Urteil des LG Kiel vom 14.03.2017

LG Kiel: fahrzeug, grobe fahrlässigkeit, reparaturkosten, mangelhaftigkeit, käufer, unfall, kaufvertrag, mahnung, zeugenaussage, teilklage

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Gericht:
LG Kiel 6.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 O 200/03
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 280 BGB, § 437 Nr 3 BGB, §
440 BGB, § 442 Abs 1 S 1
BGB, § 442 Abs 1 S 2 BGB
Gebrauchtwagenkauf unter Inzahlunggabe eines in
Eigenleistung reparierten Unfallfahrzeuges:
Sachmängelhaftung wegen nicht fachgerechter und
unvollständiger Reparatur
Tenor
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.445,87 € nebst 5 % Zinsen über
dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13. Juni 2003 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin macht gegen den Beklagten Gewährleistungsansprüche aus der
Überlassung eines Pkw geltend.
Der Beklagte ist von Beruf Kraftfahrzeugmechanikermeister. Mitte des Jahres 2001
erwarb er einen Pkw der Marke VW Polo, der durch einen Unfall beschädigt war. Der
Beklagte sorgte für die Instandsetzung. Dabei wurden vor allem die Karosserie
ausgebessert und Blechschäden ausgebeult. Diese Arbeiten führte der Beklagte
zumindest teilweise selbst durch. Am 21. September 2002 begab er sich mit
seiner Ehefrau, der Zeugin ... , zu der Klägerin, die ein Autohaus mit eigener
Fachwerkstatt betreibt. Der Beklagte interessierte sich für einen dort angebotenen
Gebrauchtwagen der Marke VW Sharan. Er unternahm mit diesem Fahrzeug eine
etwa einstündige Probefahrt. Da eine Inzahlungnahme des VW Polo in Betracht
kam, wurde dieser während der Probefahrt zumindest von einem Angestellten der
Klägerin, dem Zeugen ... , in Augenschein genommen. Dabei wurde jedenfalls eine
oberflächliche Sicht- und Funktionsprüfung vorgenommen. Als der Beklagte
zurückkehrte und weiterhin Interesse an dem Kauf des angebotenen Fahrzeugs
hatte, führte er mit dem Zeugen ... ein Verkaufsgespräch. Spätestens dabei gab
der Beklagte an, dass sein Fahrzeug einen Unfall gehabt habe. Dieser habe zu
Schäden im Heck und vorne rechts geführt. Belege über die Reparatur legte er
nicht vor. Den reparierten Schaden gab er mit 10.000,00 € an. Die Angaben
wurden von dem Zeugen ... unter dem Datum 21. September 2002 auf einem
Vordruck der DEKRA notiert. Aufgrund der Verhandlungen wurden die Fahrzeuge
jeweils zu einem Preis von 9.000,00 € veräußert, so dass im Ergebnis keine
Zahlungen erfolgten. Der Austausch der Wagen fand am 24. September 2002
statt. Etwa drei Monate später erklärte die Ehefrau des Beklagten auf telefonische
Nachfrage des Zeugen ... hinsichtlich der Reparaturbelege, dass der Beklagte die
Schäden teilweise selbst repariert habe und es für die übrigen Arbeiten keine
Belege mehr gebe. Daraufhin ließ die Klägerin unter dem 23. Januar 2003 ein
Gutachten über den Zustand des Wagens erstellen, für das sie 237,66 € zahlen
musste. Infolge der zunächst beabsichtigten Weiterveräußerung des Fahrzeugs
musste sie zudem 387,57 € für Teilreparaturen und 288,00 € für eine
Fahrzeugdemontage aufwenden. Mit Schreiben vom 10. März 2003 forderte die
Klägerin den Beklagten erstmalig zur Zahlung eines Betrages von insgesamt
8.000,00 € auf.
