Urteil des LG Heidelberg vom 14.07.2009

LG Heidelberg (kläger, fonds, bank, höhe, anleger, beratung, zug, beteiligung, anlage, zeichnung)

LG Heidelberg Urteil vom 14.7.2009, 2 O 351/08
Bankenhaftung bei Kapitalanlageberatung: Zustandekommen eines Beratungsvertrages; unterlassene
Aufklärung über Verlustrisiken bei einem Medienfonds; Pflicht zur Offenlegung von Rückvergütungen
Leitsätze
1. Zu den Voraussetzungen des Zustandekommens eines Anlageberatungsvertrages.
2. Bei einem als "Garantiefonds" bezeichneten Medienfonds stellt sich die unterlassene Aufklärung über
Verlustrisiken als Verletzung des Anlageberatungsvertrags dar.
3. Bei einem Medienfonds ist das die Anlage vermittelnde Finanzinstitut im Rahmen eines
Anlageberatungsvertrags verpflichtet, Rückvergütungen durch den Fonds - unanbhängig von deren Höhe -
ungefragt offenzulegen.
4. Zu den Voraussetzungen und dem Umfang des Schadenersatzanspruchs bei schuldhafter Verletzung der
Pflichten aus einem Anlageberatungsvertrag.
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt,
a. an den Kläger EUR 14.875,00 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
seit dem 01.08.2008 zu zahlen.
b. den Kläger von allen Verbindlichkeiten bezüglich des von dem Kläger bei der H. Bank AG aufgenommenen
Darlehns über einen Nennbetrag in Höhe von EUR 11.375,00 bei einem nominal Zinssatz in Höhe von 7,475 % und
einer Laufzeit bis zum 30.11.2014 – Rückzahlungsbetrag am 30.11.2014: EUR 19.811,68, Kontonummern bei der
H. Bank – freizustellen.
c. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von allen steuerlichen Nachteilen
freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der von dem Kläger gezeichneten Beteiligung an der VIP
Medienfonds 4 GmbH & Co. KG im Nennbetrag von EUR 25.000,00 mit der Kommanditisten-Nummer resultieren.
Die Verurteilung zu Ziffer 1.a, 1.b und 1.c erfolgt Zug um Zug gegen Übertragung aller Rechte aus
der von dem Kläger gezeichneten Beteiligung an der VIP Medienfonds 4 GmbH & Co. KG im
Nennwert von EUR 25.000,00 mit der Kommanditisten-Nummer sowie Abtretung sämtlicher
Ansprüche und Übertragung aller Rechte aus dem Darlehensvertrag mit der H. Bank AG über einen
Nennbetrag in Höhe von EUR 11.375,00, , auf bzw. an die Beklagte.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Abtretung der Rechte des Klägers aus seiner
Beteiligung aus der VIP Medienfonds 4 GmbH & Co. KG im Nennwert von EUR 25.000,00 in Annahmeverzug
befindet.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streithelferin des Klägers.
5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig
vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über Schadensersatz wegen Pflichtverletzung aus einem Anlageberatungsvertrag.
2
Der Kläger ist seit 1994 Kunde der C. Bank Filiale in W., da er in W. arbeitet. Da er alle privaten
Finanzgeschäfte über die Filiale in W. abwickelte, kam es einmal monatlich zu Besprechungen in der Filiale.
Sein Kundenbetreuer war der Bankbetriebswirt F..
3
Im Jahr 2002 zeichnete der Kläger Anteile an dem VIP Medienfonds 2 GmbH & Co. KG (VIP 2).
4
Der Kläger besuchte im Jahr 2004 eine Informationsveranstaltung der Beklagten im Hotel H. in W. über den
VIP Medienfonds 4 GmbH & Co. KG (VIP 4). Im Anschluss daran erfolgte am 29.6.2004 ein
Besprechungstermin über den VIP 4 Fonds mit Herrn F. in der Filiale der Beklagten in W.. Der Kläger hat
gegenüber der Beklagten als Anlagestrategie die höchste Risikostufe „chancenorientiert“ schriftlich angegeben.
