Urteil des LG Heidelberg vom 28.07.2009

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LG Heidelberg Urteil vom 28.7.2009, 2 O 394/08
Rückabwicklung eines Grundstückskaufvertrages: Falschangabe des Sanierungskostenanteils beim
Erwerb einer zu sanierenden, denkmalgeschützten Altbauwohnung
Leitsätze
Die falsche Angabe eines Sanierungskostenanteils im notariellen Vertrag über den Erwerb einer zu sanierenden
denkmalgeschützten Altbauwohnung kann zu einem Mangel der Kaufsache führen.
Berufung anhängig beim OLG Karlsruhe unter 1 U 147/09
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger zu Händen eines von den Klägern zu beauftragenden Notars
91.600,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 9.1.2009 Zug-um-Zug
gegen lastenfreie Übereignung der Eigentumswohnung 337,74/10.000stel Miteigentumsanteil an dem Objekt M.
Straße 22/ Untere E-Str. 2a in L., Flurstück Nr. 252/f, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts L. von S.,
Wohnungsgrundbuch-Blatt 4678 und im Aufteilungsplan mit Nr. 10 bezeichnet, zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte auch zum Ausgleich des weiteren Vermögensschadens der Kläger aus
dem Erwerb der o.g. Wohnung verpflichtet ist.
3. Es wird weiter festgestellt, dass sich die Beklagte bzgl. der Rücknahme der in Nr. 1 genannten
Eigentumswohnung in Annahmeverzug befindet.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
6. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig
vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten um die Rückgängigmachung des Kaufs einer Eigentumswohnung in L. und Ersatz weiterer
Vermögensschäden hieraus.
2
Die Kläger protokollierten bei dem Notar V. H. in H. am 25. Februar 2004, nach 18:00 Uhr, ein notarielles
Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrages einschließlich Fertigstellungsverpflichtung hinsichtlich der
Sanierungs- und Renovierungsarbeiten bzgl. des Objekts Wohnung Nr. 10, M. Straße 22/ Untere E-Str. 2a in
L.- S. (Anlage K 1). Gemäß IV. Nr. 1 des Vertragsentwurfs sollte der Kaufpreis 91.541,00 Euro betragen.
Hiervon sollten nach dem Wortlaut auf Grund und Boden 9.154,00 Euro, auf die Altbausubstanz 9.154,00 Euro
und auf den Sanierungsaufwand 73.233,00 Euro entfallen. Gemäß § 1 des Angebots sei die Altbauwohnung
noch zu sanieren. Nach I. Nr. 2 des Vertragsentwurfs sollte der Verkäufer das Mietwohngrundstück sanieren
und modernisieren. ... des Vertragsentwurfs weist darauf hin, dass steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten
ausschließlich dem Käufer zustehen würden. Der Verkäufer leiste jedoch keine Gewähr für das Eintreten der
vom Käufer erwarteten steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten.
3
An diesem Tag war auch eine Musterberechnung für diese Immobilieninvestition für die Kläger erstellt und
ausgedruckt worden, wonach von einer Sonder-AfA auf Grund des Denkmalschutzes auf dem Objekt in Höhe
von jährlich 7.726 Euro ausgegangen wurde (Anlage K 5). Diese Musterberechnung ist in den Besitz der Kläger
gelangt.
4
Am 3.3.2004 fertigte die B. Bausparkasse AG, H., einen Darlehensvertrag mit den Klägern aus, wonach diese
den Betrag von 91.600,00 Euro bei einem Zinssatz von 5,40% nominal zur Finanzierung des Wohnungserwerbs
als Darlehen aufnahmen (Anlage K 6). Das Darlehen war unter anderem durch eine Briefgrundschuld in
entsprechender Höhe auf dem genannten Grundstück gesichert.
5
Am 4.3.2004 protokollierten die Vertreter der Beklagten bei dem Notar H. L. in M. die Annahme des notariellen
Angebots vom 25.2.2004 (Anlage K 2).
