Urteil des LG Kaiserslautern vom 16.02.2005
LG Kaiserslautern: körperverletzung, wohnung, persönlichkeitsstörung, sicherungsverwahrung, abend, zustand, gewehr, haftentlassung, eltern, polizei
Bürgerliches Recht
LG
Kaiserslautern
16.02.2005
6035 Js 19586/04 4 KLs
Zur Abgrenzung der Anwendungsbereiche von § 64 StGB und § 66 StGB
Aktenzeichen:
6035 Js 19586/04.4 KLs
verkündet am
16. Februar 2005
Das Urteil ist zur Geschäftsstelle
gelangt am
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle
Landgericht Kaiserslautern
Im Namen des Volkes
U r t e i l
In dem Strafverfahren gegen
- in dieser Sache seit 1. September 2004 in Untersuchungshaft in der Jugendstrafanstalt Rohrbach,
vorläufig festgenommen am 1. September 2004 auf Grund Haftbefehls des Amtsgerichts Kaiserslautern
vom 31. August 2004 – 2a Gs 1652/04 -
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
hat die 4. Strafkammer – Große Strafkammer – des Landgerichts Kaiserslautern in der öffentlichen Sitzung
vom 16. Februar 2005 der am 18. Januar 2005 begonnenen Hauptverhandlung, an der teilgenommen
haben:
1. …
für Recht erkannt:
1. Der Angeklagte wird wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen und wegen vorsätzlicher
Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.
2. Die Sicherungsverwahrung wird angeordnet.
3. Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Nebenkläger zu
tragen.
Angewandte Vorschriften:
§§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2, 240 Abs. 1, Abs. 2, 52, 53, 66 Abs. 2, Abs. 3 S. 2 StGB.
Gründe:
I. Persönliche Verhältnisse
Der Angeklagte ist das einzige Kind seiner Eltern Heinz-Joachim und Angelika L.. Sein Vater ist von Beruf
Zahntechniker. Seine Mutter ist gelernte Friseurin, übt den Beruf aber heute nicht mehr aus. Der
Angeklagte ist im elterlichen Haushalt in relativ geordneten Verhältnissen aufgewachsen. Er hatte ein
gutes Verhältnis zu seiner Mutter, nicht hingegen zu seinem Vater, der in alkoholisiertem Zustand dazu
neigte, den Angeklagten körperlich zu züchtigen.
Nach dem Besuch des Kindergartens wurde der Angeklagte 1983 in die Grundschule aufgenommen, die
er von der 1. bis zur 4. Klasse durchlief, ohne eine Klasse wiederholen zu müssen. Die Familie unternahm
nichts miteinander, was dazu beitrug, dass der Angeklagte sich zu Hause nicht wohl fühlte und gerne die
Schule besuchte. Anschließend kam er zur Hauptschule K.. Bereits zu diesem Zeitpunkt kam der
Angeklagte durch einen Schulkollegen, dessen Eltern einen Getränkehandel führten, mit Alkohol in
Berührung. Die Eltern des Angeklagten ließen ihren Sohn gewähren, zumal er sehr gereizt reagierte,
wenn man ihn nicht in Ruhe ließ. In den zwischenmenschlichen Beziehungen des Angeklagten gewann
Alkohol nunmehr eine immer größere Rolle. 1989 konsumierte der Angeklagte schon täglich Alkohol in
wachsenden Mengen und rauchte unregelmäßig - durchschnittlich etwa ein bis zweimal pro Woche -
Cannabis. Amphetamin nahm er, wenn jemand die Droge dabei hatte und demzufolge zur Verfügung
stellen konnte. Dieser Lebenswandel hatte zur Folge, dass sich seine schulischen Leistungen, die vorher
mittelmäßig waren, nunmehr verschlechterten. Er musste die 7. Klasse wiederholen und ging 1992 nach
der 8. Klasse von der Hauptschule ohne Abschluss ab.
Nach dem Besuch des Kindergartens wurde der Angeklagte 1983 in die Grundschule aufgenommen, die
er von der 1. bis zur 4. Klasse durchlief, ohne eine Klasse wiederholen zu müssen. Die Familie unternahm
nichts miteinander, was dazu beitrug, dass der Angeklagte sich zu Hause nicht wohl fühlte und gerne die
Schule besuchte. Anschließend kam er zur Hauptschule K.. Bereits zu diesem Zeitpunkt kam der
Angeklagte durch einen Schulkollegen, dessen Eltern einen Getränkehandel führten, mit Alkohol in
Berührung. Die Eltern des Angeklagten ließen ihren Sohn gewähren, zumal er sehr gereizt reagierte,
wenn man ihn nicht in Ruhe ließ. In den zwischenmenschlichen Beziehungen des Angeklagten gewann
Alkohol nunmehr eine immer größere Rolle. 1989 konsumierte der Angeklagte schon täglich Alkohol in
wachsenden Mengen und rauchte unregelmäßig - durchschnittlich etwa ein bis zweimal pro Woche -
Cannabis. Amphetamin nahm er, wenn jemand die Droge dabei hatte und demzufolge zur Verfügung
stellen konnte. Dieser Lebenswandel hatte zur Folge, dass sich seine schulischen Leistungen, die vorher
mittelmäßig waren, nunmehr verschlechterten. Er musste die 7. Klasse wiederholen und ging 1992 nach
der 8. Klasse von der Hauptschule ohne Abschluss ab.
Im Herbst 1992 begann der Angeklagte eine Lehre als Maler und Lackierer bei der Firma Kl. in R.r. Nach
etwa einem Jahr stellten sich dort Probleme ein, was den Angeklagten dazu veranlasste, seine Lehre bei
dem Malerbetrieb Sch.in T. fortzusetzen. Begleitend zur Lehre besuchte der Angeklagte die Berufsschule.
Während der Lehrzeit begann der Angeklagte auch regelmäßig Schnaps zu trinken, was er später wieder
unterließ; denn er hatte festgestellt, dass ihn Schnaps besonders aggressiv werden ließ.
1993 trat der Angeklagte zum ersten Mal strafrechtlich in Erscheinung. In einem wegen Verdachts des
Diebstahls gegen ihn eingeleiteten Ermittlungsverfahren sah die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom
25. Juni 1993 von der Strafverfolgung gemäß § 45 Abs. 2 JGG ab.
Im selben Monat beging der Angeklagte zusammen mit zwei Komplizen eine weitere Straftat:
Von der Einfahrt eines Hausanwesens her, in dem Ausländer untergebracht waren, warfen der
Angeklagte und die beiden Mittäter Steine in die Fenster des Anwesens. Dabei ging eine Fensterscheibe
zu Bruch. Die Täter bezweckten mit ihrem Handeln, die Hausbewohner zu erschrecken. Verletzt wurde
niemand.
Der Angeklagte wurde aufgrund der Feststellung des vorstehenden Sachverhalts erst am 26. Mai 1995
durch Urteil des Amtsgerichts K. (Az. 6021 Js 11959/94) wegen gemeinschaftlicher Sachbeschädigung mit
einer Zahlungsauflage in Höhe von 350,- DM belegt.
Das Urteil ist seit dem 3. Juni 1995 rechtskräftig.
Inzwischen hatte der Angeklagte erneut eine Straftat begangen:
Am frühen Morgen des 27. Dezember 1994 schlug der alkoholisierte Angeklagte einem
Diskothekenbesucher in der Toilette mit der Faust ins Gesicht, so dass dieser sein Gleichgewicht verlor
und zu Boden stürzte. Am Boden liegend trat der Angeklagte dem Verletzten mit seinen Springerstiefeln
ins Gesicht, so dass dieser sein Bewusstsein verlor. Er wurde mit erheblichen Verletzungen in die
Uniklinik Homburg eingeliefert und war für mehrere Wochen krank geschrieben. Bei dem Angeklagten war
zur Tatzeit von einer Blutalkoholkonzentration von 1,43 bis 1,45 %o auszugehen.
Im Januar 1995 wurde der Angeklagte wegen wiederholten Erscheinens in betrunkenem Zustand von der
Berufsschule verwiesen. Er brach seine Lehre ab und arbeitete von März bis April 1995 bei der Firma
Industriemontage J.in R.. Von Juni bis Juli 1995 war der Angeklagte bei der Brauerei E. in K. beschäftigt.
Am 18. Juni 1995 drang der stark alkoholisierte Angeklagte in die Wohnung eines Asylbewerbers ein und
fügte dem noch schlafenden Asylbewerber mit einem Messer eine 12 cm lange und 3 mm tiefe Wunde an
der Außenseite des linken Oberarms zu. Als der Verletzte hierbei aufwachte und um Hilfe rief, eilte ein
anderer im Haus wohnender Asylbewerber herbei. Diesem versetzte der Angeklagte ein 9 cm lange
oberflächliche, aus mehreren Schnitten bestehende, Schnittwunde auf dem Rücken. Die dem
Angeklagten 10 Stunden und 20 Minuten nach der Tat entnommene Blutprobe wies eine
Blutalkoholkonzentration von 0,11 %o auf.
Wegen der vorstehend beschriebenen Taten vom 27. Dezember 1994 und vom 18. Juni 1995 wurde der
Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen, davon in einem Fall (Tat vom 18. Juni
1995) im Zustand verminderter Schuldfähigkeit handelnd, unter Einbeziehung der Zahlungsauflage aus
dem Urteil vom 26. Mai 1995, durch Urteil des Amtsgerichtes K. vom 4. September 1995 (6021 Js
7261/95) zu einer Jugendstrafe von einem Jahr verurteilt.
Das Urteil ist seit dem 18. Oktober 1995 rechtskräftig.
Bis zum Antritt der vorgenannten Jugendstrafe Anfang November 1995 bestritt der Angeklagte seinen
Lebensunterhalt von Arbeitslosen- und Sozialhilfe sowie Gelegenheitsjobs. Er traf sich mit Kumpels und
Freunden an öffentlichen Plätzen oder zu Hause, um dort mit diesen zu trinken und sich auf diese Weise
die Langeweile zu vertreiben. Im Park in K. setzte er sich auch zu Obdachlosen. Dort trank man in der
Regel in großen Mengen Bier. Täglich konsumierte der Angeklagte mit Freunden und Kumpels auch
Sangria. Den Betäubungsmittelkonsum intensivierte der Angeklagte allerdings nicht.
Wegen der Verurteilung vom 4. September 1995 befand sich der Angeklagte in der Zeit vom 2. November
1995 bis zum 28. Juni 1996 in der Jugendstrafanstalt Schifferstadt in Haft. Nach seiner Inhaftierung hatte
er leichte Entzugserscheinungen in Form von Zittern und Schweißausbrüchen; Medikamente zur
Milderung der Entzugserscheinungen erhielt er nicht. Die Vollstreckung des Restes der Jugendstrafe
wurde bis zum 25. Juni 1998 zur Bewährung ausgesetzt. Mit Wirkung vom 30. Juni 1998 wurde die Strafe
erlassen.
In den Jahren 1996/1997 leistete der Angeklagte seinen Wehrdienst. Danach setzte er sein Leben, wie er
es vor seiner Inhaftierung geführt hatte, fort. Auch wurde er wieder - noch während der laufenden
Bewährungszeit - straffällig:
Am Nachmittag des 17. April 1997 erwarb er zusammen mit einem nicht vorbestraften Jugendlichen 12 g
Marihuana zu einem Preis von
100,- DM, ohne dass einer der beiden eine Erlaubnis zum Erwerb von Betäubungsmitteln besaß.
Aufgrund der vorgenannten Feststellungen wurde der Angeklagte durch Urteil des Amtsgerichts K. vom 1.
August 1997 (6014 Js 5655/97) wegen gemeinschaftlichen Erwerbs von Betäubungsmitteln erneut mit
einer Zahlungsauflage in Höhe von 400,- DM belegt.
Das Urteil ist seit dem 9. August 1997 rechtskräftig.
Gut 9 Monate nach dieser Verurteilung und immer noch während der laufenden Bewährungszeit wurde
der Angeklagte wieder straffällig:
Am 12. Mai 1998 schlug er mit der Hand gegen die Fensterscheibe des Anwesens Gartenstraße 10 in
Rammelsbach, obwohl er sah, dass die Bewohnerin Hofrichter dahinter stand. Hierbei zerbrach die
Fensterscheibe, und die Hausbewohnerin wurde durch die herumfliegenden Scherben verletzt.
Der Angeklagte wurde aufgrund der vorstehenden Feststellungen wegen fahrlässiger Körperverletzung in
Tateinheit mit Sachbeschädigung durch das Amtsgericht K. am 14. Juli 1998 (6071 Js 7355/98) - nun
erstmals unter Anwendung von Erwachsenenstrafrecht - zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 30,-
DM verurteilt.
Dieses Urteil ist seit 1. August 1998 rechtskäftig.
Zwischen der abgeurteilten Tat und der vorgenannten Verurteilung hatte der Angeklagte noch weitere
Straftaten begangen, die auch noch in die laufende Bewährungszeit fielen:
Am 19. Mai 1998 trat der Angeklagte in der Wohnung des Anwesens Gartenstr. 10 ohne rechtfertigenden
Grund auf die Sandra Dö. ein, wodurch die Zeugin multiple Prellungen erlitt. Am 25. Mai 1998, drohte der
Angeklagte der Sandra Dö., er werde ihr und ihrem Kl.en Sohn den Hals durchschneiden.
Aufgrund der Feststellung des vorstehenden Sachverhalts wurde der Angeklagte am 17. Juli 1998 durch
das Amtsgericht K. mittels Strafbefehls (6071 Js 8191/98) wegen vorsätzlicher Körperverletzung und
wegen Bedrohung mit einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 30,00 DM belegt.
Der Strafbefehl ist seit 4. August 1998 rechtskräftig.
Durch Beschluss vom 29. Oktober 1998, der seit dem
10. November 1998 rechtskräftig ist, wurde unter Einbeziehung der Geldstrafen aus den vorgenannten
Entscheidungen vom 14. und 17. Juli 1998 nachträglich eine Gesamtgeldstrafe von 160 Tagessätzen zu
je 30,- DM gebildet.
Die vorgenannten Bestrafungen hielten den Angeklagten nicht von erneuter Straffälligkeit ab:
Auf einem Partnerschaftsfest der Stadt K. mit der französischen Stadt T. am 29. August 1998 wurde der
deutlich alkoholisierte Angeklagte von Polizeibeamten anlässlich einer von ihm nicht verursachten
Schlägerei festgenommen. Im Rahmen dieser - aus seiner Sicht ungerechtfertigten - Festnahme leistete er
erheblichen Widerstand und beschimpfte die Beamten. Im Rahmen der Festnahme wurde der Angeklagte
sehr aggressiv und schlug wild um sich, wobei er auch den einen der beiden Polizeibeamten traf.
Der Angeklagte wurde aufgrund des vorgeschilderten Sachverhalts durch das Amtsgerichts K. am 19.
Februar 1999 (6011 Js 14694/98) wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und wegen
Beleidigung zu einer erneuten Gesamtgeldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 20,- DM verurteilt.
Das Urteil ist seit dem 3. Juni 1999 rechtskräftig.
Wegen eines bereits am 21. August 1998 begangenen gemeinschaftlichen Diebstahls in einem
besonders schweren Fall wurde der Angeklagte durch Urteil des Amtsgerichts K. vom 21. Juni 1999 (6011
Js 2475/99) mit einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung für 3 Jahre
ausgesetzt wurde, belegt.
Das Urteil ist rechtskräftig seit dem 29. Juni 1999.
Noch vor der letztgenannten Verurteilung war der Angeklagte erneut gewalttätig geworden:
Am Abend des 23. April 1999 forderte er seinen Bekannten W. auf, ihm 250,- DM, die er ihm geliehen
haben wollte, zurück zu geben. W. weigerte sich, woraufhin der Angeklagte diesem mit einer
Faustfeuerwaffe ins Gesicht schlug, so dass dessen linke Augenbraue aufplatzte und der Geschädigte
stark blutete. Zur Tatzeit war der Angeklagte zwar alkoholisch enthemmt, aber nicht in seiner
Schuldfähigkeit beeinträchtigt.
Aufgrund der vorgenannten Feststellungen erkannte das Amtsgericht K. durch Urteil vom 29. Oktober
1999 (6011 Js 7288/99) gegen den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung auf eine
Einzelfreiheitsstrafe von 9 Monaten und unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe aus dem Urteil vom 21.
Juni 1999 auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr. Die Vollstreckung dieser Gesamtfreiheitsstrafe wurde
zur Bewährung ausgesetzt.
Das Urteil ist seit dem 6. November 1999 rechtskräftig.