Der dem Kläger ausgegebene Flyer beschreibt den VIP 4 Fonds auf der Titelseite als „Garantiefonds“.
5
Am 29.6.2004 zeichnete der Kläger im Anschluss an das Beratungsgespräch Anteile in Höhe von 25.000,00
Euro an dem VIP 4 Fonds (Kommanditisten-Nummer) (Anl. K 2). Der Kommanditanteil des Klägers wird von
der M. Vermögensverwaltung GmbH aufgrund eines Treuhandvertrags gehalten, die den Beitritt mit Schreiben
vom 6.8.2004 (Anlage K 3) bestätigte.
6
Dabei brachte er als Eigenkapital 13.625,00 Euro zuzüglich 1.250,00 Euro Agio auf, was einem Anteil von
54,5% entspricht. Die restlichen 11.375,00 Euro (45,5%) wurden über ein Darlehen der H. Bank AG (H. Bank)
finanziert. Diese Darlehensvaluta ist zuzüglich Zinsen in Höhe von 8.436,68 Euro (nominaler Zinssatz in Höhe
von 7,475%) zum Laufzeitende am 30.11.2014 zurückzuzahlen (Anl. K 2). Dem Darlehensvertrag ist eine
Widerrufsbelehrung angefügt (Anl. K 2).
7
Der Kläger erhielt keine Ausschüttungen aus dem Fonds.
8
Der VIP 4 Medienfonds sieht keine Sicherung der einzelnen Anleger in Höhe von 115% des Anlagebetrags vor,
sondern sichert über eine Schuldübernahme der H. Bank AG die Fondsgesellschaft mit 115% des
Kommanditkapitals ab.
9
Die VIP Medienfonds 4 GmbH & Co. KG und die M. Vermögensverwaltung GmbH stimmten einer Übertragung
der klägerischen Fondsanteile auf die Beklagte zu (Anl. K 15 und 17).
10 Die eingezahlten Gelder wurden von den Verantwortlichen der Fondsgesellschaft offenbar in größerem Umfang
nicht zweckentsprechend verwendet, weshalb ein Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft München I
und der Steuerfahndungsstelle eingeleitet wurde (Az. 313 Js 38077/05) und die geplanten steuerlichen Effekte
nicht eingetreten sind.
11
Der Kläger behauptet,
dargestellt worden. Es sei vermittelt worden, jeder Anleger bekäme eine zugesicherte Rückzahlung zum Ende
der Laufzeit in Höhe von 115% des angelegten Kapitals. Zudem sei für den VIP 4 Fonds eine positive
Entwicklung vorhergesagt worden.
12 In dem Besprechungstermin mit Herrn F. sei klar gewesen, dass die Möglichkeit eines großen
Vermögensverlusts nicht in das Anlageportfolio des Klägers passe, da er zu dieser Zeit ein Haus gebaut und
zu diesem Zweck bereits eine Finanzierung über die Beklagte vorgenommen habe. Die Besprechung des VIP 4
Fonds mit Herrn F. sei anhand des Flyers über den VIP 4 Fonds erfolgt (Anl. K 1). Den Prospekt über den
Fonds habe der Kläger am Ende des Gesprächs oder bereits auf der Informationsveranstaltung erhalten. In
dem Gespräch sei ihm nicht bewusst gewesen, dass ein Teil des Anlagebetrags durch die H. Bank finanziert
werde.
