Urteil des LG Kaiserslautern vom 08.06.2004

LG Kaiserslautern: wechsel, informationspflicht, verschulden, nebenpflicht, kündigung, depotvertrag, vertragsverletzung, auflage, anfang, vollstreckbarkeit

Wirtschaftsrecht
LG
Kaiserslautern
08.06.2004
1 S 251/03
In dem Rechtsstreit
- Beklagte und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte:
gegen
- Klägerin und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigter:
wegen Schadensersatzes
hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern durch den Präsidenten des Landgerichts Kestel,
die Richterin am Landgericht Heid und die Richterin Dr. Baum auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Mai 2004
für Recht erkannt:
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des
Amtsgerichts Kaiserslautern vom 28. November 2003
(3 C 985/03) wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens
zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt
2.114,97 Euro.
Gründe:
I.
Von einer Darstellung der "tatsächlichen Feststellungen" wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a ZPO abgesehen
(vgl. hierzu auch Zöller, ZPO, 23. Auflage, § 540 Rd-Nr. 7).
II.
Das zulässige Rechtsmittel ist in der Sache nicht begründet. Zu Recht hat das Amtsgericht der Klage
stattgegeben.
Mit überzeugender Begründung hat das Erstgericht ausgeführt, dass die Beklagte durch die
Nichtmitteilung des Betreuerwechsels eine Informationsnebenpflicht aus dem mit der Klägerin
geschlossen Wertpapierdepotvertrag verletzt hat. Dieses pflichtwidrige Unterlassen der Mitteilung des
Betreuerwechsels ist condicio sine qua non für die Entstehung des Schadens, da - wie aus dem Verhalten
der Klägerin im Jahre 2001 mit Sicherheit geschlossen werden kann - diese sofort bei Kenntniserlangung
des Betreuerwechsels gekündigt und ihre Wertpapiere verkauft hätte. Damit hätte sie der Kursverlust in
dem Zeitraum zwischen Betreuerwechsel am 04.06.2002 und Kenntniserlangung am 18.07.2002 nicht
getroffen. Der Eintritt dieses Schadens war auch adäquat kausal, da der Geschehensablauf nicht
außerhalb aller Wahrscheinlichkeit lag. Denn auch bei einer ex-ante Betrachtung musste die Beklagte
vernünftiger Weise einen Kursverlust und einen Verkauf der Klägerin in Betracht ziehen.
Die Zurechnung des Schadens scheitert auch nicht an der Behauptung der Beklagten, der Schaden sei
auf eine wirtschaftlich unvernünftige Entscheidung der Klägerin zurückzuführen. Zum einen hat die
insoweit darlegungspflichtige Beklagte sich nur pauschal auf die weitere Kursentwicklung gestützt, ohne
konkret darzutun, dass die Wertpapiere der Klägerin nach dem Verkauf tatsächlich an Wert zugenommen
hätten. Zum anderen kann die Beklagte nicht darauf vertrauen, dass die Klägerin - nach bereits 1/10
Wertverlust ihrer Aktien in einem Monat - als Laie wissen musste, dass sie die Wertpapiere weiter
behalten sollte. Unstreitig besaß die Klägerin keine konkreten Anhaltspunkte, dass die Kurse in
absehbarer Zeit wieder steigen würden.
Der Anspruch der Klägerin scheitert auch nicht an dem Schutzzweck der sich aus dem Vertrag
ergebenden Informationspflicht. Eine Schadensersatzpflicht besteht nur, wenn der geltend gemachte
Schaden nach Art und Entstehungsweise unter den Schutzzweck der Norm (hier: der vertraglichen Pflicht)
fällt. Es muss sich also um Nachteile handeln, die aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren
Abwendung die verletzte vertragliche Pflicht übernommen worden ist (BGHZ 27, 140; 35, 315; 57, 256;
NJW 1999, 3203; ständige Rechtssprechung des BGH und herrschende Meinung, siehe Pal-
andt/Heinrichs, 62. Auflage, Vorbemerkung vor § 249 Rd-Nr. 62 - 64 mit weiteren Nachweisen). Hieraus
folgt, dass der entstandene Nachteil zu der vom Schädiger geschaffenen Gefahrenlage in einem inneren
Zusammenhang stehen muss; eine bloß zufällige äußere Verbindung genügt nicht (BGH NJW 1986,
1332).