Nur 2 Monate nach dieser Verurteilung wurde der Angeklagte erneut straffällig:
Am Abend des 25. Dezember 1999 begab sich der Angeklagte auf eine Musikveranstaltung in das
Dorfgemeinschaftshaus in E., nachdem er zuvor mit Freunden aus der Aussiedlerszene erheblich dem
Wodka zugesprochen hatte und sich alkoholbedingt im Zustand verminderter Schuldfähigkeit befand. Dort
begegnete er dem ihm unbekannten L.. Dieser weigerte sich, dem Angeklagten nach Aufforderung den
auf seinem Tisch stehenden Aschenbecher zu übergeben, worauf der Angeklagte entgegnete: „Gib’ mir
sofort den Aschenbecher, sonst schlitz ich dich auf.“ Hierbei hielt der Angeklagte ein Messer unter dem
Tisch, was ihm zuvor von seinem Begleiter Wi. übergeben worden war. L. nahm die Bedrohung ernst und
händigte dem Angeklagten den Aschenbecher aus. Nachdem L. kurze Zeit darauf die Kneipe zunächst
einmal verlassen hatte, machten der Angeklagte und sein Begleiter abschätzige Bemerkungen über ihn.
Anschließend forderte ein weiterer Gaststättenbesucher namens Krieger den Angeklagten auf, die Füße
vom Tisch zu nehmen, und stieß sie ihm schließlich, als die Aufforderung wirkungslos blieb, vom Tisch.
Der Angeklagte ging daraufhin einen Schritt auf diesen zu und packte ihn am linken Unterarm. Dabei
drückte er mit aller Gewalt so zu, dass der Zeuge Krieger am ganzen Unterarm blaue Flecken und
Kratzwunden davon trug. Mehrere Mitglieder eines Schützenclubs schalteten sich ein und drängten den
Angeklagten in den Gang zur Toilette ab. Als einige Zeit später L. zurückkehrte und sich zur Toilette
begab, folgte ihm der Angeklagte und rempelte ihn im Toilettenraum, nachdem das Licht ausgeschaltet
worden war, an. Bevor der Angeklagte weiter auf L. einwirken konnte, ging das Licht wieder an, und zwei
junge Leute betraten den Toilettenraum. Daraufhin flüchtete der Angeklagte.
Im Jahr 2000 war der Angeklagte im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme als Kulturarbeiter bei
der Kreisverwaltung K. für ein Jahr beschäftigt. Er verdiente 1.300,- DM monatlich. Für die Miete seiner
Wohnung musste er monatlich 750,- DM aufbringen. Am 5. März 2000 wurde der Sohn Jan Niklas des
Angeklagten, welcher aus der nur kurz andauernden Ehe des Angeklagten mit der Kornelia A. hervorging,
geboren. Der Angeklagte und seine damalige Ehefrau trennten sich bereits vor der Niederkunft des
Kindes. Die Ehe wurde dann im Jahr 2001 geschieden. Der Angeklagte hatte nach der Trennung keinen
Kontakt mehr zu seiner geschiedenen Frau oder zu seinem Sohn. Seinen Unterhaltsverpflichtungen kam
er bereits im Jahr 2000 nicht nach. Nach der Trennung von Kornelia A. ging der Angeklagte eine neue
Beziehung mit der Kelly F. ein, aus der am 8. Dezember 2000 die gemeinsame Tochter Chantalle
hervorging.
Auch in strafrechtlicher Hinsicht trat der Angeklagte im Jahr 2000 wieder in Erscheinung:
Am Abend des 31. Mai 2000 trafen sich der Angeklagte und sein Bekannter Habermann mit weiteren
Personen und sprachen erheblich dem Alkohol zu. Etwa gegen 1.00 Uhr am 1. Juni 2000 beschlossen der
Angeklagte und ein weiterer Zecher - beide befanden sich in deutlich angetrunkenem Zustand, der
Angeklagte alkoholbedingt im Zustand verminderter Schuldfähigkeit - in die Stadt K. zu gehen, um dort
Brillen, Schmuck und Uhren zu stehlen. Sie begaben sich, ihrem vorgefassten Tatentschluss
entsprechend, in die Stadt und warfen Pflastersteine in die Schaufensterscheibe des Geschäfts des
Optikermeisters Schneider in der Trierer Strasse 8-10. Anschließend griffen sie in die Öffnung des
Fensters, die durch den Wurf entstanden war, und entwendeten 23 Brillengestelle. Es wurden weitere
Brillengestelle durch den Steinwurf beschädigt. Es entstand ein Gesamtschaden von 6.200,- DM. Kurze
Zeit später begaben sich der Angeklagte und Habermann zu dem Schmuckgeschäft des Zeugen Koch, wo
sie mit ihren Ellenbogen die Schaufensterscheibe einschlugen und aus der Auslage Armbänder, Kolliers,
Ketten und Ringe und Uhren im Gesamtwert von 3.610,50 DM entwendeten. Die Diebesbeute
verschenkten der Angeklagte und sein Mittäter später an Mädchen.
Wegen der vorstehend geschilderten Straftaten vom 25. Dezember 1999 und vom 1. Juni 2000 wurde der
Angeklagte durch Urteil des Amtsgerichts K. vom 23. Oktober 2000 (6071 Js 2192/00.Ds) u.a. wegen
vorsätzlicher Körperverletzung (Einzelfreiheitsstrafe: 2 Monate), wegen Nötigung (Einzelfreiheitsstrafe: 2
Monate), wegen versuchter Körperverletzung (Einzelfreiheitsstrafe: 1 Monat) und wegen
gemeinschaftlichen Diebstahls in einem besonders schweren Fall in zwei Fällen (Einzelfreiheitsstrafen:
jeweils 9 Monate) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 4 Monaten verurteilt.
Das Urteil wurde am 25. April 2001 rechtskräftig.
Diese Verurteilung hielt den Angeklagten nicht davon ab, noch vor deren Rechtskraft eine weitere Straftat
zu begehen:
Am Abend des 17. April 2001 trat der Angeklagte gegen 20.00 Uhr in dem Anwesen Berliner Strasse 37 in
K. die im Keller befindliche stählerne Tür zum Kellerraum seiner Lebensgefährtin ein. Er verließ das
Anwesen mit einer Salutschusswaffe, nämlich einem Karabiner MK 48 mit BKA 89-Prüfzeichen und begab
sich zu dem Anwesen Berliner Str. 42, wobei er die Waffe ständig bei sich führte. Die bei ihm um 22.37
Uhr entnommene Blutprobe ergab einen Blutalkoholgehalt von 1,8 Promille.
Nachdem das Urteil vom 23. Oktober 2000 am 25. April 2001 in Rechtskraft erwachsen war, trat der
Angeklagte die Strafhaft am 2. Juli 2001 in der Justizvollzugsanstalt Zweibrücken an. Als er sich dort zum
Haftantritt stellte, wies er ausweislich einer um 14.50 Uhr entnommenen Blutprobe einer
Blutalkoholkonzentration von 0,52 Promille auf. Die Entzugserscheinungen empfand der Angeklagte nach
dem Haftantritt als noch weniger stark wie anlässlich der ersten Inhaftierung 1995. Medikamente zur
Milderung der Entzugserscheinungen erhielt er auch anlässlich dieser Inhaftierung nicht.
Am 13. August 2001 (6011 Js 8119/01) belegte ihn das Amtsgericht K. aufgrund der Tat vom 17. April
2001 durch Strafbefehl wegen Sachbeschädigung und wegen unerlaubten Führens einer Schusswaffe,
jeweils im Zustand der verminderten Schuldfähigkeit, mit einer Gesamtgeldstrafe von 50 Tagessätzen zu
je 20,- DM. Der Strafbefehl wurde am 4. September 2001 rechtskräftig. Mit Beschluss der
Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Zweibrücken vom 18. Oktober 2001 wurde die
Bewährungsaussetzung aus der Verurteilung vom 29. Oktober 1999 wegen der erneuten Straffälligkeit
unter Anrechnung von 7 Stunden gemeinnütziger Arbeit als 1 Tag Freiheitsstrafe widerrufen. Die
Verbüßung der Strafe aus dem Urteil vom 29. Oktober 1999 schloss sich am 22. Mai 2002 nach
Unterbrechung der Strafverbüßung aus der Verurteilung vom 23. Oktober 2000 an.
Bei den Gesprächen mit der Anstaltspsychologin äußerte der Angeklagte, seine Straftaten seien auf
seinen Alkoholkonsum zurückzuführen. Deshalb war er auch der Auffassung, er benötige keine
psychologische Betreuung. Er bekundete zwar Interesse an einer Behandlung seiner
Alkoholabhängigkeit; die Alkoholiker-Gruppe der Anstalt besuchte er allerdings nur gelegentlich.
Mit Beschluss vom 28. November 2002 versagte die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts
Zweibrücken in den beiden vorgenannten Strafvollstreckungsverfahren die Vollstreckungsaussetzung der
beiden Reststrafen zur Bewährung zum gemeinsamen Zweidrittelzeitpunkt am 1. Januar 2003 mit der
Begründung, der Angeklagte sei bereits häufig durch Gewalttaten in Erscheinung getreten und habe die
seiner letzten Verurteilung zu Grunde liegenden Taten nach einer Verurteilung begangen, bei der die
Vollstreckung der ausgesprochenen Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt worden sei. Im Dezember
2002 fiel der Angeklagte mit einer auf Cannabis positiven Urinkontrolle in der Justizvollzugsanstalt
Zweibrücken auf; in einer weiteren Urinkontrolle wurde Subutex - ein dem Angeklagten nicht verordnetes
Substitutionsmittel - nachgewiesen. Mit Beschluss vom 3. April 2003 versagte die
Strafvollstreckungskammer dem Angeklagten erneut die Vollstreckungsaussetzung der Reststrafen zur
Bewährung und verwies zur Begründung ergänzend auf den sogar im Strafvollzug fortgesetzten
unkontrollierten Umgang mit Suchtmitteln.
Daraufhin verbüßte der Angeklagte die Reststrafe aus der Verurteilung vom 29. Oktober 1999 bis 3. Mai
2003 und anschließend die Reststrafe aus der Verurteilung vom 23. Oktober 2000 bis zur Haftentlassung
am 14. Oktober 2003. Sobald er erfahren hatte, dass er seine Strafen voll wird verbüßen müssen, zeigte
sich der Angeklagte in seinen Gesprächen mit der Anstaltspsychologin an einer nach seiner
Haftentlassung anzutretenden Alkoholtherapie nicht mehr interessiert.
Kurz vor der Haftentlassung trennte sich Kelly F. von dem Angeklagten, weil sie sich einem anderen Mann
zugewandt hatte. Zu seiner Tochter pflegte der Angeklagte dennoch nach der Haftentlassung
regelmäßigen Kontakt in der Wohnung seiner Eltern.
Nach der Haftentlassung wurde der Angeklagte zunächst in ein Programm zur Arbeitsbeschaffung
aufgenommen. Nach dessen Abschluss lebte der Angeklagte von Arbeitslosenhilfe und finanziellen
Zuwendungen seiner Mutter. Er begab sich wieder in dieselben Kreise, in denen er sich vor der
Inhaftierung bewegt hatte, und fing wieder an, sich regelmäßig zu betrinken, wobei er nunmehr neben Bier
vermehrt Sangria trank. Wenn der Angeklagte etwas Wichtiges vorhatte, wie z.B. Behördengänge oder der
Besuch seiner Tochter in der Wohnung seiner Eltern, war er jedoch in der Lage, nichts zu trinken, was ihm
dann auch nicht schwer fiel. Sein Drogenkonsum beschränkte sich auf unregelmäßiges Rauchen von
Cannabis ein- bis zweimal pro Woche.
Der Angeklagte weist eine dissoziale Persönlichkeitsstörung auf.
II. Sachverhalt
1. Vorgeschichte
Zu Beginn des Jahres 2004 wandte sich der Angeklagte der Elena Sch. zu, die er bereits seit etwa 13
Jahren kennt. Frau Sch. war heroinsüchtig und sprach - wie der Angeklagte - erheblich dem Alkohol zu. Im
Juni 2004 zog der Angeklagte zu Frau Sch. in die von ihr in der
Berliner Strasse 40 im 2. Obergeschoß in K. angemietete Wohnung. Beide waren arbeitslos und
verbrachten ihre Zeit damit, sich tagsüber in der Stadt K. mit Leuten zu treffen, um zu trinken. Abends
schauten sie in der gemeinsamen Wohnung mit Freunden und Bekannten lautstark Fernsehen, hörten oft
zugleich Radio und tranken weiter bis in die späten Abendstunden. Die Nachbarn in dem dreistöckigen
Sechsparteienhaus empfanden dies als sehr stark beeinträchtigende Ruhestörung.
2. Die einzelnen Straftaten
a) Die Tat vom 28. Juni 2004
Am Abend des 28. Juni 2004 gegen 19.30 Uhr liefen die
Bundeswehrsoldaten Jan G. und Mike F. in K. von der Trierer Strasse kommend durch die Bahnhofstrasse
Richtung Rosengarten. Nachdem sie linkerhand an dem Parkplatz an der Halle der Gelegenheiten
vorbeigegangen waren, kamen ihnen der Angeklagte, dessen Lebensgefährtin und ein Bekannter des
Angeklagten namens R. entgegen. Der Angeklagte und R. hatten tagsüber gemeinsam erheblich dem
Alkohol zugesprochen. R. sprach den G. an und verlangte von diesem eine Zigarette. Der Angeklagte und
dessen Lebensgefährtin gingen währenddessen weiter in Richtung Parkplatz. Nachdem G. gesagt hatte,
er habe keine Zigarette, wurde er von R. beschimpft, woraufhin F. sich einschaltete und dem R. zu
verstehen gab, er solle sie beide in Ruhe lassen. R. rief mehrfach den Namen ‚Leo’, woraufhin der
Angeklagte zurückkehrte, auf die beiden Soldaten zulief und plötzlich mit einem erhobenen
Baseballschläger vor dem F. stand. Zu diesem Zeitpunkt war die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten
durch den zuvor genossenen Alkohol möglicherweise erheblich vermindert. Der Angeklagte holte
sogleich mit dem Baseballschläger aus und schlug in Richtung Kopf des F.. Dieser konnte dem Schlag
ausweichen. Den zweiten Schlag richtete der Angeklagte gegen den Unterkörper des Angegriffenen und
traf ihn aus einer Entfernung von etwa einem Meter am linken Knie. Die Schlagwirkung wurde dadurch
gedämpft, dass der Geschädigte eine Geldbörse in der Hosentasche trug. F. und G. wichen zurück.
Der Angeklagte ließ von F. ab und flüchtete mit R. über den oben bezeichneten Parkplatz an dem
Geschäft Jeans-Point vorbei in eine schmale Gasse in Richtung Schwebelstraße. Sie überquerten die
Schwebelstraße und liefen in den Grabenpfad. Dort begegneten sie gegen 20.00 Uhr in Begleitung
weiterer Personen dem Marco F., der mit seiner Bekannten Sara Sz. von der Abendschule kommend in
Richtung Schwebelstraße lief. F., dem der Angeklagte bekannt war, grüßte diesen. Dann liefen er und
seine Begleiterin weiter zu dem Parkplatz am Haus der Gelegenheiten, wo sie auf F. und G. trafen, die
mittlerweile die Polizei verständigt hatten. Die beiden Bundeswehrsoldaten erzählten F. und seiner
Begleiterin, was ihnen widerfahren war, und fragten, ob ihnen der Täter begegnet sei. Daraufhin
berichtete ihnen F. von seiner Begegnung mit dem Angeklagten. F. und Sara Sz. warteten zusammen mit
den beiden Soldaten das Eintreffen der Polizei ab.
Nach Aufnahme des Vorfalles durch eine Polizeistreife begaben sich die beiden Soldaten, F. und Sara Sz.
gemeinsam zum Rosengarten und standen dort mit einigen anderen jungen Leuten zusammen. Später
erschien dort auch der Angeklagte mit seiner Lebensgefährtin. Zu einem erneuten Kontakt mit F. und G.
kam es nicht.
F. verspürte einige Zeit nach dem Schlag auf das Knie starke Schmerzen beim Strecken und Beugen des
Beines. Am nächsten Tag begab er sich zum Bundeswehrarzt, der ihm zwei Tage Ruhe und Schonung
sowie eine Salbe verordnete. Nach den zwei Tagen war das Knie wieder in Ordnung.
b) Die Tat vom 25. August 2004
Am Abend des 25. August 2004 gegen 19.30 Uhr bemerkte der 75 Jahre alte Rentner Heinz Tr., der noch
als Hausverwalter tätig ist, wie aus der Wohnung des Angeklagten und der Zeugin Sch. in der Berliner Str.