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Die Klägerin behauptet:
Der Beklagte habe die Schäden komplett selbst repariert. Er habe im Rahmen der
Verkaufsverhandlungen angegeben, dass er fachkundig sei und dass es von dem
Unfall keine Spur mehr gebe. Tatsächlich sei der Wagen aber nur unzureichend
repariert worden. Dies habe ein weiterer Angestellter der Klägerin, der Zeuge ... ,
allerdings erst nach der Übergabe des Fahrzeugs im Rahmen einer dem geplanten
Weiterverkauf vorangehenden Untersuchung festgestellt. Zu einer eingehenderen
Untersuchung des Wagens am Verkaufstage sei es nicht gekommen, weil der
Zeuge ... keine Anhaltspunkte für etwaige Schäden gehabt habe. Zu den
einzelnen Schäden behauptet die Klägerin, die Spaltmaße der Heckklappe seien
ungleichmäßig und verliefen nicht parallel. Das Seitenteil hinten links sei im
unteren Bereich nach links verschoben und weise in der Fläche eine
Beulenspiegelung auf. Die hinteren linken Seiten und Türscheiben wiesen
Oberflächenbeschädigungen auf, die durch heiße Schleifspäne entstanden seien
und sich in die Oberfläche eingebrannt hätten. Im inneren hinteren Seitenbereich
seien rechts starke Restverformungen im Bereich vom Radhaus vom rechten
Längsträger sowie im Kofferbodenbereich zu erkennen. Im rechten Seitenbereich
zwischen vorderer und hinterer rechter Tür sei im oberen Bereich kein Türspalt
vorhanden, so dass die Türkanten gegeneinander schlügen. Oberhalb der B-Säule
befinde sich eine Beule in der Dachaußenhaut. An der rechten hinteren Seiten-
und Türscheibe seien ebenfalls Schleifspuren an der Glasoberfläche festzustellen.
Die mittleren Zierleisten der Türen vorne und hinten rechts lösten sich. Der
Kotflügel vorne rechts weise einen ungleichmäßigen Spalt zur Türkante hin auf. Die
Abdeckung des Reserverades sowie die Seitenverkleidung hinten rechts seien
gebrochen. Im Teppichboden befänden sich im hinteren Bereich Brandlöcher durch
Schweißperlen. Der Kabelbaum im hinteren Bereich sei nicht fachgerecht verlegt
und zum Teil lose. Von dem hinteren Stoßfänger blättere die Farbe ab. Der
Schweller rechts sei im hinteren Bereich etwas verformt. Im vorderen Bereich
seien Bearbeitungsspuren zu erkennen.
Die Klägerin behauptet weiter, der Beklagte habe von Ausmaß und Schwere des
Unfalls sowie der nur unzureichenden Reparatur gewusst. Die Schäden seien auch
nicht bei ihr entstanden, da sie das Fahrzeug auf ihrem Gelände ordnungsgemäß
gelagert und es mit Ausnahme der Verbringung zum Gutachter nicht gebraucht
habe. Zur Beseitigung der vorgenannten Schäden müsse sie einen Betrag in Höhe
von 7.541,64 € aufwenden.
Die Klägerin macht ihre Ansprüche im Rahmen einer Teilklage geltend, und zwar
erstrangig unter Berücksichtigung der Reparaturkosten; sie berücksichtigt im
rahmen dieses Rechtsstreits noch nicht einen etwaigen merkantilen minderwert
des Fahrzeugs.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 8.445,87 € nebst 5 % Zinsen über dem
Basiszinssatz seit dem 10. März 2003 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er behauptet:
Der Wagen sei von ihm durch umfassende Reparaturmaßnahmen ordnungsgemäß
repariert worden. Hinsichtlich der dargelegten Reparaturmaßnahmen wird auf die
Ausführungen des Beklagten in dem Schriftsatz vom 18.11.2003, dort auf den
Seiten 2 bis 4 verwiesen. Jetzt möglicherweise vorhandene Schäden seien
jedenfalls nicht auf eine mangelhafte Reparatur zurückzuführen. Außerdem sei
davon auszugehen, dass der Zeuge ... im Rahmen einer Sichtprüfung
Unregelmäßigkeiten in den Spaltmaßen am Fahrzeug und andere möglicherweise
vorhandene Mängel bemerkt habe. Auch habe eine Untersuchung des Fahrzeugs
in einer Werkstatt bereits vor Vertragsschluss stattgefunden. Schließlich habe er
dem Zeugen ... bereits selbst im Rahmen des Verkaufsgesprächs mitgeteilt, dass
er den Wagen teilweise selbst repariert habe.
Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß den Beschlüssen vom 24. Juli 2003, 19.
