Urteil des LG Kassel vom 27.08.2010

LG Kassel: ersteher, auflage, rechtliches gehör, verzinsung, zwangsversteigerung, grundstück, ausweisung, schuldnerverzug, nichterfüllung, verschulden

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Gericht:
LG Kassel 3.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 T 345/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 118 ZVG, § 246 BGB, § 286
BGB, § 288 BGB
Leitsatz
Wird im Fall des § 118 ZVG die Forderung gegen den Ersteher dem Berechtigten
übertragen, ist diese Forderung nach § 246 BGB mit 4% p.a. zu verzinsen. Eine - höhere
- Verzinsung gemäß den §§ 288, 286 BGB scheidet aus. Nach den genannten
Bestimmungen kommt eine Verzinsung als Schadensersatz nur in Betracht, wenn die
Voraussetzungen des Verzugs gegeben sind. Diese Prüfung eines materiellrechtlichen
Anspruchs ist dem Vollstreckungsgericht verwehrt.
Tenor
Der Beschluss des Amtsgerichts Kassel vom 20.05.2010 (betreffend die
Übertragung der Forderung gegen den Ersteher gemäß § 118 ZVG auf die
Beschwerdeführerin) wird dahingehend abgeändert, dass die Forderungen in Höhe
von 1.491,05 € bzw. 67.882,10 € jeweils inklusive Jahreszinsen in Höhe von 4
Prozent seit dem 20.05.2010 übertragen werden.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem
anteiligen Gegenstandswert in Höhe von 1.000,00 € zu tragen. Eine Erstattung
außergerichtlicher Kosten im Übrigen findet nicht statt.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird festgesetzt auf 4.000,00
€.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Höhe der im
Übertragungsbeschluss gemäß § 118 ZVG ausgewiesenen Zinsen.
Der eingangs bezeichnete Grundbesitz wurde im vorliegenden
Zwangsversteigerungsverfahren durch Zuschlagsbeschluss vom 25.03.2010 (Bl.
58 f. II d.A.) dem eingangs genannten Ersteher zugeschlagen, der im
Versteigerungstermin vom 18.03.2010 mit einem Bargebot von 90.000,00 €
Meistbietender geblieben war. Im genannten Beschluss wurde zudem angeordnet,
dass der zahlbare Teil des Meistgebots vom 25.03.2010 an mit 4 % zu verzinsen
und bis zum Verteilungstermin an das Gericht zu überweisen sei. Gleichzeitig
bestimmte das Amtsgericht Termin zur Verteilung des Versteigerungserlöses auf
den 20.05.2010 und teilte dem Ersteher mit, dass für den Zeitraum vom
25.03.2010 bis zum 19.05.2010 entsprechend Zinsen auf das Bargebot in Höhe
von 423,15 € zu leisten seien, insgesamt damit ein Betrag in Höhe von 90.423,15
€ (Bl. 61 II d.A.). Nach Abzug der geleisteten Bietungssicherheit in Höhe von
21.050,00 € sollte noch ein Restbetrag in Höhe von 69.373,15 € gezahlt werden.
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Im Verteilungstermin am 20.05.2010 (Protokoll Bl. 81 ff. II d.A.) wurde festgestellt,
dass der Ersteher seiner weiteren Barzahlungspflicht nicht genügt hatte.
Das Amtsgericht hat deswegen bestimmt, dass die geleistete Sicherheit in Höhe
von 21.050,00 € wie folgt zu verteilen sei: 717,41 € auf die Verfahrenskosten,
19.657,53 € auf Forderungen der Beschwerdeführerin und 675,06 € auf
Forderungen der Stadt „…“
Schließlich hat das Amtsgericht durch Beschluss vom gleichen Tage (Bl. 83 II d.A.)
die Forderung gegen den Ersteher auf Zahlung von Vollstreckungskosten in Höhe
eines Teilbetrages von 1.491,05 € sowie wegen eines Teilbetrages des erloschenen
dinglichen Rechts in Abt. III Nr. 4 des Grundbuchs in Höhe von 67.882,10 € gemäß
§ 118 ZVG auf die Beschwerdeführerin übertragen. Zinsen sind insoweit nicht
ausgewiesen, indes zur Eintragung der entsprechenden Sicherungshypotheken ins
Grundbuch in Höhe von 4 Prozent jährlich seit dem 20.05.2010 ausgewiesen
worden (vgl. Bl. 91 f. II d.A.)
