Urteil des LG Kassel vom 14.10.2010

LG Kassel: eintritt des versicherungsfalles, zeitwert, waschanlage, zufälliges ereignis, versicherte sache, zustand, brand, abwertung, versicherungsvertrag, reparatur

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Gericht:
LG Kassel 6.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 O 374/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 5 Nr 2b AFB 1987, § 7 Nr 1
AFB 1987, § 7 Nr 2 AFB 1987,
§ 11 Nr 1 Abs 1 AFB 1987
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu Gunsten des Kontos der Klägerin bei
der „…“ (Kontonummer „…“) 5.400,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.12.2004 zu zahlen. Im
Übrigen wird die Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 95 % und die Beklagte 5 %
zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden
Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Zahlung aus einem Versicherungsvertrag.
Die Klägerin war Eigentümerin eines Grundstückes in „…“, auf dem seit 1992 eine
KfZ-Waschanlage betrieben wurde. Die Anlage wurde seinerzeit neu errichtet und
durch Vermittlung des in Kassel ansässigen Generalagenten der Beklagten bei
dieser gegen Feuer versichert. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen
für die Feuerversicherung (AFB 87, Bl. 25 ff. d.A.) zugrunde. Der Vertrag sieht eine
Versicherung zum Neuwert vor, der mit 219.719,00 € angegeben wurde.
Am 14.12.2004 ereignete sich im Technikraum der Waschanlage ein Brand.
Auslöser war ein Defekt innerhalb der elektrischen Steuerung. Die im Technikraum
untergebrachten Teile der Waschanlage wurden erheblich beschädigt.
Die Klägerin zeigte den Schaden am 15.12.2004 telefonisch und mit Schreiben
vom 29.12.2004 (Bl. 80 ff. d.A.) schriftlich an. Sie forderte die Beklagte –
bezugnehmend auf ein Angebot der Fa. „…“ vom 21.12.2004 (Bl. 13 ff. d.A.) – zur
Zahlung von 98.296,00 € netto auf. Am 27.01.2005 führten die Parteien bzw.
deren Vertreter eine Besichtigung vor Ort durch.
Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 1.02.2005 (Bl. 83 d.A.) unter Berufung
auf einen Verstoß gegen Obliegenheiten nach § 7 I Nr. 1a AFB 87 (hier:
Sicherheitsvorschriften) das bestehende Versicherungsverhältnis und lehnte mit
am 21.02.2005 eingegangenem weiterem Schreiben (Bl. 84 f. d.A.) unter Berufung
auf Leistungsfreiheit endgültig eine Zahlung für den Schadensfall ab.
Die Klägerin setzte die Anlage in Eigenregie wieder in Gang und betrieb sie bis zur
Zwangsversteigerung des Grundstücks im Dezember 2008 weiter.
Die Klägerin ist der Ansicht, die von der Beklagten angeführte
Unfallverhütungsvorschrift gelte weder für den vorliegenden Vertrag noch für den
Betrieb der Waschanlage. Jedenfalls habe sie von der Vorschrift keine Kenntnis
gehabt und auch keine Kenntnis haben müssen. Zudem hätte auch bei Einhaltung
der Vorschrift der Brand nicht verhindert werden können.