40 in K. laute Musik ertönte. Der Angeklagte schaute dort mit seinen Bekannten H. und N. sowie seiner
Lebensgefährtin Sch. Video, während gleichzeitig das Radio lief. Es wurde an diesem Abend Bier und
Rotwein getrunken, nachdem der Angeklagte und H. bereits zuvor im Rosengarten Bier getrunken hatten.
In seiner Funktion als Hausverwalter rief Tr. die Handynummer der Zeugin Sch. an, woraufhin sich der
Angeklagte meldete und sogleich wieder auflegte. Tr. begab sich nunmehr persönlich zur Wohnung der
Sch.. Als er die Treppe hochging, erschien die Sch. an der Tür, und Tr. bat darum, die Musik auf
Zimmerlautstärke zu stellen. Nunmehr erschien auch der Angeklagte an der Wohnungseingangstür. Er
wies zu diesem Zeitpunkt eine Blutalkoholkonzentration von maximal 2,55 Promille auf, wodurch seine
Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert war. Mit einem Luftgewehr in der Hand befahl er dem Tr. sich
umzudrehen. Tr. wusste nicht, ob es sich bei dem Gewehr um ein Luftgewehr oder eine scharfe
Schusswaffe handelt. Der Angeklagte drückte dem Hausverwalter den Lauf in den Rücken und schob ihn
in Anwesenheit seiner Lebensgefährtin die Treppe hinunter. Unten angekommen hielt der Angeklagte den
Lauf des Gewehrs in die Luft und drückte ab. Jetzt bemerkte Tr., dass es sich bei dem Gewehr um ein
Luftgewehr handelte. Während der Angeklagte sich wieder nach oben in die Wohnung begab,
verständigte Tr. die Polizei und wartete draußen vor der Tür am Eingang. Der Angeklagte ging ebenfalls
wieder herunter und stellte sich draußen vor der Tür zu dem sich mittlerweile ebenfalls vor dem Haus
aufhaltenden N.. Als der Angeklagte den Tr. erblickte, rannte er mit den Worten „Tr., Dich bring’ ich um“ auf
ihn zu und stieß so stark mit seinem Kopf gegen dessen Stirn, dass Tr. taumelte und mit dem Rücken
gegen eine Stützmauer fiel. Daraufhin stürzte der Angeklagte sich wie besessen auf Tr. und biss, während
beide am Boden lagen, diesem ins Ohr, was besonders schmerzhaft war. Möglicherweise ging es dem
Angeklagten sowohl bei der vorausgegangenen Bedrohung mit dem Gewehr als auch bei der
Misshandlung des Geschädigten darum, diesen davon abzuhalten, erneut wegen Lärmbelästigungen bei
ihm vorstellig zu werden. Tr. war dem Angeklagten ausgeliefert und konnte sich aus eigener Kraft nicht
befreien. Erst als die Polizei kam, konnten die Beamten unter Einsatz erheblichen Kraftaufwands den
Angeklagten von Tr. herunterreißen. Tr. hatte eine stark blutende Kopfplatzwunde, eine Bisswunde am
linken Ohr sowie eine leichte Gehirnerschütterung erlitten.
Der Angeklagte leistete bei seiner Festnahme erheblichen Widerstand gegen die drei Polizeibeamten,
beschimpfte diese, trat mit seinen Füßen nach ihnen und sprang im Einsatzwagen, in den er nur
gewaltsam verbracht werden konnte, mit dem Kopf gegen die Seitenfenster. Er musste während der Fahrt
arretiert und zusätzlich noch von einem Beamten festgehalten werden. In die Dienststelle wurde er von
den Einsatzkräften hineingeschleppt, da er sich völlig hängen ließ. Nachdem der Angeklagte in die
Gewahrsamszelle verbracht worden war, stieß er selbst dort noch mehrfach mit dem Kopf gegen die Wand
und fügte sich Kratzwunden im Brust– und Bauchbereich zu. Danach wurde er auf Empfehlung des
hinzugezogenen Arztes in die Klinik nach Rockenhausen verbracht.
c) Die Tat vom 31. August 2004
Am Abend des 30. August 2004 vernahm die 64 Jahre alte Rentnerin Anna O., die in dem Haus Berliner
Straße 40 eine der beiden Wohnungen im ersten Obergeschoß gemietet hat, laute Musik und laute
Gespräche aus der Wohnung Sch.. Der Angeklagte feierte dort mit ca. zehn Leuten im Beisein seines
Bekannten P., der an diesem Abend einen Kasten Bier spendierte. Außerdem wurde Wodka getrunken.
Die Geschädigte O. ging gegen 23.00 Uhr zu Bett. Gegen 0.00 Uhr war die Störung durch laute Musik
immer noch vorhanden. Sie rief daraufhin die Polizei an, die auch vorbeikam, aber nichts ausrichten
konnte; denn ihr wurde die Wohnungstür nicht geöffnet. Frau O. kleidete sich schließlich wieder an, da sie
wegen des Lärms bei ihrer Tochter übernachten wollte. Gegen 2.00 Uhr ging das Licht in ihrer Wohnung
aus. Auch der Lärm war beendet. Frau O. begab sich mit ihrem Korb, in dem sich eine ca. 30 cm lange
Taschenlampe mit Metallgehäuse (Marke Maglite) befand, in den Hausflur. Im Treppenhaus brannte das
Licht. Sie begab sich nach unten zum Sicherungskasten, der sich etwa sieben Stufen unterhalb des
Hauseingangs auf dem Weg zum Keller befindet. Dort schaltete sie die Sicherungen wieder ein. Plötzlich
stand der Angeklagte mit einem 50 cm langen, dünnen Holzstock vor ihr. Zu diesem Zeitpunkt war die
Steuerungsfähigkeit des Angeklagten durch den zuvor genossenen Alkohol möglicherweise erheblich
vermindert. Der Angeklagte drohte Frau O. mit den Worten „Wenn Du Dich noch einmal an meinem
Schaltkasten vergreifst, kannst du was erleben“. Nachdem sie dem Angeklagten entgegnet hatte, sie habe
die Sicherung nicht ausgeschaltet, sondern eingeschaltet, flüchtete sie vor dem Angeklagten zur
Hauseingangstür. Dieser folgte ihr, was sie bemerkte. Aus Angst fiel sie vor der Tür die ersten vier Stufen
zur Straße hinunter auf ein Podest, wo der Angeklagte ihr Schläge mit dem Holzstock auf den Hinterkopf
zufügte. Die Geschädigte konnte dennoch aufstehen und flüchtete hilferufend die weiteren Treppenstufen
hinunter zum Bürgersteig. Der Angeklagte nahm die Taschenlampe aus dem Korb, verfolgte sie und
schlug nunmehr mit der Taschenlampe auf sie ein, wobei er mehrmals den Hinterkopf der Frau traf. Dabei
rief er: „Ich bring’ Dich um!“. Die Geschädigte flüchtete über die Straße zu ihrem dort abgestellten Auto.
Der Angeklagte verfolgte sie weiter und versetzte ihr, als sie schon am Auto angelangt war, weitere
Schläge auf den Kopf. Nun fiel der Geschädigten ein, dass sie in ihrer Jackentasche Pfefferspray mit sich
führte. Sie zog die Spraydose heraus und sprühte es dem Angeklagten in das Gesicht. Daraufhin ließ der
Angeklagte von ihr ab.
Die Geschädigte konnte nun, wenn auch infolge ihrer schwerwiegenden Verletzungen nur mühsam, mit
dem Auto zu ihrem Sohn fahren. Dieser verbrachte sie sofort in das Westpfalzklinikum in K..
Die Geschädigte hatte bei dem Angriff des Angeklagten 2 Platzwunden am Kopf, Schürfwunden an
Beinen und Armen sowie eine mittelschwere Gehirnerschütterung erlitten. Die Gehirnerschütterung führte
zu Schwindel, Kopfschmerzen und Erbrechen. Am 2. Tag der Krankenhausbehandlung wurde eine
Gehirnblutung festgestellt, die sich erst nach 5 Tagen im Resorptionsstadium befand. Die Geschädigte
hatte Gang- und Gleichgewichtsstörungen. Wegen einer depressiven Störung musste sie sich in
psychologische Betreuung begeben. Insgesamt verbrachte die Geschädigte 3 Wochen in stationärer
Behandlung im Westpfalzklinikum K. und 4 Wochen in einer Reha - Einrichtung in St. Wendel. Nach wie
vor hat die Geschädigte Angstzustände, Depressionen, Weinkrämpfe und Alpträume. Die allgemeinen
Bewegungsabläufe sind immer noch verlangsamt. Ein Ende dieser Folgeerscheinungen ist aus ärztlicher
Sicht derzeit nicht absehbar.
3. Das Geschehen nach den Taten
Im Rahmen der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten aufgrund des am 31. August 2004
erlassenen Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Kaiserslautern wurden am 1. September 2004
ein selbst gefertigter Totschläger, ein Survivalmesser und das Luftgewehr, das bei der zweiten Tat zum
Einsatz kam, sichergestellt.
Aufgrund Haftbefehls vom 31. August 2004 wurde der Beschuldigte am 1. September 2004 festgenommen
und befindet sich seitdem in der JVA Rohrbach in Untersuchungshaft. Entzugserscheinungen traten nach
seiner Inhaftierung nicht auf.
III. Beweiswürdigung
1. Die Tat vom 28. Juni 2004
a) Der Angeklagte bestreitet, die Tat begangen zu haben.
b) Die Feststellungen zum Tatablauf beruhen auf den Aussagen der Zeugen F. und G.. Die
übereinstimmenden Angaben der beiden Zeugen hält die Kammer für glaubhaft. Die Zeugen haben
unmittelbar danach die Polizei verständigt und den Polizeibeamten vor Ort - den dazu vernommenen
Zeugen POK T. und POK S. - wie unmittelbar davor auch schon dem Zeugen F. das Geschehene berichtet.
Dafür, dass sie sich diese Geschichte ausgedacht haben, gibt es keine Anhaltspunkte. Die Aussage des
Zeugen G. erscheint auch hinsichtlich der Einzelheiten zuverlässig, weil er selbst nicht angegriffen wurde
und seine Wahrnehmungsfähigkeit deshalb nicht durch das Bemühen, schwere Verletzungen zu
vermeiden, eingeschränkt war.
c) Die Kammer ist auch davon überzeugt, dass der Angeklagte die Tat begangen hat.
(1) Die Überzeugung der Kammer von der Täterschaft des Angeklagten beruht auf einer
zusammenfassenden Würdigung der folgenden Indizien:
(a) Der Täter war nach der Aussage des Zeugen G. an den Armen tätowiert, was auch auf den
Angeklagten zutrifft.
(b) Die Zeugen F. und G. haben den Angeklagten bei der im Rahmen der polizeilichen Vernehmung am
10. bzw. 9. September 2004 vorgelegten Lichtbilder wiedererkannt, wobei sich allerdings der Zeuge F.
nicht ganz sicher war.
Die Wahllichtbildvorlage wurde wie folgt durchgeführt:
POK Sl. fertigte drei Lichtbildvorlagen an, indem er jeweils drei Originalfotografien von insgesamt sechs
Männern einschließlich derjenigen des Angeklagten aus verschiedenen Perspektiven (frontal, seitlich und
linkes Seitenprofil) in unterschiedlicher Reihenfolge anordnete und auf DIN A4 Format fotokopierte. Die
jeweils drei Lichtbilder der sechs Personen wurden mit einer Nummer von eins bis sechs versehen.
Die auf den Fotos abgebildeten Männer sind alle etwa im gleichen Alter wie der Angeklagte und tragen
wie er selbst dunkles, kurz geschnittenes Haar. Im Gegensatz zum Angeklagten handelt es sich bei der
Frisur der anderen Personen nicht um einen Irokesenschnitt, bei dem die Haare seitlich wegrasiert
werden und das Deckhaar bedeutend länger stehen gelassen wird. Drei der dort abgebildeten Personen
sind ebenso wie der Angeklagte Schnurrbartträger. Bis auf eine Person haben alle Personen eine dunkle
Augenfarbe. Die Miene dieser Personen ist streng und der Augenausdruck ähnlich stechend wie beim
Angeklagten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Abbildungen auf Bl. 107, 109 und 111 d.A. verwiesen.
Diese drei vorgefertigten Fotokopien legte POK Sl. dem Zeugen F. Blatt für Blatt nacheinander im Rahmen
seiner Zeugenvernehmung am 10. September 2004 vor.
Auf der ersten Lichtbildvorlage ist der Angeklagte oben links auf den Fotos, die mit der Nummerierung 1
beginnen, zu sehen. Der Zeuge F. bezeichnete den Angeklagten auf dem Foto mit der Nummer 1 als
vermutlich den Täter.
Bei der zweiten Lichtbildvorlage ist der Angeklagte in der Mitte rechts auf der Bildreihe, die mit der
Bezeichnung 4 beginnt, abgebildet. Der Zeuge F. bezeichnete den Angeklagten wiederum als vermutlich
den Täter.
Auf der dritten Lichtbildvorlage sind die Fotos des Angeklagten links unten mit der Nummerierung 5
versehen. Der Zeuge F. gab wiederum an, der Angeklagte sei vermutlich der Täter.
Dem Zeugen G. wurden im Rahmen seiner Zeugenvernehmung am 9. September 2004 dieselben
Lichtbildvorlagen in anderer Reihenfolge als beim Zeugen F. nacheinander vorgelegt.
Auf der ersten Lichtbildvorlage befindet sich der Angeklagte auf den Fotos, deren erstes Foto mit der
Nummer 4 (Mitte rechts) versehen ist. Der Zeuge erkannte den Angeklagten auf dem Bild mit der Nummer
4 als Täter mit Sicherheit wieder.
Im Rahmen der Vorlage der zweiten Lichtbildfotokopie, auf der der Angeklagte auf dem Foto mit der
Nummer 1 (oben links) zu sehen ist, erkannte der Zeuge ihn mit Sicherheit auf dem Bild mit der Nummer 1
als Täter wieder.
Schließlich erkannte der Zeuge G. den Angeklagten auch auf der letzten Lichtbildvorlage, wo der
Angeklagte auf dem Foto mit der Nummerierung 5 (links unten) zu sehen ist, mit Sicherheit als Täter
wieder.
Der Indizwert der Wahllichtbildvorlage ist allerdings durch verschiedene Gesichtpunkte gemindert:
Die Zeugen sind dem Angeklagten, wie sie selbst angegeben haben, am Abend des Tattages ein weiteres
Mal im Rosenpark begegnet. Insoweit besteht die Gefahr einer Verwechselung, da sich bei diesen
möglicherweise der Eindruck der letzten Begegnung und nicht derjenige des Tatgeschehens verfestigt
hat.
Das Aussehen und die Erscheinung des Angeklagten kann - mit Ausnahme der Tätowierungen an den
Armen - nicht mit der Beschreibung des Täters durch die Zeugen G. und F. verglichen werden. Die
Polizeibeamten, die die Zeugen F., G. und F. vor Ort vernommen haben, die Zeugen POK T. und POK S.,
haben in ihren Bericht nur eine einheitliche Täterbeschreibung aufgenommen und konnten in der
Hauptverhandlung nicht mehr angeben, von welchem Zeugen welcher Teil der Beschreibung stammt.
Hinzu kommt, dass die Auswahl der Lichtbilder nicht optimal war. Ein wesentlicher Bestandteil der
(gemeinschaftlichen) Beschreibung des Täters durch die Zeugen war dessen Haarschnitt. Nach dieser
Beschreibung hatte der Täter auf dem Kopf längere Haare, während die Haare seitlich am Kopf abrasiert
waren. Von den Personen auf den ausgewählten Lichtbildern wies allein der Angeklagte einen der
Beschreibung ähnlichen Haarschnitt auf. Allerdings waren für den Zeugen G. nach seinen Angaben nicht
nur der Haarschnitt, sondern auch die Augen des Angeklagten, die nach seiner Wahrnehmung dunkel
und markant waren, für die Identifizierung von Bedeutung.
Damit kommt der Identifizierung des Angeklagten bei der Wahllichtbildvorlage zwar noch Indizwert zu; der
Indizwert ist aber derart gemindert, dass das Ergebnis der Wahllichtbildvorlage allein nicht geeignet wäre,
den Angeklagten zu überführen.
(c) Ein weiteres Indiz für die Täterschaft des Angeklagten ergibt sich daraus, dass der Begleiter des
Täters diesen mit dem Namen „Leo“ rief, der Angeklagte, wie er selbst eingeräumt hat, von seinen
Bekannten „Leo“ genannt wird und in der „Kampftrinkerszene“ von K. keine weitere Person „Leo“ gerufen
wird.
