Urteil des LG Kiel vom 29.03.2017

LG Kiel: klage auf verurteilung, bad, mutwilligkeit, zwangsvollstreckungsverfahren, verfügung, prozesskostenvorschuss, anfang, sicherheit, link, quelle

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Gericht:
LG Kiel 13.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
13 O 87/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 114 ZPO, § 116 S 1 Nr 1
ZPO
Verneinung von Prozesskostenhilfe für einen
Insolvenzanfechtungsprozess: Zumutbare
Kostenbevorschussung durch das wirtschaftlich beteiligte
Finanzamt
Tenor
wird dem Antragsteller die nachgesuchte Prozesskostenhilfe gerichtsgebührenfrei
versagt. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Der Antragsteller beabsichtigt, Klage auf Verurteilung zur Rückzahlung von
Beträgen zu erheben, die die Antragsgegnerin als Darlehensgeberin seines
Erachtens entgegen §§ 30, 31 GmbHG zu Unrecht zurückerhalten hat. Der
Antragsteller ist Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH, deren
alleinige Gesellschafterin die Antragsgegnerin ist. Das Finanzamt als
Hauptgläubiger hat es abgelehnt, einen Prozesskostenvorschuss zur Verfügung zu
stellen.
Ein im Wesentlichen gleich lautender Antrag des Antragstellers ist durch Beschluss
des Landgerichts Kiel vom 18. März 2005 - Aktenzeichen 5 O 291/04 - mit
auszugsweise folgender Begründung zurückgewiesen worden:
"Die Voraussetzungen, unter denen nach §§ 114, 116 ZPO die Partei Anspruch auf
Prozesskostenhilfe hat, liegen nicht vor. Die Voraussetzungen des § 116 Absatz 1
Nr. 1 ZPO sind nicht gegeben. Von den am Gegenstand des Rechtstreits
wirtschaftlich Beteiligten kann dem Hauptgläubiger, dem Finanzamt Bad
Segeberg, die Aufbringung von Prozesskosten zugemutet werden.
Im Rahmen des § 116 Absatz 1 Nr. 1 ZPO gilt das Erfordernis der Unzumutbarkeit
der Kostenaufbringung durch wirtschaftlich Beteiligte auch für den Steuerfiskus.
Eine generelle Freistellung des Fiskus von der Kostenaufbringung gibt es nicht (vgl.
BGH, Beschluss vom 24. März 1998, BGHZ 138, Seite 188 ff.).
Dass das Finanzamt Bad Segeberg grundsätzlich in der Lage wäre, die Kosten
aufzubringen, ergibt sich aus dem vom Antragsteller vorgelegten Schreiben des
Finanzamtes vom 25. November 2004. Das Finanzamt Bad Segeberg ist an dem
vom Antragsteller geführten Rechtsstreit in erheblichem Umfang wirtschaftlich
beteiligt. Nach den Angaben des Antragstellers und der vorgelegten Anmeldung
im Insolvenzverfahren vom 25. November 2004 bestehen Forderungen in Höhe
von circa 111.000,00 Euro, die nur im Falle eines Prozesserfolgs befriedigt werden
können.
Dem Finanzamt ist die Aufbringung der für die Durchführung der Revision
erforderlichen Mittel nicht nur deshalb zuzumuten, weil es grundsätzlich zur
Aufbringung in der Lage wäre (siehe oben), sondern auch, weil ein Prozesserfolg
nach dem Vortrag des Antragstellers ganz überwiegend ihm und nicht anderen
Insolvenzgläubigern zugute käme. Vorrangig wäre hier lediglich die
Insolvenzverwaltervergütung.
Da dem Finanzamt Bad Segeberg als Hauptgläubiger nach alledem zuzumuten
ist, die Kosten des Rechtsstreits aufzubringen, ist Prozesskostenhilfe nicht zu
gewähren.
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Die Prozesskostenhilfe ist dem Antragsteller auch nicht etwa deshalb zu bewilligen,
weil den Gläubigern, insbesondere hier dem Finanzamt, wegen der von dem
Antragsteller vorgelegten Vermögensübersicht der Beklagten nach der die
Forderung voraussichtlich uneinbringlich sein wird, eine Kostenbeteiligung nicht
zuzumuten ist. Denn in diesem Falle wäre die Rechtsverfolgung durch den
antragstellenden Insolvenzverwalter mutwillig. Sie wäre nicht durch das öffentliche
Interesse an der geordneten Abwicklung masseloser Verfahren gedeckt. Die
Rechtsverfolgung liegt dann nicht im öffentlichen Interesse, wenn auch eine
anteilsmäßige Befriedigung der sonstigen Massegläubiger (§ 55 InsO)
voraussichtlich nicht erreicht werden kann, sondern bestenfalls ein Teil der
Massekosten (§ 54 InsO) erlöst wird. (vgl. OLG des Landes Sachsen-Anhalt,
Beschluss vom 4. Juni 2003, DZWIR 2003, Seite 388 und Beschluss vom 15.
Februar 2001, DZWIR 2001, Seite 257 ff.). Das ist hier der Fall, da man aufgrund
der vorgelegten Vermögensübersicht davon ausgehen muss, dass die Forderung
uneinbringlich bleibt. Warum im Zwangsvollstreckungsverfahren möglicherweise
eine Befriedigung zu erwarten ist, hat der Antragsteller nicht weiter dargelegt.
