Urteil des LG Itzehoe vom 13.03.2017

LG Itzehoe: balkon, zusammenleben, wiederherstellung, aufteilungsplan, zustand, zivilprozessrecht, immaterialgüterrecht, erwerb, link, quelle

2
Gericht:
LG Itzehoe 1.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 S (W) 1/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 14 Nr 1 WoEigG, § 22 Abs 1
WoEigG, § 1004 BGB
Wohnungseigentum: Beseitigung einer Balkontrennwand
Leitsatz
Die Errichtung der Trennwand auf dem Balkon eines Wohnungseigentümers stellt eine
bauliche Veränderung dar. Diese beeinträchtigt die Rechte des benachbarten
Wohnungseigentümers über das bei einem geordneten Zusammenleben
unvermeidliche Maß hinaus, weil sie den bislang offenen und weiträumigen Charakter
des Balkons verändert und dort eine Atmosphäre der Abgeschlossenheit schafft.Die
Berufung wurde zurückgenommen.
Tenor
In dem Rechtsstreit … weist die Kammer nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf
Folgendes hin:
Die Berufung hat nach Auffassung der Kammer keine Aussicht auf Erfolg; im
Übrigen hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung
des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine
Entscheidung des Berufungsgerichts.
Gründe
1. Die Klägerin kann Beseitigung der Balkontrennwand und Wiederherstellung des
ursprünglichen Zustands nach §§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB, 14 Nr. 1 WEG
verlangen. Nach Auffassung der Kammer handelt es sich bei der streitbefangenen
Balkonabtrennung um eine bauliche Veränderung i. S. des § 22 Abs. 1 WEG.
Bauliche Veränderungen sind auf Dauer angelegte gegenständliche
Veränderungen des Gemeinschaftseigentums, die vom Aufteilungsplan oder vom
früheren Zustand des Gebäudes nach Fertigstellung abweichen (Schmid/Kahlen,
Wohnungseigentumsrecht, 2007, § 22 Rn 6; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten,
WEG, 8. Aufl. 2007). Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten befindet sich
die auf seinem Balkon errichtete Abtrennung nicht in seinem Sondereigentum.
Nach § 5 Abs. 1 a.E. WEG sind zu Räumen des Sondereigentums gehörende
Bestandteile nur dann Gegenstand des Sondereigentums, wenn sie verändert
werden können, ohne dass hierdurch die äußere Gestalt des Gebäudes verändert
wird (BayObLG, Beschl. v. 15.02.1984, 2 Z 111/83, WuM 1985, 31, 32). Die
Errichtung der Trennwand auf dem Balkon des Beklagten verändert die äußere
Gestalt des Gebäudes jedenfalls aus Sicht des Sondereigentums der Klägerin (vgl.
BayObLG a.a.O.; Staudinger/Bub, WEG, 13. Bearb. 2005, § 22 Rn. 106). Der
Klägerin wird hierdurch der freie Ausblick von ihrem Balkon aus über den Balkon
des Beklagten hinweg in die Umgebung des Gebäudes verstellt. Auf den optischen
Eindruck des Gesamtgebäudes von außen kommt es insoweit nicht an.
Durch die bauliche Veränderung werden die Rechte der Klägerin auch über das bei
einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt
(vgl. §§ 22 Abs. 1 Satz 1, 14 Nr. 1 WEG). Hatte die Klägerin zunächst eine freie
Aussicht seitlich über den Balkon des Beklagten hinweg, blickt sie nunmehr vor die
Trennwand. Unerheblich ist das Vorbringen des Beklagten, die Aussicht der
Klägerin bestehe ohnehin nur auf die anderen Apartmenthäuser und auf die A-
Straße sowie die dort befindlichen Parkplätze. Allein die Einengung des Blickwinkels
zu der betreffenden Seite hin verändert den bislang offenen und weiträumigen
Charakter des Balkons und schafft dort eine Atmosphäre der Abgeschlossenheit.
3
4
Charakter des Balkons und schafft dort eine Atmosphäre der Abgeschlossenheit.
Indessen kommt es auf den von dem Beklagten so empfundenen Vorteil des
besseren Sichtschutzes im Bereich seines Sondereigentums nicht an. Ein solcher
war bei Erwerb des Wohnungseigentums nicht vorhanden, so dass nicht ersichtlich
ist, weswegen der Beklagte ihn nunmehr beanspruchen könnte.
2. Selbst wenn man mit dem Beklagten die Auffassung vertritt, dass hier mangels
Einwirkung auf das Gemeinschaftseigentum keine bauliche Veränderung vorliege,
führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Auch Veränderungen im Bereich des
Sondereigentums sind nach § 14 Nr. 1 WEG unzulässig, wenn dadurch einem
anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben
unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst (Drabek in: Riecke/Schmid,
FachAnwK WEG, 2. Aufl. 2008, § 22 Rn 1). Einen solchen Nachteil erblickt die
Kammer jedenfalls darin, dass durch die Trennwand die Ausblickverhältnisse auf
dem Balkon der Wohnung der Klägerin sowie in dem dahinter belegenen
Wohnraum verändert werden. Es kann insoweit auf die Ausführungen unter 1.
verwiesen werden.
Der Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen.