Urteil des LG Kaiserslautern vom 09.04.2002

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Bürgerliches Recht
LG
Kaiserslautern
09.04.2002
1 S 12/02
Ausnahmsweise Zulässigkeit der Berufung trotz Nichterreichtseins der Berufungssumme. Klage auf
Rückzahlung einer Mietsicherheit (keine Passivlegitimation des Hausverwalters; Rückgabe der Kaution in
der Form, in der sie erlangt wurde).
Landgericht Kaiserslautern
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
M..., vertreten durch die Geschäftsführer ... und ...,
..., ...,
Beklagte und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ..., ..., ...
gegen
K... A... S..., ..., …,
Kläger und Berufungsbeklagter,
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt ..., ..., ...,
wegen Rückzahlung einer Mietkaution,
hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern durch den Präsidenten des Landgerichts Kestel
und die Richterinnen am Landgericht Heid und Stutz
auf die mündliche Verhandlung vom 19. März 2002
für
R e c h t
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Kaiserslautern vom 07. Dezember
2001
(4a C 685/01) abgeändert und neu gefasst wie folgt:
Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 478,51 Euro.
Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel (für das "altes" Verfahrensrecht gilt, § 26 Nr. 5 EGZPO) ist zulässig, wenngleich die
Verurteilung der Beklagten auf einen Betrag von 478,51 Euro (935,88 DM) lautet, also die Be-
rufungssumme des § 511 a Abs. 1 S. 1 ZPO nicht erreicht ist.
Denn bei Verletzung des rechtlichen Gehörs im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO oder im
vereinfachten Verfahren nach § 495 a ZPO ist die Zulässigkeit der Berufung analog § 513 Abs. 2 ZPO
auch dann zu bejahen, wenn der Berufungskläger um weniger als 1.500,-- DM beschwert ist; dies ist unter
dem Gesichtspunkt wirksamen Grundrechtsschutzes verfassungsrechtlich geboten (vgl. etwa BVerfG NJW
1999, 1176 und NJW 1997, 1301).
Im vorliegenden Fall ist von einer Verletzung des rechtlichen Gehörs auszugehen, weil der noch vor
Verkündung des erstinstanzlichen Urteils eingegangene Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 06.
Dezember 2001 nicht mehr berücksichtigt worden ist. Der Schriftsatz ist zwar erst nach Ablauf einer zu
seiner Einreichung gesetzten Frist eingegangen, die Versäumung dieser Frist war jedoch unverschuldet.
Die die Fristsetzung enthaltende richterliche Verfügung vom 07. November 2001 war nämlich nicht richtig
ausgeführt und den Beklagtenvertretern stattdessen ein tatsächlich nicht gefasster "Beschluss" übermittelt
worden, dessen Text (jedenfalls auch) die Interpretation einer Fristsetzung bis zum 07. Dezember 2001
zugelassen hatte.
Auch ist davon auszugehen, dass im Fall einer Berücksichtigung des Inhalts des am 07. Dezember um
8.48 Uhr bei Gericht eingegangenen Schriftsatzes das sodann um 9.50 Uhr verkündete Urteil nicht
ergangen wäre.
Das Rechtsmittel führt auch in der Sache zum Erfolg.
Auch wenn in Fällen, in denen eine Berufung wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs analog § 513
Abs. 2 ZPO zulässig ist, entsprechend § 538 Abs. 1 Nr. 5 ZPO zu verfahren ist (MüKo, ZPO, 2. Aufl., § 511
a Randz. 7), kommt eine Zurückverweisung hier doch nicht in Betracht. Denn § 538 Abs. 1 ZPO verlangt,
dass eine "weitere Verhandlung" der Sache "erforderlich" ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Vielmehr ist
Entscheidungsreife im Sinne einer Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zu Gunsten der Beklagten
gegeben. Die Klage ist bereits nicht schlüssig.
