewertung führen, weil auch eine Fusion von Anwaltskanzleien oder sonstigen
Freiberuflern zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Betracht kommt, der
kein Register zur Verfügung stehen würde. Da es den Rechtsanwälten oder
anderen Freiberuflern frei steht, in einer Partnerschaftsgesellschaft oder BGB -
Gesellschaft zusammenzuarbeiten, ansonsten aber identische
Lebenssachverhalte betroffen sind, erscheint eine unterschiedliche Behandlung
willkürlich. Das Fehlen eines Verweises auf die §§ 25 Abs. 2, 28 Abs. 2 HGB in dem
relativ jungen Partnerschaftsgesetz belegt zudem den fehlenden Willen des
Gesetzgebers zu einer Anwendung des § 28 HGB auf Nichtkaufleute.
Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass selbst dann, wenn im vorliegenden
Rechtsstreit eine Anwendung des § 28 HGB auf Nichtkaufleute angenommen
werden würde, eine Haftung der Klägerin zu 1.) aufgrund des Vertrauensschutzes
in die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ausscheiden würde. Der
Bundesgerichtshof hat bei erstmaliger analoger Anwendung des § 130 HGB (vgl.
Urteil des BGH vom 07.04.2003, Az: II ZR 56/02) die Klage gegen den dortigen
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Urteil des BGH vom 07.04.2003, Az: II ZR 56/02) die Klage gegen den dortigen
Beklagten abgewiesen, weil dieser aufgrund der bisherigen Rechtsprechung darauf
vertrauen durfte, nicht mit seinem Privatvermögen für Altverbindlichkeiten der GbR
als Neugesellschafter zu haften. Gleiches müsste im vorliegenden Fall gelten. Aus
der oben dargestellten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes lässt sich
entnehmen, dass eine analoge Anwendung des § 28 HGB höchstrichterlich
abgelehnt werden wird. Die Entscheidung des OLG Naumburg erfolgte nach dem
Zusammenschluss der Kläger und ist im übrigen aufgrund der fehlerhaften
Interpretation des Urteils des Bundesgerichtshofs nicht geeignet, ein Vertrauen an
der wortgetreuen Auslegung des § 28 HGB in Frage zu stellen. Dabei ist
insbesondere der dispositive Charakter des § 28 HGB zu berücksichtigen. Die
Klägerin zu 1.) hätte vor dem Zusammenschluss bei Kenntnis einer Anwendbarkeit
des § 28 HGB auf Nichtkaufleute die Möglichkeit gehabt, ihre Haftung gemäß § 28
Abs. 2 HGB durch eine - hier bestrittene - vertragliche Vereinbarung und deren
Bekanntgabe gegenüber Dritten auszuschließen. Diese Möglichkeit wäre ihr
verwehrt, wenn nunmehr ihre Haftung gemäß § 28 HGB bejaht werden würde.
b. Ansprüche gegen die Kläger zu 2.) und 3.)
Der Beklagte und die Widerklägerin zu 2.) haben auch keinen Anspruch auf
Schadensersatz gegen die Kläger zu 2.) und 3.) wegen der fehlenden
gesamtschuldnerischen Übernahme der Versorgungsverpflichtung durch die
Klägerin zu 1.).
Ein Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. dem
Sozietätsvertrag vom 12.07.1990 einschließlich der Ergänzung vom 12.12.1995
scheidet aus, weil die Kläger zu 2.) und 3.) keine Vertragspflicht gegenüber dem
Beklagten verletzt haben.
Aus der Ziffer 5 der Ergänzungsvereinbarung folgt seinem Wortlaut nach lediglich
die Verpflichtung, dass, falls neue Sozien aufgenommen werden, diese in eine
gesamtschuldnerische Haftung für die Versorgungsrente genommen werden
sollen. Dem Beklagten und der Widerklägerin zu 2.) geht es vorliegend jedoch um
eine fortbestehende Haftung der Gesellschaft, nicht aber der Mitglieder.