Gegen die Nichtausweisen von Zinsen im Übertragungsbeschluss richtet sich die
Beschwerde vom 25.05.2010 (Bl. 97 f. II d.A.), mit der die Beschwerdeführerin
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß §§ 286, 288,
247 BGB begehrt und sich insofern auf Entscheidungen verschiedener
Landgerichte beruft.
Die zuständige Rechtspflegerin des Amtsgerichts hat der sofortigen Beschwerde
nicht abgeholfen und das Verfahren der Kammer zur Entscheidung vorgelegt (Bl.
101 II d.A.).
II.
(1) Das Rechtsmittel ist als Beschwerde gemäß § 793 ZPO statthaft. Das
Verteilungsverfahren im Rahmen der Zwangsversteigerung ist Teil des
Zwangsvollstreckungsverfahrens. Auf das Zwangsversteigerungsverfahren finden
neben den Vorschriften des ZVG ergänzend die Vorschriften des 8. Buches der
ZPO Anwendung (vgl. § 869 ZPO). Der angefochtene Beschluss ist eine
Entscheidung, die ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Der
Beschwerdeführerin wurde rechtliches Gehör eingeräumt, indem sie vom
Verteilungstermin benachrichtigt wurde. Dass die Beschwerdeführerin auf die
Teilnahme verzichtet hat, ändert an der Einordnung des angefochtenen
Beschlusses als Entscheidung im Sinne von § 793 ZPO nichts.
Die Beschwerde gemäß § 793 ZPO ist auch nicht aufgrund Sonderbestimmungen
des ZVG ausgeschlossen. Die Sonderbestimmungen der §§ 95 ff. ZVG sind
vorliegend nicht einschlägig, da sie sich lediglich auf Entscheidungen bis
einschließlich der Entscheidung über den Zuschlag, nicht aber auf Entscheidungen
im anschließenden Verteilungsverfahren beziehen. Auch die Vorschrift des § 115
ZVG, die den Widerspruch gegen den Teilungsplan regelt, ist vorliegend nicht
anwendbar. Diese betrifft lediglich die Aufstellung des Teilungsplans und nicht den
vorliegenden Fall der Ausführung des Teilungsplanes nach § 118 ZVG. Gegen
Letzteres ist die Beschwerde gerichtet und dafür sieht das ZVG keine speziellen
Rechtsbehelfe vor, weswegen auf § 793 ZPO zurückgegriffen werden muss.
Die Beschwerde wurde im Übrigen form- und fristgemäß im Sinne von § 569 ZPO
eingereicht, weswegen sie insgesamt zulässig ist.
Die Kammer hatte die Ausgangsentscheidung nur in dem angefochtenen Umfang
zu überprüfen. Vorliegend beschränkt sich die Beschwerde ausdrücklich auf die im
angefochtenen Beschluss nicht ausgewiesen Zinsen. Die Beschwerdeführerin
begehrt insoweit über die gesetzlichen Jahreszinsen von 4 Prozent hinaus eine
Erhöhung auf 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Weil es sich bei der Frage
der Ausweisung von Zinsen um einen abgrenzbaren Teil der Entscheidung handelt,
ist die Beschwerde auf diesen Punkt wirksam beschränkt worden.
(2) Die Beschwerde konnte in der Sache nur zum Teil Erfolg haben.
(a) Der Ersteher eines Grundstücks hat nach Maßgabe des Inhalts des
Zuschlagsbeschlusses das Bargebot bis zum Verteilungstermin zu berichtigen (§§
49, 81, 82 ZVG). Vorliegend wurde im Zuschlagsbeschluss vom 25.03.2010
festgestellt, dass der Ersteher den zahlbaren Teil des Meistgebots vom 18.03.2010
an mit 4 % zu verzinsen und bis zum Verteilungstermin an das Gericht zu
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an mit 4 % zu verzinsen und bis zum Verteilungstermin an das Gericht zu
überweisen habe. Dies entspricht den gesetzlichen Bestimmungen; denn § 49 Abs.
1, 2 ZVG bestimmt, dass das Bargebot von dem Ersteher vor dem
Verteilungstermin zu berichtigen und vom Zuschlag an zu verzinsen ist. Weil das
ZVG einen eigenen gesetzlichen Zinssatz nicht vorschreibt, ist § 49 Abs. 2 ZVG als
Verweis auf den in § 246 BGB festgelegten gesetzlichen Zinssatz in Höhe von 4 %
jährlich anzusehen (vgl. Stöber, ZVG, 19. Auflage, § 49 Rn. 3).