Die Informationspflicht der Beklagten bzgl. des Betreuerwechsels diente dem Schutzzweck, der Klägerin
die Kontrolle darüber zu verschaffen, wer ihr Vermögen betreut, um auf einen Betreuerwechsel
entsprechend reagieren zu können. Dahinter steht, dass die Klägerin aufgrund des zu dem Zeugen T.
bestehenden Vertrauensverhältnisses davon ausging, dass der von ihr exklusiv ausgewählte Betreuer am
besten für die Verwaltung ihres Vermögens geeignet war. Mit dem Ausspruch der Kündigung im Jahre
2001 hatte die Klägerin ihre Reaktion auf einen Betreuerwechsel gegenüber der Beklagten deutlich
gemacht. Insofern war dieser bekannt, dass die Informationspflicht es der Klägerin ermöglichen sollte, bei
Auswechslung des Betreuers das Vertragsverhältnis sofort zu kündigen. Die sich hieraus ergebende
Informationspflicht der Beklagten diente von ihrer Entstehungsweise her dem Schutzzweck, einen Scha-
den zu verhindern, den die Klägerin dadurch erleidet, dass der von ihr ausgewählte Betreuer ohne ihr
Wissen ausgetauscht wird und sie dadurch nicht entsprechend - wie bereits 2001 geschehen - durch
Kündigung reagieren kann. Zwar ist der Schaden der Klägerin unmittelbar durch zufällige
Kursschwankungen an der Börse eingetreten; dieses Risiko fällt aber in den Verantwortungsbereich der
Beklagten, die die Klägerin pflichtwidrig nicht informiert hat, wodurch sich eine Gefahr realisiert hat, die
aus dem Bereich der Risiken stammt, zu deren Abwendung die verletzte vertragliche Pflicht übernommen
worden war. Damit fällt der eingetretene Schaden nach Art und Entstehungsweise unter den Schutzzweck
der vertraglichen Pflicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit liegt eine analoge Anwendung der §§ 708 Nr. 10,
713 ZPO zugrunde (vgl. hierzu auch LG Landau NJW 2002, 973).
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des
§ 543 Abs. 2 ZPO neue Fassung nicht erfüllt sind.
gez. Kestel gez. Heid gez. Dr. Baum
Präsident Richterin Richterin
des Landgerichts am Landgericht
Ausgefertigt:
Hüther, Justizobersekretärin als
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
(vgl. nachstehendes Urteil des AG Kaiserslautern)
In dem Rechtsstreit
-
Klägerin
Prozessbevollmächtigter:
gegen
-
Beklagte
Prozessbevollmächtigte:
hat das Amtsgericht Kaiserslautern
auf die mündliche Verhandlung vom 10.11.2003
durch den Richter
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.114,97 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten
über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 22.05.2003 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
- 2 -
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleisting in Höhe von 120 %
des Vollsteckungsbetrages vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen die
Sicherheitsleistung durch schriftliche, selbstschuldnerische, unbefristete und unwiderrufliche Bürgschaft
von als Zoll- und Steuerbürgen auf dem Gebiet der europäischen Union zugelassenen Kreditinstituten zu
erbringen.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen behaupteter Verletzung von Pflichten der
Beklagten aus einem Wertpapierdepotvertrag in Anspruch.
Die Klägerin unterhielt bei der Beklagten ein Wertpapierdepot mit der Depot-Nr. 04830003572803 (sog.
