Urteil des LG Heilbronn vom 20.10.2015

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LG Heilbronn Urteil vom 20.10.2015, Bm 6 O 128/15
Haftung des Zahlungsdienstleisters: Autorisierung eines
Telefaxüberweisungsauftrags bei gefälschter Unterschrift
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 110 % des jeweils zu vollstreckenden
Betrages vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 2.170.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
1 Die Klägerin, die Opfer eines so genannten „Fake-President-Tricks“ geworden ist,
verlangt von der Beklagten Erstattung der zu ihren Lasten ausgeführten
Überweisungsvorgänge.
2 Die Klägerin steht mit der Beklagten, bei der sie verschiedene Geschäftskonten
führt, in langjährigen Geschäftsbeziehungen. Überweisungsaufträge erteilt die
Klägerin der Beklagten standardmäßig im Rahmen des E-Banking (multicash). Nur
in Ausnahmefällen werden Überweisungsaufträge nicht im Rahmen des
elektronischen Verfahrens oder postalisch, sondern per Telefax übersandt.
3 Am 1./2.3.2006 haben die Parteien schriftlich eine Vereinbarung zur Ausführung
von per Telefax erteilten Überweisungen für das hier streitgegenständliche Konto
... getroffen (Anl. K5). Darin heißt es auszugsweise:
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„Der Kunde wünscht Überweisungen, Garantieaufträge unter anderem auch per
Telefax an die Sparkasse zu übermitteln.
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Dabei ist der Kunde durch die Sparkasse ausdrücklich über die Möglichkeit eines
Missbrauchs bei der Übermittlung von Telefaxaufträgen, z.B. Fälschung und
Verfälschung durch schattenloses Kopieren, Fälschung von Unterschriften,
Veränderungen am Originalbeleg oder Manipulationen der Absenderkennung
unterrichtet worden. Die Sparkasse ist nicht in der Lage, per Telefax eingehend
Aufträge auf ihre Echtheit und Übereinstimmung mit dem Original hin zu
überprüfen…. Dessen ungeachtet bittet der Kunde, per Telefax erteilte Aufträge
unter Beachtung der nachfolgenden Bedingungen zur Ausführung oder
Weiterleitung anzunehmen.
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2. Dem Kunden ist bekannt, dass beim Einsatz von Telefaxgeräten in verstärktem
Maße die Möglichkeit der missbräuchlichen Verwendung, wie insbesondere der
Fälschung und Verfälschung von Erklärungen, Aufträgen und Unterschriften
besteht. Der Kunde hat zur Vermeidung von Missbrauch dafür Sorge zu tragen,
dass ein Dritter keine Kenntnis von dieser Vereinbarung erhält. Der Kunde ist sich
darüber im Klaren, dass ein Missbrauch keineswegs ausgeschlossen werden
kann. Gleichwohl bittet er die Sparkasse, in vorstehend beschriebene Weise
eingehende Fernkopien als rechtsverbindliche Aufträge bzw. Erklärungen
anzuerkennen, ohne Rücksicht auf die Echtheit der Unterschrift….
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4. Der Kunde verpflichtet sich, dass die mittels Telefax übermittelten Aufträge im
Original gemäß den in den Kontounterlagen getroffenen Verfügungsvollmachten
vor der Absendung unterzeichnet werden.
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5. Bei eventuellen Rückfragen sind folgende Personen telefonisch zur Bestätigung
des Auftrages autorisiert: Herr/Frau Z.
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7. die Sparkasse wird von jeder Haftung und allen Regressansprüchen Dritter
freigestellt, die aufgrund einer missbräuchlichen Verwendung des oben genannten
Übermittlungssystems, insbesondere einer Fälschung von Unterschriften oder
einer sonstigen Fälschung oder Verfälschung der Originalunterlagen entstehen.
Die Sparkasse ist zur Belastung des Kundenkontos auch dann berechtigt, wenn
die Unterschriften auf den per Telefax erteilten Aufträgen gefälscht sind.
Eventuelle Schäden trägt der Kunde, soweit sie nicht von der Sparkasse
verschuldet wurden. Auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkasse,
insbesondere deren Nr. 20 (1) c, wird besonders verwiesen.“
10 Ausweislich der am 21.6.2013 aktualisierten Unterschriftenkarte zum
streitgegenständlichen Konto (Anl. K 11) waren beide Geschäftsführer der Klägerin
jeweils einzelverfügungsberechtigt, während die dort aufgeführten weiteren
Mitarbeiter jeweils nur gemeinschaftlich mit einem weiteren Mitarbeiter
verfügungsberechtigt waren.
11 Am 26. November 2014 traten unbekannte Dritte erstmals an die bei der Klägerin
in der Buchhaltung beschäftigten Frau G. heran und veranlassten sie, einen
Überweisungsauftrag in Höhe von Euro 570.000,00 zu erstellen. Frau G. wurde
dabei vorgespiegelt, dass die Anweisung zur Erstellung eines
Überweisungsauftrags direkt vom Geschäftsführer B. stamme.
12 Aus den beigezogenen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten ergeben sich
folgende Erläuterungen: Eine Gruppierung unbekannter Täter, zu denen auch die
Verantwortlichen der Empfängerfirma F. Bt. in Ungarn gehören, hat einer
Mitarbeiterin der Klägerin, die für die Durchführung von Zahlungen zuständig ist,
vorgespiegelt, ihr Arbeitgeber, die O., plane den Ankauf einer Firma. Hierbei wurde
sie durch eine unbekannte Person, die sich als Rechtsanwältin B. aus Berlin
ausgab, telefonisch und per E-Mail kontaktiert. Diese brachte sie auch dazu, eine
so genannte „Vertraulichkeitserklärung“ zu unterzeichnen, in der sich die
Mitarbeiterin verpflichtete, über durchgeführte Zahlungen keine Meldung zu
machen, auch nicht gegenüber ihrer Vorgesetzten, der Zeugin Z.. Um den
angeblich bevorstehenden Firmenkauf glaubhaft erscheinen zu lassen, erhielt die
Mitarbeiterin per E-Mail Dokumente, die vom Geschäftsführer B. stammen und den
bevorstehenden Firmenkauf bestätigen sollten. Tatsächlich waren die
Unterschriften gefälscht und die Absender- E-Mail-Adresse gehörte auch nicht
Herrn B., sondern war leicht verändert worden…@o. statt…@o.…, was der
Mitarbeiterin nicht auffiel. Den unbekannten Tätern gelang es so, die Mitarbeiterin
dazu zu veranlassen, in der Zeit vom 26.11.2014 bis 8.12.2014 in fünf Branchen
insgesamt 5,07 Millionen EUR auf Konten in Ungarn und China zu überweisen.