Es liegt auch kein Verstoß gegen § 15 Ziffer 4 des Sozietätsvertrages vor. Danach
darf ein Sozius, der für Anwartschaften auf Versorgungsrente eines anderen
Sozius haftet, nur aus wichtigem Grund, der von einem Mitglied der Sozietät zu
vertreten ist, die Sozietät kündigen. Es liegt aber keine Kündigung der Sozietät
vor. Vielmehr haben die Kläger zu 2.) und 3.) sowie Rechtsanwalt xxx und die
Juniorpartner ihre Zusammenarbeit unter der Sozietät xxx einverständlich
beendet.
Die Möglichkeit einer solchen Beendigung der Sozietät ist in § 19 des
Sozietätsvertrages vorgesehen. In § 19 ist keine Verpflichtung enthalten, dass die
verbleibenden Sozien die Sozietät fortsetzen müssen, solange
Versorgungsansprüche des Beklagten und der Widerklägerin zu 2.) bestehen.
Vielmehr steht es den Mitgliedern der Sozietät frei, die Zusammenarbeit in der
Sozietät einvernehmlich zu beenden und eigene Praxen zu gründen oder in andere
Sozietäten einzutreten. Dabei ist es eine übliche Folge, dass die den jeweiligen
Sozien zugeordneten Mandanten bei dem jeweiligen Sachbearbeiter verbleiben
und er aus dem Bekanntheitsgrad, den er sich in der bisherigen Sozietät erworben
hat, Nutzen zieht.
Der Absatz 3 des § 19 enthält lediglich eine in diesem systematischen
Zusammenhang unpassende Konkurrenzschutzklausel zugunsten einer
fortbestehenden Sozietät xxx, wodurch die Versorgungsansprüche des Beklagten
bzw. der Widerklägerin zu 2.) nicht geschützt werden.
Der Beklagte und die Widerklägerin zu 2.) können durch eine ergänzende
Vertragsauslegung nicht herleiten, dass die Kläger zu 2.) und 3.) eine schuldhafte
Vertragsverletzung begangen haben, weil sie der Klägerin zu 1.) beigetreten sind,
ohne diese zu einer Übernahme der Versorgungsansprüche zu bewegen. Weder
der Wortlaut noch der Sinn und Zweck der in dem Sozietätsvertrag vereinbarten
Bedingungen legen einen solchen Pflichtverstoß nahe. Der Beklagte und die
Widerklägerin zu 2.) sind im Gegenteil durch die gesamtschuldnerische Haftung
der Kläger zu 2.) und 3.) auch im Fall der Beendigung der Tätigkeit der Sozietät xxx
durch die Kläger zu 2.) und 3.) abgesichert und profitieren von deren
wirtschaftlichem Erfolg in der neuen Partnerschaft. Erst recht ist nicht ersichtlich,
wie den Klägern zu 2.) und 3.) ein Verschulden i. S. d. § 276 BGB mit der
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wie den Klägern zu 2.) und 3.) ein Verschulden i. S. d. § 276 BGB mit der
Behauptung vorgeworfen werden könnte, sie hätten gegen die Pflicht, die der
Beklagte und die Widerklägerin zu 2.) mühsam in ergänzender Vertragsauslegung
zu begründen versuchen, verstoßen.
Der Beklagte und die Widerklägerin zu 2.) haben für die Zeit, ab der weder der
Kläger zu 2.) noch der Kläger zu 3.) berufstätig sein werden, keinen Anspruch auf
Versorgung. Ein solcher Anspruch würde voraussetzen, dass die Kläger zu 2.) und
3.) aufgrund des Sozietätsvertrags verpflichtet wären, für den Fortbestand der
Sozietät durch Aufnahme voll haftender Sozien zu sorgen. Eine solche Pflicht folgt
- wie bereits dargelegt - weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn und Zweck
der Regelungen des Sozietätsvertrages. Insbesondere gibt Ziff. 5 der
Ergänzungsvereinbarung vom 12.12.1995 nichts für eine solche Verpflichtung her.