Die Klägerin behauptet, der durch den Brand verursachte Schaden betrage
bezogen auf den Neuwert 98.296,00 € netto und bezogen auf den Zeitwert
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bezogen auf den Neuwert 98.296,00 € netto und bezogen auf den Zeitwert
70.000,00 € netto. Sie behauptet ferner, die Waschanlage nach dem Brand in
Eigenregie in einen Zustand versetzt zu haben, der dem einer ordnungsgemäßen
Reparatur entsprach.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 98.286,00 € netto Neuwertschaden
– hilfsweise 70.000,00 € netto Zeitwertschaden – nebst Zinsen hieraus in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.12.2004 sowie
vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.035,50 € nebst Zinsen hieraus in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit auf ein
näher bezeichnetes Konto der Klägerin bei der „…“ zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie wendet ein, infolge von Obliegenheitsverletzungen stünde der Klägerin kein
Anspruch aus dem Versicherungsvertrag zu. Die Klägerin habe entgegen den
Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaft für Feinmechanik und
Elektrotechnik die elektrischen Anlagen und Betriebsmittel nicht regelmäßig alle 4
Jahre durch eine Elektrofachkraft überprüfen lassen. Aufgrund des
Gefährdungspotentials sei vorliegend sogar eine jährliche Wartung erforderlich
gewesen. Sie ist der Ansicht, bei den genannten Vorschriften handele es sich um
behördliche Sicherheitsvorschriften i.S.v. § 7 AFB 87. Das Verschulden der Klägerin
gegen die Vorschrift werde vermutet.
Das Unterlassen der jährlichen Prüfungen habe – so die Beklagte weiter – zu einer
Gefahrerhöhung geführt, welche von der Klägerin nicht angezeigt wurde und
weswegen die Beklagte gemäß § 25 VVG leistungsfrei geworden sei.
Mit Schriftsatz vom 14.08.2007 (Bl. 211 ff. d.A.) beruft sich die Beklagte zudem auf
Leistungsfreiheit nach § 13 AFB 87 wegen Nichterfüllung von Auskunfts- und
Aufklärungsobliegenheiten durch die Klägerin nach Eintritt des Schadensfalls.
Weiterhin sieht sich die Beklagte von der Klägerin getäuscht, weil sie nicht über ein
günstigeres Reparaturangebot eines Herrn „ „ informiert worden sei. Auch aus
diesem Grunde beruft sich die Beklagte auf Leistungsfreiheit.
Schließlich meint die Beklagte, eine Entschädigung zum Neuwert käme nicht in
Betracht, weil der Zeitwert am 14.12.2004 weniger als 40 % des Neuwertes
betragen habe (§ 5 Nr. 2 AFB 87) und die Klägerin zudem die Verwendung der
Entschädigung zur neuwertgerechten Instandsetzung der Anlage nicht
nachgewiesen habe (§ 11 Nr. 5 AFB 87).
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des
Sachverständigen Dipl.-Ing. „…“ Hinsichtlich des Beweisthemas und des
Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Beweisbeschluss vom 18.10.2007
(Bl. 259 f. d.A.), das schriftliche Sachverständigengutachten vom 03.07.2008 (im
Aktendeckel) und das Protokoll über die Anhörung des Sachverständigen vom
26.03.2009 (Bl. 319 ff. d.A.) verwiesen.
Das Gericht hat zudem Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des
Sachverständigen „…“. Hinsichtlich des Beweisthemas und des Ergebnisses der
Beweisaufnahme wird auf den Beweisbeschluss vom 04.02.2010 (Bl. 435 f. d.A.)
und das schriftliche Sachverständigengutachten vom 13.07.2010 (im Aktendeckel)
verwiesen.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den
Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Terminsprotokolle sowie die
erteilten Hinweise verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen
unbegründet.
I. Der Klägerin steht aufgrund des Brandschadens vom 14.12.2004 dem Grunde
nach ein Anspruch auf Versicherungsleistungen gegen die Beklagte zu.
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Unstreitig wurde die KfZ-Waschanlage der Klägerin bei der Beklagten gegen
Feuerschäden versichert. Der eingetretene Schaden unterfällt dem
Versicherungsumfang. Die Beklagte ist nicht von der Verpflichtung zur
Leistungserbringung freigeworden.
(1) Soweit sich die Beklagte auf Leistungsfreiheit gemäß § 7 AFB 87 wegen
Nichterfüllung von Unfallverhütungsvorschriften beruft, vermag der Einwand im
Ergebnis nicht durchzudringen.
Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. „…“ ist zwar davon
auszugehen, dass die Klägerin unabhängig davon, welcher Berufsgenossenschaft
sie hinsichtlich des Betriebs der Waschanlage zuzuordnen war, verpflichtet war, die
Anlage jährlich zu überprüfen. Dies ergäbe sich – so der Sachverständige – aus
den Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften sowie den
anerkannten Regeln der Technik (hier VDE). Der Sachverständige hat – in
Übereinstimmung mit den Angaben des Privatsachverständigen „…“ (vgl. dessen
Gutachten vom 8.06.2007, Bl. 146 ff. d.A.) – nachvollziehbar und überzeugend
dargelegt, dass elektrische Anlagen in Betriebsstätten mit feuchten und nassen
Bereichen und Räumen und Anlagen im Freien einer kurzen Prüffrist von einem
Jahr unterliegen. Diese Prüfung habe durch Elektrofachkräfte zu erfolgen.
Dass die Klägerin solche Fachkräfte gezielt mit der Prüfung beauftragt hatte, ist
nicht erkennbar. Nach den Angaben des Vertreters der Klägerin, Herrn „…“, im
Termin vom 16.08.2007 (Bl. 221 ff. d.A.) hat er die Überwachung des Betriebs der
Anlage zumeist selbst vorgenommen. In seiner Abwesenheit habe ihn ein Herr
„…“ vertreten. Zwar handelt es sich bei Herrn „…“ um einen gelernten Elektriker,
der als Fachkraft im o.g. Sinn in Frage kommt. Die weiteren Schilderungen des
Herrn „…“ im Rahmen der informatorischen Anhörung lassen indes eher auf die
Organisation des täglichen Betriebes der Waschanlage schließen, denn auf
gezielte jährliche Prüfungen im Sinne der Unfallverhütungsvorschriften.
Gezielte jährliche Prüfungen kann es im Übrigen schon deswegen nicht gegeben
haben, weil der Klägerin nach eigenen Angaben derartige Pflichten nicht bekannt
waren.
Die Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften unterfallen den
gemäß § 7 I AFB 87 zu beachtenden gesetzlichen und behördlichen
Sicherheitsvorschriften (vgl. BGH VersR 70, 1121). Auf Unkenntnis kann sich die
Klägerin insoweit nicht berufen. Wer im Unternehmen oder Betrieb elektrische
Anlagen unterhält, hat von sich aus Erkundigungen über die einzuhaltenden
Vorschriften einzuholen. Über die eigene Berufsgenossenschaft ist dies auch ohne
Weiteres möglich.
Indes hat sich die Pflichtverletzung bei dem vorliegenden Schadensereignis nicht
ausgewirkt. Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, dass es aufgrund der
hohen Wartungsintensität beim täglichen Betrieb der Anlage mit der Notwendigkeit
des Einsatzes von geschultem Personal „wenig wahrscheinlich“ ist, dass bei der
jährlichen Untersuchung nach Maßgabe der genannten Vorschriften vom Personal
nicht entdeckte (weitere) technische Defekte, die zu einem Brandschaden führen
können, zu Tage treten. Das Entstehen eines Kurzschlusses sei ein zufälliges
Ereignis, dass auch durch regelmäßige Kontrollen nicht verhindert werden könne.
Die jährlich durchzuführende Prüfung sei ohnehin nur eine Sichtprüfung und keine
Funktionsprüfung. Deswegen könne der Klägerin auch das Fehlen eines sog. FI-
Schalters in diesem Zusammenhang nicht vorgeworfen werden.
Hinzu kommt, dass der Brand unstreitig in der Schaltanlage entstanden ist. Dies
entspricht auch der Einschätzung des Privatgutachters der Beklagten Dipl.-Ing.
„…“ (Gutachten vom 24.12.2004, Bl. 20 ff. d.A.) und wurde auch vom
Sachverständigen Dipl-Ing. „…“ nicht angezweifelt. Nach den Ausführungen des
Sachverständigen unterliege dieser Teil der elektrischen Anlage als
Schwachstromanlage gar keiner Prüfpflicht. Die Prüfpflichten gelten – so der
Sachverständige weiter – nur für Hochspannungsanlagen.