13 In Folge der Täuschung übersandte Frau G. den vermeintlich von Herrn B.
unterschriebenen Überweisungsauftrag am 26. November 2014 zur Ausführung
per Telefax an die Beklagte (Anl. K 6). Aufforderungsgemäß erhielt sie von der
Beklagten sofort nach Ausführung einen so genannten SWIFT-Nachweis über die
Zahlung. Weitere identisch gefälschte Überweisungsaufträge übersandte Frau G.
am 28. November 2014 über 850.000 EUR, am 2.12.2014 über weitere 850.000
EUR, am 3.12.2014 über 1.700.000 EUR und am 8.12.2014 über 1.100.000 EUR
(vgl. Anl. K 7 bis K 10). Tatsächlich waren sämtliche Überweisungsaufträge nicht
vom Geschäftsführer B. unterzeichnet. Vielmehr wurde die Unterschrift eines der
beiden Geschäftsführer der Klägerin, Herrn B., von Dritten und ohne Wissen der
Klägerin sowie von Frau G. in die Überweisungsaufträge hineinkopiert.
14 Der letzte Überweisungsauftrag über 1,1 Millionen EUR konnte noch vor
Zahlungsgutschrift auf dem Empfängerkonto der Täter gestoppt werden. Auf dem
Geschäftskonto der Klägerin kam es insgesamt zu Zahlungsflüssen i.H.v.
3.970.000 EUR. Die als Nr. 3 aufgeführte Überweisung i.H.v. 850.000 EUR konnte
durch Intervention der Ermittlungsbehörden auf dem Konto des Empfängers
sichergestellt werden. Eine Rückzahlung dieses Betrages an die Klägerin ist
bislang nicht erfolgt. Dieser Betrag ist derzeit nicht streitgegenständlich. Die
Versicherung der Klägerin hat einen Betrag von 950.000 EUR erstattet. Den
Restbetrag von 2.170.000 EUR verlangt nunmehr die Klägerin von der Beklagten.
15 Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor,
über das streitgegenständliche Konto seien vor allem Inlandsgeschäfte
abgewickelt worden. Wie in den Multicash-Verfahren seien Überweisungsaufträge
von Mitarbeitern der Buchhaltung unterzeichnet worden, nicht aber von den
Geschäftsführern. Nur in absoluten Ausnahmefällen seien Überweisungsaufträge
per Telefax übersandt worden. Auch diese würden entsprechend dem bei der
Klägerin geltenden Vieraugenprinzip mit zwei Unterschriften versehen und seien in
der Vergangenheit nicht von den Geschäftsführern erteilt worden. Auch sei zu
keinem Zeitpunkt vorher ein SWIFT-Nachweis über die Zahlung angefordert
worden. Bei Abweichen von diesen üblichen Vorgehensweisen seitens der
Klägerin in absoluten Ausnahmefällen habe sich die Beklagte über die Richtigkeit
des Überweisungsauftrag stets telefonisch rückversichert. Schon der erste
Überweisungsauftrag per Telefax habe in mehrerer Hinsicht nicht der üblichen
Übermittlungsweise entsprochen. Der vermeintlichen Unterschrift des
Geschäftsführers sei ein „i. V.“ vorangegangen. Der Auftrag habe die Aufforderung
enthalten, unverzüglich per E-Mail einen SWIFT- Nachweis über die Zahlung zu
übersenden. Auch handle es sich bei dem Empfänger um eine im Ausland
belegene Gesellschaft, obwohl die Klägerin ihren ausländischen Zahlungsverkehr
grundsätzlich nicht über das betroffene Konto bei der Beklagten abwickle, sondern
über international tätige Geschäftsbanken (K 1 - K 3: H. T. AG), und auch dort
ersichtlich nur unter der der Beklagten bekannten Berücksichtigung des 4-Augen-
Prinzips. Auch sei es nicht üblich gewesen, dass ein Geschäftsführer überhaupt
Überweisungsaufträge erteile. Ferner handle es sich bei dem
streitgegenständlichen Konto um das für das sog. Cashpool-Verfahren verwandte
Clearing-Konto der Klägerin. Beteiligte Unternehmen seien nur inländische
Gesellschaften der Klägerin. Diese daran beteiligten Gesellschaften seien der
Beklagten bekannt. Aufgrund dieser Abweichungen hätte die Beklagte bei den von
der Klägerin für Rücksprache autorisierten Personen oder dem Geschäftsführer B.