"Kombi-Anlage"). Dieses Depot wurde zunächst von dem Zeugen T., welcher damals Mitarbeiter der
Beklagten war, betreut. Inwieweit die Klägerin ausdrücklich diese Betreuung speziell durch Herrn T.
wünschte, ist zwischen den Parteien ebenso im Streit wie die Frage, ob ihr dies verbindlich von Seiten der
Beklagten zugesagt wurde. Das Vertragsverhältnis betreffend das Wertpapierdepot bestand mit der
Beklagten selbst.
Am 04.06.2002 kam es im Rahmen von Umstrukturierungsmaßnahmen bei der Beklagten -ein ähnlicher
Vorgang war bereits im Dezember 2001 erfolgt- zu einem Wechsel des Sachbearbeiters bzw. Betreuers
betreffend des Wertpapierdepot der Klägerin. Dieser Wechsel wurde der Klägerin unstreitig nicht
mitgeteilt. Mit Schreiben vom 16.07.2002 kündigte die Klägerin das "fondgebundene Vermögen" per
Einschreiben, welches am 18.07.2002 bei der Beklagten einging. In dem Kündigungsschreiben, bezüglich
dessen Einzelheiten auf die Fotokopie Bl. 6 d.A. verwiesen wird, führte die Klägerin aus, dass sie "mit
sofortiger Wirkung die fondgebundenen Vermögen" kündige.
Unstreitig reduzierte sich der Wert des Wertpapierdepots der Klägerin zwischen dem 15.06.2002 und dem
18.07.2002 von 27.210,77 EUR auf 25.095,80 EUR, mithin also um einen Betrag.von 2.114,97 EUR.
3 -
Die Klägerin trägt vor,
die Beklagte sei verpflichtet, ihr diesen Differenzbetrag aus Schadensersatzgesichtspunkten zu ersetzen,
da sie schuldhaft gegen ihre Pflichten aus dem Depotvertrag verstoßen habe.
Zwischen ihr und der Beklagten sei vereinbart gewesen, dies jedenfalls konkludent, dass ausschließlich
der Zeuge Thubauville ihr Aktiendepot betreuen dürfe, worauf sie, die Klägerin, bereits bei den
Erstgesprächen ausdrücklich hingewiesen habe. Insoweit habe sie lediglich zu Herrn T. besonderes
Vertrauen gehabt, da ihr dieser empfohlen worden sei. Dies habe sie auch ausdrücklich so zum Ausdruck
gebracht. Auch von Beklagtenseite sei dies zugesagt worden.
Insoweit sei es bereits im Dezember 2001 zu einem ihr auch mitgeteilten Betreuerwechesel gekommen.
Diesem habe sie ausdrücklich unter Hinweis darauf, dass sie ausschließlich von Herrn T. betreut werden
wolle, widersprochen, daraufhin sei -unstreitig- von dem damaligen Niederlassungsleiter für das Privat-
und Geschäftskundengeschäft, dem Zeugen C., ihr ausdrücklich mitgeteilt worden, dass Herr T. das Depot
wieder betreue, was dann auch geschehen sei. Insoweit sei Vertragsbestandteil gewesen, dass ihr
Wertpapierdepot ausschließlich von dem Zeugen T.betreut werde. Gegen diese Verpflichtung habe die
Beklagte schuldhaft verstoßen, in dem sie den Betreuer ausgewechselt habe, ohne dies der Klägerin
(insoweit unstreitig) mitzuteilen. Hätte sie dies rechtzeitig mitgeteilt bekommen, hätte sie das Depot bereits
im Juni 2002 gekündigt, sodass die Wertdifferenz zwischen dem 15.06. und dem 18.07.2003 nicht
entstanden wäre. Insoweit sei die Beklagte daher zu Schadensersatzleistung verpflichtet.
Im übrigen habe die Beklagte auch die am 18.07.2003 erhaltene Kündigung ebenfalls nicht umgehend,
sondern erst zum 24.07.2002 ausgeführt, wodurch ein weiterer Schaden entstanden sei, welchen sie
hilfsweise geltend mache.
Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.114,97 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit
Rechtshängigkeit (22.5.2003) zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie bringt vor,
es treffe nicht zu, dass der Klägerin zugesagt worden sei, dass ihr Wertpapierdepot lediglich von dem
Zeugen T. bearbeitet werde. Insoweit komme der Vertrag mit der Beklagten selbst zustande, ein Anspruch
auf einen bestimmten Sachbearbeiter bestehe nicht. Ein solcher sei der Klägerin auch nicht zugesagt
worden. Eine solche Zusage sei den Zeugen T. und C. auch verbindlich gar nicht möglich gewesen und
widerspreche der Art des abgeschlossenen Vertrages, wonach die Zuteilung bestimmter Sachbearbeiter
generell Sache der Beklagten sei.
Insoweit habe auch kein Anspruch der Klägerin darauf bestanden, dass ihr der Bearbeiterwechsel
mitgeteilt werde. Letztlich habe der neue Sachbearbeiter auch auf Grund der geübten Praxis bei der
Beklagten davon ausgehen dürfen, dass der Zeuge T. vor seinem Ausscheiden bzw. vor dem Wechsel der
Sachbearbeitung diese der Klägerin noch mitgeteilt hätte.
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die von den Parteien zur Verfahrensakte gereichten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug zugenommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben, durch Vernehmung der Zeugen Wolf-gangT.und Manfred C.. Hinsichtlich
des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 10.11.2003 (Bl. 98 ff d.A.)
Bezug genommen.
- 5 -
Entscheidungsgründe
I. ■
Die zulässige Klage ist begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf
Schadensersatz wegen schuldhafter Verletzung vertraglicher Nebenpflichten des abgeschlossenen
Wertpapierdepotvertrages (§§ 675, 611 ff BGB, vgl. Palandt/Sprau, BGB, 61. Auflage, § 675 Rdnr. 10 mN)
in Höhe von 2.114,97 EUR nebst den ausgeurteilten Zinsen aus positiver Vertragsverletzung (nunmehr §§
280 Abs. 1, 241 BGB nF) zu. Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme bestand
vorliegend eine Informations-(Neben-) Pflicht der Beklagten, die Klägerin auf den ohne Kenntnis der
Klägerin erfolgten Betreuerwechsel hinsichtlich ihres Wertpapierdepots hinzuweisen. Da die Beklagte
dem unstreitig nicht nachgekommen ist, hat sie den der Klägerin hieraus entstandenen Schaden zu
ersetzen, der der Höhe nach nicht im Streit ist.
Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass
der im Jahre 2000 abgeschlossene Wertpapierdepotvertrag, der fraglos zwischen der Klägerin und der
Beklagten und nicht zwischen der Klägerin und dem nichtselbständigen Zeugen T. abgeschlossen wurde,
in der Weise zustande kam, dass die Klägerin von ihren Steuerberater ausdrücklich an den Zeugen T.
empfohlen wurde. Dies hat der Zeuge bei seiner Vernehmung (Bl. 99 d.A.) so angegeben. Dies stimmt mit
dem Vorbringen der Klägerin überein. Nach Angaben des Zeugen T. hat er (Bl. 101 d.A.) der Klägerin
auch bereits beim Erstgespräch zugesagt, dass er ihr Sachbearbeiter bleiben würde, solange sie dies
wünsche. Nach Angaben des Zeugen T. (aaO) war die Tatsache, dass er, der ihr empfohlen worden war,
der Sachbearbeiter des Wertpapierdepots bleibt, Bedingung dafür, dass überhaupt eine
Geschäftsverbindung zur Beklagten zustande kam (Bl. 101 d.A.). Dass dies zutrifft, wird auch aus dem vom
Zeugen C. geschilderten Vorgang von Anfang Dezember 2001 deutlich, indem erstmals der
Sachbearbeiter des Depots der Klägerin ausgetauscht wurde und diese sich nach Angaben des Zeugen
schriftlich an ihn wandte, wobei sie erklärte, dass
- 6 -
sie unbedingt bei Herrn T. verbleiben wolle und dies der Zeuge C. auch zugesagt habe (Bl. 101/102 d.A.).