Hat sich mithin die Verletzung der Unfallverhütungsvorschriften im vorliegenden
Fall nicht ausgewirkt, kann sich die Beklagte auf Leistungsfreiheit nach § 7 II AFB 87
nicht berufen (vgl. BGH VersR 2002, 829, 1997, 485).
(2) Auch soweit die Beklagte ihre Einstandsverpflichtung unter Berufung auf § 13
Ziff. 1 e, Ziff. 2 AFB 87 und die Nichtvorlage von Unterlagen durch die Klägerin
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Ziff. 1 e, Ziff. 2 AFB 87 und die Nichtvorlage von Unterlagen durch die Klägerin
verneint, kann dem nicht gefolgt werden.
Bereits wenige Tage nach der gemeinsamen Besichtigung des Brandortes am
27.01.2005, nämlich am 01.02.2005, sprach die Beklagte die Kündigung des
Versicherungsvertrages aus und lehnte mit Schreiben vom 21.2.2005 die
Regulierung des Schadens ab, ohne dass auf fehlende Unterlagen Bezug
genommen worden wäre. Danach ist hauptsächlich die Frage diskutiert worden, ob
die Beklagte überhaupt einstandspflichtig ist. Die Beklagte hat von der Klägerin
zunächst keine weiteren Unterlagen gefordert. Im vorliegenden Rechtsstreit hat
die Klägerin die angeforderten Unterlagen nunmehr eingereicht.
(3) Schließlich ist auch der Einwand der Beklagten, die Klägerin habe sie über die
notwendigen Kosten der Schadensbeseitigung arglistig getäuscht, weil ein Herr „ „
ein weitaus günstigeres Angebot zur Schadensbeseitigung als die Fa. „…“
gemacht habe, nicht berechtigt.
Die Klägerin konnte auf die Angemessenheit eines bei der Fa. „ „ als
Herstellerfirma der Anlage angeforderten Kostenvoranschlages vertrauen. Nach
unbestrittenen und nachvollziehbaren Angaben der Klägerin hätte die Fa. „…“ die
beschädigten bzw. zerstörten Anlagenbauteile komplett ausgetauscht.
Herr „…“ hatte auf Wunsch der Klägerin, die zur Vorfinanzierung der
Schadensbeseitigung gemäß dem Angebot der Fa. „…“ nicht in der Lage war,
lediglich die Erneuerung sämtlicher Kabel und sonstiger defekter Einzelteile
vorgesehen.
Auf diese Art und Weise der Reparatur durch einen Nichtfachmann im Bereich der
Waschanlagen, die die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit selbst als
unzulänglich erachtet, hätte sich die Klägerin nicht verweisen lassen müssen.
II. Damit hat die Beklagte die vereinbarten Leistungen aus dem
Versicherungsvertrag zu erbringen. Der Klägerin steht jedoch der Höhe nach nur
ein Bruchteil des eingeklagten Schadensbetrages zu.
Bei der abgeschlossenen Versicherung handelt es sich um eine
Neuwertversicherung, so dass grundsätzlich der Neuwert der zerstörten und
beschädigten Teile zu ersetzen ist, es sei denn, die beschädigten Teile hätten vor
dem Brand einen unter 40 % des Neuwertes liegenden Zeitwert gehabt (§ 5 Nr. 2
AFB 87). Die Beweislast hierfür trägt die Beklagte.
Unabhängig davon gilt § 11 Nr. 5 S. 1 lit. b) und c) AFB, wonach der Neuwert nur
dann geschuldet ist, wenn der Versicherungsnehmer innerhalb von drei Jahren
nach Eintritt des Versicherungsfalles sicherstellt, dass er die zerstörten Sachen in
gleicher Art und Güte und in neuwertigem Zustand wiederbeschafft und die
beschädigten Sachen wiederherstellt. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür liegt
auf Klägerseite.