März 2004 und 30. April 2004 sowie gemäß den prozessleitenden Verfügungen
vom 28. August 2003, 28. Januar 2004 und 22. Dezember 2004. Hinsichtlich des
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vom 28. August 2003, 28. Januar 2004 und 22. Dezember 2004. Hinsichtlich des
Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Protokolle zur
Beweisaufnahme und mündlichen Verhandlung vom 14. August 2003, 19. Februar
2004 und 3. Februar 2005 sowie auf das Sachverständigengutachten des Dipl.-Ing.
... vom 22. Oktober 2004.
Die Klage ist dem Beklagten am 12. Juni 2003 zugestellt worden.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist ganz überwiegend begründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz in
ausgeurteilter Höhe aus den §§ 437 Nr. 3, 440, 280 BGB.
Zwischen den Parteien ist unter dem 21. September 2002 ein Kaufvertrag in Form
eines Doppelkaufes mit Aufrechnungsabrede geschlossen worden, da beide
Parteien übereingekommen waren, dass der Beklagte einen VW Sharan zu einem
Kaufpreis von 9.000,00 € ankauft und statt des Kaufpreises seinen VW Polo hingibt.
Außerdem waren sich die Parteien darüber einig, dass keine Seite einen Kaufpreis
zahlen sollte, sondern dass eine Verrechnung mit den jeweils vereinbarten
Kaufpreisen für die beiden Fahrzeuge in Höhe von jeweils 9.000,00 € stattfinden
sollte.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist davon auszugehen, dass dem VW
Polo ein Sachmangel i.S. des § 434 BGB anhaftet. Dies ist gemäß der genannten
Vorschrift der Fall, wenn die verkaufte Sache bei Gefahrübergang, d.h. gemäß §
446 BGB bei Übergabe nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat. Vereinbart war
ausweislich des schriftlichen Kaufvertrages vom 21. September 2002, dass der
Fahrzeugzustand „normal“ sein sollte, dass zwar des Weiteren ein Vorschaden in
einer Größenordnung von 10.000,00 € angegeben wird, dieser Schaden aber
ausdrücklich als „repariert“ gekennzeichnet ist.
Tatsächlich ist nach den Feststellungen des Sachverständigen in seinem
Gutachten davon auszugehen, dass der unstreitig vorhandene Unfallschaden in
der Tat nicht vollständig repariert worden ist und zudem reparaturbedingte
Schäden verblieben sind. Der Sachverständige hat festgestellt, dass die
Unfallschäden am Fahrzeug im rechten Heckbereich und an der rechten vorderen
Fahrzeugseite nicht fachgerecht beseitigt worden sind, sondern vielmehr
erhebliche Restdeformationen insbesondere auch an innenliegenden
Karosserieteilen verblieben sind. Der Sachverständige hat das Auto in
Augenschein genommen und genau untersucht. Dabei haben sich im
Wesentlichen folgende nicht reparierte Mangelerscheinungen bzw.
Reparaturschäden ergeben:
a) Die Heckklappe weist ungleichmäßige Spaltmaße auf.
b) Das rechte hintere Seitenteil weist im Bereich des Radlaufes leichte Beulspiegel
auf.
Außerdem verjüngt sich das Spaltmaß zur angrenzenden rechten Fondtür nach
unten hinten. Zudem liegt eine leichte Deformation des Radlaufes unterhalb der
Höhe der an der Fondtür aufgesetzten Zierleiste vor.
c) Der Abstand zwischen der Hinterkante der linken Fondtür und dem
angrenzenden Seitenteil beträgt auf Höhe der Fensterlinie rund 2 mm. Zusätzlich
weist das linke Seitenteil in dem Bereich des Radlaufes noch leichte Beulspiegel
auf.
d) Die Verbindung des rechten Seitenteils im Bereich der Dachsäule ist nicht
fachgerecht durchgeführt worden, weil es deutliche Unebenheiten und
Spachtelspuren in diesem Bereich gibt.
e) Die beiden hinteren Seitenscheiben des Fahrzeugs weisen an den Innenseiten
deutliche Hitzeeinwirkungen mit einhergehender Blasenbildung der Glasoberfläche
auf.
f) Der Abstand zwischen den beiden Türen der rechten Fahrzeugseite erweitert
sich vom Dach in Richtung Fensterlinie.