Der Zeuge G. hat angegeben, der Täter sei von seinem Begleiter „Leo“ gerufen worden. Der Zeuge F.
konnte sich zwar bei seiner Vernehmung durch POK Sl. am 10. September 2004 an den von dem
Begleiter des Täters gerufenen Namen nicht mehr erinnern, bestätigte aber auf Vorhalt in der
Hauptverhandlung, dass es sich dabei um den Namen Leo gehandelt habe.
Der Zeuge G. gab weiterhin an, sich sicher zu sein, den Namen nicht erst von dem hinzugekommenen
Zeugen F. erfahren zu haben. Der Aussage des Zeugen kann auch in diesem Punkt gefolgt werden.
Während nämlich der Zeuge F. sich an das mit den Zeugen F. und G. geführte Gespräch nicht mehr genau
erinnern konnte, hat die Zeugin Sz. bestätigt, der ihr zu diesem Zeitpunkt unbekannte Name „Leo“ sei
erstmals von einem der Bundeswehrsoldaten genannt worden.
Der Zeuge POK Sl. hat angegeben, der Angeklagte und der Zeuge R. seien der „Kampftrinkerszene“ in K.
zuzurechnen. Mit dieser Gruppe, die sich u.a. auch öfter am Rosengarten in K. treffe, sei die Polizei immer
wieder befasst. In dieser Szene gebe es seines Wissens nur eine Person, die „Leo“ genannt werde,
nämlich den Angeklagten. Auch dem Zeugen F., der sich nach seinen Angaben häufiger am Rosengarten
aufhält und die dort regelmäßig verkehrenden Personen kennt, war unter dem Namen „Leo“ nur der
Angeklagte bekannt.
Der Zeuge R. hat demgegenüber zwar angegeben, auch andere Personen aus der Clique, in der er und
der Angeklagte verkehrten, rufe man mit dem Namen „Leo“. Diese Aussage hält die Kammer aber für
unglaubhaft, weil der Zeuge auf Nachfrage zu diesen anderen Personen keinerlei nähere Angaben
machen konnte.
(d) Hinzukommt, dass der Angeklagte dem Zeugen F. kurze Zeit nach der Tat unweit vom Tatort und aus
dieser Richtung kommend begegnete und dabei einen Gegenstand bei sich führte, den der Zeuge für
einen Baseballschläger hielt.
Das von dem Zeugen F. geschilderte Zusammentreffen mit dem Angeklagten ist von diesem in der
Hauptverhandlung bestätigt worden. Abgesehen davon ist auch kein Grund ersichtlich, weshalb der
Zeuge insoweit die Unwahrheit sagen sollte. Eine Verwechslung des Angeklagten mit einer anderen
Person scheidet aus, weil der Zeuge den Angeklagten kennt und, wie er angibt, auch sein Gesicht
gesehen hat.
Der Zeuge F. hat weiterhin angegeben: Am Körper des Angeklagten habe er den Griff eines hölzernen
Gegenstandes gesehen, den er einem Baseballschläger zugeordnet habe; der Gegenstand selbst sei
allerdings durch die Kleidung verdeckt gewesen. Dies sei ihm bereits bei der Begegnung mit dem
Angeklagten aufgefallen und nicht erst dann, als ihm die Zeugen F. und G. den Vorfall mit das
Baseballschläger berichtet hätten. Auch am Rosengarten habe der Angeklagte nochmals einen
Gegenstand in der Hand gehalten, den er für einen Baseballschläger gehalten habe, ohne dies allerdings
aufgrund der Entfernung zum Angeklagten und der dann schon weit fortgeschrittenen Dämmerung mit
Bestimmtheit behaupten zu können.
Die Kammer folgt der Aussage des Zeugen auch insoweit. Zwar hat der Zeuge bei seiner Vernehmung
durch POK Sl. am 28. Oktober 2004 abweichend von seiner Aussage in der Hauptverhandlung
angegeben, er habe genau gesehen, wie der Angeklagte einen hölzernen Baseballschläger in seinen
Hosengurt gesteckt habe. Auf Vorhalt dieser Vernehmungspassage hat der Zeuge in der
Hauptverhandlung angegeben, dass der Angeklagte den Baseballschläger nach seinem Eindruck
unmittelbar vorher weggesteckt habe, aber jetzt lediglich noch mit Sicherheit angeben könne, jedenfalls
den Griff gesehen zu haben. Diese Aussageentwicklung ist an sich schon durch den Zeitablauf und die
damit verblassende Erinnerung zu erklären. Bei der Würdigung der Aussage ist aber vor allem zu
berücksichtigen, dass sie in einem wesentlichen Punkt, nämlich dem Zusammentreffen im Grabenpfad,
durch den Angeklagten nach der ersten Vernehmung des Zeugen in der Hauptverhandlung bestätigt
wurde. Die Aussage des Zeugen zeigt auch deutlich, dass er sich - jedenfalls in der Hauptverhandlung -
bemüht hat, zwischen seinen Wahrnehmungen und den Schlussfolgerungen aus diesen
Wahrnehmungen zu unterscheiden. Dieses vorsichtige Aussageverhalten zeigt einerseits, dass der Zeuge
sich bemüht hat, genau seine Erinnerung zu erforschen, andererseits aber auch, dass es ihm nicht darum
ging, den Angeklagten zu belasten.
(e) Schließlich war der als Begleiter des Täters identifizierte Zeuge R. am Tattag mit dem Angeklagten
zusammen.
Der Zeuge R. ist zur Überzeugung der Kammer als Begleiter des Täters identifiziert.
Die Zeugen G. und F. identifizierten den Zeugen R. bei einer Einzellichtbildvorlage durch POK Sl. am 10.
September 2004 als den Begleiter des Angeklagten. Diese Identifizierung reicht zwar schon deshalb, weil
es sich um eine Einzellichtbildvorlage mit entsprechend geringem Beweiswert handelt, zur Feststellung
der Identität zwischen dem Begleiter des Angeklagten und dem Zeugen R. nicht aus; es kommen aber
zwei Umstände hinzu, die zusammen mit dem Ergebnis der Lichtbildvorlage die Identifizierung des
Zeugen R. erlauben:
Der Zeuge R. hielt sich nach seinen eigenen Angaben am Tattag in einer Grünanlage am Ende des
Grabenpfades auf. Auf dem Weg von dort zu seiner Unterkunft läuft er üblicherweise über den Parkplatz
an der Halle der Gelegenheiten und dann weiter durch die Bahnhofstraße, gelangt mithin zu der Stelle, an
der die beiden Bundeswehrsoldaten auf den Täter und seinen Begleiter trafen.
Der Zeuge R. kann seinen Aufenthalt in der Grünanlage deshalb hinreichend sicher dem Tattag zuordnen,
weil er am folgenden Tag in seiner Clique darauf angesprochen wurde, der Angeklagte solle am Vortag in
seinem Beisein einen anderen mit einem Baseballschläger angegriffen haben.
Dass der Täter und sein Begleiter aus der dem Heimweg des Zeugen entgegengesetzten Richtung auf die
Zeugen F. und G. zuliefen, nimmt diesem Indiz nicht das Gewicht; denn der Täter und sein Begleiter
können die Richtung gewechselt haben, als sie die Zeugen F. und G. bemerkten, etwa weil man sie auf
Zigaretten ansprechen wollte. Dies müssen die Zeugen F. und G. nicht wahrgenommen haben.
Hinzukommt, dass der Zeuge R., der Raucher ist, nach seinen eigenen Angaben dazu neigt,
insbesondere auch im betrunkenen Zustand ihm fremde Personen um Zigaretten anzugehen, mithin sich
so zu verhalten, wie sich der Begleiter des Angeklagten verhielt.
Der Zeuge R. hat zwar auch angegeben, sich an den Vorfall mit den beiden Bundeswehrsoldaten nicht
erinnern zu können. Dieser Umstand ist allerdings nicht geeignet, Zweifel daran zu wecken, dass sich der
Vorfall in Anwesenheit des Zeugen R. ereignet hat; denn der Zeuge hat in diesem Zusammenhang darauf
hingewiesen, dass seine fehlende Erinnerung auf seinen Alkoholkonsum an dem betreffenden Tag
zurückzuführen sein kann.
Der Zeuge R. hat weiterhin angegeben, an dem bezeichneten Tag in der Zeit vor seiner Erinnerungslücke
mit dem Angeklagten zusammen gewesen zu sein. Auch in diesem Zusammenhang ist eine
Verwechslung der Tage durch den Zeugen hinreichend sicher ausgeschlossen; denn der Zeuge hat
ergänzend angegeben, bei dem Gespräch über den Vorfall am folgenden Tag in seiner Clique davon
ausgegangen zu sein, dass der Bericht zutreffend sei, da er sich zwar nicht an diesen Vorfall, wohl aber
an sein Zusammensein mit dem Angeklagten habe erinnern können.
(2) Die auf der zusammenfassenden Würdigung der vorgenannten Indizien beruhende Überzeugung
der Kammer, dass der Angeklagte der Täter war, wird nicht dadurch erschüttert, dass der Zeuge F. und der
Zeuge F. die Farbe der von dem Täter bzw. dem Angeklagten mitgeführten Jacke unterschiedlich
beschrieben haben (dazu unten ) und dass weder der Zeuge F. noch der Zeuge G. relativ frische
Narben im Gesicht des Täters bemerkt haben (dazu unten ).
(a) Der Zeuge F. gab an, der Täter habe eine dunkle Bomberjacke getragen. Der Zeuge F. beschrieb
dagegen die von dem Angeklagten getragene Jacke als hell bzw. „grauweiß“. Die Divergenz der
Aussagen in diesem Punkt kann, von der Möglichkeit, dass Außen- und Innenseite der Jacke
verschiedene Farben aufwiesen und der eine Zeuge die Außenseite und der andere die Innenseite sah,
abgesehen, auf falscher Wahrnehmung oder verfälschter Erinnerung der Zeugen beruhen. Ein Irrtum über
derartige für den Zeugen in der konkreten Wahrnehmungssituation unwesentliche Einzelheiten kommt
derart häufig vor, dass dieser Divergenz keine Bedeutung beigemessen werden kann.
(b) Der Angeklagte erlitt am 17. Juni 2004 einen Verkehrsunfall, bei dem er sich Schnittverletzungen im
Gesicht zuzog. Diese Verletzungen waren ausweislich eines am 25. Juni 2004 entwickelten Fotos vom
Gesicht des Angeklagten deutlich zu erkennen. Zwar haben weder der Zeuge F. noch der Zeuge G. am
28. Juni 2004 frische Narben im Gesicht des Täters gesehen; diesem Umstand kann jedoch deshalb keine
Bedeutung beigemessen werden, da auch dem Zeugen F. und der Zeugin Sz. bei ihrer Begegnung mit
dem Angeklagten am selben Tag in dessen Gesicht keine frischen Narben auffielen. Dazu passt im
Übrigen auch die Aussage der Zeugin L., der Mutter des Angeklagten, die angab, am 2. Juli 2004, also
wenige Tage nach der Tat am 28. Juni 2004 habe sie den Angeklagten getroffen und dabei festgestellt,
dass die Verletzungen bereits sehr gut verheilt gewesen seien.
2. Die Tat vom 25. August 2004
Der Angeklagte hat die Tat im Wesentlichen eingeräumt, allerdings abweichend von den Feststellungen
angegeben, er habe den Geschädigten Tr. nicht mit vorgehaltenem Gewehr nach unten zur Haustür
geführt.
Die von den Feststellungen abweichende Einlassung des Angeklagten ist jedoch durch die glaubhafte
Aussage des Zeugen Tr. widerlegt, der den Sachverhalt so geschildert hat, wie ihn die Kammer festgestellt
hat.
Die Kammer hält die Aussage des Zeugen für glaubhaft. Der Zeuge hat den Sachverhalt in der
Hauptverhandlung sachlich und ohne jede Tendenz, den Angeklagten der Wahrheit zuwider zu belasten,
geschildert. Seine emotionale Beteiligung war ihm bei seiner Aussage auch, soweit es um den Vorgang
mit dem Gewehr ging, anzumerken, was dafür spricht, dass der Zeuge über ein tatsächlich erlebtes
Ereignis berichtete. Seine Aussage ist in wesentlichen Punkten durch die Einlassung des Angeklagten
bestätigt worden. Seine Angaben zu dem Geschehen unmittelbar vor dem Eingreifen der herbeigerufenen
Polizeibeamten haben darüber hinaus in den Aussagen der in der Hauptverhandlung als Zeugen
vernommenen Polizeibeamten PK Kl., PK Me. und POK Ki. ihre Bestätigung gefunden.
Dieser Würdigung der Angaben des Zeugen Tr. steht auch nicht die Aussage der Zeugin Sch. entgegen,
die angegeben hat, das Gewehr sei gar nicht zum Einsatz gekommen, da sie es dem Angeklagten vorher
weggenommen habe. Die Aussage ist nicht geeignet, die Überzeugung der Kammer von der Richtigkeit
der Angaben des Zeugen Tr. zu erschüttern. Die Kammer hält die Aussage nicht für glaubhaft. Eine
vorsichtige Würdigung der Aussage ist schon deshalb geboten, weil es sich bei der Zeugin um die
Lebensgefährtin des Angeklagten handelt und damit die Möglichkeit, dass die Zeugin den Angeklagten zu
schützen versucht, in die Überlegungen einbezogen werden muss. Dass dies tatsächlich der Fall ist,
ergibt sich aus Angaben der Zeugin zu zwei anderen Fragenkomplexen. So hat die Zeugin angegeben,
der Angeklagte trinke lediglich am Wochenende Alkohol. Diese Aussage widerspricht sowohl der
Einlassung des Angeklagten als auch der Aussage des Zeugen POK Sl., der angegeben hat, dass der
Angeklagte zu der K.er Kampftrinkerszene gehöre. Die Unzuverlässigkeit der Aussage der Zeugin folgt
auch aus ihren divergierenden Angaben zu ihrem Gespräch mit dem Angeklagten nach der Tat am 31.
August 2004, bei dem dieser ihr erzählt haben soll, die Geschädigte O. habe ihm Pfefferspray in die
Augen gesprüht. Zunächst behauptete die Zeugin in diesem Zusammenhang, den Angeklagten nicht nach
dem Grund für den Einsatz des Pfeffersprays durch die Geschädigte gefragt zu haben. Unmittelbar danach
gab sie auf eine entsprechende Frage an, der Angeklagte habe ihr gegenüber auf ihre Frage hin als
Grund für den Einsatz des Pfeffersprays angegeben, die Geschädigte O. sei verrückt. Hinzukommt, dass
die Aussage der Zeugin, sie habe dem Angeklagten das Gewehr abgenommen, auch der Einlassung des
Angeklagten widerspricht, der insoweit angegeben hat, er habe das Gewehr, ohne es gegen Tr.
eingesetzt zu haben, in der Wohnung abgestellt, ohne irgendein Eingreifen von Seiten der Zeugin zu
erwähnen.
Die Feststellung der maximalen Blutalkoholkonzentration des Angeklagten zur Tatzeit ergibt sich aus
einer Rückrechnung der Blutalkoholkonzentration, die in der dem Angeklagten am 25. August 2004 um
20.55 Uhr entnommenen Blutprobe festgestellt wurde. Der für die Blutprobe ermittelte Wert von 2,05
Promille war bei der Rückrechnung auf den Zeitpunkt des Tatgeschehens um ca. 19.30 Uhr unter
Beachtung eines stündlichen Abbauwertes von höchstens 0,2 Promille und einem Sicherheitszuschlag
von 0,2 Promille auf einen Wert von maximal 2,55 Promille zu erhöhen.
3. Die Tat vom 31. August 2004
Der Angeklagte hat sich abweichend zu den Feststellungen wie folgt eingelassen:
Er habe sich zum Sicherungskasten begeben, um die Sicherungen für seine Wohnung wieder
einzuschalten. Bei der Rückkehr in seine Wohnung habe er eine Person mit einer Taschenlampe im
dunklen Hausflur bemerkt und diese angesprochen. Daraufhin habe ihm die Person sofort Pfefferspray ins
Gesicht gesprüht, woraufhin er bedingt durch eingetretene Sehbehinderung wild und ungezielt mit einem
im Hausflur herumstehenden Besen um sich geschlagen habe und dann die Person bis vor das Haus
verfolgt habe. Erst dort habe er die Person als Frau O. erkannt. Den Besen habe er dort weggeworfen.
Die Kammer hält schon die Einlassung selbst für nicht plausibel. So erscheint es merkwürdig, dass der
Angeklagte, in dessen Augen das Pfefferspray brannte und der kaum etwas sehen konnte, den Angreifer
mit einem Besenstil zu schlagen versucht und auch noch bis vor die Haustür verfolgt haben will, statt sich
zurückzuziehen.
Widerlegt ist die Einlassung des Angeklagten letztlich jedoch durch die Aussage der Zeugin O., die das
Geschehen so geschildert hat, wie es die Kammer festgestellt hat.