13 Er sei bei der Zeichnung der Fondsanteile von einer Sicherung in Höhe von 115% der Kommanditanteile
gegenüber den Anlegern, nicht gegenüber der Fondsgesellschaft ausgegangen. Er habe die Vorstellung gehabt,
nach Laufzeitende schlechtesten falls einen Betrag von 25.000,00 Euro ausbezahlt zu bekommen. Gerade
aufgrund der Annahme einer Absicherung gegenüber den Anlegern sei eine Zeichnung der Fondsanteile durch
den Kläger erfolgt. Aufgrund seines seinerzeit erfolgten Hausbaus sei ihm eine sichere Anlage wichtig
gewesen. Dies sei den Mitarbeitern der Beklagten bekannt gewesen. Neben der sicheren Geldanlage habe der
Kläger mit der Zeichnung Steuerersparnisse erstrebt. Insgesamt habe er sein Vermögen mit unterschiedlich
hohem Risikograd angelegt, um eine Streuung des Verlustrisikos zu erlangen.
14 Die Eingruppierung in die Risikogruppe „chancenorientiert“ habe der Kläger vorgenommen, um weiter mit
Optionen handeln zu können; ein solches Handeln sei nur bei dieser Eingruppierung möglich.
15 Der Zeuge F. habe in dem Besprechungstermin ihm gegenüber deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es sich
bei den VIP 4 Anteilen um eine sichere Vermögensanlage handele und die Schuldübernahme durch die H.
Bank AG gegenüber den einzelnen Anleger bestehe. Insoweit habe sich Herr F. in einem Irrtum befunden und
aus diesem Grund den Kläger falsch über die Risiken einer Anteilszeichnung informiert. Zurückzuführen sei
dies auf unrichtige Informationen der Beklagten an ihre Mitarbeiter.
16 Ein Hinweis durch Herrn F. an den Kläger, sich nochmals mit seinem Steuerberater über die Zeichnung zu
beraten sei, nicht erfolgt.
17 Die Beklagte hätte ihn vor Zeichnung der Fondsanteile über die Höhe der Vertriebsprovision informieren
müssen, die sie aufgrund der Zeichnung erhalten habe.
18
Der Kläger beantragt:
19
1. Die Beklagte wird verurteilt,
20
1.1 an den Kläger EUR 14.875,00 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2008 zu bezahlen;
21
1.2 den Kläger von allen Verbindlichkeiten bezüglich des von dem Kläger bei der H. Bank AG
aufgenommenen Darlehens über einen Nennbetrag in Höhe von EUR 11.375,00 bei einem nominal
Zinssatz in Höhe von 7,475% und einer Laufzeit bis zum 30.11.2014 – Rückzahlungsbetrag am
30.11.2014: EUR 19.811,68, Kontonummern bei der Hypo Vereinsbank 667449049 und 667449057
– freizustellen.
22
1.3 Den Kläger von allen steuerlichen oder wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar
oder unmittelbar aus der von dem Kläger gezeichneten Beteiligung an der VIP Medienfonds 4
GmbH & Co. KG im Nennbetrag von EUR 25.000,00 mit der Kommanditisten-Nummer resultieren.
23
Die Verurteilung zu Ziffer 1.1. und 1.2. und 1.3 erfolgt Zug um Zug gegen Übertragung aller Rechte der
von dem Kläger gezeichneten Beteiligung an der VIP Medienfonds 4 GmbH & Co. KG im Nennwert
von EUR 25.000,00 mit der Kommanditisten-Nummer an die Beklagte.
24
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Abtretung der Rechte des Klägers
aus seiner Beteiligung aus der VIP Medienfonds 4 GmbH & Co. KG im Nennwert von EUR 25.000,00
in Annahmeverzug befindet.
25
Hilfsweise beantragt der Kläger:
26
1. Die Beklagte wird verurteilt,
27
1.1 an den Kläger EUR 14.875,00 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2008 zu bezahlen;
28
1.2 den Kläger von allen Verbindlichkeiten bezüglich des von dem Kläger bei der H. Bank AG
aufgenommenen Darlehns über einen Nennbetrag in Höhe von EUR 11.375,00 bei einem nominal
Zinssatz in Höhe von 7,475 % und einer Laufzeit bis zum 30.11.2014 – Rückzahlungsbetrag am
30.11.2014: EUR 19.811,68 – freizustellen.