g) Im rechten Dachbereich oberhalb der rechten B-Säule ist eine Aufwerfung des
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g) Im rechten Dachbereich oberhalb der rechten B-Säule ist eine Aufwerfung des
Dachbleches vorhanden.
h) An der hinteren rechten Seitenscheibe und der Scheibe der rechten Fondtür
befinden sich innenseitig kleine Blasen, zudem großflächige Unregelmäßigkeiten
im oberen Bereich der Türscheibe hinten rechts.
i) Die Zierleiste der Fahrertür weist an der Hinterkante eine leichte Lose auf. Eben
so ist eine unzureichende Befestigung der Vorderkante der Zierleiste der rechten
Fondtür festzustellen.
j) Der rechte Vorderkotflügel an der Hinterkante hat einen ungleichmäßigen Spalt
zur Vorderkante der Beifahrertür.
k) Die Abdeckung des Reserverades ist gebrochen. Die inneren hinteren
Seitenverkleidungen des Fahrzeuges sind durch nachträglichen Einbau von
Lautsprechern verändert worden.
l) Der Teppichboden weist im hinteren Bereich Brandlöcher durch Schweißperlen
auf.
m) Am hinteren Stoßfänger sind an der Oberkante des rechten Seitenbereichs
Lackfehler in Form von Blasenbildungen mit einhergehender Abblätterung der
Lackschicht vorhanden.
n) Der Endbereich des rechten hinteren Rahmenlängsträgers sowie des
angrenzenden Kofferbodens und der Endbereich des inneren hinteren rechten
Radhauses weisen noch starke Restverformungen auf.
o) Auch der Kofferboden ist gestaucht. Die Stauchfaltenbildung erstreckt sich hier
bis zum hinteren rechten Bereich des Kofferbodens unmittelbar vor dem
Kofferbodenträger. Die Versteifung des Heckbodens hinten rechts ist im
Anschlussbereich zum Rahmenlängsträger ebenfalls deformiert.
p) An der Unterkante des rechten hinteren Seitenteils im Bereich der Angrenzung
zum Kofferboden sind Restdeformationen mit einhergehender Korrosion
vorhanden. Auch der Anschluss des hinteren rechten Seitenteils am rechten
Außenschweller weist noch Unebenheiten und Restverformungen auf. Gleiches gilt
für die Radhausendspitze und für den vorderen Bereich des oberen rechten
Längsträgers. Hier gibt es zudem noch Auffaltungen und Verformungen der
Radhausendspitze.
Diese umfangreichen restlichen Mängel zeigen nach Auffassung des
Sachverständigen auf Grundlage seiner Auswertung des Schadensbildes, dass es
einen gravierenden Unfallschaden gegeben hat, der nicht fachgerecht repariert
worden ist. Der Sachverständige hält erhebliche Reparaturarbeiten für erforderlich,
um einen ordnungsgemäßen Fahrzeugzustand wiederherzustellen. Diese Arbeiten
beinhalten im Wesentlichen die Demontage der hinteren Aggregate, die
Erneuerung wesentlicher Teile des Autos und gegebenenfalls die Rückverformung
der Geometrie des Fahrzeughecks, des Kofferbodens, der linken hinteren
Seitenwand, des rechten Außenschwellers sowie des Fahrzeugdaches. Auch die
Türen der rechten Fahrzeugseite müssen neu eingepasst werden. Hinzu kommt,
dass die beschädigten Seitenscheiben hinten sowie die Scheiben der hinteren
Türen ersetzt werden müssen. Der Kabelbaum hinten rechts ist instand zu setzen
und fachgerecht zu verlegen. Schließlich hält der Sachverständige eine
Teilerneuerung des Radhauses und des oberen Längsträgers für erforderlich,
außerdem eine Instandsetzung der Frontmaske und des Deckbleches des
Rahmenlängsträgers. und des rechten Vorderkotflügels. Aus alledem ergibt sich,
dass erhebliche Restmängel verblieben sind und das Fahrzeug nur oberflächlich
und optisch instand gesetzt worden ist. Darin kann mitnichten ein „reparierter“
Unfallschaden gesehen werden, noch ein „normaler“ Fahrzeugzustand, wie
zwischen den Parteien als Eigenschaften vereinbart.