Kommt der Ersteher seiner Zahlungsverpflichtung – wie vorliegend – bis zum
Verteilungstermin nicht (vollständig) nach, hat das Vollstreckungsgericht dem
Berechtigten – hier der Beschwerdeführerin – gemäß § 118 ZVG die Forderung
gegen den Ersteher zu übertragen. Es handelt sich dabei um die vom Gesetz für
den Fall der Nichtzahlung des Bargebots bis zum Verteilungstermin bestimmte Art
der Ausführung des Teilungsplanes. Gemäß § 118 Abs. 2 Satz 1 ZVG wirkt die
Übertragung der Forderung wie die Befriedigung aus dem Grundstück.
(b) § 118 ZVG enthält hinsichtlich der Verzinsung des nicht rechtzeitig erbrachten
Bargebotes keine eigene Bestimmung, so dass weiterhin § 49 Abs. 2 ZVG gilt,
wonach das Bargebot von dem Zuschlag an mit dem gesetzlichen Zinssatz zu
verzinsen ist. Damit war der angefochtene Beschluss vom 20.05.2010 (Bl. 83 II d.
A.) der keinerlei Verzinsung vorsieht, insoweit zu korrigieren. Von einer Verzinsung
in gesetzlicher Höhe ist offenbar auch das Amtsgericht ausgegangen, denn die
Sicherungshypotheken zur Absicherung der übertragenen Forderungen wurden
inklusive Zinsen in Höhe von 4 Prozent jährlich zur Anmeldung gebracht. Insoweit
wird auf das Ersuchen vom 20.05.2010 (Bl. 88 ff. II d. A.) verwiesen.
Die Ausweisung eines höheren Zinssatzes kann die Beschwerdeführerin nicht
beanspruchen.
Der teilweise vertretenen Meinung, dass der Ersteher infolge Nichtzahlung des
Bargebotes bis zum Verteilungstermin gemäß den §§ 288, 286 BGB in
Schuldnerverzug gerät und sich dies in einer Erhöhung des Zinssatzes auch im
Übertragungsbeschluss gemäß § 118 I ZVG niederschlagen müsse (vgl. LG
Hannover RPfleger 2005, 324; LG Cottbus RPfleger 2003, 256; LG Berlin RPfleger
2001, 192; LG Kempten RPfleger 2001, 192), kann nicht gefolgt werden.
(aa) Bei der übertragenen Forderung handelt es sich nicht um die frühere
Forderung des Berechtigten gegen den Schuldner, sondern vielmehr um die aus
dem Bargebot des Erstehers und der Zuschlagserteilung herrührende neue
Zahlungsverpflichtung (Stöber, ZVG, 19. Auflage, § 118 Rn. 3.8). Die Forderung auf
Zahlung des Bargebotes steht zunächst dem bisherigen Eigentümer des
Grundstücks zu, weil der Ersteher durch Erteilung des Zuschlags das Eigentum am
Grundstück nach § 90 ZVG erworben hat (Stöber, ZVG, 19. Auflage, § 118 Rn. 2.1;
Steiner, ZVG, 9. Auflage, § 118 Rn. 4). Der Anspruch auf den Versteigerungserlös
tritt zugunsten des bisherigen Eigentümers als Surrogat an die Stelle des
Eigentums (Stöber, ZVG, 19. Auflage, § 91 Rn. 2.5) und wird von den
Beschlagnahmewirkungen erfasst (Stöber, ZVG, 19. Auflage, § 92 Rn. 2.1). Gemäß
§ 118 Abs. 1 ZVG wird dieser zunächst dem Schuldner zustehende Anspruch auf
Zahlung des Erlöses bei Nichterfüllung mit der Befriedigungswirkung des § 118
Abs. 2 Satz 1 ZVG sodann an den nach dem Teilungsplan Berechtigten
übertragen.