Die Mutwilligkeit ergibt sich zusätzlich dadurch, dass im vorliegenden Fall eine
bemittelte Partei von der Prozessführung absehen würde, da die Antragsgegnerin
nach der Vermögensaufstellung völlig mittellos ist und sich aus dem Vortrag des
Antragstellers nicht ergibt, dass mit einer künftigen Änderung der
Vermögensverhältnisse zu rechnen ist. Die Vollstreckung eines Urteils hinsichtlich
des zuerkannten Betrages wäre völlig aussichtslos (vgl. zur Mutwilligkeit Zöller-
Philippi, ZPO, 25. Auflage, § 114 Rn. 30)."
Diesen Ausführungen tritt das vorliegend entscheidende Gericht bei.
Der Umstand, dass das Finanzamt nicht gewillt ist, einen Prozesskostenvorschuss
zu leisten, heißt nicht, dass diese Leistung dem Finanzamt unzumutbar i.S. des §
116 Abs. 1 ZPO ist. Es ist nicht plausibel, wenn der Antragsteller die Finanzierung
des Rechtsstreits der einen Stelle der öffentlichen Hand, nämlich dem Justizfiskus,
mit der Begründung anlasten will, dass eine andere, am Ausgang des Verfahrens
vorrangig interessierte Stelle des Fiskus die Finanzierung nicht übernehmen will,
weil sie keine hinreichenden Aussichten sieht, den erhobenen Anspruch in der
Vollstreckung durchzusetzen.
Über die Beteiligung und somit die Zumutbarkeit in Ansehung anderer
Insolvenzgläubiger als des Finanzamtes, hinsichtlich derer gegebenenfalls im
Einzelnen zur Frage der Zumutbarkeit vorzutragen wäre, ist nichts vorgetragen
oder sonst ersichtlich.
Soweit der Antragsteller öffentliche Interessen anführt, die mit der Durchführung
des Insolvenzverfahrens verfolgt würden , hebt er u. U. auf eine entsprechende
Anwendung des § 116 S. 1 Nr. 2 ZPO und insoweit auf die , nur u.a. ,
angeführte Bewilligungsvoraussetzung der Wahrung allgemeiner Interessen ab .
Insoweit ist durchaus zutreffend, dass die sachgerechte Abwicklung von
Insolvenzverfahren im öffentlichen Interesse liegt. Entsprechendes gilt allerdings
für von der Rechtsordnung zur Verfügung gestellte justizförmige Verfahren
generell, ohne dass hieraus bereits herzuleiten ist, dass, zumal wenn anderweitig
leistungsfähige Beteiligte vorhanden sind, für diese Verfahren generell
Prozesskostenhilfe zu gewähren ist.
Ob mit der vom Antragteller angeführten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts
dem Insolvenzverwalter unter dem Gesichtspunkt der
Prozesskostenhilfegewährung eine privilegierte Stellung einzuräumen ist, wenn er
Beiträge zur Sozialversicherung geltend macht, kann dahinstehen, da derartige
Ansprüche hier nicht verfolgt werden. Unzutreffend ist es schließlich wenn der
Antragsteller darauf hinweist, dass es nach der von ihm angeführten Entscheidung
des Bundesarbeitsgerichts und der ferner angeführten Entscheidung OLG
Hamburg ZInsO 2005, 323 nicht darauf ankomme, ob
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erfolgreich sein würden. Diese für die für die
hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung maßgebliche
Frage ist in Fällen beabsichtigter Klagen von Insolvenzverwaltern keinesfalls
belanglos.
Soweit entgegen vorstehenden Ausführungen davon ausgegangen würde, dass die
Stellung eines Prozesskostenvorschusses durch das Finanzamt unzumutbar wäre,
wäre diese Auffassung erklärtermaßen darauf gestützt, dass die
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wäre diese Auffassung erklärtermaßen darauf gestützt, dass die
Vollstreckungsaussichten unzureichend sind. Insoweit läge aus den bereits zu 5 O
291/04 ausgeführten Gründen Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung vor.
Das öffentliche Interesse an der gesetzmäßigen Abwicklung von
Insolvenzverfahren geht nicht dahin, in Einzelprozessen Titel zu schaffen, die
Klarstellungen zur Rechtslage enthalten, jedoch, soweit ersichtlich, keine Aussicht
auf wirtschaftliche Durchsetzung
haben.
Insoweit weist der Antragsteller zwar darauf hin, dass der Antragsgegnerin
zwischen Anfang 2003 und Anfang 2004 etwa 60.000,-- Euro zugeflossen seien.
Gleichwohl sind keine realistischen Vollstreckungsmöglichkeiten erkennbar, worauf
der Antragsteller Seite 6/7 der Antragsschrift in Übereinstimmung mit dem
Finanzamt selbst hinweist. Zutreffend ist lediglich, dass sich diesbezüglich
Sicherheit erst in einem Zwangsvollstreckungsverfahren ergeben könnte. Allein
dieses Argument trägt jedoch die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht.
Vielmehr ist anerkannt, dass unzureichende Vollstreckungsaussichten ggf.
ungeachtet der Möglichkeit späterer Vollstreckungsversuche der Bewilligung von
Prozesskostenhilfe unter dem Mutwillensgesichtspunkt entgegenstehen.
Ob das Finanzamt im Falle eines Prozesses oder in der Einzelvollstreckung gegen
die Antragsgegnerin gem. § 2 GKG kostenbefreit wäre , kann offen bleiben . Das
Finanzamt ist im Insolvenzverfahren nicht bevorrechtigt und nimmt als "normaler"
Insolvenzgläubiger teil. Es hat aus Gründen, die dahinstehen können, soweit
ersichtlich, davon abgesehen, wegen seiner Forderung selbst den Rechtsweg zu
beschreiten, auf welchem es kostenmäßig gegebenenfalls privilegiert gewesen
wäre.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 1 GKG, 118 Abs. 1 ZPO.