Es muss auch angenommen werden, dass die oben dargelegten Beschädigungen
bereits bei Übergabe des Fahrzeugs vorhanden gewesen sind. Zum einen lassen
die Karosserieverformungen und Verschiebungen in den Spaltmaßen auf
Restschäden aufgrund einer Unfallkollision schließen. Zum anderen hat der Zeuge
... im Rahmen seiner Vernehmung am 19. Februar 2004 bestätigt, die
entsprechenden Mängel seinerseits festgestellt zu haben. Er bezieht sich zum
einen auf Restschäden im Heckbereich, am Dach und auf Unregelmäßigkeiten der
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einen auf Restschäden im Heckbereich, am Dach und auf Unregelmäßigkeiten der
Spaltmaße zwischen Tür und Seitenteil, zum anderen auf kleine Steinschläger an
der Frontscheibe und auf die nach seiner Einschätzung Mangelhaftigkeit der
Nachlackierung. Im übrigen hat der Zeuge bekundet, dass nach seiner eigenen
Untersuchung das Fahrzeug auf dem Hof abgestellt worden ist und danach nicht
mehr benutzt worden ist. Diese soeben genannten Tatsachen sprechen insgesamt
dafür, dass nachträglich am Fahrzeug keine weiteren Schäden mehr eingetreten
sind.
Gemäß den §§ 437 Nr. 2, 280 Absatz 1 Satz 2 BGB ist davon auszugehen, dass
der Beklagte die oben dargelegte Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs zu vertreten
hat.
In diesem Fall greift kein Haftungsausschluss gemäß § 442 Absatz 1 BGB ein. Ein
Haftungsausschluss findet nach Maßgabe dieser Vorschrift dann statt, wenn der
Käufer entweder gemäß § 442 Absatz 1 Satz 1 BGB die Mangelhaftigkeit der
Kaufsache kannte oder gemäß § 442 Absatz 1 Satz 2 BGB ihm diese infolge
grober Fahrlässigkeit unbekannt blieb und der Verkäufer sie dem Käufer nicht
arglistig verschwiegen hatte.
Hier kann nicht angenommen werden, dass die Klägerin die Mangelhaftigkeit des
angekauften Wagens bei Vertragsschluss kannte (§ 442 Absatz 1 Satz 1 BGB).
Hinreichende Schlussfolgerungen können insoweit nicht aus dem Inhalt des von
Mitarbeitern der Klägerin ausgefüllten DEKRA-Vordrucks gezogen werden. Diese
Urkunde beweist zwar, dass die Klägerin von dem Vorliegen schlecht reparierter
Unfallvorschäden Kenntnis erlangte, nicht aber wann die jeweiligen Eintragungen,
die diese Kenntnis ausweisen, erfolgt sind.
Es kann des weiteren nicht angenommen werden, dass der Mitarbeiterin der
Klägerin, der Zeuge ... , vor Abschluss des Kaufvertrages Kenntnis über die
Mangelhaftigkeit des Wagens hatte. Zwar hatte der Zeuge ... nach seiner eigenen
Aussage die Gelegenheit wahrgenommen, während der Probefahrt des Beklagten
dessen Fahrzeug anhand einer Prüfliste auf Lackschäden und u. a. auch auf die
Spaltmaße hin zu überprüfen, wobei Letzteres normalerweise dergestalt
geschieht, dass ein Finger durch die Spaltmaße gezogen wird. Auch ist zu
berücksichtigen, dass nach Einschätzung des Sachverständigen in seinem
Gutachten die abweichenden Spaltmaße insbesondere im Bereich der Heckklappe
und der Türen und die Beschädigungen an den hinteren Seitenscheiben infolge der
Hitzeeinwirkung hätten erkannt werden können. In diesem Zusammenhang fällt
auch auf, dass der Zeuge ... in seiner Vernehmung angegeben hat, dass der
Zeuge ... wegen der zwei vom Beklagten angegebenen Unfallschäden ein
schlechtes Gefühl gehabt habe. Doch selbst, wenn der Zeuge Gundlach die
Abweichungen in den Spaltmaßen tatsächlich bemerkt haben sollte, kann zum
einen nicht ausgeschlossen werden, dass er etwa aufgrund der Lichtverhältnisse
die Beschädigungen an den hinteren Seitenscheiben infolge der Hitzeeinwirkung
nicht bemerkt hat. Auch kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass der
Zeuge ... die übrigen Schäden hätte bemerken müssen, zumal der