29
1.3 Den Kläger von allen steuerlichen oder wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar
oder unmittelbar aus der von dem Kläger gezeichneten Beteiligung an der VIP Medienfonds 4
GmbH & Co. KG im Nennbetrag von EUR 25.000,00 mit der Kommanditisten-Nummer resultieren.
30
Die Verurteilung zu Ziffer 1.1. und 1.2. und 1.3 erfolgt Zug um Zug gegen Übertragung aller Rechte der
von dem Kläger gezeichneten Beteiligung an der VIP Medienfonds 4 GmbH & Co. KG im Nennwert
von EUR 25.000,00 mit der Kommanditisten-Nummer sowie sämtliche damit im Zusammenhang
stehende Ansprüche, das zur Teilfinanzierung der Einlage aufgenommene Darlehen bei der H. Bank
über EUR 11.375,00 mit den Darlehenskontonummern (Darlehenskonto) und (Zinsstundungskonto) und
die mit der Beteiligung in Zusammenhang stehenden Rechte und Pflichten aus dem Treuhandvertrag
des Klägers mit der M. Vermögensverwaltung GmbH auf die Beklagte.
31
Die Beklagte beantragt
32
Klagabweisung
33
Die Beklagte behauptet,
34 Sie habe dem Kläger gegenüber nicht von einem ihm gegenüber garantierten Kapitalrückfluss in Höhe von
115% des Anlagebetrags gesprochen und nie versichert, dass die Fondszeichnung risikolos sei.
35 Vielmehr sei das Anlagerisiko in dem an den Kläger ausgegebenen Prospekt eindeutig nachzulesen. Dieser
Prospekt sei Grundlage des Gesprächs zwischen dem Kläger und Herrn F. in der Filiale in W. gewesen. Darin
werde eindeutig darauf hingewiesen, dass die Schuldübernahme durch die H. Bank nicht gegenüber den
Anlegern, sondern gegenüber der Fondsgesellschaft besteht. Eine Sicherung gegenüber einzelnen Anlegern sei
dem Prospekt nicht zu entnehmen.
36 Der Kläger habe von dem Anlagerisiko der Fondsanteile aufgrund einer Beratung durch seinen Steuerberater
gewusst, weshalb diese Beratung ursächlich für die Zeichnung der Fondsanteile gewesen sei.
37 Die Beklagte habe den VIP 4 Fonds intern auf Plausibilität geprüft und für vertrauenswert befunden.
38 Eine Pflicht zur Offenlegung der Vertriebsprovisionen habe gegenüber dem Kläger nicht bestanden. Da dieser
nicht nach den Innenprovisionen gefragt habe, sei die Beklagte nicht dazu verpflichtet gewesen, die Höhe der
Provisionszahlungen ungefragt offen zu legen. Die Vertriebsprovision bei dem VIP 4 Fonds betrage zwischen
8,45% und 8,72%, was der Kläger dem Prospekt habe entnehmen können.
39 Unter einer Provisionshöhe von 15% bestehe keine Pflicht zur ungefragten Offenlegung der Provisionshöhe.
Sollte sich aus der neueren Rechtsprechung ein anderes ergeben, könne diese Rechtsprechung nicht auf das
Zeichnungsjahr 2004 zurückwirken. Daher falle der Beklagten zumindest kein Verschulden hinsichtlich der
Nichtaufdeckung der Provisionshöhe gegenüber dem Kläger zur Last. Auch sei die fehlende Offenlegung nicht
kausal für die Zeichnung der Fondsanteile gewesen.
40 Zudem vertritt die Beklagte die Meinung, dem Kläger falle ein Mitverschulden zur Last. Dieser habe sich über
den ausgehändigten Prospekt über den VIP 4 Fonds informieren und sich damit auch aus dem Prospekt
Kenntnis über das Risiko der Anlageart verschaffen können.