(bb) Die Vorschriften des 8. Buches der ZPO über die Zwangsvollstreckung im
Allgemeinen und die Zwangsversteigerung im Besonderen sind Vorschriften des
öffentlichen Rechts. Die Durchführung der dem Staat als Inhaber des
Zwangsmonopols obliegenden Zwangsvollstreckung durch seine Organe ist
gegenüber den Verfahrensbeteiligten hoheitliche Tätigkeit (BGHZ 146, 17; Zöller,
ZPO, 28. Auflage, vor § 704 Rn. 1). Das gesamte Zwangsvollstreckungsverfahren
ist öffentlich-rechtlicher Natur. Im Rahmen der Zwangsversteigerung erwirbt der
Ersteher durch Erteilung des Zuschlags nach § 90 ZVG kraft staatlichen
Hoheitsaktes das Eigentum an dem Grundstück. Wie der Erwerb des Eigentums an
dem erstandenen Grundstück bestimmt sich auch die dem Ersteher aufgrund des
erteilten Zuschlags nach §§ 49, 81, 82 ZVG obliegende Pflicht zur Zahlung des
Bargebots zunächst allein nach Vorschriften des öffentlichen Rechts. Der Ersteher
schuldet das Bargebot nicht aufgrund eines vertraglichen oder gesetzlichen
bürgerlich-rechtlichen Schuldverhältnisses, sondern allein aufgrund der hoheitlich
durchgeführten Zwangsversteigerung. Bis zur Übertragung der Forderung auf den
Berechtigten oder der anderweitigen Freigabe von der Beschlagnahmewirkung
bestimmt sich das Schicksal dieser Forderung allein nach den öffentlich-
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bestimmt sich das Schicksal dieser Forderung allein nach den öffentlich-
rechtlichen Vorschriften des ZVG (vgl. Stöber, ZVG, 19. Auflage, § 118 Rn. 5).
(cc) Aufgrund des Vorgesagten bestehen bereits Bedenken, ob die Vorschriften
der §§ 280, 286, 288 BGB überhaupt anwendbar sind. Zwar bestimmt § 49 Abs. 1
ZVG, dass das Bargebot bis zum Verteilungstermin zu berichtigen sei und insofern
zusammen mit der gerichtlichen Anordnung des Verteilungstermins ein
Zahlungsziel. Es spricht aufgrund der Rechtsnatur der Norm indes viel dafür, dass
die Nichterfüllung der Zahlungsverpflichtung nicht ohne weiteres zum
Schuldnerverzug nach der privatrechtlichen Norm des § 286 BGB führt.
Obwohl sich die Rechte des früheren Eigentümers nach Erteilung des Zuschlags im
Wege der Surrogation am Erlös fortsetzen, findet auf die Zahlungspflicht des
Erstehers bis zur Übertragung des Anspruchs nach § 118 Abs. 1 ZVG das
bürgerliche Recht keine Anwendung (Stöber, ZVG, 19. Auflage, § 118 Rn. 5.1). In
dieser Phase des Zwangsversteigerungsverfahrens bestimmen allein die
Vorschriften des ZVG als Vorschriften des öffentlichen Rechts die Einzelheiten der
Zahlungsverpflichtung. Die Vorschriften des ZVG enthalten keine gesonderte
Zinsbestimmung für den Verzug mit der Zahlungsverpflichtung. Vielmehr
bestimmt § 118 Abs. 1 ZVG für den Fall der Nichtzahlung des Bargebots die
Übertragung der – nach Maßgabe des ZVG bestehenden – Forderung gegen den
Ersteher auf den Berechtigten. Erst mit dieser hoheitlichen Übertragung, der
gemäß § 118 Abs. 2 Satz 1 ZVG bürgerlich-rechtliche Erfüllungswirkung
beigemessen wird, erlangt dieser Anspruch den Status eines gewöhnlichen
schuldrechtlichen Anspruchs im Sinne von §§ 241 ff. BGB.
Eine entsprechende Anwendung der §§ 286, 288 BGB kommt nicht in Betracht; es
fehlt bereits an der für eine Analogie erforderlichen Regelungslücke. Das ZVG hat
die Fragen der Verzinsung des Bargebots und der Folgen der Nichtzahlung bis zum
Verteilungstermin geregelt. Von einer planwidrigen Regelungslücke kann deswegen
nicht ausgegangen werden.
(dd) Die Anwendbarkeit der bürgerlich-rechtlichen Verzugsvorschriften kann
vorliegend indes dahinstehen, denn das Vollstreckungsgericht ist im Rahmen der
Übertragung der Forderung nach § 118 Abs. 1 ZVG nicht befugt, sich aus anderen
Rechtsgrundlagen als dem ZVG ergebende Ansprüche wie beispielsweise
Verzugszinsen zu titulieren. Ihm fehlt die Entscheidungskompetenz.
Das Vollstreckungsgericht überträgt dem Ersteher gemäß § 118 Abs. 1 ZVG
sämtliche zur Teilungsmasse gehörenden Ansprüche (Steiner, ZVG, 9. Auflage, §
118 Rn. 13). Hierzu gehören indes nur die nach den gesetzlichen
Versteigerungsbedingungen zustande gekommenen Ansprüche.