6
Der Kaufvertrag wurde durchgeführt und die Kläger im Grundbuch als Eigentümer der Wohnung eingetragen.
7
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2007 gaben die Kläger hinsichtlich der Eigentumswohnung als
Belastung gemäß § 7h, § 7i EStG den Gesamtbetrag von 7.580 Euro an (Anlage K 7, S. 8).
8
Das Finanzamt L. II stellte in einem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von
Grundlagen für die Einkommensbesteuerung nach § 180 Abs. 2 AO vom 7.6.2007 fest, dass als begünstigter
Sanierungsaufwand lediglich ein Teilbetrag von 4.228,49 Euro statt der von den Klägern erklärten 73.233 Euro
anerkannt werde. Die Kläger legten gegen diesen Bescheid Einspruch ein. Das Finanzamt L. II erläuterte
darauf mit Schreiben vom 15.6.2007 (Anlage K9) mit, dass die Grundlagen der Besteuerung auf Grund einer
Betriebsprüfung erfolgt seien. Der Betriebsprüfungsbericht könne jedoch nicht vollumfänglich zur Verfügung
gestellt werden, da dieser auch Daten anderer Erwerber enthalte. Die vom Bauträger kalkulierten
Sanierungskosten hätten jedoch nicht in voller Höhe anerkannt werden können, da der Fertigstellungsgrad der
Baumaßnahme nach den vom Bauträger vorgelegten Unterlagen im Rahmen der Außenprüfung einen anderen
Bautenstand bei Erwerb des Objekts durch die Kläger ergeben habe. Zu diesem Zeitpunkt seien die
Sanierungsarbeiten bereits in Höhe von 94,54% durchgeführt gewesen.
9
Der Einspruch der Kläger wurde sodann zurückgewiesen.
10 Die Beklagte ließ durch Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 25.1.2008 (Anlage B 1, As. 45) den
Klägern zum Ausgleich der steuerlichen Nachteile einen Betrag in Höhe von 16.000,00 Euro anbieten, was von
den Klägern jedoch abgelehnt wurde. Diese verlangten wiederum durch Anwaltsschreiben 20.3.2008 (Anlage K
3) sowie vom 21.4.2008 (Anlage K 4) jeweils unter Fristsetzung die Rückabwicklung des Kaufvertrags und des
Darlehensvertrages mit der Bausparkasse.
11
Die Kläger behaupten
August 2003 telefonisch angesprochen und mit diesen etwa im November 2003 in den Geschäftsräumen der
Gl. C. GmbH in W. ein Gespräch geführt, bei dem es bereits auch um den Erwerb einer denkmalgeschützten
Wohnung gegangen sei. Der Berater M. habe die Steuervorteile wegen der Denkmalförderung angepriesen. Das
Objekt eigne sich als Alterssicherung und die Kosten seien fast vollständig durch die Mieteinnahmen und die
Steuervorteile gedeckt. Ein Kaufangebot sei da bereits protokolliert worden. Dieser Kauf sei jedoch nicht
zustande gekommen. Die Beklagte bzw. deren Muttergesellschaft, die J. AG in L. (Prospekt Anlage K 10),
hätten die Gl. C. GmbH mit dem Vertrieb der Wohnung beauftragt gehabt.
12 Im Februar 2004 sei Herr M. erneut auf die Kläger zugekommen. Er habe geäußert, er habe nun ein zweites
Wohnungsangebot, das noch besser sei, als das erste. Es sei erneut ein Termin in den Geschäftsräumen in
W. mit Herrn M. vereinbart worden. Bei diesem habe Herr M. erklärt, dass die Sanierung des Objekts in Kürze
beginne. Den Klägern sei eine Musterberechnung überlassen worden, wonach lediglich eine monatliche
Zuzahlung von nur 1 Euro erforderlich sei. Die Herstellungskosten könnten wegen der Sonder-AfA jährlich mit
7.726 Euro abgesetzt werden. Noch am selben Tag seien die Kläger mit Herrn M. zum Notar gefahren und
hätten das Angebot dort protokolliert. Als die Kläger zwei Wochen später auf Schwierigkeiten bei der Gl. C.