Die Kammer hält die Aussage für glaubhaft.
Der Zeugin war ihre emotionale Beteiligung sowohl bei ihrer Vernehmung als auch bei der Schilderung
des sie betreffenden Vorfalles im Schlussvortrag des Vertreters der Staatsanwaltschaft deutlich
anzumerken; so musste sie mehrfach gegen die Tränen ankämpfen. Dies spricht dafür, dass die Zeugin
einen tatsächlich erlebten Vorfall schilderte.
Die Zeugin schilderte das Geschehen in der Hauptverhandlung sachlich. Ihre Aussage ließ auch keine
Tendenz erkennen, den Angeklagten zu Unrecht zu belasten.
Allerdings hatte die Kammer bei der Würdigung der Aussage auch zu berücksichtigen, dass die Zeugin
bei ihrer Aussage im Rahmen der polizeilichen Vernehmung vom 31. August 2004, die wenige Stunden
nach der Tat im Krankenhaus durchgeführt wurde, das Tatgeschehen in wesentlichen Punkten
abweichend schilderte. So gab sie dort an, der Angeklagte habe sie von hinten überfallen und ihr die
Taschenlampe aus der Hand gerissen. Dass sie Pfefferspray eingesetzt hatte, berichtete sie nicht.
Diese Widersprüche zu den Angaben der Zeugin in der Hauptverhandlung lassen sich aber damit
erklären, dass die Zeugin nicht nur unter dem Eindruck der Tat, sondern auch unter dem beginnenden
Einfluss der einen Tag später u.a. durch Sprachfindungsstörungen offenbar gewordenen Gehirnblutung
stand. Dieser Befund wurde von dem Zeugen Go., der die Geschädigte im Westpfalz-Klinkum K. ärztlich
betreute, bestätigt. Auch hatte die Zeugin den Vernehmungsbeamten, den Zeugen PK Kl., darauf
hingewiesen, dass es ihr wegen starker Kopfschmerzen sehr schwer falle, sich zu konzentrieren und
wahrheitsgemäße Angaben zu machen.
Letztlich gefolgt werden kann der Aussage der Zeugin O. deshalb, weil ihre Schilderung des Geschehens
wesentlich besser zu den beiden bei ihr nach Angaben des Zeugen Go. festgestellten Kopfplatzwunden
passt, als die Einlassung des Angeklagten. Diese beiden Treffer am Kopf lassen eher auf gezielte Schläge
mit einem Taschenlampe als auf ein wildes Umsichschlagen eines Halbblinden mit einem Besenstil
schließen.
Was die übrigen Verletzungen der Geschädigten und die Entwicklung ihres Zustandes während der
Behandlung im Westpalz-Klinikum K. angeht, folgt die Kammer ebenfalls den Angaben des sie
behandelnden Arztes. Hinsichtlich der Folgeschäden folgt die Kammer der Aussage der Geschädigten, da
ihre Angaben gemäß der Aussage des Zeugen Go. dem Krankheitsverlauf entsprechen, der aufgrund
ihrer Verletzungen und nach den bereits im Westpfalz-Klinikum aufgetretenen Störungen zu erwarten war.
4. Die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten
Die Kammer kann feststellen, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei der Tat vom 25. August
2004 durch die Wirkung des zuvor konsumierten Alkohols erheblich vermindert war (unten zu a.). In den
beiden anderen Fällen in dies nicht mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen (unten zu b.). Eine
überdauernde erhebliche Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit kann bei dem Angeklagten mit der
erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden (unten zu c.).
a) Bei der Tat vom 25. August 2004 ist nach den Ausführungen der psychiatrischen Sachverständigen
Dr. med. Schw. von einer erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit beim Angeklagten
auszugehen.
Die Sachverständige hat insoweit ausgeführt: Die Alkoholisierung des Angeklagten habe zur Tatzeit zwar
in Anbetracht seiner Alkoholgewöhnung mit 2,5 Promille in einem mittleren Bereich gelegen; doch seien
noch bei der ärztlichen Untersuchung am Abend des 25. August 2004 gegen 21.00 Uhr
Ausfallerscheinungen diagnostiziert worden. Insoweit sei u.a. die ausgeprägte Aggressivität des
Angeklagten, welche Anlass zur Annahme von Eigen- und Fremdgefährdung gegeben habe, anzuführen.
Auch bei der Tatausführung selbst sei ein plötzlich aufbrechender Handlungsimpuls zu erkennen, als der
Angeklagte unvermittelt auf den Geschädigten zugestürmt sei, sich auf ihn gestürzt habe und ihn gebissen
habe. Als die Polizeieinsatzkräfte versucht hätten, ihn von seinem Opfer abzubringen, sei er nicht
erreichbar gewesen.
Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer an.
b) Bei den Taten vom 28. Juni und 31. August 2004 geht die Kammer davon aus, dass aufgrund der zu
diesen Zeitpunkten ebenfalls vorliegenden Alkoholisierung die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten
erheblich vermindert gewesen sein kann.
Zu diesen beiden Fällen hat die Sachverständige ausgeführt: Aus ärztlicher Sicht seien keine
Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass durch den jeweils vor den Taten genossenen Alkohol, der mangels
konkreter Angaben des Angeklagten und ohne BAK-Bestimmung nicht quantifizierbar sei, die
Steuerungsfähigkeit des Angeklagten erheblich vermindert gewesen sei. So hätten die Zeugen F., G. und
O. bei dem Angeklagten keine Ausfallerscheinungen bemerkt. Auch erscheine das Verhalten des
Angeklagten in diesen Fällen kontrollierter als bei der Tat vom 25. August 2004. So habe der Angeklagte
bei der Tat am 28. Juni 2004 auf einen Zuruf seines Begleiters reagiert. Bei der Tat vom 31. August 2004
seien, auch wenn man nicht von einem geplanten Vorgehen gegen die Geschädigte ausgehe, jedenfalls
keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der Angeklagte wie bei der Tat vom 25. August 2004 für
Einflüsse aus seiner Umgebung nicht mehr erreichbar gewesen sei.
Die Kammer kann die Einlassung des Angeklagten, auch an diesen Tagen in einer dem 25. August 2004
vergleichbaren Weise dem Alkohol zugesprochen zu haben, allerdings nicht widerlegen. Hinzukommt,
dass der jeweilige Gewaltausbruch des Angeklagten in den Fällen vom 28. Juni 2004 und vom 31. August
2004 genauso wenig rational erklärbar ist, wie bei der Tat vom 25. August 2004. Dass die Geschädigten
keine Ausfallerscheinungen bei dem Angeklagten feststellen konnten, erscheint der Kammer wenig
aussagekräftig; denn diese Zeugen waren naturgemäß damit beschäftigt, sich den Gewalthandlungen des
Angeklagten zu entziehen beziehungsweise schwerwiegende Verletzungen zu verhindern. Inwieweit der
Angeklagte durch Einflüsse aus seiner Umwelt noch erreichbar war, ist für diese Fälle nicht festzustellen,
weil hier ein Ereignis wie das Eingreifen der Polizei am 25. August 2004 nicht stattgefunden hat.
c) Eine überdauernde erhebliche Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten liegt nicht
vor.
Nach den Ausführungen der Sachverständigen haben sich bei der Exploration keine Anhaltspunkte für
eine psychotische Erkrankung des Angeklagten ergeben.
Nach den weiteren Ausführungen der Sachverständigen kann bei dem Angeklagten aufgrund des
klinischen Eindrucks auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass keine testpsychologische
Untersuchung stattgefunden hat, eine Minderbegabung ausgeschlossen werden. Diese Einschätzung
schließt sich die Kammer an. Sie entspricht dem Eindruck, den die Kammer von dem Angeklagten, der
sich in der Hauptverhandlung zur Sache und zu seinen persönlichen Verhältnissen eingelassen hat,
gewonnen hat. Die Einschätzung der Sachverständigen stimmt im Übrigen mit den Angaben der Zeugin
Kr. überein, die den Angeklagten während seiner Inhaftierung in der Justizvollzugsanstalt Zweibrücken als
Psychologin betreut hat. Auch die Zeugin hat bei ihren Gesprächen mit dem Angeklagten zu keinem
Zeitpunkt den Eindruck gewonnen, dass bei ihm eine Minderbegabung vorliegt.
Die Sachverständige hat weiterhin ausgeführt: Der Angeklagte weise eine dissoziale
Persönlichkeitsstörung i. S. d. Diagnostischen Leitlinien in der internationalen Klassifikation psychischer
Störungen (IDC-10) auf. Diese Persönlichkeitsfehlbildung sei bei dem Angeklagten bereits im Jugendalter
nachweisbar. Trotz durchschnittlicher Intelligenz habe der Angeklagte weder die Schule noch eine
Berufsausbildung abgeschlossen. Die Fähigkeit, zielgerichtet Aktivitäten nachzugehen, sei bis heute
wenig ausgeprägt. Er lehne es ab, Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen und gehe mit
Verfehlungen, aber auch Niederlagen in seinem Leben wenig selbstkritisch und damit ohne Leidensdruck
für sich selbst um. Er gebe dabei seiner Umwelt die Verantwortung für sein jeweiliges Verhalten. Er habe
keine Idee, wie seine Zukunft aussehen soll. Außer zu seiner Mutter pflege er keine dauerhafte soziale
Bindung. Die Beziehungen zu den Frauen in seinem Leben seien bisher instabil und nicht tragend für den
Angeklagten gewesen. Seit seinem 17. Lebensjahr gebe es keine längere Zeit ohne Delinquenz. Der
Angeklagte sei auch bereits nach kurzen Intervallen und auch während der Bewährungszeit wieder
rückfällig geworden. Auch der Strafvollzug habe zu keiner Änderung seines Verhaltens geführt. Dabei
neige er auch zur Durchsetzung eigener Bedürfnisse durch Gewaltanwendung.
Die beschriebene Persönlichkeitsstörung führe allein allerdings noch nicht zu einer wesentlichen
Beeinträchtigung seines Hemmungsvermögens. Dazu sei die Persönlichkeitsfehlbildung noch nicht
schwerwiegend genug. Dies werde daran deutlich, dass die sozialen Folgen der Persönlichkeitsstörung
zwar deutlich erkennbar seien, aber noch keinen das Leben des Angeklagten beherrschenden Einfluss
gewonnen hätten. So unterhalte der Angeklagte noch soziale Kontakte, wenn diese auch - mit einer
Ausnahme - nicht dauerhaft angelegt seien. Er habe den Kontakt zu seiner Mutter aufrechterhalten. Auch
zu den Besuchen seines Kindes in der Wohnung seiner Eltern sei er erschienen. Auch die Beziehung zu
seiner Lebensgefährtin sei nicht nur ganz kurzfristiger Natur gewesen.
Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer an.
Die mit den Feststellungen zum Lebensweg des Angeklagten übereinstimmenden Ausführungen der
Sachverständigen sind an 5 von 6 nach IDC 10 für die Diagnose einer dissozialen Persönlichkeitsstörung
relevanten Kriterien ausgerichtet:
· Deutliche und andauernde Verantwortungslosigkeit und Missachtung sozialer Normen, Regeln und
Verpflichtungen
· Unvermögen zur Beibehaltung längerfristiger Beziehungen, aber keine Schwierigkeiten,
Beziehungen einzugehen
· sehr geringe Frustrationstoleranz und niedrige Schwelle für aggressives, auch gewalttätiges
Verhalten
· Unfähigkeit zum Erleben von Schuldbewusstsein oder zum Lernen aus Erfahrung, besonders aus
Bestrafung
· Neigung, andere zu beschuldigen oder vordergründige Rationalisierungen für das eigene Verhalten
anzubieten, durch welches die Person in einen Konflikt mit der Gesellschaft geraten ist.
Soweit die Sachverständige davon ausgeht, dass der Angeklagte dazu neige, die Schuld für sein
Fehlverhalten nicht bei sich, sondern bei anderen zu suchen, wird dies in den von dem Angeklagten
geäußerten Einschätzungen deutlich. So führte er seine Gewalttätigkeit gegenüber den Geschädigten Tr.
und O. darauf zurück, dass die Hausmitbewohner ihn und seine Lebensgefährtin seit ihrem Einzug
schikaniert hätten. Der Umstand, dass er im Übermaß dem Alkohol zuspreche, sei darauf zurückzuführen,
dass in K. für ihn keine Arbeitsmöglichkeiten bestünden und wegen der Perspektivlosigkeit außerhalb
seiner Clique keine gleichaltrigen Personen mehr in dem Ort - einer Gemeinde mit immerhin 6150
Einwohnern - lebten.
Zu dem Alkoholkonsum des Angeklagten hat die Sachverständige ausgeführt: Nach den Kriterien der ICD-
10 liege bei dem Angeklagten eine Alkoholabhängigkeit vor. Jedenfalls 3 von 6 der für die Diagnose einer
Suchtmittelabhängigkeit relevanten Kriterien lägen bei dem Angeklagten dauerhaft vor:
· Die Kontrollfähigkeit bezüglich des Beginns, der Beendigung und der Menge des Konsums sei
vermindert.
· Um die ursprünglich durch niedrigere Dosen erreichten Wirkungen der psychotropen Substanzen
hervorzurufen, seien zunehmend höhere Dosen erforderlich.
· Der Tagesablauf des Angeklagten sei durch fortschreitende Vernachlässigung anderer
Vergnügungen oder Interessen zu Gunsten des Substanzkonsums und erhöhter Zeitaufwand, die
Substanz zu konsumieren, geprägt.
Diese Einschätzung des Sachverständigen beruht nicht nur auf der Einlassung des Angeklagten zu
seinem Trinkverhalten, sondern wird gestützt durch die in diesem Verfahren am 25. August 2004 und
schon früherer anlässlich von Straftaten bei dem Angeklagten festgestellten Blutalkoholkonzentrationen
und die Aussage des POK Sl., der Angeklagte gehöre der Kampftrinkerszene in K. an.
Allerdings sei nach dem klinischen Eindruck eine schwerwiegende hirnorganische Funktionsstörung
auszuschließen. Der Angeklagte sei auch in der Lage, wie etwa bei den Zusammentreffen mit seinem
Kind bei seiner Mutter oder vor der Erledigung wichtiger Behördengänge, keinen Alkohol zu trinken.
Deshalb könne (noch) nicht davon ausgegangen werden, dass das Hemmungsvermögen des
Angeklagten bereits im Hinblick auf die Aufnahme von Alkohol generell erheblich vermindert sei.
Auch insoweit schließt sich die Kammer den Ausführungen der Sachverständigen an. Sie werden bestätigt
durch den Umstand, dass der Angeklagte nach seinen eigenen Angaben nach der Verhaftung in dieser
Sache keine und nach dem Haftantritt in der Justizvollzugsanstalt Zweibrücken im Jahr 2001 nur
geringfügige Entzugserscheinungen verspürte.
Dem Cannabiskonsum des Angeklagten kommt nach den Ausführungen der Sachverständigen für die
Beurteilung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten keine Bedeutung zu.
IV. Rechtliche Würdigung
Der Angeklagte ist danach schuldig der gefährlichen Körperverletzung, strafbar gem. § 224 Abs. 1 Nr. 2
Alt. 2, in zwei Fällen (Taten vom 28. Juni und vom 31. August 2004) und der vorsätzlichen
Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung, strafbar gem. §§ 223 Abs. 1, 240 Abs. 1, Abs. 2 StGB (Tat vom
25. August 2004).
Der bei der Tat vom 28. Juni 2004 eingesetzte Baseballschläger und die bei der Tat vom 31. August 2004
verwendete Taschenlampe fallen unter den Begriff des gefährlichen Werkzeugs i. S. v. § 224 Abs. 1 Nr. 2,
da beide Gegenstände sowohl ihrer Beschaffenheit nach als auch in der Weise, in der sie der Angeklagte
einsetzte, geeignet waren, erhebliche körperliche Verletzungen bei den Geschädigten herbeizuführen.
Als der Angeklagte den Geschädigten Tr. unter Bedrohung mit dem Luftgewehr dazu zwang, vor ihm das
Treppenhaus hinunter zur Haustür zu gehen, nötigte er den Geschädigten, der nicht wusste, dass es sich
bei dem Gewehr nicht um eine scharfe Schusswaffe handelt, durch Drohung mit einem empfindlichen
Übel zu einer Handlung. Die Tat war rechtswidrig i. S. v. § 240 Abs. 2 StGB. Es handelt sich um ein sittlich
missbilligenswertes und sozial unerträgliches Verhalten. Der Geschädigte hielt sich erlaubter Weise im
Treppenhaus vor der Wohnung des Angeklagten auf. Er war jedenfalls aufgrund seiner Funktion als
Hausverwalter auch dazu berechtigt, den Angeklagten und seine Lebensgefährtin zur Einhaltung einer
nachbarschaftsverträglichen Lautstärke aufzufordern. Die Bedrohung eines Menschen mit einer von
diesem für echt gehaltenen Schusswaffe ist jedenfalls als Reaktion auf ein erlaubtes Verhalten im Hinblick
auf die damit verbundene Freiheitsbeschränkung des Bedrohten nicht hinnehmbar.