Das Vollstreckungsgericht kann dem Berechtigten im Sinne von § 118 Abs. 1 ZVG
mithin lediglich einen solchen Anspruch übertragen, der aufgrund der gesetzlichen
Versteigerungsbedingungen zur Teilungsmasse gehört. Zwar kann sich der
Ersteher aufgrund von Pflichtverletzungen, beispielsweise durch Verzug,
weitergehend schadenersatzpflichtig gemacht haben. Die Geltendmachung eines
solchen Schadens ist auch nicht ausgeschlossen; lediglich eine Übertragung nach
§ 118 Abs. 1 ZVG kommt nicht in Betracht (Steiner, ZVG, 9. Auflage, § 118 Rn.
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Die diesbezügliche Prüfung obliegt nämlich nicht dem Vollstreckungsgericht. § 118
Abs. 1 ZVG ermöglicht die Schaffung eines Titels, aus dem der Berechtigte gegen
den Ersteher ohne die Durchführung eines Erkenntnisverfahrens vollstrecken kann
(§ 132 ZVG). Das Vollstreckungsgericht als Zwangsvollstreckungsorgan hat nicht
zu prüfen, ob über die Bestimmungen des ZVG hinaus weitere Ansprüche des
Berechtigten oder des Schuldners gegen den Ersteher gegeben sind und kann
diese deswegen auch nicht nach § 118 Abs. 1 ZVG titulieren. Solche grundsätzlich
denkbaren Ansprüche muss der Berechtigte bzw. der Schuldner im gewöhnlichen
Erkenntnisverfahren durchsetzen (vgl. Amtsgericht Landshut, Rechtspfleger 1985,
314; OLG Karlsruhe OLGR 2000, 150). Anderenfalls würde man vom
Vollstreckungsgericht verlangen, neben dem Vorliegen der Voraussetzungen des §
286 Abs. 1 bis 3 BGB sich auch mit der Frage des Verschuldens des Erstehers an
der Nichterbringung der Leistung im Sinne von § 286 Abs. 4 BGB zu befassen.
Zwar wird dieses Verschulden vermutet; sobald sich der Ersteher jedoch auf ein
mangelndes Verschulden berufen würde, hätte sich das Vollstreckungsgericht
hiermit auseinander zu setzen. Dies widerspräche den Grundsätzen des
formalisierten Verfahrens in der Zwangsversteigerung. Man würde auch nicht
ernsthaft in Erwägung ziehen, das Vollstreckungsgericht anzuhalten, im Rahmen
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ernsthaft in Erwägung ziehen, das Vollstreckungsgericht anzuhalten, im Rahmen
einer Entscheidung nach § 118 Abs. 1 BGB einen sonstigen geltend gemachten
Verzugsschaden gemäß §§ 280 Abs. 1, 2, 286, 287 BGB zu titulieren. Die erhöhten
Verzugszinsen nach § 288 BGB sind jedoch nichts anderes als pauschalierter
Schadenersatz (vgl. Palandt, BGB, 69. Auflage, § 288 Rn. 2).
Eine Bestimmung höherer Zinsen im Beschluss nach § 118 Abs. 1 ZVG kommt nur
dann in Betracht, wenn dies bereits in den Versteigerungsbedingungen angeführt
wurde. Das ist vorliegend nicht der Fall.
Im Ergebnis kann damit dahinstehen, ob die Voraussetzungen des § 286 Abs. 2
BGB überhaupt vorliegen. Jedenfalls war das Vollstreckungsgericht nicht befugt,
über das Bestehen weiterer Ansprüche im Rahmen der Entscheidung nach § 118
Abs. 1 ZVG zu befinden.
Nach alledem konnte die Beschwerde nur teilweise Erfolg haben. Im Übrigen war
sie zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung bestimmt sich nach § 92 ZPO, wobei eine Auferlegung
von Kosten auf die übrigen Beteiligten mangels kontradiktorischer Stellung nicht in
Betracht kam. Es handelte sich mangels Erfolgsaussicht auch nicht um
notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung. Der Beschwerdeführerin ist die
Auffassung der Kammer bereits aus dem im ähnlich gelagerten Verfahren 3 T
125/09 ergangenen Beschluss vom 02.04.2009 bekannt.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf
§§ 47 GKG, 3 ZPO.
Gemäß § 574 Abs. 3 ZPO war die Rechtsbeschwerde zuzulassen, weil die
Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und zur Fortbildung des Rechts und
zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Rechtsbeschwerdegerichts erforderlich erscheint.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.