Nach Vorgesagtem steht auch zur Überzeugung des Gerichts fest, dass bereits im Dezember 2001 von
Seiten der Beklagten im Rahmen von Umstrukturierungsmaßnahmen der für die Klägerin zuständige
Sachbearbeiter, der Zeuge T., gegen einen anderen Sachbearbeiter ausgetauscht wurde, die Klägerin
dem damaligen Niederlassungsleiter für den Bereich Privat- und Geschäftskunden, Herrn C., ausdrücklich
mitteilte, dass sie dies keinesfalls wolle, und daraufhin dieser Wechsel wieder rückgängig gemacht wurde.
Nach Vorgesagtem ist also mithin nachgewiesen, dass die Klägerin bereits bei dem Erstgespräch mit dem
damaligen Mitarbeiter der Beklagten, dem Zeugen T., deutlich machte, dass sie auf eine Empfehlung zu
ihm gekommen sei und der Umstand, dass er das Depot betreue, Voraussetzung für eine
Geschäftsverbindung sei. Ebenso ist nachgewiesen, dass die Klägerin dies auch -im Dezember 2001-
dem damaligen Niederlassungsleiter Herrn C. mitteilte und daraufhin der bereits erfolgte Wechsel
rückgängig gemacht wurde.
Es ist des weiteren unstreitig, dass ungeachtet dieser Vorgänge von Seiten der Beklagten im Juni 2002
(04.06.2002) im Rahmen interner Umstrukturierungsmaßnahmen wiederum der Sachbearbeiter der
Klägerin ausgetauscht wurde; es ist auch unstreitig, dass dieser Sachbearbeiterwechsel der Klägerin nicht
mitgeteilt wurde, wobei die Aussage des Zeugen T., wonach dies bewusst nicht der Fall war, sogar darauf
hindeutet, dass dies vorsätzlich erfolgte, was vorliegend indes auf sich beruhen kann; denn unstreitig
wurde der Klägerin dieser Bearbeiterwechsel nicht mitgeteilt. Dies legt die Beklagte sogar in ihrem
Schriftsatz vom 24.11.2003, welcher im übrigen ohne eingeräumte Nachschubfrist nach Schluss der
mündlichen Verhandlung einging, selbst ein. Denn auch darin ist mitgeteilt, dass der neue Sachbearbeiter
L. die Klägerin nicht informierte, da er davon ausging, dies sei bereits erfolgt, und dass auch von Seiten
der Beklagten selbst eine Information nicht erfolgte, da dies nach Auffassung der Beklagten Sache des
Zeugen T. gewesen wäre. Da dieser nach eigener Aussage -auswel-
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chen Gründen auch immer- die Klägerin ebenfalls nicht informiert hatte, lag somit unstreitig eine
Information nicht vor.
Damit liegt eine schuldhafte Verletzung der Aufklärungs- und Informationspflichten, welche sich für die
Beklagte aus dem abgeschlossenen Vertrag als Nebenpflichten ergeben, vor, aus welcher die Beklagte
zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe des hierdurch entstandenen Schadens aus positiver
Vertragsverletzung (Art. 229 § 5 EGBGB) verpflichtet ist.
1.
Zwar ist der Beklagten insoweit zuzustimmen, als der vorliegende Depotvertrag nicht mit einem
bestimmten Sachbearbeiter oder Betreuer (die auch gar nicht selbständig tätig sind), sondern mit der
Beklagten selbst zustande kam. Auch lässt sich den Angaben der Zeugen T. und C. eine vertraglich
bindende Zusage über einen bestimmten Sachbearbeiter bzw. Betreuer nicht entnehmen. Die Beklagte
war daher auch befugt, den Sachbearbeiter ohne Zustimmung der Klägerin auszutauschen; allein dieser
Austausch bzw. Wechsel des Sachbearbeiters ohne Zustimmung der Klägerin stellt somit keine
Verletzung vertraglicher Verpflichtungen dar, da ein Anspruch der Klägerin auf einen bestimmten
Sachbearbeiter aus dem abgeschlossenen Vertrag nicht bestand.