GmbH aufmerksam geworden seien, sei ihnen eine Rücknahme des Angebots verwehrt worden, da dieses
bindend gewesen sei.
13 Die Feststellungen des Finanzamtes seien auf der Basis der Angaben der Beklagten zutreffend erfolgt. Durch
die Nichtanerkennung des überwiegenden Teils der prognostizierten Sanierungskosten sei den Klägern eine
monatliche Mehrbelastung in Höhe von 144,75 Euro entstanden, da diese nunmehr nur noch die lineare
Abschreibung in Höhe von 2,5% pro Jahr aus der Bemessungsgrundlage in Anspruch nehmen könnten. Die
Erhebung einer Klage beim Finanzgericht gegen den Widerspruchsbescheid sei daher aussichtslos gewesen.
14 Hätten die Kläger diese Umstände bei Vertragsschluss gekannt, hätten sie das Kaufangebot gegenüber der
Beklagten nie abgegeben.
15
Die Kläger beantragen
16
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger zu Händen eines von den Kläger zu beauftragenden
Notars EUR 91.600,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Abgabe folgender notarieller Erklärung der Kläger vor
dem beauftragten Notar:
17
„Wir sind eingetragene Eigentümer der im Objekt M-Str. 22 / Untere E-Str. in L. gelegenen, im
Grundbuch des Amtsgerichts L. von S., Blatt4678 eingetragenen und im Aufteilungsplan
verzeichneten Eigentumswohnung Nr. 10.
18
Wir verpflichten uns hiermit, das vorbezeichnete Wohnungseigentumsrecht auf die W. GmbH &
Co. Nr. 1 KG, vertreten durch ihren Vorstand zu übertragen, frei von der in Abteilung III des
Wohnungsgrundbuchs eingetragenen Grundschuld der B. Bausparkasse AG in Höhe von EUR
91.600,00.
19
Wir erteilen hierzu der W. GmbH & Co. Nr. 1 KG die Vollmacht, in unserem Namen unter Befreiung
von den Beschränkungen des § 181 BGB, die Auflassung zu erklären.
20
Wir erteilen unser Einverständnis mit einer Weisung der W. GmbH & Co. Nr. 1 KG an den
unterzeichnenden Notar, den eingehenden Zahlungsbetrag zur Ablösung der in Abteilung I des
Wohnungsgrundbuchs eingetragenen Grundschuld der B. Bausparkasse AG zu verwenden.
21
Wir bewilligen die Eintragung der W. GmbH & Co. Nr. 1 KG als Eigentümerin unter der
aufschiebenden Bedingung, dass Zahlungseingang in Höhe des durch die Klage geforderten
Betrages nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem (Datum
der Rechtshängigkeit) auf dem Konto des unterzeichnenden Notars erfolgt und ein etwaig
überschießender Betrag an uns auszukehren ist.“
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2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte auch zum Ausgleich des weiteren Vermögensschadens
verpflichtet ist.
23
3. Es wird festgestellt, dass sich die W. GmbH & Co. Nr.1 KG im Annahmeverzug befindet.
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Die Beklagte beantragt
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Klagabweisung.
26
Sie bestreitet
sei. Die Gespräche und Inhalte derselben mit Herrn M. bestreitet die Beklagte insgesamt mit Nichtwissen.
27 Die ausgewiesenen Sanierungskosten seien zutreffend von der Beklagten berechnet worden. Das Finanzamt L.
sei von falschen Voraussetzungen ausgegangen. So sei erforderlich, hinsichtlich jeder einzelnen Wohnung den
Bautenstand bei Erwerb der Wohnung festzustellen, was durch das Finanzamt nicht durchgeführt worden sei.