Hinsichtlich der vorsätzlichen Körperverletzung hat der Geschädigte form- und fristgerecht Strafantrag
gestellt.
Die Vergehen der Nötigung und der vorsätzlichen Köperverletzung bilden eine natürliche
Handlungseinheit. Natürliche Handlungseinheit liegt vor, wenn zwischen einer Mehrheit gleichartiger
strafrechtlich erheblicher Verhaltensweisen ein derart unmittelbarer räumlicher und zeitlicher
Zusammenhang besteht, dass das gesamte Handeln des Täters objektiv auch für einen Dritten als ein
einheitliches zusammengehöriges Tun erscheint, und wenn die einzelnen Betätigungsakte auch durch ein
gemeinsames subjektives Element miteinander verbunden sind. Der unmittelbare räumliche und zeitliche
Zusammenhang der beiden Delikte ist hier offensichtlich. Das gemeinsame subjektive Element ergibt sich
daraus, dass es dem Angeklagten möglicherweise sowohl bei der Bedrohung mit dem Gewehr als auch
später bei der Misshandlung des Geschädigten darum ging, diesen davon abzuhalten, erneut wegen
Lärmbelästigungen bei ihm vorstellig zu werden.
V. Strafzumessung
1. Strafrahmen:
Bei den Taten vom 28. Juni 2004 und vom 31. August 2004 hat die Kammer von dem Strafrahmen des §
224 Abs. 1 StGB auszugehen, der Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vorsieht.
Hinsichtlich der Tat vom 25. August 2004 war der Strafrahmen des § 223 Abs. 1 StGB der Strafzumessung
zu Grunde zu legen, der Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren androht.
Bei den Taten vom 28. Juni 2004 und vom 31. August 2004 scheidet die Annahme eines minder schweren
Falles i. S. v. § 224 Abs. 1 Halbs. 2 StGB, für den Freiheitsstrafe von lediglich drei Monaten bis zu fünf
Jahren vorgesehen ist, aus.
Für das Vorliegen eines minder schweren Falles ist entscheidend, ob das gesamte Tatbild einschließlich
aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß
vorkommenden Fälle in einem Maße abweicht, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten
erscheint.
Für den Angeklagten spricht bei der Tat vom 28. Juni 2004, dass die Folgen der Misshandlung bei dem
Geschädigten für eine gefährliche Körperverletzung i. S. v. § 224 StGB eher geringfügig waren. Bei der Tat
vom 31. August 2004 hat sich das Teilgeständnis des Angeklagten strafmildernd auszuwirken. In beiden
Fällen ist zudem strafmildernd zu berücksichtigen, dass der Angeklagte jeweils aufgrund vorherigen
Alkoholgenusses und in Folge seiner dissozialen Persönlichkeitsstörung enthemmt war. Allerdings führt
nach Auffassung der Kammer allein schon die Berücksichtigung des Umstandes, dass der Angeklagte
mehrfach wegen Körperverletzungsdelikten vorbestraft ist, zu dem Ergebnis, dass in keinem der beiden
Fällen ohne Berücksichtigung gesetzlicher Strafmilderungsgründe die strafmildernden Umstände
überwiegen.
Bei den beiden genannten Taten liegen allerdings die Voraussetzungen des § 21 StGB vor. Dies ergibt
sich zwar nicht aus der dissozialen Persönlichkeitsstörung des Angeklagten; denn sie stellt mangels
entsprechenden Schweregrades keine schwere andere seelische Abartigkeit i.S.v. § 20 StGB dar. Die bei
den Taten vorliegende Trunkenheit des Angeklagten fällt aber unter das Eingangsmerkmal der
krankhaften seelischen Störung. Aufgrund dieses vorübergehenden Zustandes kann für die Taten eine
erhebliche Verminderung der Fähigkeit des Angeklagten, gemäß seiner Einsicht in das Unrecht der Taten
zu handeln, auch nicht ausgeschlossen werden.
Nach Auffassung der Kammer ist von der damit eingeräumten Möglichkeit der Strafmilderung allerdings in
den beiden genannten Fällen weder in der Weise Gebrauch zu machen, dass von einem minder
schweren Fall i. S v. § 224 Abs. 1 Halb. 2 StGB ausgegangen wird, noch in der Weise, dass der
Regelstrafrahmen gem. §§ 49 Abs. 1, 47 Abs. 2 StGB auf einen Strafrahmen gemildert wird, der dann
Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 7 Jahren und 6 Monaten zulässt. Die Berauschung ist dem
Angeklagten vorwerfbar, und ihm war bewusst, dass er gerade auch im alkoholisierten Zustand zu
Angeklagten vorwerfbar, und ihm war bewusst, dass er gerade auch im alkoholisierten Zustand zu
Körperverletzungsdelikten neigt.
Die Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten beruht in beiden Fällen auf einer verschuldeten
Berauschung. Der Angeklagte ist den Umgang mit Alkohol gewohnt, kennt mithin dessen Wirkung und hat
sich damit bewusst in den Rauschzustand versetzt. Der Angeklagte ist nach Auffassung der Kammer auch
nicht alkoholkrank in dem Sinne, dass ihm die Berauschung nicht uneingeschränkt vorgeworfen werden
kann. Der Angeklagte trank den Alkohol im Tatzeitraum nicht aufgrund eines unwiderstehlichen oder ihn
weitgehend beherrschenden Hanges. Bei dem Angeklagten liegt zwar eine psychische
Alkoholabhängigkeit vor; seine Steuerungsfähigkeit ist aber hinsichtlich einer Alkoholaufnahme (noch)
nicht erheblich vermindert.
Die psychische Alkoholabhängigkeit des Angeklagten reicht in den beiden genannten Fällen auch
deshalb nicht aus, trotz der strafrechtlich zurechenbaren Berauschung eine Strafrahmenverschiebung zu
rechtfertigen, weil für den Angeklagten die Gefahr der Begehung von Körperverletzungsdelikten im
Rauschzustand im Hinblick auf seine Vorstrafen geradezu offensichtlich war. Seinen Verurteilungen vom
4. September 1995, vom 29. Oktober 1999 und vom 23. Oktober 2000 lagen immer zumindest auch Fälle
zugrunde, bei denen der Angeklagte in alkoholisiertem Zustand gegen andere Menschen gewalttätig
geworden war oder zumindest zu einem derartigen Verhalten unmittelbar angesetzt hatte. Der Angeklagte
sah zu dem Zeitpunkt, als er die verfahrensgegenständlichen Taten beging, auch schon selbst einen
Zusammenhang zwischen seinem Alkoholkonsum und seinen Straftaten. So äußerte er bereits gegenüber
der Zeugin Kr. während seiner Strafhaft in der Justizvollzugsanstalt Zweibrücken, seine Straftaten seien
auf seinen Alkoholkonsum zurückzuführen.
Aus den vorgenannten Erwägungen hat die Kammer auch davon abgesehen, den für die Tat vom 25.
August 2004 anzuwendenden Strafrahmen des § 223 Abs. 1 StGB gem. § 49 Abs. 1 StGB zu mildern.
2. Einzelstrafen:
a) Die Tat vom 28. Juni 2004
Strafmildernd war die bei dem Angeklagten neben der grundsätzlich schon durch seine dissoziale
Persönlichkeitsstörung herabgesetzten Hemmschwelle und der erheblichen Verminderung seiner
Steuerungsfähigkeit durch die Alkoholisierung zu berücksichtigen, dass die Verletzungen des
Geschädigten für eine gefährliche Körperverletzung eher unwesentlich waren. Dieser Gesichtspunkt wird
allerdings dadurch relativiert, dass dieser Umstand nicht allein dem Verhalten des Angeklagten
zuzuschreiben ist. Der Geschädigte konnte dem gegen seinen Kopf gerichteten Schlag des Angeklagten
ausweichen; die Wirkung des Schlages gegen sein Knie wurde durch die Geldbörse abgeschwächt.
Erheblich gegen den Angeklagten sprechen bei der Strafzumessung - wie bereits ausgeführt - seine
Vorstrafen. Der Angeklagte wurde in dem Zeitraum von 1995 bis 2000 fünfmal wegen gefährlicher
Körperverletzung, vorsätzlicher Körperverletzung, versuchter Körperverletzung und Widerstandes gegen
Vollstreckungsbeamte verurteilt. Er verbüßte von November 1995 bis Juni 1996 eine Jugendstrafe von
einem Jahr teilweise. Eine
im Oktober 1999 ergangene Verurteilung wegen gefährlicher
Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr, deren Vollstreckung zur Bewährung
ausgesetzt wurde, hielt ihn nicht davon ab, bereits im Dezember 1999 eine vorsätzliche Körperverletzung
und versuchte Körperverletzung zu begehen. Die Vollstreckung zweier Gesamtfreiheitsstrafen von einem
Jahr sowie einem Jahr und vier Monaten in Zeitraum von Juli 2001 bis Oktober 2003 verhinderte nicht,
dass der Angeklagte die vorliegende Straftat im Juni 2004 beging. Auch wenn dieser Befund teilweise auf
die Alkoholabhängigkeit des Angeklagten und seine von ihm nicht zu verantwortende dissoziale
Persönlichkeitsstörung zurückzuführen ist, kommt dem Gesichtspunkt der Unbelehrbarkeit bei dem
Angeklagten, dessen Schuldfähigkeit allein aufgrund der beiden angeführten Gesichtspunkte nicht
erheblich vermindert ist, doch noch beachtliches Gewicht zu.
Auch unter Berücksichtigung der Erwägung, dass bei Anwendung des Regelstrafrahmens den
strafmildernden Gesichtspunkten höheres Gewicht und dem strafverschärfenden Umstand geringeres
Gewicht beizumessen war, war die Kammer der Auffassung, dass die schuldangemessene Strafe eher im
Bereich des arithmetischen Mittels des Strafrahmens als im Bereich der Mindeststrafe liegt und erkannte
deshalb auf eine Freiheitsstrafe von drei Jahren.
b) Die Tat vom 25. August 2004
Hier sprach für den Angeklagten neben der rauschbedingten
verminderten Steuerungsfähigkeit und der enthemmenden Wirkung der dissozialen
Persönlichkeitsstörung insbesondere sein Geständnis.
Strafverschärfend hatte sich zusätzlich zu den bereits zu a) erörterten Vorstrafen des Angeklagten die für
eine vorsätzliche Körperverletzung besonders brutale Vorgehensweise des Angeklagten auszuwirken. So
biss er den Geschädigten ins Ohr und brachte ihm eine blutende Kopfplatzwunde bei. Die Kammer
übersieht insoweit nicht, dass die Vorgehensweise des Angeklagten auch Ausdruck seiner Enthemmung
war; der Gesichtspunkt kann aber dennoch Berücksichtigung finden, da die Steuerungsfähigkeit des
Angeklagten nicht aufgehoben war und ihm deshalb sein Verhalten - wenn auch mit geringerem Gewicht -
zuzurechnen ist. Leicht relativiert wird der Gesichtspunkt der brutalen Vorgehensweise auch noch
dadurch, dass der Geschädigte körperlich nur relativ kurze Zeit und psychisch zu keiner Zeit durch die Tat
beeinträchtigt war. Gegen den Angeklagte spricht weiterhin, dass es sich bei dem Geschädigten aufgrund
seines hohen Alters um ein gegenüber dem körperlich weit überlegenen Angeklagten praktisch hilfloses
Opfer handelte. Der Angeklagte verletzte bei der Tat nicht nur die körperliche Integrität des Geschädigten,
sondern hatte bereits zuvor in strafrechtlich relevanter Weise in die Handlungsfreiheit des Geschädigten
eingegriffen, indem er ihn mit vorgehaltenem Luftgewehr zwang, das Haus zu verlassen. Nach der Tat
leistete er tätlich Widerstand gegen die Polizeibeamten, die ihn von dem Geschädigten trennten und zu
ihrem Einsatzfahrzeug verbrachten. Auch diese außerhalb des Tatbestands der vorsätzlichen
Körperverletzung zum Nachteil des Geschädigten Tr. liegenden Umstände haben sich straferhöhend
auszuwirken.
Nach Abwägung der genannten Gesichtspunkte war die Kammer der Auffassung, dass die
schuldangemessene Strafe zwar noch nicht im Bereich der Höchststrafe, wohl aber im Bereich über dem
arithmetischen Mittel des Strafrahmens liegt und erkannte deshalb auch in diesem Fall auf eine
Freiheitsstrafe von drei Jahren.
c) Die Tat vom 31. August 2004
In diesem Fall hatte sich neben der rauschbedingten verminderten Steuerungsfähigkeit und der
enthemmenden Wirkung der dissozialen Persönlichkeitsstörung das Teilgeständnis des Angeklagten
strafmildernd auszuwirken.
Gegen den Angeklagten sprach zusätzlich zu seinen bereits zu a) erörterten Vorstrafen, dass der
Angeklagte auch in diesem Fall mit der 64 Jahre alten Geschädigten ein ihm körperlich völlig
unterlegenes Opfer angriff. Weiterhin sind hier die auch für eine gefährliche Körperverletzung
schwerwiegenden und lange andauernden körperlichen und die für die Geschädigte immer noch nicht
erledigten psychischen Folgen der Tat erheblich strafverschärfend zu berücksichtigen. Hinzukommt, dass
der Angeklagte diese Tat nur sechs Tage nach dem Polizeieinsatz vom 25. August 2004, mithin im Wissen
um ein gegen ihn laufendes Ermittlungsverfahren beging.
Unter Berücksichtigung der Erwägung, dass bei Anwendung des Regelstrafrahmens den strafmildernden
Gesichtspunkten höheres Gewicht und den strafverschärfenden Umständen geringeres Gewicht
Gesichtspunkten höheres Gewicht und den strafverschärfenden Umständen geringeres Gewicht
beizumessen war, sieht die Kammer die schuldangemessene Strafe für diesen Fall im Bereich leicht
unterhalb des arithmetischen Mittels des Strafrahmens und hat deshalb auf eine Freiheitsstrafe von vier
Jahren und sechs Monaten erkannt.
3. Gesamtstrafe
Bei der durch Erhöhung der Einsatzstrafe von vier Jahren und sechs Monaten zu bildenden Gesamtstrafe
durfte die Kammer eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und sieben Monaten nicht unterschreiten und eine
solche von zehn Jahren und fünf Monaten nicht überschreiten.
Für die Bildung der Gesamtstrafe hat die Kammer nochmals alle für und gegen den Angeklagten
sprechenden Umstände, soweit sie für die Bemessung der Einzelstrafen erheblich waren, abgewogen.
Zusätzlich war der Gesichtspunkt zu berücksichtigen, dass zwischen allen Taten ein relativ enger
zeitlicher Zusammenhang besteht, was eher für eine geringere Erhöhung der Einsatzstrafe sprach.
Schließlich war in gleicher Weise der Umstand zu würdigen, dass gegen den Angeklagten neben der
Strafe mit der Anordnung der Sicherungsverwahrung eine ihn erheblich belastende Maßregel verhängt
wird.
Die Kammer hielt ausgehend von diesen Überlegungen die ausgesprochene Gesamtfreiheitsstrafe von
sechs Jahren für schuldangemessen und auch unter Berücksichtigung der von dem Straf- und
Maßregelausspruch ausgehenden Wirkungen für das künftige Leben des Angeklagten in der Gesellschaft
für vertretbar.
VI. Maßregeln der Besserung und Sicherung
1. Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB)
Die Voraussetzungen für die Anordnung einer Maßregel nach § 64 StGB sind nicht gegeben.
Ein Hang des Angeklagten, Alkohol im Übermaß zu sich zu nehmen, liegt zwar vor. Der Angeklagte ist
psychisch alkoholabhängig. Für eine der verfahrensgegenständlichen Taten ist auch festgestellt worden,
dass der Angeklagte diese im Rausch begangen hat.
Die Anlasstat geht aber nicht auf den Hang des Angeklagten zum übermäßigen Alkoholkonsum zurück, ist
mithin nicht symptomatisch für die Gewöhnung des Angeklagten an Alkohol.