2.
Indes bestand vorliegend eine vertragliche Nebenpflicht der Beklagten dahingehend, die Klägerin auf den
bevorstehenden bzw. erfolgenden Wechsel des Sachbearbeiters hinzuweisen; diese Pflicht hat die
Beklagte schuldhaft verletzt.
a)
Es bestand vorliegend eine vertragliche Nebenpflicht als sogenannte Informationspflicht auf
Beklagtenseite auf den Wechsel des Betreuers rechtzeitig hinzuweisen.
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Vertragliche Nebenpflichten können generell dahingehend bestehen, den anderen Vertragspartner über
solche Umstände zu informieren, die für ihn erkennbar entscheidungserheblich sind, ihm aber verborgen
bleiben (vgl. insoweit MünchKomm BGB/Roth, 4. Aufl. Band 2 a, § 241 Rn. 114). Dies betrifft die Fälle, in
denen eine Partei über Informationen verfügt, von denen sie weiß, dass sie für die andere Partei und
deren Entschlüsse von wesentlicher Bedeutung sind und die diese andere Partei nicht kennt (vgl.
MünchKommBGB/Roth aaO, Rn. 123).
Zwar bestehen solche Informations- und Aufklärungpflichten angesichts der grundsätzlich gegenläufigen
Parteiinteressen bei Verträgen nicht generell, sie sind indes in Rechtsverhältnissen, die auf einer
besonderen Vertrauensprägung beruhen, anerkannt; dies gilt insbesondere für das Verhältnis des
Kunden zur Bank (vgl. MünchKomm BGB/Roth, aaO, Rn. 134 f).
Handelt es sich -wie vorliegend- um ein Dauerschuldverhältnis, so bestehen diese Informations- und
Aufklärungspflichten im genannten Umfang auch nach dem Vertragsschluss fortdauernd weiter (BGH NJW
1980, 44; MünchKomm BGB/Roth aaO, Rn. 160).
So lag es auch hier. Das Verhältnis Kunde - Bank ist generell von einer besonderen Vertrauensprägung
gekennzeichnet, welche für die Bank erhöhte Informations- und Beratungspflichten begründet. Dies gilt in
noch evidenterem Umfang für die Fälle der Vermögensanlage, Vermögensverwaltung und
Vermögensberatung; gerade diese sind von Seiten des Kunden in einem besonders hohen Maße von
Vertrauen geprägt, dass zwar als solches auch einem gesamten Institut entgegengebracht werden kann,
indes oft -wenn nicht sogar in der Regel- auch und gerade von dem konkreten Sachbearbeiter des
Institutes, dem der Kunde sein Vermögen zur Verwaltung anvertraut bzw. von dessen Ratschlägen er
diesbezügliche Entscheidungen abhängig macht, abhängig ist. Dies ist eine Selbstverständlichkeit, die an
sich auch keiner weiteren Darlegung bedarf. Im übrigen wurde nach dem bereits dargelegten Ergebnis
der Beweisaufnahme hier von Anfang an von Seiten der Klägerin schon beim Erstgespräch deutlich zum
Ausdruck gebracht, dass sie auf jeden Fall von dem Zeugen T. in dieser Hinsicht beraten und betreut
werden
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wollte; dies ging auch aus dem späteren Schreiben an den Zeugen C. als Niederlassungsleiter in einer
kaum noch zu übertreffenden Eindeutigkeit hervor (insoweit haben beide Zeugen übereinstimmend