Rücksprache halten müssen, was nicht erfolgt sei. Vielmehr habe die Zeugin Z.
nach Ausführung der ersten Überweisung bei einer Mitarbeiterin der Beklagten
telefonisch nachgefragt, da ein Beleg nicht vorgelegen habe. Auch sei unklar
gewesen, ob es sich um eine Überweisung oder um eine Abbuchung gehandelt
habe. Die Mitarbeiterin der Beklagten habe die Zeugin jedoch beruhigt und ihr
gegenüber erklärt, die Überweisung sei von Herrn B. veranlasst worden. Ein
Hinweis auf eine angeblich geheime Sache sei nicht erfolgt. Bei den
nachfolgenden Überweisungsaufträgen finde sich als Rechtsunterzeichner die
Zeugin G., die gerade nicht über eine Bankvollmacht verfügt habe. Bei sämtlichen
Überweisungsaufträgen sei im Übrigen die vermeintliche Unterschrift von Herrn B.
identisch. Ansonsten typische und übliche Abweichungen innerhalb der einzelnen
Unterschriften seien nicht feststellbar. Trotz dieser zahlreichen Hinweise darauf,
dass die Überweisungsaufträge an die Beklagte nicht tatsächlich vom
Geschäftsführer B. und somit der Klägerin autorisiert worden waren, habe die
Beklagte diese ohne Rückfrage bei der Klägerin ausgeführt. Der von der Beklagten
erwähnte, vom Geschäftsführer B. alleine unterzeichnete Garantieauftrag sei
mangels Zahlungsflusses und wegen des Einzelfallcharakters der der
Geschäftsleitung obliegenden Zuständigkeit nicht vergleichbar. Eine unmittelbare
Kontaktaufnahme der Zeugin G. mit dem Geschäftsführer B. am 28.11.2014 sei an
dessen Abwesenheit bei einer Betriebsversammlung gescheitert. Die E-Mail-
Rückfrage sei wiederum mit einer Fälschung beantwortet worden. Auch habe sich
die Zeugin G. vor der Einreichung des Überweisungsauftrags telefonisch an die
Beklagte gewandt und verschiedene Auskünfte begehrt. Bereits hier hätte die
Beklagte misstrauisch werden müssen. Dies umso mehr, als Frau G. (AS 6) als
noch junge und unerfahrene Mitarbeiterin der Buchhaltung für den üblichen
externen Zahlungsverkehr nicht zuständig gewesen sei. Insbesondere habe sie
zuvor noch nie Überweisungsaufträge per Telefax gegenüber der Beklagten erteilt.
Zudem habe sich Frau G. nicht an die üblichen Ansprechpartner der Beklagten
gewandt, sondern mit ihrer Bekannten, der Zeugin W., kommuniziert. Diese hätte
angesichts der ungewöhnlichen Anfrage Frau G. an die zuständigen
Ansprechpartner der Beklagten verweisen müssen. Zudem hätte der Hinweis der
Zeugin G. auf eine heimliche Zahlung / heimliche Sache Anlass sein müssen, den
für Zahlungen verantwortlichen Ansprechpartner der Beklagten, Herrn L. oder
zumindest die nach der Vereinbarung zur Ausführung von per Telefax erteilten
Überweisungen (Anl. K5) benannten Personen anzusprechen. Schließlich treffe
nicht zu, dass die Zeugin Z. der Mitarbeiterin der Beklagten S. am 8.12.2014
telefonisch mitgeteilt habe, sie könne die Überweisung i.H.v. 1,1 Millionen EUR
bedenkenlos ausführen.
16 Rechtlich ist die Klägerin der Auffassung, ihr Erstattungsanspruch ergebe sich aus
§ 675u S. 2 BGB. Die Überweisungsaufträge seien nicht autorisiert gewesen. Das
Risiko der Fälschung eines Überweisungsauftrags trage stets der
Zahlungsdienstleister. Die getroffene Vereinbarung zur Ausführung von per
Telefax erteilten Überweisungen aus dem Jahr 2006 stehe dem
Erstattungsanspruch nicht entgegen. Nach § 675e Abs. 1 und 4 BGB dürfe von
den Vorschriften der §§ 675j Abs. 1, 675u BGB durch Vereinbarung nicht zum
Nachteil des Zahlungsdienstnutzers abgewichen werden. Nach der Legaldefinition
des § 1 Abs. 5 ZAG handele es sich bei der Vereinbarung auch nicht um ein
Zahlungsauthentifizierungsinstrument (ZAI) gemäß § 675j Abs. 1 S. 4 BGB. Trotz
Vorhandenseins einer Unterschrift stellten weder das Ausfüllen eines
Überweisungsträgers noch die bloße Vereinbarung über die Abwicklung von
Überweisungen per Telefax ein Zahlungsauthentifizierungsinstrument (ZAI) dar,
auch nicht im Lichte der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 9.4.2014). Der geltend
gemachte Erstattungsanspruch entfalle auch nicht nach allgemeinen
Rechtsscheingrundsätzen. Auch liege keine der Klägerin zurechenbare
Anscheinsvollmacht vor. Die missbräuchlichen Überweisungsaufträge müssten bei
der Beklagten einen Rechtsscheintatbestand gesetzt haben, wonach diese
annehmen durfte, die Überweisungsaufträge seien vom Willen der Klägerin
getragen. Ein Kreditinstitut gehe aber regelmäßig davon aus, dass der
Kontoinhaber selbst handelt. Der Kontoinhaber müsse sich die Schaffung eines
Rechtsscheins nur dann entgegenhalten lassen, wenn dieser sich gerade auf die
Echtheit des Überweisungsauftrags beziehe. Da eine Überweisung, die
telekommunikativ ausgeführt werden soll, besondere Risiken birgt, sei in
Zweifelsfällen eine Kreditinstitut gehalten, sich die Echtheit zweifelhafter
Auftraggeberaufträge vom Auftraggeber telefonisch bestätigen zu lassen. Auch
erstrecke sich ein möglicher Rechtsschein nicht ohne Weiteres auf
außergewöhnliche Geschäfte. Schließlich sei ein etwa gesetzter
Rechtsscheinstatbestand der Klägerin nicht zurechenbar. Der Vertretene müsse
nämlich die Möglichkeit gehabt haben, die Entstehung des
Rechtsscheintatbestands zu verhindern. Soweit die in Anl. K 5 getroffene AGB-
Regelung zum Nachteil der Klägerin als Zahlungsdienstnutzer abweiche, sei diese
gem. § 675e Abs. 1 Satz 4 BGB unwirksam. Auch bestehe kein aufrechenbarer
Schadensersatzanspruch der Beklagten: Das Fälschungsrisiko trage grundsätzlich
der Zahlungsdienstleister. Die Klägerin treffe weder ein Verschulden noch habe sie
den Girovertrag verletzt.