41 Ein Schaden sei dem Kläger nicht entstanden. Als verbundene Verträge seien Fondszeichnung und
Darlehensvertrag noch widerruflich. Da die Widerrufsbelehrung hinsichtlich des Darlehensvertrags fehlerhaft
gewesen sei, bestehe für den Kläger noch ein Widerrufsrecht.
42 Jedenfalls müsse sich der Kläger die erlangten Steuervorteile aus der Anlage anrechnen lassen.
43 Letztlich sei auch der Zug um Zug Antrag des Klägers unrichtig. Es müsse ihr eine Übertragung des
Stammrechts an der Fondbeteiligung sowie die Treugeberstellung gegenüber der Treuhänderin angeboten
werden.
44 Der Kläger wurde im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19.5.2008 persönlich informatorisch angehört.
45 Die Kammer hat gemäß Verfügung vom 25.3.2009 Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen F.. Auf die
Sitzungsniederschrift vom 19.5.2008 (As. 205 ff.) wird Bezug genommen.
46 Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst aller Anlagen in den Akten
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
47
Die zulässige Klage ist begründet.
A.
48
Dem Kläger stehen Ansprüche aus einer schuldhaften Verletzung des Anlageberatungsvertrags zwischen den
Parteien durch die Beklagte nach §§ 280 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB zu. Die Beklagte hat den Kläger daher so
zu stellen, als habe er die Beteiligung an dem Fonds nicht gezeichnet und die Finanzierung bei der H. Bank
nicht vorgenommen.
I.
49
Zwischen den Parteien ist ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen.
50
Eine ausdrückliche Vereinbarung eines Beratungsvertrags lag zwar zwischen den Parteien nicht vor, doch
besteht ein stillschweigend abgeschlossener Vertrag über die Beratung hinsichtlich einer Anlage des
Geldbetrags des Klägers durch die Beklagte.
51
Ein solcher stillschweigend abgeschlossener Beratungsvertrag kommt dadurch zustande, dass zunächst
entweder die Bank an den Kunden oder umgekehrt der Kunde an die Bank herantritt, um über die Anlage
eines Geldbetrags zu beraten bzw. beraten zu werden. Der Vertragsschluss erfolgt sodann durch die
Aufnahme der Beratung durch die Bank (BGH, NJW 2004, 1868 [1869]). Dabei ist es nicht erforderlich, dass
zwischen den Parteien eine Vergütung für die Beratungstätigkeit vereinbart wird (BGH NJW 1987 1815
[1816]).
52
Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich der Kunde mit gezielten Aufträgen an seine Bank wendet und sich die
Tätigkeit der Bank auf deren Erledigung beschränkt.
53
Vorliegend bestand zwischen dem Kläger und der Beklagten ein langjähriges Geschäftsverhältnis, in dessen
Rahmen die Beklagte den Kläger wiederholt und regelmäßig über das Bestehen und die Erfolgsaussichten von
Vermögensanlageformen informiert und beraten hat. Dies ergibt sich aus den Aussagen des Klägers sowie
den von ihm vorgelegten e-mails von Herrn F. (Anl. K 16 a bis 16 e). Daraus ist ersichtlich, dass zwischen
den Parteien ein langjähriges Vertrauensverhältnis bestand und der Kläger seine Vermögensanlangen in
erheblichem Umfang über die Beklagte abgewickelt hat.
54
Der Kläger ist nicht an die Beklagte gezielt mit dem Auftrag einer Information über den VIP 4 Fonds
herangetreten, sondern wurde von der Beklagten zu einer Informationsveranstaltung über den Fonds
eingeladen. Im Anschluss daran ging die Initiative zu einem Gespräch zwar vom Kläger aus, doch im Rahmen
der langjährigen Geschäftsbeziehung und im Nachgang zu der von der Beklagten initiierten
Informationsveranstaltung.