ausgesagt, dass sie aus den Darlegungen der Klägerin schlössen, dass diese auf jeden Fall bei dem
Zeugen T. verbleiben wollte). Legt indes der Kunde für die Bank erkennbar ausgesprochenen Wert auf
einen bestimmten Sachbearbeiter bzw. Betreuer, da er dessen Ratschlägen besonderes Vertrauen
entgegenbringt, so ist für die Bank offensichtlich, dass das Vertragverhältnis zu diesem Kunden in
besonderen _Maße auf der Person des von diesem gewünschten Sachbearbeiters und Betreuers beruht
und von diesem Vertrauen geprägt ist; dies hindert die Bank -wie hier auch die Beklagte- zwar nicht daran,
diesem Wunsch nicht zu entsprechen oder den Bearbeiter dennoch auszutauschen, da ein Rechts-
anspruch des Kunden auf einen bestimmten Sachbearbeiter bei dem hier gewählten Vertragsmodell nicht
besteht. In diesem Fall ist indes für die Bank ersichtlich, dass ein solcher Betreuungswechsel ein Vorgang
ist, der dem Vertragspartner, mithin dem Kunden, vorerst verborgen bleibt, für ihn aber evident
entscheidungserheblich ist. Ein solcher Vorgang ist daher im Rahmen der in einem solchen
Vertrauensverhältnis stärker ausgeprägten Informations- und Beratungspflichten dem Kunden
unaufgefordert rechtzeitig mitgeteilt werden, wenn dieser Kunde -wie hier die Klägerin- darauf
erkennbaren Wert legt.
Dies war der Beklagten auch bekannt. Insoweit ist es der Beklagten verwehrt, sich darauf zu berufen, dass
von den Zeugen T. und C. diesbezüglich keine Aktenvermerke oder ähnliches gefertigt worden seien.
Darauf kommt es nicht an, da diese Vorgänge außerhalb des Beherrschungsbereiches des Kunden liegen
und von der Bank im Rahmen der sie treffenden Organisationspflichten klar zu regeln sind. Im übrigen
muss sich die Bank die diesbezügliche Kenntnis des Bearbeiters (des Zeugen T.) sowie des damaligen
Niederlassungsleiters (des Zeugen C.) zurechnen lassen. Sie kann sich insoweit, wenn sich der Kunde
nicht nur an den Betreuer, sondern wie hier schon an den Niederlassungsleiter gewandt hat, nicht mit
Erfolg darauf berufen, die Kenntnis dieser Person sei ihr nicht zuzurechnen und Aktenvermerke seien
nicht gefertigt worden. Denn mit diesem Argument ließe sich jedes
- 10 -
Verschulden einer Bank als juristischer Person aushebeln; vielmehr muss diese sich wie dargestellt die
Kenntnis ihrer handelnden Personen zurechnen lassen.
b)
Gegen die vorstehend dargestellte Nebenpflicht wurde schuldhaft verstoßen. Mitgeteilt wurde der Klägerin
der Wechsel des Sachbearbeiters zum 04.06.2002 unstreitig nicht. Dies wurde bereits dargelegt; es kann
dahin gestellt bleiben, ob die Aussage des Zeugen T., wonach es sogar eine Anweisung gab, dies den
Kunden nicht mitzuteilen, zutrifft. Darauf kommt es nicht entscheidend an. Es genügt vielmehr zunächst,
dass dieser Wechsel unstreitig nicht mitgeteilt wurde; insoweit behauptet die Beklagte eine derartige
Mitteilung -wie oben stehend dargestellt- selbst nicht. Auch der Zeuge T. hat angegeben, dass er jeden-
falls der Klägerin keine diesbezügliche Angabe machte.