Zwar hat der Alkoholkonsum des Angeklagten bei dieser Tat zu einer tatbegünstigenden Enthemmung
geführt. Fraglich ist aber schon ob der langjährige Alkoholmissbrauch zu der Entdifferenzierung der
Persönlichkeit des Angeklagten geführt hat. Bei dem Angeklagten liegt zwar eine dissoziale
Persönlichkeitsstörung vor; aufgrund der sehr früh beginnenden Straffälligkeit des Angeklagten ist nach
den Ausführungen der Sachverständigen aber eher davon auszugehen, dass die Alkoholabhängigkeit
des Angeklagten ein Symptom der sich im Jugendalter abzeichnenden Persönlichkeitsstörung ist.
Für die Annahme eines symptomatischen Zusammenhangs wäre auch erforderlich, dass bei
erfolgreichem Verlauf der Behandlung jedenfalls das Ausmaß der Gefährlichkeit des Angeklagten nach
Frequenz und krimineller Intensität der von ihm zu befürchten Straftaten deutlich herabgesetzt wird. Ist
dies nicht der Fall, ist die Unterbringung mit dem Sinn und der inneren Rechtfertigung dieser Anordnung
nicht zu vereinbaren. Bei dem Angeklagten ist nach der mit der Auffassung der Sachverständigen
übereinstimmenden Einschätzung der Kammer auch nach einer erfolgreichen Behandlung seiner
Alkoholabhängigkeit davon auszugehen, dass er weiterhin Straftaten gleicher Art und Intensität begeht;
denn auch die dissoziale Persönlichkeitsstörung des Angeklagten erhöht seine Neigung zu kriminellen
Handlungen, und diese Persönlichkeitsstruktur würde durch die erfolgreiche Behandlung der
Alkoholabhängigkeit nicht geändert. Bei der Beurteilung des Einflusses der Alkoholabhängigkeit auf die
Bereitschaft des Angeklagten, Gewalttaten zu begehen, ist nach Auffassung der Kammer auch zu
berücksichtigen, dass die bei dem Angeklagten im Zusammenhang mit Straftaten festgestellten
Blutalkoholkonzentrationen mit 1,45 Promille (Dezember 1994), 2,41 Promille (Juni 1995 mit
Rückrechnung), 2,5 Promille (April 2001 mit Rückrechnung) und 2,5 Promille (August 2004 mit
Rückrechnung) nur einen mittleren Bereich erreichten. Bei Gewalttätigkeiten im August 1998 und im April
1999 war der Angeklagte nach den Feststellungen in den gegen in ergangenen Urteilen zwar
alkoholisiert, seine Steuerungsfähigkeit dadurch jedoch noch nicht erheblich vermindert.
Hinzukommt, dass auch die gem. einer verfassungskonformen Auslegung des § 64 Abs. 2 StGB
erforderliche hinreichend konkrete Aussicht, den Angeklagten von seiner Alkoholabhängigkeit zu heilen
oder doch zumindest über eine gewisse Zeitspanne vor dem Rückfall in die akute Abhängigkeit zu
bewahren, nicht besteht.
Dafür spricht zwar die Tatsache, dass in der Vergangenheit noch nie der Versuch unternommen wurde,
den Angeklagten einer entsprechenden Therapie zu unterziehen.
Schon deutlich dagegen spricht, dass der Angeklagte in der Vergangenheit noch nie von sich aus
konkrete Schritte unternommen hat, sich einer derartigen Therapie zu unterziehen. Die während des
Strafvollzugs gegenüber der Anstaltspsychologin geäußerte Therapiemotivation war ausschließlich an der
Haftsituation ausgerichtet. Dies zeigt der Umstand, dass der Angeklagte, sobald feststand, dass er die
beiden Gesamtfreiheitsstrafen vollständig würde verbüßen müssen, an der Vorbereitung einer dann nach
der Haftentlassung anzutretenden Therapie nicht mehr interessiert war. Dazu passen sein mangelndes
Interesse an der Alkoholiker-Gruppe der Anstalt und der schon in den frühen Gesprächen mit dem
Angeklagten entstandene Eindruck der Anstaltspsychologin, die geäußerte Therapiemotivation sei
oberflächlich und eine Einsicht in die Problematik der Alkoholabhängigkeit nicht vorhanden. Auch in der
Hauptverhandlung hat der Angeklagte behauptet, seit Jahren die Notwendigkeit einer
Alkoholentwöhnungstherapie für sich erkannt zu haben; die Antwort auf die an ihn gerichtete Frage, wieso
er gegen Ende der Haftzeit und nach der Haftentlassung keine konkreten Schritte zu Aufnahme einer
Therapie unternahm, blieb er dann allerdings schuldig.
Schließlich lässt die dissoziale Persönlichkeitsstörung des Angeklagten, wie die Sachverständige
überzeugend ausführte, die für den Erfolg notwendige Mitarbeit im Rahmen einer Therapie jedenfalls
nicht längerfristig erwarten. Diese Einschätzung wird nicht nur durch den Blick auf die Folgen dieser
Persönlichkeitsstörung gestützt, sondern letztlich auch durch den Ablauf der Exploration des Angeklagten
durch die Sachverständige. Diese brach der Angeklagte nach etwa einer Stunde mit dem Hinweis ab,
dass er es vorziehe, zum Anstaltssport zu gehen.
2. Sicherungsverwahrung (§ 66 Abs. 2, Abs. 3 S. 2 StGB)
a) formelle Voraussetzungen
aa) § 66 Abs. 2 StGB:
Die formellen Voraussetzungen einer Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 2 StGB liegen vor.
Voraussetzung hierfür ist, dass ein Täter
· drei vorsätzliche rechtlich selbständige Straftaten begangen hat durch die er jeweils eine
Einzelfreiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat und
· entweder wegen aller drei Taten oder wegen zwei der Taten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe oder
wegen einer der drei Taten zu einer Einzelfreiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist.
Diese Voraussetzungen sind bei dem Angeklagten durch die vorliegende Verurteilung erfüllt.
bb) § 66 Abs. 3 S. 2 StGB:
Die formellen Voraussetzungen einer Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB liegen
ebenfalls vor.
Der Tatbestand der Vorschrift erfordert, dass der Täter
· zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen hat, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von
mindestens zwei Jahren verwirkt hat und
· wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren
verurteilt wird.
Diese Voraussetzungen sind aufgrund der vorliegenden Verurteilung wegen der Taten vom 28. Juni und
vom 31. August 2004 erfüllt. Vergehen der gefährlichen Körperverletzung gehören zu den in § 66 Abs. 3
Satz 1 StGB bezeichneten Straftaten. Der Angeklagte wurde wegen der beiden Taten zu Freiheitsstrafen
von drei Jahren und von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.
b) materielle Voraussetzungen
In materieller Hinsicht erfordert die Anordnung der Sicherungsverwahrung sowohl nach § 66 Abs. 2 StGB
als auch nach § 66 Abs. 3 S. 1 StGB, dass der Täter infolge seines Hanges zu erheblichen Straftaten für
die Allgemeinheit gefährlich ist (§ 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend bei einer Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Angeklagten
und seiner Taten im Ergebnis erfüllt.
aa) Hang zur Begehung von Straftaten
Hangtäter ist, wer aufgrund einer fest eingewurzelten Neigung immer wieder straffällig wird, wenn sich die
Gelegenheit bietet. Es muss sich um ein eingeschliffenes Verhaltensmuster handeln.
Dies trifft auf den Angeklagten zu.
Bereits mit 16 Jahren warf der Angeklagte aus einer Gruppe heraus eine Fensterscheibe eines
Ausländerwohnheims mit Steinen ein, um die Hausbewohner zu erschrecken. Eineinhalb Jahre später - er
war zwei Monate vorher 17 Jahre alt geworden -schlug er in der Toilette einer Diskothek einen anderen
nieder und trat das am Boden liegende Opfer mit Springerstiefeln derart ins Gesicht, dass es sein
Bewusstsein verlor. Noch bevor er achtzehn Jahre alt geworden war, drang er etwa einen Monat,
nachdem er von dem Jugendrichter nach einer Hauptverhandlung wegen Sachbeschädigung mit einer
Zahlungsauflage belegt worden war, in die Wohnung eines Asylbewerbers ein und verletzte den in
seinem Bett schlafenden Bewohner mit einem Messer am linken Oberarm. Einem Mann, der dem
Verletzten zu Hilfe kommen wollte, fügte er eine Schnittwunde auf dem Rücken zu. Anschließend verbüßte
der Angeklagte fast sieben Monate Jugendstrafe. Bereits einen Monat vor dem Ende der zweijährigen
Bewährungszeit trat der Angeklagte auf eine Frau ein, die dabei multiple Prellungen erlitt. Drei Monate
später - der Angeklagte war mittlerweile zweimal zu Geldstrafen verurteilt worden - leistete der Angeklagte
gegenüber Polizeibeamten erheblichen
gegenüber Polizeibeamten erheblichen
Widerstand bei seiner Festnahme. Die sechs Monate später verhängte erneute Geldstrafe hielt den
Angeklagten nicht davon ab, wiederum zwei Monate später einem Bekannten mit einer Faustfeuerwaffe
derart in das Gesicht zu schlagen, dass dieser eine Platzwunde erlitt. Wiederum sechs Monate später
erfolgte unter anderem für diese Tat eine Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr,
deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Zwei Monate nach dieser Verurteilung - die
Bewährungszeit hatte zu laufen begonnen, da das Urteil in Rechtskraft erwachsen war - pöbelte der
Angeklagte nacheinander zwei Gaststättenbesucher an, brachte dem einen Hämatome durch einen festen
Griff an den Arm bei und folgte
dem anderen auf die Toilette der Gaststätte, um dort auf ihn
einzuwirken, was lediglich durch zufällig hinzukommende weitere Besucher verhindert wurde. Der
Angeklagte verbüßte im Anschluss daran fast zwei Jahre und vier Monate Strafhaft. Nach seiner
Haftentlassung verhielt sich der Angeklagte gerade einmal zehn Monate rechtstreu. Dann beging er die
erste der dieser Verurteilung zu Grunde liegenden Taten, bei der er einen Menschen mit einem
Baseballschläger angriff und verletzte. Die beiden weiteren Straftaten, bei denen der Angeklagte zwei
ältere Menschen schwer misshandelte, beging er nur zwei Monate nach der ersten Straftat im Abstand von
nicht einmal einer Woche.
Bei allen vorgenannten Straftaten - mit Ausnahme der Widerstandshandlung gegen die Polizeibeamten im
August 1998 und dem Vorgehen gegen den Geschädigten Krieger im Dezember 1999 - gingen die
Gewalttätigkeiten ohne erkennbare Rechtfertigung allein von dem Angeklagten aus. Bei der
Widerstandshandlung reagierte der Angeklagte zwar auf ein Eingreifen der Polizei, das - aus seiner Sicht
- nicht gerechtfertigt war; bemerkenswert bei dieser Tat ist allerdings, dass den Angeklagten zwei im
Monat zuvor ergangene Verurteilungen wegen fahrlässiger Körperverletzung und wegen vorsätzlicher
Körperverletzung zu Geldstrafen nicht von dieser Vorgehensweise gegenüber Polizeibeamte abzuhalten
geeignet waren. Die Vorgehensweise gegen den Geschädigten Krieger traf zusammen mit dem
aggressiven Vorgehen gegen eine weitere Person, die den Angeklagten in keiner Weise provoziert hatte.
Die drei verfahrensgegenständlichen Gewalttaten innerhalb von nur zwei Monaten zeigen, dass der
Angeklagte mittlerweile ein erhebliches Aggressionspotenzial aufweist. Weiterhin ist festzustellen, dass
sich die Taten vom 25. und 31. August 2004 durch eine gegenüber den Vorverteilungen erheblich
gesteigerte Brutalität auszeichnen.
bb) Erheblichkeit der zu erwartenden Straftaten
Die in § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB beispielhaft aufgeführten Leitlinien (schwerer seelischer oder körperlicher
Schaden beziehungsweise schwerer wirtschaftlicher Schaden) verdeutlichen, dass Fälle leichter
Kriminalität ausscheiden und bei mittlerer Kriminalität die Verhältnismäßigkeit eingehend zu prüfen ist. Die
Erheblichkeit kann sich aber auch aus der Hartnäckigkeit krimineller Lebensführung ergeben,
insbesondere bei einem Hang zu Taten, die den Rechtsfrieden in besonders schwerwiegender Weise
stören und daher geeignet sind, der Bevölkerung das Gefühl der Rechtssicherheit zu nehmen.
Jedenfalls die verfahrensgegenständlichen Straftaten des Angeklagten sind erheblich. Zwar gehören
Vergehen der gefährlichen Körperverletzung grundsätzlich eher zum unteren Bereich der mittleren
Kriminalität. Erst recht gilt dies für Vergehen der vorsätzlichen Körperverletzung. In den vorliegenden
Fällen ist jedoch zu beachten, dass den Gewaltausbrüchen des Angeklagten keine nachvollziehbare
Motivation zu Grunde lag. Den Geschädigten F. griff der Angeklagte auf offener Straße mit einem
Baseballschläger an, weil ihn sein Begleiter gerufen hatte. Den Geschädigten Tr. misshandelte der
Angeklagte in der geschilderten Weise, weil er ihn und seine Lebensgefährtin gebeten hatte, sich in ihrer
Wohnung etwas ruhiger zu verhalten. Die Geschädigte O. traf er im Hausflur an, nachdem vorher die
Sicherungen für seine Wohnung ausgeschaltet worden waren. Die beiden letztgenannten Geschädigten
waren hochbetagte Menschen, die sich gegen den Angeklagten ohne Hilfsmittel in keiner Weise
körperlich wehren konnten. Die Misshandlungen der Geschädigten O. zogen ernste körperliche Folgen
nach sich und erschütterten diese psychisch schwer.
cc)
Negativprognose
Aufgrund der vorstehenden Ausführungen ist davon auszugehen, dass der Angeklagte auch weiterhin
erhebliche Straftaten begehen wird.
Die erörterten Vorstrafen zeigen, dass nicht damit gerechnet werden kann, der Angeklagte werde in
Zukunft keine Gewalttaten mehr begehen. Die kriminelle Energie des Angeklagten hat sich im Sommer
2004 sowohl was die Anzahl der begangenen Gewalttaten angeht als auch was deren Intensität angeht,
gegenüber seiner früheren Straffälligkeit erheblich gesteigert. Bedenklich ist in diesem Zusammenhang,
dass er nunmehr auch nicht mehr davor zurückschreckt, ihm körperlich völlig unterlegene Menschen
schwer zu misshandeln. Damit ist davon auszugehen, dass auch Straftaten wie die
verfahrensgegenständlichen von dem Angeklagten zukünftig wieder begangen werden.
Die dargestellte Beurteilung der Kammer wird durch die nachvollziehbaren Ausführungen der
Sachverständigen bestätigt.
Die Sachverständige hat im Rahmen der standardisierten Diagnostik die Psychopathie-Checkliste Version
PCL-SV nach Hart, Cox und Hare 1995 und den HCR-20 als Instrumente zur Einschätzung des
Rückfallrisikos eingesetzt.
Bei dem PCL-Score handelt es sich um ein Instrument zur Erfassung von 12 psychopathologischen
Symptomen bzw. Verhaltenstendenzen, die für das Persönlichkeitskonstrukt der Psychopathie nach Hare
typisch sind und der infantil-egozentrischen Persönlichkeitsstörung nach Luthe nahe stehen. Das
Ergebnis fließt dann als ein Kriterium in den HCR-20 ein.
Im Rahmen dieser Psychopathie-Checkliste erreichte der Angeklagte mit 18 von 24 möglichen Punkten
einen Wert im deutlich auffälligen Bereich.
Es handelt sich hierbei um die nachfolgenden zwölf Items. Davon sind sechs Merkmale
persönlichkeitsimmanent. Die übrigen sechs Merkmale sind der Biographie des Angeklagten zuzuordnen.
Jedes Item kann je nach seiner Ausprägung mit 0 (nicht vorhanden) bis zu 2 Punkten (voll ausgeprägt)
bewertet werden.
Das erste Merkmal (Oberflächlich) bewertet die Sachverständige mit 0 Punkten, da der Angeklagte nicht
versuche, sich in einem besonders guten Licht darzustellen.
Im Rahmen des zweiten Merkmals (Grandios), geht es darum, ob der Proband über ein selbstsicheres und
rechthaberisches Auftreten verfügt und die aktuellen Umstände als Pech betrachtet. Sie geht beim
Angeklagten von einer Ausprägung mit einem Punkt aus.
Bei dem dritten Kriterium (Betrügerisch-manipulativ) ist zu beurteilen, ob der Angeklagte ohne Rücksicht
auf die Rechte anderer die Wahrheit verdreht und wie ein Hochstapler, Betrüger oder Schwindler wirkt.
Dies wird von der Sachverständigen mit 0 Punkten bewertet.