Sachverständige in seinem Gutachten insoweit selbst ausführt, dass diese Mängel
nur bei näherer fachkundiger Untersuchung bemerkbar gewesen wären. Die
Kenntnis des Käufers von einem Mangel i. S. des § 442 Absatz 1 Satz 1 BGB setzt
zum anderen voraus, dass der Käufer das Ausmaß eines Mangels kennt und
zutreffend einschätzt, d. h. er muss zumindest grob den Schadensumfang und
das Schadensbild kennen. Denn wenn ein Käufer nur von einem kleinen Teil eines
Schadensbildes Kenntnis erhalten hat, setzt er sich nicht zu seinem eigenen
Verhalten in Widerspruch, wenn er den Kaufvertrag abschließt und nach
nachträglicher Kenntnisnahme vom tatsächlichen Schadensumfang dennoch
Gewährleistungsrechte geltend machen will. Allenfalls diese Konstellation hat nach
dem oben Gesagten jedoch vorgelegen. Allein aus dem Umstand, dass im Zuge
der Unfallreparatur die Spaltmaße nicht richtig gerichtet worden sind, ist noch
nicht die Kenntnis des Zeugen ... von dem Umstand zu schlussfolgern, dass auch
die übrige Karosserie des Fahrzeugs noch umfängliche unfallbedingte
Verformungen aufweist und noch erhebliche Reparaturmaßnahmen erforderlich
sind, um den Wagen wieder vernünftig zu reparieren.
Auch ein Gewährleistungsausschluss gemäß § 442 Absatz 1 Satz 2 BGB scheidet
aus, wobei offen bleiben kann, ob dem Zeugen ... , insoweit der Klägerin
zurechenbar, im Hinblick auf die Schadensfeststellung vor Abschluss des
Kaufvertrages grobe Fahrlässigkeit im Hinblick auf die Mängelfeststellung
vorgeworfen werden kann oder nicht. Denn es ist davon auszugehen, dass der
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vorgeworfen werden kann oder nicht. Denn es ist davon auszugehen, dass der
Beklagte den noch vorhandenen Schadensumfang aufgrund des
Unfallvorschadens arglistig verschwiegen hat bzw. insoweit arglistig falsche
Angaben gemacht hat.
Der Beklagte ist Kraftfahrzeugmechanikermeister. Er hat zumindest teilweise den
Unfallvorschaden am Fahrzeug selbst repariert. Es ist davon auszugehen, dass der
Beklagte aufgrund seiner Fachkenntnis im Zuge dieser Reparaturarbeiten den
tatsächlichen Schadensumfang zur Kenntnis genommen hat, zumal er nach
eigenem Vortrag seinem Bekannten bei den Arbeiten, soweit sie das Richten von
Karosserieteilen betrafen, geholfen haben will. Dabei muss es ihm als
Kraftfahrzeugmechanikermeister aufgefallen sein, dass die entsprechenden
Arbeiten nicht zur vollständigen Beseitigung der Unfallschäden geführt haben,
sondern erhebliche restliche Mängel insbesondere an der Karosserie verblieben
sind, zumal, worauf der Sachverständige im Rahmen der mündlichen Erläuterung
seines Gutachtens hinweist, die ursprünglichen Unfallschäden wirtschaftlich als
Totalschaden einzustufen waren. Diese objektiven, vom Beklagten aufgrund seines
beruflichen Sachverstands und seiner Mithilfe bei der Kfz-Reparatur bekannten
Umstände sind nicht in Einklang zu bringen mit dem, was der Beklagte in dem
schriftlichen Kaufvertrag und anlässlich der Kaufvertragsverhandlungen mit dem
Zeugen ... selbst erklärt hat. In dem Kaufvertrag ist der Unfallschaden als repariert
gekennzeichnet und der Fahrzeugzustand als normal. Ein Fahrzeugzustand ist
jedoch dann nicht normal, wenn noch ein Reparaturbedarf von über 8.000,00 €
besteht, wie es der Sachverständige in seinem Gutachten festgestellt hat. Der
Beklagte selbst hat zudem im Rahmen seiner Anhörung im ersten Termin zur
mündlichen Verhandlung angegeben, dass er einen Unfallschaden auf Nachfrage
bejaht habe und die Schadenshöhe mit etwa 10.000,00 € beziffert habe sowie
ausgeführt habe, dass der Schaden am Heck rechts und vorne rechts aufgetreten