17 Die Klägerin beantragt:
18 Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin
19 1. einen Betrag von Euro 2.170.000,00 nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 14. Februar 2015,
2. sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von Euro 10.826,90 nebst
Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit
Rechtshängigkeit
zu zahlen.
20 Die Beklagte beantragt,
21 die Klage abzuweisen.
22 Sie trägt im Wesentlichen vor,
das Bestehen der internen Vorgabe bei der Klägerin, dass Überweisungen nach
dem Vieraugenprinzip unterzeichnet werden müssen, werde bestritten, jedenfalls
sei dies der Beklagten bis zur Auseinandersetzung in dieser Streitsache nicht
bekannt gewesen und so nie kommuniziert worden .
23 So habe auch der Geschäftsführer B. am 28.8 2013 einen Garantieauftrag allein
unterzeichnet, der aus der Buchhaltung der Klägerin ebenfalls per Telefax an die
Beklagte weitergeleitet worden sei, ohne dass dies zu irgendwelchen
Besonderheiten geführt habe. Auch habe die Klägerin über das
streitgegenständliche Konto Auslandszahlungsaufträge abgewickelt.
24 Abgesehen davon obliege es ausschließlich der Bestimmung durch die Klägerin,
welches Konto Sie für welche Überweisungen verwende. Schließlich hätten auch
die Mitarbeiterinnen der Klägerin, Frau G. und die für die Buchhaltung
Verantwortliche Mitarbeiterin, Frau Z., trotz positiver Kenntnis von der Verwendung
des streitgegenständlichen Kontos nichts veranlasst und deshalb offenbar nichts
Außergewöhnliches gesehen.
25 Vor der ersten am 26.11.2014 erfolgten Überweisung habe Frau G. bei der
Beklagten angerufen, um anzukündigen, dass Sie Zahlungen im Auftrag von Herrn
B. zu tätigen habe, welche sie per Fax senden wolle, da die Überweisungen nicht
auffallen sollten. Obwohl die Mitarbeiterin W. der Beklagten mitgeteilt habe, dass
man die veranlasste Zahlung den Kontoauszügen entnehmen könne, weswegen
eine absolute Geheimhaltung nicht möglich sei, sei die Zeugin G. bei ihrem
Wunsch geblieben. Nach diesem vorangegangenen Anruf und dem Hinweis auf
die Heimlichkeit der Sache seien weitere Fragen durch die Beklagte nicht mehr
veranlasst gewesen. Auch habe die Zeugin Z. am 28.11.2014 angerufen und
nachgefragt, um was für eine Zahlung es sich bei den 570.000 EUR handeln
würde. Daraufhin seien ihr die Empfängerdaten mitgeteilt und dargelegt worden,
dass es sich nach Angaben von Frau G. um eine geheime Sache handle,
woraufhin Frau Z. erklärte, dass die Zahlung in Ordnung sei. Damit stehe fest, dass
der erste Zahlungsauftrag vom 26.11.2014 sowie dessen Abwicklung bei der
Klägerin offenkundig bekannt und auch die nachfolgenden Kontoumsätze für die
Klägerin ersichtlich waren, insbesondere auch die Zahlungsempfänger. Zu keinem
Zeitpunkt hätten die Mitarbeiter der Klägerin es für notwendig erachtet, zu
überprüfen, ob die für Faxaufträge vereinbarten Vorgaben gemäß
Faxvereinbarung eingehalten und insgesamt Originalunterschriften für jeden
Zahlungsauftrag vorgelegen hätten, geschweige denn Rücksprache mit einem der
Geschäftsführer zu halten. Beim fünften und letzten Zahlungsauftrag vom
8.12.2014 habe die Beklagte bei der Klägerin um Rückruf gebeten, da auf dem
Faxauftrag die vereinbarte Gebührenregelung nicht angegeben gewesen sei. Die
kurze Zeit später anrufende Zeugin Z. habe mitgeteilt, dass auch die fünfte
Überweisung bedenkenlos ausgeführt werden könne und dass die Klägerin wie
bei den anderen Überweisungen alle Gebühren selbst übernehmen werde.
Insgesamt stehe damit fest, dass Frau G. ohne jede Täuschung durch Dritte
gewusst habe, dass es sich bei der von ihr eingeholten Unterschrift des
Geschäftsführers B. um eine eingescannte Unterschrift und nicht um eine
Originalunterschrift handelte. Es lägen mithin keinesfalls klassisch gefälschte
Überweisungsaufträge vor. Vielmehr habe die Zeugin G. vorsätzlich entgegen den
von der Klägerin in der Faxvereinbarung übernommenen Pflichten nicht
sichergestellt, dass sie per Fax nur Zahlungsaufträge an die Beklagte versendet,
welche mit einer Originalunterschrift versehen sind. Aus der Faxvereinbarung
ergebe sich unmissverständlich, dass die Beklagte solche per Fax eingehenden
Überweisungen als von der Klägerin autorisiert anzusehen und daher ohne
Rücksicht auf deren Echtheit auszuführen habe.
26 Die Beklagte ist der Auffassung, es liege eine Autorisierung der Zahlungsaufträge
im Sinne von § 675u in Verbindung mit § 675j BGB vor. In der in Anl. K5
vorgelegten Faxvereinbarung sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass
die Beklagte eingereichte Zahlungsaufträge als rechtsverbindliche
Authentifizierungsaufträge anerkennen und ausführen muss ohne Rücksicht auf
die Echtheit der Original-Unterschrift, zu deren Einholung sich die Klägerin
verpflichtet habe. Eine solche vollumfängliche Haftungsfreistellung sei zulässig,
weil es sich hierbei allein um die Zuweisung des Risikos handele, das sich nur aus
einer vom Kunden ausdrücklich gewünschten und nur dessen Interessen
dienenden Arbeitserleichterung ergebe. Spätestens seit dem Urteil des
europäischen Gerichtshofs vom 9.4.2014 stehe fest, dass der Zahlungsauftrag
unabhängig von der Frage, ob der verwendete Verfahrensablauf personalisiert sei
oder nicht, als ZAI anzusehen sei, wenn der zwischen den Personen vereinbarte
Verfahrensablauf eingehalten werde. Jedenfalls aber sei die Berufung der Klägerin
auf eine fehlende Authentifizierung als Verstoß gegen § 242 BGB anzusehen.
Schließlich habe die Klägerin durch Unterzeichnung der Faxvereinbarung den
Rechtsschein dafür gesetzt, dass diese bei Übersendung von Faxaufträgen durch
die Klägerin einen ordnungsgemäß authentifizierten Zahlungsauftrag erhalte.
Aufgrund der von der Klägerin in der Vereinbarung übernommenen Verpflichtung
habe sie bei der Beklagten mehrfach den ihr zurechenbaren Anschein dafür
gesetzt, dass die Beklagte davon ausgehen habe dürfen, dass die von der
Klägerin per Fax übersandten Aufträge die Unterschrift des Geschäftsführers im
Original enthalten. Jedenfalls aber stehe der Beklagten gegenüber der Klägerin ein
Schadensersatzanspruch in Höhe der Klageforderung zu, mit welchem
ausdrücklich aufgerechnet werde. Die Mitarbeiterinnen der Klägerin hätten
vorsätzlich gegen die in der Vereinbarung übernommenen Verpflichtungen
verstoßen. Ebenso liege ein zumindest grob fahrlässiger Verstoß gegen die
Verpflichtung aus Nr. 20 Abs. 1c der AGB der Beklagten vor. Auch habe die
Klägerin ihre Nebenpflichten gegenüber der Beklagten aus dem Girovertrag in grob
fahrlässiger Art und Weise verletzt, dafür Sorge zu tragen, dass Fälschungen von
Unterschriften vermieden werden. Schließlich habe die Klägerin gegen ihre
eigenen internen Sicherstellungspflichten verstoßen, was eine grob fahrlässige
Verletzung ihrer Organisationsverpflichtung darstelle. Im Übrigen habe aus Sicht
der Beklagten gerade kein Zweifelsfall vorgelegen, so dass eine Verpflichtung zur
eigenständigen Nachfrage nicht bestanden habe. Auch wenn es möglicherweise
unüblich gewesen sei, dass ein Geschäftsführer der Klägerin
Überweisungsaufträge alleine unterzeichnet habe, habe Frau Z. als maßgebliche
Person der Klägerin in deren Buchhaltung gerade die Auftragserteilung des ersten
Auftrages freigegeben, ohne irgendwelche Bedenken anzumelden. Zweifel an der
Echtheit und Originalität der Unterschrift hätten aufgrund eines Vergleichs mit der
Unterschriftenkarte nicht vorgelegen. Auch das Kürzel „i.V.“ sei kein Anlass für
einen Verdacht gewesen, wenn tatsächlich der Geschäftsführer mit seiner
Originalunterschrift den Zahlungsauftrag abgezeichnet hätte. Ob der jeweilige
Zahlungsauftrag durch Frau G. mitunterzeichnet worden sei, spiele für die Beklagte
keine wesentliche Rolle, nachdem der Geschäftsführer B.
alleinzeichnungsberechtigt gewesen sei. Im Übrigen sei unverständlich, warum der
Beklagten vorgeworfen werde, keine Rücksprache mit dem Geschäftsführer B.
gehalten zu haben, obwohl selbst die Mitarbeiter der Klägerin in Kenntnis der
Situation ebenfalls keine persönliche Rücksprache gehalten hätten.
27 Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze
nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
28 Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.
29 Denn entgegen der Auffassung der Klägerin ist davon auszugehen, dass im
vorliegenden Fall der zwischen den Parteien vertraglich genau vereinbarten
Abwicklung einer Telefaxüberweisung eine Autorisierung der Klägerin für die
Überweisungen gegenüber der Beklagten i.S.d. § 675j BGB tatsächlich vorgelegen
hat, so dass kein Anspruch gegenüber der Beklagten auf Erstattung des
Zahlungsbetrages gem. § 675u BGB besteht (1).
30 Selbst wenn man indessen von einer fehlenden Autorisierung ausgeht, steht der
Beklagten ein Schadensersatzanspruch in gleicher Höhe gegenüber der Klägerin
wegen einer zumindest grob fahrlässigen Verletzung der vereinbarten
Bedingungen für die Telefaxüberweisungen gem. § 675 v Abs. 2 Nr. 2 BGB bzw.
§§ 675, 280 BGB zu, so dass die Geltendmachung der Klageforderung gegen §
242 BGB verstößt (2).
1.
31 Der zwischen den Parteien bestehende Bank(Giro)vertrag ist ein Zahlungsdienste-
rahmenvertrag i. S. d. § 675f Absatz 2 BGB, so dass die Bestimmungen über
Zahlungsdienste (§§ BGB § 675c ff. BGB) auf die streitgegenständlichen
Überweisungsaufträge Anwendung finden. Diese Bestimmungen, die mit am
31.10.2009 in Kraft getretenem Gesetz neu in das BGB eingefügt wurden, sind im
vorliegenden Fall auch zeitlich anwendbar (vgl. EGBGB Artikel 229 § 22 Absatz 1).
a)
32 Nach § 675u Satz 2 BGB, der gem. § 675e Abs. 1,4 BGB zwingendes Recht
darstellt und deshalb auch im kaufmännischen Verkehr keine abweichende
Regelung zu Lasten des Nutzers ermöglicht, kann die Klägerin im Fall eines nicht
autorisierten Zahlungsvorgangs von der Beklagten als Zahlungsdienstleisterin die
unverzügliche Erstattung des Zahlungsbetrages verlangen und, sofern der Betrag
einem Zahlungskonto belastet worden ist, dass dieses Zahlungskonto wieder auf
den Stand zu bringen ist, auf den es sich ohne die Belastung durch die nicht
autorisierten Zahlungsvorgänge befunden hätte.
b)
33 Die Kammer geht im vorliegenden Fall indessen von einer Autorisierung der
Telefaxüberweisungsaufträge durch die Klägerin aus.