Dort wird die Aufnahme neuer Sozien lediglich vorausgesetzt und es werden
Bedingungen für die Aufnahme geregelt. Eine Verpflichtung zur Aufnahme folgt
daraus nicht. Im übrigen soll die Haftung der Neumitglieder auf die Dauer ihrer
Zugehörigkeit zur Sozietät beschränkt sein, was ebenfalls gegen eine
Verpflichtung zur Sicherung des Fortbestandes der Sozietät spricht. Letzendlich
hat sich der Beklagte selbst daran beteiligt, sog. Juniorpartner (die Rechtsanwälte
xxx und xxx) ohne Verpflichtung für seine Versorgung in die Sozietät
aufzunehmen.
Auch im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung gemäß § 157 BGB ist eine
Verpflichtung auf Sicherung des Fortbestandes der Sozietät nicht begründbar.
Dabei ist darauf abzustellen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung
ihrer Interessen nach Treu und Glauben vereinbart hätten, wenn sie eine Regelung
für den Fall der Beendigung der Sozietät hinsichtlich der Versorgungsansprüche
getroffen hätten. Dabei wäre neben der geltend gemachten fortdauernden
Haftung ggf. unter Einschluss des jeweiligen Nachlasses der Kläger zu 2.) und 3.)
auch die Zahlung einer kapitalisierten Rente oder eben der Ausschluss einer
Haftung der Kläger zu 2.) und 3.) denkbar.
Nach Überzeugung der Kammer käme nach Treu und Glauben nur ein Ausschluss
der Haftung in Betracht.
Zwar hat der BGH einem ausgeschiedenen Partner einer Sozietät einen Anspruch
auf eine kapitalisierte Rente zugesprochen, weil sein Rentenanspruch aufgrund
einer Veräußerung der Sozietät entfallen war. An dem erzielten Kaufpreis sollte der
ausgeschiedene Partner teilhaben (vgl. BGH NJW 2004, 2449). Diese Entscheidung
ist auf den vorliegenden Fall jedoch nicht übertragbar.
Es fehlt schon an einer mit Treu und Glauben zu vereinbarenden Verpflichtung,
den Fortbestand der Sozietät xxx durch Aufnahme neuer Sozien zu gewährleisten.
Dabei kann die zwischen den Parteien streitige Frage offen bleiben, ob überhaupt
Rechtsanwälte bereit gewesen wären, in die Sozietät unter Übernahme der
Haftung für die Versorgungsansprüche einzutreten. Bei einem Zusammenschluss
von Rechtsanwälten zur gemeinsamen Berufsausübung spielen gegenseitiges
Vertrauen und ähnliche oder gleiche Berufsauffassungen eine wesentliche Rolle.
Dies schließt eine Verpflichtung zur Aufnahme von Sozien nur zum Zwecke der
Sicherung des Fortbestandes der Sozietät aus. Erst Recht kann nicht
angenommen werden, dass die Kläger zu 2.) und 3.) dafür eine Haftung
übernommen hätten.
Der Beklagte und die Widerklägerin zu 2.) begehren auch keinen angemessenen
Ausgleich für entgangene Rentenzahlungen durch Partizipation an einem - hier gar
nicht vorhandenen - Kaufpreis. Denn sie profitieren schon an der fortdauernden
Berufstätigkeit der Kläger zu 2.) und 3.) aufgrund der gesamtschuldnerischen
Haftung. Mit den darüber hinaus geltend gemachte Ansprüchen mißachten sie das
berechtigte Interesse der Kläger zu 2.) und 3.), mit Beendigung ihrer
Berufstätigkeit nicht noch weiter für den Beklagten und die Widerklägerin zu 2.)
möglicherweise sogar zulasten ihrer eigenen Erben aufkommen zu müssen.
Die nicht nachgelassenen Schriftsätze des Beklagten und der Widerklägerin zu 2.)
vom 20.11.2006 und 05.12.2006 gaben keinen Anlass, die mündliche Verhandlung
erneut zu eröffnen (§§ 296a, 156 ZPO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.