Im Rahmen des vierten Merkmals, welches das Fehlen von Schuldbewusstsein und Reue zum Inhalt hat,
geht die Sachverständige von einer starken Ausprägung mit 2 Punkten aus. Der Angeklagte zeige
angesichts seiner Taten nur wenig emotionale Beteiligung und mache sich die Auswirkungen seines
Verhaltens auf andere nicht bewusst.
Bei dem Merkmal Nr. 5 (Fehlen von Empathie; Gefühlskälte) erfolgt eine Bewertung mit zwei Punkten
durch die Sachverständige; denn der Angeklagte zeige sich unfähig, die emotionalen Auswirkungen
seiner Handlungen zu erkennen, und seine ausgedrückten Gefühle seien oberflächlich.
Im Rahmen des sechsten Merkmals (übernimmt keine Verantwortung für eigene Handlungen), sieht sie
zum Zeitpunkt ihrer Untersuchung eine Ausprägung mit einem Punkt. Der Angeklagte projiziere die
Schuld auf andere.
Dem siebten Kriterium (Impulsiv) liegt der Beurteilung zugrunde, ob der Angeklagte häufig
Lebenssituationen wechselt und dabei ziel- und planlos vorgeht, d.h. sich unstet durchs Leben treiben
lässt. Diese Verhaltensmuster sieht sie beim Angeklagten als stark ausgeprägt an und bewertet daher das
Kriterium mit 2 Punkten.
Im Rahmen des achten Merkmals (Schlechte Verhaltenssteuerung) geht sie ebenfalls von einer
Ausprägung mit 2 Punkten aus, denn der Angeklagte werde schnell wütend, verärgert bzw. cholerisch und
zeige sich unter Alkoholeinwirkung häufig körperlich und verbal aggressiv.
Bei dem neunten Merkmal (Fehlende Lebensziele) sieht sie eine Ausprägung mit zwei Punkten, denn der
Angeklagte verfüge über eine schlechte Schul- und Berufsausbildung, habe keine konkreten
Zukunftspläne und habe sich in der letzten Zeit auch von seiner Mutter aushalten lassen.
Das zehnte Kriterium (Verantwortungslos) wird von der Sachverständigen mit zwei Punkten als stark
ausgeprägt bewertet; denn der Angeklagte zeige sich verantwortungslos gegenüber Dritten, so z.B. den
Opfern seiner Gewalttaten gegenüber. Auch bei seinen eigenen Kindern sei nur wenig
Verantwortungsbereitschaft erkennbar, denn um ein Kind kümmere er sich gar nicht und um das andere
nur sporadisch.
Das elfte Merkmal (antisoziales Verhalten in der Adoleszenz) bewertet sie mit 2 Punkten, da der
Angeklagte bereits Zuhause und in der Schule Störungen in seinem Sozialverhalten, u.a. bedingt durch
seinen frühzeitigen Alkoholkonsum, gezeigt habe. Bis zum Alter von 18 Jahren sei er auch schon
straffällig geworden.
Ebenfalls beim zwölften Merkmal (Antisoziales Verhalten im Erwachsenenalter) nimmt sie wegen der
zahlreichen Gesetzesverstöße des Angeklagten eine Bewertung mit 2 Punkten vor.
Bei dem HCR-20 handelt es sich um ein in der psychiatrischen Wissenschaft anerkanntes Verfahren zur
Beurteilung der Rückfallgefahr bei Gewaltstraftaten, wobei hierbei auch Fälle erfasst werden, in denen
lediglich mit der Anwendung von Gewalt gedroht wird. Bei dem Verfahren werden nach bestimmten
Vorgaben zwanzig einzelne Kriterien aus medizinischer Sicht beurteilt und bewertet. Bei diesen Kriterien
handelt es sich um in der psychiatrischen Wissenschaft schon seit Jahren bekannte Merkmale. Das
angewandte Verfahren unterstellt die Kriterien in drei Gruppen. Die Merkmale eins bis zehn betreffen
Einzelheiten, die eher der Vergangenheit zuzuordnen bzw. statistischer Natur sind. Die Merkmale elf bis
fünfzehn berücksichtigen die gegenwärtige Situation des Angeklagten, während die Merkmale sechzehn
bis zwanzig der zukünftigen Situation Rechnung tragen. Je nach Ausbildung der Merkmale werden
Punkte zwischen 0 und 2 vergeben, wobei eine hohe Punktzahl für eine negative Prognose spricht.
Allerdings dürfen aus der erreichten Gesamtpunktzahl nicht schematische Schlüsse gezogen werden.
Auch insoweit bedarf es einer sachverständigen Beurteilung des Gesamtergebnisses. Die
Sachverständige hat die einzelnen Merkmale in der Hauptverhandlung - teilweise anhand von Beispielen
- erläutert und ihre den Angeklagten betreffende medizinische Einschätzung dargestellt und begründet.
Bei dem ersten Merkmal (frühere Gewaltanwendungen) stellt die Sachverständige im Hinblick auf die
einschlägigen Vorverurteilungen durch das Amtsgericht K. seit 1995 eine sehr deutliche
Merkmalsausprägung fest (2 Punkte).
Das zweite Merkmal (geringes Alter bei der ersten Straftat) bewertet die Sachverständige im hohen
Bereich (2 Punkte), da der Angeklagte schon im Alter von 16 Jahren straffällig geworden ist. Im Alter von
17 Jahren beging er bereits eine Gewalttat.
Eine volle Ausprägung sieht die Sachverständige auch bei dem dritten Merkmal (instabile Beziehungen),
wobei sie darauf abstellt, dass die Partnerschaften des Angeklagten instabil und nicht tragend waren, da
die Partnerinnen sich relativ schnell von dem Angeklagte trennten oder selbst Alkohol- und
Drogenprobleme hatten.
Auch das vierte Merkmal (Probleme im Arbeitsbereich) sieht sie mit Blick auf die Biographie des
Angeklagten, der es trotz durchschnittlicher Intelligenz, wenn auch im unteren Bereich, aber bei
unzureichend ausgeprägter Motivation bislang nicht geschafft hat, eine Lehre zu beenden, als vollständig
ausgeprägt an (2 Punkte).
Gleiches gilt für das fünfte Merkmal (Substanzmissbrauch), das die Sachverständige aufgrund der
psychischen Alkoholabhängigkeit des Angeklagten als voll ausgeprägt ansieht.
Da eine gravierende seelische Störung, die den Merkmalen des § 20 StGB ähnlich ist, bei dem
Angeklagten nicht vorliegt, bewertete die Sachverständige das sechste Merkmal ( seelische
Störung) mit 0 Punkten.
Bei dem Merkmal Nr. 7 (Psychopathy) hat die Sachverständige das Abweichen des geistigen bzw.
seelischen Verhaltens von der Norm beim Angeklagten anhand des im PCL-Score ermittelten
Ergebnisses als sehr ausgeprägt (2 Punkte) beurteilt.
Das achte Merkmal im Rahmen des HCR-20 Instrumentes (frühe Fehlanpassung) bewertet sie angesichts
der Tatsache, dass er sehr früh in Kontakt mit Alkohol gekommen ist, sich in sozial auffälligen Kreisen
bewegte, die 7. Hauptschulklasse wiederholte und die Hauptschule ohne Abschluss verließ, mit einem
Punkt.
Das neunte Merkmal (Persönlichkeitsstörung) sieht die Sachverständige im Hinblick auf die dissoziale
Persönlichkeitsstörung des Angeklagten als vollständig ausgeprägt an und bewertet es mit zwei Punkten.
Im Hinblick darauf, dass der Angeklagte auch in Bewährungszeiten Straftaten begangen hat und damit
gegen gerichtliche Auflagen verstoßen hat, leitet die Sachverständige eine volle Ausprägung (2 Punkte)
des zehnten Merkmals (frühere Verstöße gegen Auflagen) ab.
Aus dem Zwischenergebnis von 17 bei maximal 20 erreichbaren Punkten innerhalb der Gruppe der
vergangenheitsbezogenen Variablen folgert die Sachverständige bereits eine relativ starke Ausprägung
für eine negative Prognose.
Im Bereich der klinischen Variablen mit Gegenwartsbezug stellt die Sachverständige beim elften Merkmal
(Mangel an Einsicht) eine volle Ausprägung (2 Punkte) fest. Der Angeklagte sei weder hinsichtlich seiner
Alkoholerkrankung noch bezüglich der Delikte einsichtig. Er sei auch nicht bereit, Verantwortung für seine
Lebenssituation zu übernehmen, sondern externalisiere die Verantwortung auf die Gesellschaft.
Eine sehr starke Ausprägung (2 Punkte) stellt die Sachverständige auch beim zwölften Merkmal (negative
Einstellungen) fest. Es geht hierbei um die Einstellung des Angeklagten zu seinen Taten, ob er etwa die
Opfer für selbst schuld oder die Situation für unvermeidlich hält. Hiervon geht die Sachverständige infolge
der Bejahung der dissozialen Aktivitäten und Denkmuster sowie dem wenig selbstkritischen Umgang mit
seinen Taten und der damit verbundenen gleichzeitigen Verantwortungsverlagerung auf seine Umwelt
aus.
Die Sachverständige führte aus, dass das Fehlen des dreizehnten Merkmals mangels einer schweren
psychischen Erkrankung mit 0 Punkten zu bewerten sei.
Das Merkmal Nr. 14 (Impulsivität) sei hingegen voll ausgeprägt. Sie begründet es damit, dass der
Angeklagte in Situationen wie die vorliegenden Tatsituationen geradezu „hineingesprungen“ sei, sie
selbst hergestellt und provoziert habe. Bei der Tatausführung seien auch keine hemmenden
Mechanismen aufgetreten.
Auch das Merkmal Nr. 15 (fehlender Behandlungserfolg) sieht die Sachverständige als voll umfänglich
ausgeprägt an (2 Punkte). Der Angeklagte unternehme zur Zeit nichts gegen seine Alkoholabhängigkeit
und bemühe sich auch nicht aktiv um einen Therapieplatz.
Das Sechzehnte Merkmal (Fehlen realisierbarer Pläne) sieht die Sachverständige als vollständig
ausgeprägt an (2 Punkte). Der Angeklagte habe keinerlei Vorstellungen wie seine Zukunft weitergehe und
sei auch nicht bereit, Lebensperspektiven zu entwickeln.
Das Merkmal Nr. 17 (destabilisierende Einflüsse) sieht sie als leicht vorhanden an (1 Punkt). Es müsse
damit gerechnet werden, dass er nach einer Entlassung aus der Haft wieder in sein soziales Umfeld
zurückkehre und damit in Kontakt zur Alkoholikerszene und seiner Lebensgefährtin, die selbst
substanzmittelabhängig sei, trete.
Das achtzehnte Merkmal (Mangel an Unterstützung) bewertet die Sachverständige als ausgeprägt (2
Punkte). Sie verweist darauf, dass die Eltern des Angeklagten nunmehr den Kontakt zu ihm abgebrochen
haben. Der Angeklagte habe sonst keine ihn stablisierende sozialen Kontakte.
Im Rahmen des neunzehnten Merkmals (fehlende Compliance) hatte die Sachverständige die
Bereitschaft des Angeklagten zu bewerten, innerhalb einer therapeutischen Maßnahme mitzuarbeiten.
Wegen der nur ansatzweise vorhandenen Kooperationsbereitschaft des Angeklagten im Rahmen der
Gutachtenuntersuchung und der Tatsache, dass ein ausführliches Gespräch über seinen Alkoholkonsum
und seine Therapieeinstellung nicht möglich war, schließt sie die volle Ausprägung dieses Merkmals mit
zwei Punkten. Diese Einschätzung sieht sie gestützt durch die Aussage der Zeugin Kr., wonach der
Angeklagte im Strafvollzug den Antrag auf eine Alkoholtherapie zunächst gestellt habe und später diese
nicht mehr für notwendig gehalten habe.
Das Merkmal Nr. 20 (Stressoren) hat die Sachverständige für den Angeklagten als nicht ausgeprägt (0
Punkte) bewertet.
Bei der medizinischen Bewertung des Gesamtergebnisses (32 von 40 Punkten) kommt die
Sachverständige zu dem Ergebnis, dass ein erhebliches Rückfallrisiko beim Angeklagten besteht.
c) Verhältnismäßigkeit
Trotz des jungen Alters des Angeklagten ist die Anordnung der Sicherungsverwahrung verhältnismäßig, §
62 StGB.
Zwar sind im Bereich der von dem Angeklagten begangenen Gewaltdelikte auch wesentlich schwerere
Straftaten denkbar. Die Anordnung der Sicherungsverwahrung soll aber gerade dazu dienen, Täter zu
erfassen, bevor diese ihren kriminellen Höhepunkt erreicht haben. Bei dem Angeklagten sieht die
Kammer nicht die Gefahr, dass der Unrechtsgehalts seiner Taten sich etwa in der Weise steigert, dass er
Gewalt auch einsetzt, um sich in irgendeiner Weise zu bereichern, wenn auch der Angeklagte schon
wegen Eigentumsdelikten strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. In diesem Zusammenhang hat der
Angeklagte bisher niemals Gewalt angewendet. Nach Überzeugung der Kammer besteht aber deswegen,
weil der Angeklagte bei der Auswahl der Opfer seiner Gewalttaten keinerlei Rücksicht auf deren
körperliche Konstitution nimmt, die nahe liegende Gefahr, dass der Angeklagte bei einem weiteren
Gewaltsausbruch einen Menschen noch schwerwiegender verletzt als die Geschädigte O.. In diesem
Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die bei der Geschädigten O. aufgetretene Hirnblutung zwar
im konkreten Fall - ärztlich kontrolliert - harmlos verlaufen ist, aber auch zu einer lebensgefährlichen
Komplikation hätte führen können. Wäre nämlich die Blutung nicht zum Stillstand gekommen, hätte die
Blutung operativ unterbunden werden müssen. Ein derartiger Eingriff ist - wie der Zeuge Go. ausführte -
schon an sich nicht harmlos, stellt aber erst recht bei einem 64 Jahre alten Menschen ein erhebliches
Risiko für das Leben des Patienten dar.
Die Unterbringung in der Entziehungsanstalt stellt - wie bereits ausgeführt - keine Maßnahme dar, die die
von dem Angeklagten ausgehende Gefahr weiterer Gewalttaten erheblich vermindern könnte.
d) Ermessen
Die Kammer war sich bei ihrer Entscheidung bewusst, dass die Anordnung der Sicherungsverwahrung im
vorliegenden Fall in ihr Ermessen gestellt ist.
Die Kammer hat in diesem Zusammenhang insbesondere bedacht, dass der Angeklagte bisher keine
langjährige Freiheitsstrafe zu verbüßen hatte. Deshalb könnte die Erwartung gerechtfertigt sein, dass sich
der Angeklagte die Strafverbüßung auf Grund des vorliegenden Urteils hinreichend zur Warnung dienen
lassen wird. Dieser Annahme steht aber entgegen, dass der Angeklagte während der immerhin gut zwei
Jahre andauernden Inhaftierung in der Justizvollzugsanstalt Zweibrücken die ihm dort angebotene
psychologische Betreuung auf Grund der eigenen Überzeugung, keine Therapie zu benötigen, nicht
ernsthaft annahm und infolgedessen auch keine Einsicht in die äußerst problematische Richtung seines
bisherigen Lebensweges gewann. Folge dieses Verhaltens war dann, dass er nach der Haftentlassung
seinen vor der Haft gepflegten Lebensstil praktisch unverändert fortsetzte und schließlich auch wieder
straffällig wurde. Nach Auffassung der Kammer ist allein durch eine Verlängerung des Strafvollzuges bei
dem Angeklagten keine bessere Einsicht zu erreichen. In diesem Zusammenhang muss auch die von der
Sachverständigen beschriebene Auswirkung seiner - nicht behandelbaren - dissozialen
Persönlichkeitsstörung berücksichtigt werden, die dem Angeklagten ein rechtstreues Leben erheblich
erschwert. Eine Haltungsänderung ist bei dem Angeklagten deshalb derzeit auf Grund des Strafvollzuges
nicht zu erwarten.
e) Vorbehalt der Sicherungsverwahrung (§ 66 a StGB)
Da nach den obigen Ausführungen die Gefährlichkeit des Angeklagten im Sinne von § 66 Abs. 1 Nr. 3
StGB zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit hinreichender Sicherheit feststellbar ist, scheidet der Vorbehalt der
Sicherungsverwahrung nach § 66 a StGB aus.
VII. Kosten und Auslagen
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 465 Abs. 1, 472 Abs. 1 StPO. Ein Gesichtspunkt, der es rechtfertigen
könnte, dem Angeklagten die notwendigen Auslagen der Nebenkläger nicht aufzuerlegen, ist nicht
ersichtlich.
gez. Wilhelm gez. v. Briel
Zeitpunkt
gleiches Opfer ?
Dragon ?