sei, und dass er schlussendlich die Frage, ob es Belege für die Reparatur gebe,
verneint habe. Daraus konnte der Zeuge ... nur den Schluss ziehen, dass der
Unfallschaden mit einem Aufwand von 10.000,00 € nunmehr behoben sei, selbst
wenn die vom Kläger vorgetragene Äußerung des Beklagten, vom Unfall gebe es
keine Spur mehr, so nicht erfolgt sein sollte. Zwar hat die Ehefrau des Beklagten in
ihrer Zeugenaussage angegeben, dass bereits beim Verkaufsgespräch ausgeführt
worden sei, dass der Beklagte den Wagen teilweise selbst repariert habe. Doch
entspricht zum einen die Zeugenaussage insoweit nicht dem Beklagtenvortrag,
zum anderen muss ein unbefangener Gesprächsteilnehmer auch aus dieser
Äußerung schlussfolgern, dass die Reparatur vollständig gewesen ist, da auch die
Zeugin bestätigt hat, dass ihr Mann, der Beklagte, die Summe von 10.000,00 € als
Schadenssumme genannt hat, so dass der Zeuge ... von einem nicht
unerheblichen und vollständigen Reparaturaufwand ausgehen konnte.
Eine Fristsetzung zur Mängelbeseitigung musste die Klägerin dem Beklagten
gemäß den §§ 437 Nr. 2, 280, 440 Satz 1 BGB nicht setzen. Denn aufgrund des
arglistigen Verhaltens des Beklagten bei den Vertragsverhandlungen wäre es für
die Klägerin nicht zumutbar gewesen, ihn durch Fristsetzung zur
Mängelbeseitigung anzuhalten, da aufgrund seines Verhaltens das Vertrauen der
Klägerin in die Fähigkeit und Bereitschaft des Beklagten zur ordnungsgemäßen
Mängelbeseitigung nachhaltig gestört gewesen ist.
Im Rahmen des Schadensersatzes ist die Klägerin so zu stellen, als hätte der
Beklagte den Vertrag ordnungsgemäß erfüllt, also ein ausreichend repariertes
Fahrzeug übergeben. Das bedeutet im Rahmen der gemäß § 249 BGB zu
gewährenden Naturalrestitution, dass die Klägerin von dem Beklagten die
notwendigen Reparaturkosten verlangen kann, um einen ordnungsgemäßen
Zustand des Fahrzeugs sicherzustellen. Ausweislich der Feststellungen des
Sachverständigen in seinem Gutachten ist hier von Reparaturkosten in Höhe von
8.867,50 € netto auszugehen. Diese Einschätzung beruht auf einer umfassenden
Reparaturkostenkalkulation, die der Sachverständige im Rahmen seines
Gutachtens angestellt hat. Entsprechend sind die angesetzten Reparaturkosten
insgesamt ersatzfähig und waren hier auszuurteilen.
Der Restwert des Fahrzeugs ist hierbei ohne Belang. Denn die Klägerin hat - wie
bereits ausgeführt - Anspruch auf einen vollständig reparierten Wagen.
Da der Kläger ausweislich seiner Ausführungen in der Klagschrift die
Reparaturkosten erstrangig geltend machen wollte und sich in seiner
Stellungnahme zu dem Sachverständigengutachten auf die Schadensberechnung
des Sachverständigen, die zu einem höheren Reparaturaufwand geführt hat als in
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des Sachverständigen, die zu einem höheren Reparaturaufwand geführt hat als in
der Klagschrift angegeben, bezogen hat und diese den klagweise geltend
gemachten Betrag bereits übersteigen, musste im Rahmen dieses Rechtsstreits
über die weiteren mit der Teilklage geltend gemachten Positionen, die nachrangig
sind, nicht mehr entschieden werden.
Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 286 Absatz 3, 288 Absatz 1 BGB, allerdings erst
für den Zeitraum ab Klagzustellung, denn das außergerichtliche Schreiben vom
10. März 2003 stellt keine Mahnung dar, sondern eine erstmalige
Zahlungsaufstellung i. S. des § 286 Absatz 3 BGB, die einer Mahnung nicht
gleichzusetzen ist. Entsprechend war die Klage teilweise abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Absatz 2 Nr. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.