Urteil des LG Karlsruhe vom 10.01.2002

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LG Karlsruhe Beschluß vom 10.1.2002, 1 T 61/02
Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens
Leitsätze
Der Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens entspricht dem vollen Hauptsachewert. Ergibt die durchgeführte Beweisaufnahme, dass die
Kosten für die Beseitigung der behaupteten Mängel höher sind als zunächst vom Antragsteller geschätzt, so entspricht der Streitwert den vom
Sachverständigen festgestellten höheren Mängelbeseitigungskosten.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird in Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Bruchsal vom 22.10.2001 - 3 H 5/00 - der Streitwert
für das selbständige Beweisverfahren auf 9.203,25 EUR (18.000,00 DM) festgesetzt.
Gründe
I.
1 Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 05. April 2000 Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens (Feststellung von Mängeln
an dem von der Antragsgegnerin angebrachten Außenputz) gestellt und die voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten mit insgesamt 8.000,00
DM angegeben. In seinem Gutachten vom 28. September 2002 kommt der beauftragte Sachverständige Brand zu voraussichtlichen
Mängelbeseitigungskosten von etwa 18.000,00 DM.
2 Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 22.10.2001 den Wert des zu sichernden Anspruchs mit 8.000,00 DM angenommen und den Streitwert des
selbständigen Beweisverfahrens auf die Hälfte hiervon, mithin 4.000,00 DM, festgesetzt. Hiergegen hat die Antragstellerin unter dem 26.10.2001
Beschwerde eingelegt. Der Bezirksrevisor hat in seiner Stellungnahme vom 23.11.2001 die Ansicht vertreten, der Streitwert entspreche dem vollen
Betrag der ursprünglich von der Antragstellerin angegebenen Mängelbeseitigungskosten, mithin 8.000,00 DM.
II.
3 Die gemäß § 25 Abs. 3 GKG zulässige Beschwerde ist begründet. Der Streitwert ist auf 18.000,00 DM festzusetzen.
4 Der Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens entspricht dem Hauptsachewert. Die Kammer folgt insoweit - in Übereinstimmung mit der vom
Bezirksrevisor und von beiden Parteien vertretenen Rechtsansicht - der ständigen Rechtsprechung des OLG Karlsruhe (OLGR 2001, 163; OLGR
2001, 360; JurBüro 1997, 531).
5 Der Hauptsachewert ist vorliegend aber mit 18.000 DM anzunehmen. Maßgeblicher Ausgangspunkt für dessen Bewertung ist das objektive
Interesse des Antragstellers an der beantragten Beweisaufnahme (OLG Karlsruhe, OLGR 2001, 360). Dieses objektive Interesse muss sich nicht in
jedem Fall mit dem Wert decken, den der nicht sachverständige Antragsteller bei Verfahrenseinleitung selbst im Wege der Schätzung angegeben
hat. Zwar wird dieser Wert, da er Teil der Beweisbehauptung ist, regelmäßig die Untergrenze des Beweisinteresses und damit des Streitwertes
darstellen (OLG Karlsruhe, OLGR 2001, 360; OLG Karlsruhe, JurBüro 1997, 531; a. A. Schneider, MDR 1998, 255). In Fällen dagegen, in denen
sich die sachliche Beweisbehauptung des Antragstellers bestätigt, seine erkennbar vorläufige Kostenschätzung sich aber nach den
Feststellungen des Gutachters als zu niedrig erweist, entspricht das objektive Interesse des Antragstellers an der Durchführung der
Beweisaufnahme von Anfang an dem vom Gutachter festgestellten höheren Wert (vgl. Zöller/Herget, 22. Aufl., § 3 Rdn. 13 "selbständiges
Beweisverfahren").
6 Danach ist vorliegend der Streitwert auf 18.000,00 DM festzusetzen. Dieser Betrag entspricht den vom Sachverständigen festgestellten
Mängelbeseitigungskosten und damit dem von Anfang an bestehenden objektiven Interesse der Antragstellerin an der Beweisaufnahme; dass sie
selbst mangels Sachkunde ihr Interesse zunächst geringer bewertet hat, schadet nicht.
7 Dieser Beschluss ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 25 Abs. 4 GKG).