Es kann dahinstehen, ob die Klägerin eine Wiederbeschaffung bzw.
Wiederherstellung in neuwertigem Zustand sichergestellt hatte, denn der Zeitwert
der zerstörten bzw. beschädigten Teile lag unter der Grenze von 40 % des
Neuwertes.
Soweit sich die Klägerin darauf beruft, ihr sei die Klausel nicht bewusst gewesen,
kann sie damit nicht gehört werden. Die AFB 87 wurden wirksam in den Vertrag
einbezogen und haben deswegen Gültigkeit.
Bei den beschädigten Gegenständen handelt es sich nicht um wesentliche
Grundstücksbestandteile, sondern um Zubehör im Sinne von § 97 ZPO.
Maßgeblich für die Wertermittlung ist damit der Wert der einzelnen Gegenstände,
nicht der Wert des Grundstücks. Entgegen der Ansicht der Klägerin sind in die
Berechnung auch nur die beschädigten bzw. zerstörten Teile, nicht aber die
„gesamte technische Betriebseinrichtung“ einzustellen.
Der Sachverständige hat – ausgehend von einem geschätzten (bereinigten)
Neuwert der beschädigten oder zerstörten Teile von ca. 86.640,00 € – einen
Zeitwert von 5.400,00 € ermittelt. Der Sachverständige hat dabei das von der
Klägerin auch der Klage zugrunde gelegte Angebot der Fa. „…“ nach eingehender
Überprüfung als Grundlage herangezogen und nachvollziehbar um einen
Minderaufwand aufgrund vorhandener Teile bzw. Materialien sowie einen Abzug für
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Minderaufwand aufgrund vorhandener Teile bzw. Materialien sowie einen Abzug für
technische Neuerungen korrigiert. Er hat sodann ausgehend von einer
gewöhnlichen Gesamtnutzungsdauer von 15 Jahren unter Anwendung der
Berechnungsmethoden der linearen Abwertung, der Abwertung ähnlich der im
Steuerrecht, der geometrisch degressiven Abwertung sowie einer arithmetisch
degressiven Abwertung die jeweiligen rechnerischen Zeitwerte dargestellt, die
allesamt einen Zeitwert unterhalb der 40 % - Grenze ergeben. Der
Sachverständige hat die Methode der arithmetisch degressiven Abwertung für
angemessen erachtet und ist zu einem Zeitwert von 6.700,00 € gelangt. Diesen
nach allgemeinen Methoden ermittelten Zeitwert hat der Sachverständige sodann
aufgrund des schlechten Zustandes der Anlage um 20 % gekürzt und o.g. Zeitwert
in Höhe von 5.400,00 € errechnet.
Die gegen das Sachverständigengutachten erhobenen Einwendungen der Klägerin
vermögen nicht zu überzeugen.
Die Klägerin wendet ein, der Sachverständige habe den Zeitwert nicht – wie von
den Versicherungsbedingungen vorgesehen – anhand des Abnutzungsgrades
ermittelt, sondern nur abstrakt berechnet. Diese Sichtweise vermag das Gericht
nicht zu teilen. Die o.g. Vorgehensweise des Sachverständigen stellt – ausgehend
vom Neuwert – gerade maßgeblich auf die Restnutzungsdauer sowie den
gewöhnlichen und individuellen Zustand der Anlage unter Berücksichtigung
zwischenzeitlicher Erhaltungsmaßnahmen und Reparaturen ab.
Die streitgegenständliche Waschanlage konnte aufgrund maßgeblicher
Veränderungen nicht mehr besichtigt werden. Der Sachverständige hat zudem
bewusst auf die Besichtigung der von der Klägerin angeführten
„Vergleichswaschanlage“ (vgl. Schriftsatz vom 08.02.2010, Bl. 442 f. d.A.)
verzichtet. Welche zusätzlichen Erkenntnisse hieraus zu erlangen sein sollen, hat
auch die Klägerin nicht mitgeteilt. Der Sachverständige hat den dokumentierten
Zustand der streitgegenständlichen Waschanlage bzw. der beschädigten oder
zerstörten Teile gerade dem erwartungsgemäßen Normalzustand einer
vergleichbaren Anlage gegenübergestellt. Gegen die vom Sachverständigen
vorgenommene Einordnung hat die Klägerin auch keine Einwände erhoben.