34 Nach der Legaldefinition in § 675j Abs. 1 BGB Satz 1 ist ein Zahlungsvorgang
gegenüber dem Zahler nur wirksam, wenn er diesem zugestimmt hat
(Autorisierung). § 675j Satz 3 BGB bestimmt, dass Art und Weise der Zustimmung
zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister zu vereinbaren sind, nach
Satz 4 kann insbesondere vereinbart werden, dass die Zustimmung mittels eines
bestimmten Zahlungsauthentifizierungsinstruments (ZAI) erteilt werden kann.
35 Nach Auffassung der Kammer führt die unstreitig erfolgte Fälschung der
Unterschrift des Geschäftsführers der Klägerin B. nicht automatisch zur fehlenden
Autorisierung. Vielmehr ergibt sich aus der Vereinbarung (Anl. K 5) aus dem Jahre
2006 eine Autorisierung dadurch, dass die gefaxte Unterschrift, die naturgemäß
der Beklagten nie im Original vorliegen kann, als Autorisierung anzusehen ist, weil
die Klägerin die Pflicht zur vorherigen Prüfung des Vorliegens einer
Originalunterschrift übernommen hat und ausdrücklich vereinbart war, dass in
dieser Weise von der Klägerin übermittelte Fernkopien als rechtsverbindliche
Aufträge ohne Rücksicht auf die Echtheit der Unterschrift anzusehen sind.
c)
36 Hierbei verkennt die Kammer nicht, dass die Auffassung vertreten wird, eine
Fälschung durch Dritte stelle nie eine Autorisierung durch den wahren Zahler dar,
das Risiko der Fälschung trage vielmehr immer der Zahlungsdienstleister. Dies sei
das Ergebnis der Zusammenschau der §§ 675u, 675j BGB (MüKo-Casper Rz.1
und 8; Bankrechtshandbuch 4. Aufl.-Mayen, § 49 Rz. 29: An einer Zustimmung
des Kontoinhabers fehle es jedenfalls in den Fällen, in denen der
Überweisungsauftrag gefälscht oder verfälscht wurde. Die neue Rechtslage
entspreche der früheren, da auch bisher im Falle der Fälschung von einer
fehlenden Weisung ausgegangen worden sei. Geändert habe sich ebenfalls nicht,
dass das Zahlungsinstitut selbst dann keinen Aufwendungsersatzanspruch hat,
wenn es die Fälschung nicht erkennen konnte und diese durch einen Umstand
ermöglicht wurde, der in der Sphäre des Kontoinhabers lag (BGH NJW 2001,
2968).Eine fehlende Autorisierung und infolgedessen ein fehlender
Aufwendungsersatzanspruch liege auch in diesem Fall vor, da § 675j Abs. 1 BGB
nach seinem eindeutigen Wortlaut eine tatsächlich erteilte Zustimmung
voraussetze. Ein nicht vom Kunden gesetzter Rechtsschein einer solchen
Zustimmung genüge daher nicht.)
37 Die Kammer nimmt auch zur Kenntnis, dass entgegen ihrer in der mündlichen
Verhandlung geäußerten vorläufigen Rechtsauffassung der Bundesgerichtshof in
seiner Entscheidung vom 16.6.2016 (NJW 2015, 3093 f.) die bis dahin streitige
Rechtsfrage der Anwendbarkeit von Rechtscheinshaftungstatbeständen
dahingehend entschieden haben will, dass im Anwendungsbereich der §§ 675c ff.
BGB einem Zahler ohne dessen Autorisierung ein Zahlungsvorgang nicht als
Leistung zugerechnet werden kann, unabhängig davon, ob der
Zahlungsempfänger Kenntnis von der fehlenden Autorisierung hat und wie sich der
Zahlungsvorgang aus seiner Sicht darstellt. Die Unanwendbarkeit der
Rechtsscheinhaftung auch im Verhältnis zwischen Zahler und
Zahlungsdienstleister beruhe maßgeblich auf der Einführung des nur sehr
eingeschränkt abdingbaren Zurechnungskriteriums der Autorisierung durch den
Zahler.