Der rechtskräftige Bescheid des Finanzamtes L. sei für den vorliegenden Rechtsstreit nicht bindend.
28 Das Zustandekommen eines Beratungsvertrages mit der Beklagten sei nicht nachgewiesen.
29 Es sei auch nicht nachgewiesen, dass die Kläger in Kenntnis der Auffassung des Finanzamtes L. vom Kauf
Abstand genommen hätten. Den Klägern stünde immerhin die Möglichkeit der linearen Abschreibung zur
Verfügung, die auf lange Sicht kaum andere finanzielle Vorteile biete als die Sonderabschreibung.
30 Die Beklagte ist zudem der Auffassung, dass die Kläger allenfalls Ersatz der steuerlichen Nachteile, nicht
jedoch Rückabwicklung des gesamten Vertragsverhältnisses verlangen könnten. Zudem müssten sich die
Kläger jedenfalls steuerliche Vorteile und die Mieteinnahmen aus der Wohnung anrechnen lassen.
31 Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen in den Akten
sowie den Hinweisbeschluss des Gerichts vom 28.4.2009 (As. 67) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
32 Die zulässige Klage ist weit überwiegend begründet. Den Klägern steht gegen die Beklagte jedenfalls ein
Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages nach Rücktritt und auf Zahlung von Schadensersatz aus dem
genannten Kaufvertrag wegen Mangelhaftigkeit der Kaufsache zu.
1.
33 a) Bei der Vereinbarung zum Sanierungskostenanteil handelt es sich im vorliegenden Fall um eine
ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung bzgl. der Kaufsache. Dies wurde vom BGH bereits für das frühere
Schuldrecht in vergleichbaren Fällen so gesehen (NJW 1999, 638f.). Demnach kam als zusicherungsfähige
Eigenschaft der Kaufsache bei Steuervorteilen zwar nicht die aus dem Gesetz folgende Ermäßigung der
Steuerschuld selbst in Frage; wohl aber könne der Verkäufer den steuerlichen Vorteil in seinen
objektgebundenen Voraussetzungen zusichern. Darum geht es auch hier bei der Vereinbarung der Höhe des
anerkennungsfähigen Sanierungskostenanteils. Der Umstand, welche Sanierungsarbeiten sich auf den
denkmalgeschützten Bereich beziehen, haftet der Kaufsache unmittelbar an und stellt mithin eine mögliche
Eigenschaft derselben dar.
34 Der im Kaufvertrag eindeutig vereinbarte Anteil des Sanierungsaufwands in Höhe von 73.233,00 Euro war
jedoch lediglich in Höhe von 4.228,49 Euro berechtigt.
35 Es liegt daher ein Mangel der Kaufsache vor und die Kläger können gem. § 437 Nr. 2 BGB vom Vertrag
zurücktreten sowie einen Anspruch aus § 437 Nr. 3 i.V.m. § 280 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte geltend
machen.
36 Darüber hinaus kommt nach der Rechtsprechung ein ergänzender Auskunfts- bzw. Beratungsvertrag mit der
Beklagten in Betracht, auch wenn dieser über einen Vermittler geschlossen worden wäre (BGH NJW 1999, 638
[639], OLG München vom 5.9.2007, Az. 20 U 2459/07, nach juris). Dies kann hier jedoch offen bleiben.
37 b) Die Kläger haben hinreichend substantiiert unter Vorlage der Bescheide des Finanzamtes L. II dargetan,
dass der Sanierungskostenanteil lediglich in geringfügigen Umfang vom Finanzamt anerkannt werden konnte,
da Sanierungsleistungen diesbezüglich bereits in einem Umfang von 94,54% bei Erwerb der Wohnung durch
die Kläger fertig gestellt gewesen seien.
38 Die Beklagte hat nicht hinreichend substantiiert bestritten, dass das Finanzamt die Sonder-AfA falsch
festgestellt hat.