Insbesondere dass die streitgegenständliche Waschanlage unmittelbar vor dem
Brand einen durchschnittlichen oder gar überdurchschnittlichen Zustand gehabt
hätte, hat die Klägerin nicht substantiiert angeführt.
Das vom Sachverständigen gezeichnete Bild von der Anlage deckt sich auch mit
den Ausführungen des im Zwangsversteigerungsverfahren eingeholten
Wertermittlungsgutachtens des dortigen Sachverständigen „…“ (vgl. Bl. 406 ff.
d.A.), dass die Klägerin zur Akte gereicht hat. Auch in diesem Gutachten ist
ausgeführt, dass seit dem Jahr 1991 keine Modernisierungen durchgeführt und im
Jahr 1998 lediglich geringfügige Erneuerungen vorgenommen worden seien. Der
dortige Sachverständige gelangte – im Dezember 2006 – zu der Einschätzung,
dass die Anlage im damaligen Zustand nicht zu vermieten sei.
Das Gericht hat keine Veranlassung, der Einschätzung des Sachverständigen „…“
nicht zu folgen. Der Sachverständige ist von der IHK Gießen-Friedberg als
Sachverständiger für Fahrzeug-Waschanlagen öffentlich bestellt und vereidigt und
mithin fachlich geeignet. Das Gutachten ist in sich schlüssig und nachvollziehbar.
Eine weitere – nach Ansicht des Gerichts indes nicht notwendige – Ergänzung und
Erläuterung des Gutachtens ist an der fehlenden Einzahlung des Vorschusses
durch die Klägerin trotz Fristsetzung und Ankündigung der Konsequenzen
gescheitert.
Soweit die Klägerin unter Hinweis auf einen Versicherungsschein vom 29.12.2004
(Anlage K1, Bl. 10 f. d.A.) die Auffassung vertritt, die Beklagte könne sich auf die
Beschränkung der Neuwertklausel durch die Zeitwertklausel nicht berufen, weil
noch im Jahr 2004 eine Versicherung zum Neuwert von 219.719,00 € bestätigt
worden sei, kann dem nicht gefolgt werden. Aus dem aktualisierten
Versicherungsschein sind lediglich die vereinbarten Versicherungsbedingungen zu
entnehmen. Es ist Sache des Versicherten, die versicherte Sache in einem
Zustand zu erhalten, der nach den Vertragsbedingungen – auf die auch im
Versicherungsschein vom 29.12.2004 verwiesen wird – erforderlich ist. Den
Versicherer treffen insofern auch keine Hinweis- oder Erkundigungspflichten im
Hinblick auf den aktuellen Zeitwert.
Damit konnte der Klage lediglich in Höhe von 5.400,00 € stattgegeben werden. Die
Beklagte hat sich mit der Auszahlung auf das von der Klägerin angegebene Konto
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Beklagte hat sich mit der Auszahlung auf das von der Klägerin angegebene Konto
einverstanden erklärt. Im Übrigen war die Klage bezüglich der Hauptforderung
abzuweisen.
Zinsen auf den begründeten Teil der Hauptforderung kann die Klägerin gemäß §
16 II AFB 87 ab dem Schadenstag verlangen.
Weil erst durch die vorgerichtlichen Anwaltsschreiben gemahnt und aufgrund der
erheblichen Zuvielforderung ohnehin kein Verzug begründet wurde, kann die
Klägerin die vorgerichtlichen Anwaltskosten nicht ersetzt verlangen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bestimmt sich nach § 709
ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.