d)
38 Damit ist aber gerade nicht ausgeschlossen, dass der Zahler und der
Zahlungsdienstleister Art und Weise der Zustimmung und damit der Autorisierung
gem. § 675j BGB Sätze 3 und 4 individuell vereinbaren können. Es geht mithin
letztlich nicht um die Frage, ob sich die Beklagte auf einen nicht auf eine echte
Unterschrift des Geschäftsführers B. bezogenen Rechtsschein berufen kann,
sondern darum, ob nicht aus der Einhaltung der in der Vereinbarung zur
Ausführung von per Telefax erteilten Überweisungen (Anl. K 5) festgelegten
Vorgehensweise eine tatsächliche Autorisierung erfolgt ist. Darin verpflichtete sich
die Klägerin nämlich, dass die mittels Telefax übermittelten Aufträge gemäß den in
den Kontounterlagen getroffenen Verfügungsvollmachten vor der Absendung im
Original unterzeichnet werden, d.h. vor Faxübersendung vorliegen müssen. Zuvor
wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Beklagte nicht in der Lage ist,
per Telefax eingehende Aufträge auf ihre Echtheit und die Übereinstimmung mit
dem Original hin zu überprüfen. Unstreitig lag der Mitarbeiterin der Klägerin G. aber
zu keinem Zeitpunkt die Unterschrift des Geschäftsführers B. im Original vor, bevor
Sie die entsprechenden Überweisungsaufträge per Telefax an die Beklagte
übermittelte. Abgesehen davon, dass dies einen klaren Verstoß gegen die
zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung darstellt, ändert dieser Umstand
aber nichts am Vorliegen der vereinbarten Autorisierung: Letztlich haben die
Parteien mit der Vereinbarung von 2006 für den Sonderfall der
Telefaxüberweisung die Art und Weise der Zustimmung des Zahlers gesondert
individuell geregelt. Wünscht ein Zahler die Möglichkeit eines
Überweisungsauftrages per Telefax, kann der Zahlungsdienstleister per se nie
eine Unterschrift des Zahlers im Original auf die Übereinstimmung mit den in den
Unterschriftskarten vorliegenden Unterschriften überprüfen. Es bleibt deshalb in
Bezug auf die Echtheit der Unterschrift nur die Möglichkeit, den Zahler selbst zu
verpflichten, sicherzustellen, dass ein solcher Überweisungsauftrag per Telefax an
den Zahlungsdienstleister nur dann übersandt wird, wenn beim Zahler die
Unterschrift eines Verfügungsberechtigten tatsächlich im Original vorliegt. Erfolgt
dann aber ein entsprechende Telefaxüberweisungsauftrag an den
Zahlungsdienstleister, liegt nach der zugrundeliegenden Vereinbarung der
Parteien eine Autorisierung i.S.v. § 675 j Abs. 1 BGB vor.
e)
39 Diese Vereinbarung ist auch nicht wegen Verstoßes gegen § 675e I, IV BGB
unzulässig: § 675j Abs. 1 Sätze 3,4 BGB regeln explizit, dass Art und Weise der
Zustimmung zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister zu
vereinbaren sind (auch durch Einsatz eines ZAI). Anl. K 5 enthält diese
ausdrückliche Regelung für per Telefax erteilte Überweisungen. Darin liegt keine
gegenüber dem Gesetz nachteilige Vereinbarung zu Lasten des Zahlers. Auch der
Gesetzgeber hat hierzu angemerkt, dass die vorgeschlagenen S. 3 und 4 als
entbehrlich angesehen werden könnten, da sich diese
Vereinbarungsmöglichkeiten bereits aus der Vertragsfreiheit ergeben. Letztlich wird
hier durch die Wiedergabe des Richtlinienwortlauts aber auch deutlich gemacht,
dass solche Vereinbarungen auch grundsätzlich in Allgemeinen
Geschäftsbedingungen wirksam geschlossen werden können. Eine
Inhaltskontrolle der konkreten Vereinbarung ist dadurch jedoch nicht
ausgeschlossen (vergleiche Bundestagsdrucksache 16/11643, Seite 106).
Anhaltspunkte dafür, dass diese Vereinbarung nach den §§ 305 BGB unwirksam
ist, insbesondere wegen einer unangemessenen Benachteiligung gemäß § 307
BGB, sind nicht ersichtlich. Wünscht ein Zahler die Möglichkeit eines
Überweisungsauftrages per Telefax, kann der Zahlungsdienstleister per se nie
eine Unterschrift des Zahlers im Original auf die Übereinstimmung mit den in den
Unterschriftskarten vorliegenden Unterschriften überprüfen. Es bleibt deshalb in
Bezug auf die Echtheit der Unterschrift nur die Möglichkeit, den Zahler selbst zu
verpflichten, sicherzustellen, dass ein solcher Überweisungsauftrag per Telefax an
den Zahlungsdienstleister nur dann übersandt wird, wenn beim Zahler die
Unterschrift eines Verfügungsberechtigten tatsächlich im Original vorliegt
2.
40 Selbst wenn man aber eine Autorisierung der Telefaxüberweisungsaufträge nicht
annehmen will, verstößt der geltend gemachte Anspruch der Klägerin aus § 675u
BGB gegen § 242 BGB, da der Beklagten ein Gegenanspruch in zumindest
gleicher Höhe zusteht.
a)
41 Sollte wegen der Fälschung eine Autorisierung nicht angenommen werden, kann
sich die Beklagte zwar auf den in K 5 Ziff. 7 vereinbarten vollständigen
Haftungsausschluss und die dennoch eingeräumte Belastungsberechtigung nicht
berufen, da insoweit eine vom Gesetz (§ 675u BGB) für den Zahler nachteilige
Vereinbarung vorliegt, die gem. § 675e BGB unwirksam ist.
b)
42 § 675u S. 1 BGB stellt klar, dass bei fehlender Autorisierung kein
Aufwendungsersatzanspruch des Zahlungsdienstleisters gegen den Zahler
besteht. Vielmehr ist der Zahlungsdienstleister auf eventuelle
Schadensersatzansprüche aus § 675v BGB oder auf Schadensersatzansprüche
aus §§ 280, 675 BGB beschränkt (Palandt Rz. § 675u BGB Rz. 2,3; Staudinger
a.a.O. Rz. 16, der allerdings in § 675v BGB jetzt eine spezialgesetzliche,
abschließende Regelung im Falle der Verwendung eines ZAI sieht, beschränkt auf
Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit für den hier in Betracht kommenden Fall des
Absatzes 2).
43 Die Kammer hält jedenfalls die Voraussetzungen für einen
Schadensersatzanspruch der Beklagten aus § 675v Abs. 2 Nr. 2 BGB für
gegeben.
44 c) Anwendungsbereich des § 675v BGB: Zahlungsauthentifizierungsinstrument
45 Gemäß § 675c Abs. 3 BGB sind die Definitionen des
Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) maßgeblich wie hier in § 1 Abs. 5
Buchst. ZAG. Ein Zahlungsauthentifizierungsinstrument ist danach jedes
personalisierte Instrument oder Verfahren, das zwischen dem
Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister für die Erteilung von
Zahlungsaufträgen vereinbart wird und das vom Zahlungsdienstnutzer eingesetzt
wird, um einen Zahlungsauftrag zu erteilen.