Denn wie sich schon aus dem mit der Klageschrift vorgelegten Schreiben der Beklagten vom 13. August
2001 ergibt (und von der Beklagten sodann auch vorgetragen und von Klägerseite nicht bestritten worden
ist), war und ist die Beklagte lediglich Verwalterin des Anwesens D... in K...; nicht aber war sie die
Vermieterin des Klägers.
In einem Rechtsstreit wie er hier in Rede steht, ist der Hausverwalter jedoch weder aktiv- noch
passivlegitimiert (Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., V Randz. 18, AG Köln NJW-RR 1989, 269); weder eine aktive
noch eine passive Prozessstandschaft (zu Letzterer vgl. Zöller, ZPO, 22. Aufl., vor § 50 Randz. 31) kommt
ohne Weiteres in Betracht. Darauf, dass sich aus der in der Berufungserwiderung zitierten Textpassage
des Schreiben vom 13. August 2001 "ein Anerkenntnis dahingehend" ergebe, "dass die M... die richtige
Beklagte" sei, kann der Kläger sich nicht mit Erfolg berufen. Es kann daraus nicht mehr abgeleitet werden,
als dass die Beklagte gegenüber der Eigentümerin und Vermieterin des Anwesens D... in K... vertraglich
die Aufgabe übernommen hat, Mietkautionen entgegen zu nehmen, zu verwalten und (bei Auszug des
Mieters) abzurechnen; den Rückschluss, dass die Beklagte darüber hinaus auch passiv
prozessführungsbefugt sei, lässt der Text nicht zu.
Darüber hinaus ist die Schlüssigkeit der Klage aber auch aus einem anderen Grund zu verneinen.
Der Vermieter schuldet die Rückgabe der Kaution grundsätzlich in der Form, in der er die Mietsicherheit
erlangt hat. Nur Barbeträge sind zurückzuerstatten. Eine Bürgschaftsurkunde ist herauszugeben. Ist eine
Sparforderung an den Vermieter abgetreten worden, so kann der Mieter auf Freigabe klagen. Eine Klage
auf Zahlung der Kautionssumme ist in Fällen dieser Art unzulässig (Lützenkirchen, Mietrecht, 2000,
Randz. 460; Blank/Börstinghaus, Miete, 2000, § 550 b BGB Randziffer 42; Schmidt-Futterer, Mietrecht, 7.
Aufl., § 550 b BGB Randz. 60 u. 62).
Dazu, in welcher Form im vorliegenden Fall die Mietsicherheit geleistet worden ist, enthält der Vortrag des
Klägers keine Angaben, und es kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass es sich um
eine solche Form gehandelt hat, die zu einer Klage auf Rückzahlung der Kautionssumme berechtigte; im
Gegenteil. Denn schon in dem mit der Klageschrift vorgelegten Schreiben der Beklagten vom 13. August
2001 ist nicht nur von der "bei uns hinterlegten Mietkaution" die Rede, sondern es wird auch die "bei uns
hinterlegte Mietbürgschaft" erwähnt. Gemäß den mit Schriftsatz der Beklagten vom 06. Dezember 2001
vorgelegten Anlagen, auf die die Berufungsbegründung auch nochmals ausdrücklich verweist, ist die
Sicherheit dergestalt geleistet worden, dass von Mieterseite ein Sparkonto mit einem Betrag von 1.000,--
DM eröffnet worden ist, das zugehörige Sparbuch nebst Legitimationskarte der D... Bank AG, Filiale K...,
übergeben worden ist und die Forderung auf Auszahlung des Guthabens zuzüglich Zinsen an die
Eigentümerin und Vermieterin des Anwesens D... in K... abgetreten worden ist.
Unter diesen Umständen ist eine auf eine Verurteilung zur Zahlung gerichtete Klage nicht schlüssig.
Auf die Frage des Bestehens oder Nichtbestehens von Mietzinsrückständen kommt es danach nicht mehr
an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
gez. Kestel Heid Stutz