Diese somit objektive gegebene Nebenpflichtverletzung war auch schuldhaft. Insoweit wird das
Verschulden ohnehin vermutet (für die positive Forderungsverletzung nach dem alten Recht ergab sich
dieses einer analogen Anwendung des § 282 BGB, nach dem neuen Recht § 280 Abs. 1 S. 2 BGB), ohne
dass die Klägerin diesbezügliche Wesentliches vorgebracht hätte. Das Vorbringen im Schriftsatz vom
24.11,2003 ergibt insoweit nicht anderes. Nach den Darlegungen des Zeugen T. lag -was angesichts des
damit verbundenen Vorsatzes der Nichtinformation einer weiteren Darlegung bedarf- ein Verschulden
ohne weiteres vor. Auch aus dem genannten Schriftsatz folgt nichts anderes, da nach diesem Schriftsatz
der neue Sachbearbeiter, Herr L., die Klägerin jedenfalls nicht informierte. Der Zeuge T. hat ebenfalls
angegeben, die Klägerin nicht informiert zu haben. Somit kann diese unterlassene Information nur auf
einem Verschulden entweder von Herrn L. oder des Zeugen T. beruhen. Beide Verschuldensformen muss
sich die Beklagte indes im Rahmen des bestehenden Vertragsverhältnisses gem. § 278 BGB ohne
Entlastungsmöglichkeit zurechnen lassen.
3.
- 11 -
a.)
Hierdurch ist kausal der eingeklagte Schaden entstanden. Aus der Verletzung von Nebenpflichten ergibt
sich ein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung nach allgemeiner Auffassung (vgl.
MünchKomm BGB/Roth aaO, Rn. 167; nunmehr § 280 Abs. 1 BGB) .
b)
Die eingeklagte Wertdifferenz zwischen dem Depotwert am 15.06. und am 18.07.2003 ist auch kausal
durch das Unterlassen der Sachbearbeiterwechselmitteilung an die Klägerin entstanden. Wäre nämlich
der Klägerin am 04.06.2003 -nach Darlegung der Beklagten der Zeitpunkt der Umstrukturierung- der
Wechsel mitgeteilt worden (genaugenommen bestand schon eine Pflicht, dies rechtzeitig vorher
mitzuteilen) so hätte diese den Depotvertrag umgehend gekündigt. Dass dies der Fall gewesen wäre, wird
aus ihrer am 18.07.2003 unmittelbar nach Kenntniserlangung des Bearbeiterwechsels tatsächlich auch
vorgenommenen Kündigung deutlich. Es liegt daher auf der Hand, dass die Klägerin -was ihrer Darlegung
entspricht-bei früherer Kenntnis den Vertrag ebenfalls umgehend gekündigt hätte. Damit wäre es indes zu
der Wertminderung im Bereich 15.06. bis 18.07.2003 nicht mehr gekommen, sodass die Wertdifferenz, die
zwischen den Parteien nicht im Streit ist, kausal durch das Unterlassen dieses geschuldeten Hinweises
verursacht wurde. Damit kann dahin gestellt bleiben, ob auch der nach dem 18.07.2003 entstandene
weitere Schaden schuldhaft durch die Beklagte verursacht wurde, da dieser von der Klägerin lediglich
hilfsweise geltend gemacht wurde und es hierauf nach dem Erfolg des in der Hauptsache geltend
gemachten Schadens nicht mehr ankommt.
Damit kann auch dahin gestellt bleiben, ob die Beklagte ein Verschulden hinsichtlich dieser
Wertminderung als solcher trifft, da dies nicht Gegenstand der Nebenpflichtverletzung ist. Diese liegt
vielmehr darin, dass der Klägerin -wie dargestellt- schuldhaft Informationen, die für die Klägerin erkennbar
evident wichtig waren, nicht mitgeteilt wurden. Ob der Wunsch der Klägerin, lediglich von dem Zeugen T.
betreut zu werden, sachliche oder eher emotionale Gründe hat, kann in diesem Zusammenhang dahin-
- 12 -
stehen, da dies an der genannten Verpflichtung der Bank nichts ändert.
Die Verzinsungspflicht folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB ab Zustellung der Klageschrift.
II.
Die KostenentScheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit
aus §§ 709 S. 1, 108 Abs. 1 ZPO.
() Richter