39 Der Bescheid des Finanzamtes L. II vom 15.6.2007 führt aus, dass die Feststellungen zum Bautenstand bei
Vertragsschluss aus den vom Bauträger vorgelegten Unterlagen ermittelt worden seien. Die Beklagte hat daher
zunächst darzutun, dass diese von ihr selbst dem Finanzamt für die Betriebsprüfung überlassenen Unterlagen
zu einer anderen Beurteilung hätten führen müssen, als dass von den Sanierungsarbeiten bei Vertragsschluss
bereits 94,54 % abgeschlossen gewesen seien. Es spricht schon wenig dafür, dass bei diesem Bautenstand
gerade die Wohnung, die die Kläger erwarben, einen noch erheblich geringeren Fertigstellungsgrad aufgewiesen
haben soll. Dies wäre wohl nur plausibel, wenn die Sanierung der denkmalgeschützten Teile auch im Innern,
mithin im Sondereigentum durchgeführt worden wären. Die Beklagte kann sich daher bei der Substantiierung
ihres Vortrags, worauf das Gericht mehrfach hingewiesen hat, nicht auf ein pauschales Bestreiten
zurückziehen. Dennoch hat die Beklagte keinen weiter gehenden Vortrag hierzu gebracht. Es muss daher
davon ausgegangen werden, dass die Feststellungen des Finanzamtes zutreffend waren.
40 Die Auffassung der Beklagten, wonach das Finanzamt für das jeweils erworbene Wohneigentum die
Voraussetzungen nach §§ 7h/ 7i EStG hätte feststellen müssen, wird offenbar von der höheren
Finanzverwaltung nicht geteilt (vgl. Schreiben BMF vom 2. Mai 2001, BMF IV A 4-S 0361-4/01, BStBl. I S.
256; OFD Rostock Verfügung vom 22. 8. 2003 - S 2198a - St 231, DStR 2003 Heft 41 1755). Demnach ist nur
eine gesonderte Feststellung i.S. von § 180 Abs. 2 AO möglich, die aber eine differenzierte Betrachtungsweise
bzgl. der einzelnen Wohnungen des Gesamtobjekts wohl nicht zulässt. Es kommt mithin bei WEG-Objekten
wohl nur auf den Bautenstand insgesamt an (dafür offenbar Fleischmann/ Meyer-Scharenberg, DStR 1999,
748; ESt-Richtlinie zu § 7h. Abs. 1; FG München, EFG 2006, 1748). Es stellt sich daher die Frage, ob dann
nicht mit dem Widerspruchsbescheid des Finanzamtes feststeht, dass die Sonder-AfA nur in geringem Umfang
genutzt werden kann, da bei dieser Sachlage von den Klägern kein finanzgerichtliches Verfahren verlangt
werden konnte.
41 Darauf kommt es jedoch entscheidungserheblich nicht mehr an, da die Beklagte bereits nicht dargetan hat,
dass das Finanzamt überhaupt falsche Tatsachenvoraussetzungen seinem Bescheid zugrunde gelegt hat.
2.
42 a) Der Schadenersatzanspruch geht darauf, die Kläger so zu stellen, als hätten sie den Vertrag nicht
geschlossen (BGH NJW 1999, 638 [639], NJW 2003, 1811 [1814], OLG München a.a.O.). Die von der
Beklagtenseite zitierten Entscheidungen, die lediglich einen Anspruch auf Ausgleich der Nachteile im Hinblick
auf die fehlerhafte Angabe bei Vertragsschluss geben, sind hier nicht einschlägig. Es handelt sich um
Ansprüche aus vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung, insbesondere von Banken, die gerade nicht zu
einem Schadensersatzanspruch nach den oben dargestellten Grundsätzen führen (BGH NJW 1992, 555 [556],
NJW 2003, 2529 [1531], NJW-RR 2003, 1035 [1036]).