46 Der deutsche Gesetzgeber hat diesen Begriff, der so in der Zahlungsrichtlinie nicht
enthalten war, selbständig kreiert durch die Zusammenfassung der in der Richtlinie
verwendeten Begriffe Zahlungsinstrument und Authentifizierung, ohne dass der
Gesetzgeber eine genaue Abgrenzung geliefert hat, vielmehr nur mit Beispielen
hantiert (ja: TAN und PIN, Debitkarte mit PIN, Kreditkarte im Präsenzverfahren mit
Unterschrift, nicht aber die Mitteilung der Kartendaten im Mail-Order-Verkehr).
47 Ziel eines ZAI ist, durch den Einsatz eines formalisierten Verfahrens, unter
Umständen auch unter Beschränkung auf eine bestimmte Art der Kommunikation,
und den Einsatz von Merkmalen, die nur diesem Nutzer eigen bzw. bekannt sind,
die Abwicklung eines Zahlungsvorgangs zu erleichtern und den zu seiner
Ausführung führenden Zahlungsauftrag eindeutig diesem Nutzer als Veranlasser
zuordenbar zu machen. Dem dient zum einen die Unterschrift des Zahlers, in der
Regel in Verbindung mit einem in AGB des Zahlungsdienstleisters
vorgeschriebenen Formular oder immer häufiger durch personalisierte
Sicherheitsmerkmale, die vom Zahlungsdienstleister dem Nutzer zugeteilt werden
und nur diesem bekannte oder zugängliche Codes. Bei der reinen Unterschrift ist
die Zuordnung zweifelhaft (vgl. Palandt 74. Aufl. 2015, § 675j BGB Rz. 6).
48 Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 9.4.2014 C-616/11 festgestellt, dass
der in der Richtlinie definierte Begriff des Zahlungsinstruments einen nicht
personalisierten Verfahrensablauf erfassen kann, der zwischen dem Nutzer und
dem Zahlungsdienstleister vereinbart wurde und der vom Nutzer eingesetzt
werden kann, um einen Zahlungsauftrag zu erteilen. Danach handelt es sich bei
einem vom Zahler eigenhändig unterschriebenen Zahlschein bzw. dem auf einem
solchen Zahlschein beruhenden Verfahren zur Erteilung eines
Überweisungsauftrages um ein Zahlungsinstrument. Die Authentifizierung erfolgt
dann regelmäßig über die vorab beim Zahlungsdienstleister hinterlegte Probe der
eigenhändigen Unterschrift.
49 Nach diesen Vorgaben handelt es sich auch bei der vorliegend zwischen den
Parteien getroffenen generellen Verfahrensweise für Telefaxüberweisungen um
ein ZAI (so wohl auch MüKo-Casper § 675j Rz. 29.), so dass der
Anwendungsbereich des § 675v Abs. 2 BGB eröffnet ist.
d)
50 Nach Überzeugung der Kammer liegt im vorliegenden Fall auf der Hand, dass die
Mitarbeiterin in der Buchhaltung der Klägerin G. mindestens grob fahrlässig die
zwischen den Parteien vereinbarten Bedingungen zur Nutzung der
Telefaxüberweisungen als ZAI nicht eingehalten und dadurch den Schaden infolge
der durchgeführten Überweisungsaufträge verursacht hat. In keinem Fall hat die
Mitarbeiterin vor Faxübermittlung einen im Original unterschriebenen
Überweisungsauftrag in den Händen gehalten und entsprechend auf Echtheit
überprüft, sondern vielmehr ganz bewusst nur aufgrund von in E-Mails
eingescannten, angeblichen Unterschriften des Geschäftsführers B. die
Telefaxaufträge an die Beklagte übermittelt. Sollten der Mitarbeiterin die
Vereinbarungen der K 5 und die daraus erwachsenden Prüfungspflichten nicht
bekannt gewesen sein, läge ein besonders grober, unverständlicher
Organisationsfehler im Verantwortungsbereich der Klägerin (Buchhaltung) vor.
e)
51 Auch ein Mitverschulden der Beklagten vermag die Kammer nicht zu erkennen.
52 Das Abheben der Klägerin auf angebliche Auffälligkeiten und die angebliche
Auskunft, der erste Auftrag sei von Herrn B. erfolgt, es sei alles o.k., rechtfertigen
nicht die Annahme, die Beklagte habe auf die Ordnungsgemäßheit der Einhaltung
der vereinbarten Voraussetzungen für die Telefaxüberweisungsaufträge nicht
vertrauen dürfen. Das behauptete Vier-Augen-Prinzip bei der Klägerin war so in der
bei der Beklagten hinterlegten Alleinverfügungsberechtigung des Geschäftsführers
B. (K 11) nicht kommuniziert. Für die Unüblichkeit großer Auslandsüberweisungen
über das streitgegenständliche Konto durch einen Geschäftsführer alleine kann auf
die Anl. K 1 bis K 3 gegenüber der Beklagten ebenfalls nicht mit Erfolg zurück
gegriffen werden: Woher sollte die Beklagte von Überweisungsaufträgen an
andere Banken Kenntnis erlangen ? Die Unterzeichnung eines Geschäftsführers
einer GmbH mit i.V. mag zwar unüblich sein, musste aber das Vertrauen der
Beklagten in die angeblich im Original vorliegende Unterschrift ebenso wenig
erschüttern wie der vorherige Anruf der Zeugin G. bei der Beklagten auch und
gerade wegen des darin erfolgten Hinweises auf die angebliche besondere
Geheimhaltungsbedürftigkeit der Angelegenheit.
3.
53 Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO. Der Beklagten war das beantragte
Schriftsatzrecht auf die Replik vom 10.9.2015 nicht zu bewilligen, da in der Replik
kein neuer, entscheidungserheblicher Tatsachenvortrag erfolgte.