43 b) Der Schaden ist vorliegend bereits mit dem Erwerb der Immobilie eingetreten. Im Rahmen der
Vorteilsausgleichung müssen sich die Kläger jedoch Vorteile aus dem Erwerb der Eigentumswohnung bei der
Schadensberechnung grundsätzlich anrechnen lassen. Hinsichtlich der Steuervorteile kann dies ggf.
unterbleiben, wenn der Schadensersatz etwa wegen einer unternehmerischen Beteiligung auch zu versteuern
wäre oder wenn davon ausgegangen werden könnte, dass der Erwerber in Kenntnis der tatsächlichen
Umstände ein anderes Objekt mit hoher Abschreibungsmöglichkeit erworben hätte (OLG München a.a.O.).
44 Die Kläger hätten sich aber ggf. andere Vorteile, wie gezogene Nutzungen anrechnen zu lassen.
45 Hinsichtlich dieser Vorteile ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass aufgrund der lediglich als
Feststellungsantrag gestalteten Klage bzgl. der weiteren Nachteile der Kläger, die im Hinblick auf die BGH
Rechtsprechung zu noch nicht abgeschlossenen Schadensentwicklungen zulässig ist (Zöller - Greger, 27.A., §
256, Rn. 8, m.w.N.), deren Anrechnung im vorliegenden Verfahren nicht abschließend geklärt werden muss.
Dies würde dann einem weiteren Rechtsstreit mit einem Leistungsantrag vorbehalten sein. Die Kläger können
in jedem Fall den Kaufpreis schon jetzt zurückverlangen. Sie haben jedenfalls substantiiert dargetan, dass
derzeit bei Saldierung sämtlicher Einnahmen und Belastungen noch kein wirtschaftlicher Vorteil aus dem
Erwerb der Wohnung erwachsen ist. Da die Kläger den Kaufpreis voll finanziert haben, erwächst ihnen aus der
Erstattung durch die Beklagte auch kein Vorteil, da der Betrag voll an die Bank zurückzuzahlen ist. Auch dies
wurde von der Beklagten nur pauschal bestritten. Zudem haben die Kläger weiterhin Zinszahlungen und
Tilgungsleistungen auf das aufgenommene Darlehen zu erbringen.
46 Da die Kläger nicht beantragt haben, sie von den Verbindlichkeiten gegenüber der B.-Bausparkasse AG aus
dem Darlehensvertrag durch die Beklagte freizustellen, bedarf dieser Punkt vorliegend keiner abschließenden
Entscheidung.
47 c) Aufgrund des Rücktritts der Kläger vom Kaufvertrag sind die empfangenen Leistungen gemäß § 346 BGB
zurückzugewähren. Dies hat gemäß § 348 BGB Zug-um-Zug zu erfolgen.
48 Entsprechend §§ 322, 274 BGB ist dabei jedoch die Leistung des Gläubigers gleichzeitig mit der Gegenleistung
des Schuldners zu bewirken. Der Gläubiger muss daher die Rechtsposition vollständig auf den Schuldner
übertragen. Dafür genügt es nicht, lediglich, wie von den Klägern beantragt, bei der Übertragung des
Wohnungseigentums ein entsprechendes Angebot auf Rückübertragung desselben abzugeben. Die Verurteilung
hat daher Zug-um-Zug gegen Rückübertragung des Eigentums auf die Beklagte zu erfolgen (so auch OLG
München, a.a.O.).
49 Aus dem Gesagten ergibt sich auch, dass die Beklagte sich mit der Rückabwicklung des Kaufvertrags in
Annahmeverzug befindet. Nach ständiger Rechtsprechung kann diesbezüglich Feststellung des
Annahmeverzuges bereits im Erkenntnisverfahren verlangt werden.
50 Der Feststellungsantrag bzgl. der Haftung auch für weitere Vermögensschäden, allerdings nur soweit sie aus
dem hier betroffenen Kauf herrühren, ist damit ebenfalls zu lässig und begründet.
II.
51 Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt
aus § 709 ZPO.