55
Es kam daher zu einem Beratungsgespräch zwischen den Parteien in den Geschäftsräumen der Beklagten,
im Rahmen dessen sich der Kläger genauer über den Fonds informieren wollte.
56
Der Annahme der Beklagten, es läge ein Anlagevermittlungsvertrag mit weniger weit reichenden Pflichten als
im Rahmen eines Beratungsvertrags vor, kann nicht gefolgt werden.
57
Ein Anlagevermittlungsvertrag zielt lediglich auf eine Information über Umstände ab, die für den Anleger und
dessen Entschluss von besonderer Bedeutung sind (BGH, NJW-RR 2000, 998). Im Gegensatz dazu besteht
im Rahmen eines Beratungsvertrags ein Interesse des Kunden an einer Bewertung und Beurteilung dieser
Umstände, die auf seine Vermögensverhältnisse zugeschnitten sind.
58
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dabei nicht auf eine bestehende Vergütungsvereinbarung
zwischen den Parteien abzustellen; wie aufgezeigt ist die Annahme eines Beratungsvertrags auch ohne
Vergütungsabrede möglich. Ebenfalls unerheblich ist die Tatsache, es habe keine Zeichnung durch die
Beklagte vorgelegen, sondern diese sei durch den Kläger selbst vorgenommen worden.
59
Entscheidend ist vielmehr, dass der Kläger in erkennbarer Weise eine fachkundige Beratung durch die
Beklagte erwartet hat und eine solche erfolgt ist (LG Berlin, Urteil vom 9.7.2008, 4 O 407/07, n.v.).
60
Im Rahmen der langjährigen Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien kam es wiederholt zu Beurteilungen
über verschiedene Anlagemöglichkeiten. Das Beratungsgespräch zwischen den Parteien sollte erkennbar
dazu dienen, den Kläger über eine Einpassung des VIP 4 Fonds in sein Anlageportfolio und seine damalige
Vermögenssituation zu beraten. Allgemeine Informationen hatte der Kläger ja bereits aus der zeitlich davor
liegenden Informationsveranstaltung erhalten; weitere allgemeine Informationen wollte der Kläger daher nicht
erhalten, sondern eine auf ihn zugeschnittene und angepasste Beratung.
II.
61
Die aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Anlageberatungsvertrag erwachsenden Pflichten hat die
Beklagte verletzt.
62
Sie hat ihre Auskunftspflicht über die objektbezogenen Umstände des VIP 4 Fonds verletzt (1.).
63
Zudem hat sie ihre Pflicht zur ungefragten Offenlegung der vereinbarten Innenprovision verletzt (2.).
64
1. Aus dem Anlageberatungsvertrag folgte für die Beklagte eine Pflicht zur anlage- und anlegergerechten
Beratung (BGH, NJW 1982, 1095 f., „Bond-Urteil“). Daher sind zum einen personenbezogene Umstände, wie
der Wissensstand über Anlagegeschäfte, und zum anderen objektbezogene Umstände zu berücksichtigen.
65
Diese Beratung erfolgte fehlerhaft durch die Beklagte. Sie hat ihre Pflicht zur Beratung über alle
objektbezogenen Umstände der Anlage verletzt.
66
Für das Vorliegen einer Pflichtverletzung als anspruchsbegründender Tatsache trägt der Kläger die
Beweislast.
67
Einen Anlageberater trifft die Pflicht, dem Interessenten einen wahrheitsgemäßen und zutreffenden Eindruck
über die Anlage zu vermitteln.
68
Der Kläger hat dargelegt, dass ein solcher durch die Beklagte nicht vermittelt wurde. Es ist gegenüber ihm
nicht deutlich geworden, dass der VIP 4 Fonds nicht durch eine Schuldübernahme der H. Bank gegenüber den
Anlegern abgesichert ist, sondern vielmehr lediglich eine Absicherung gegenüber der Fondsgesellschaft selbst
besteht.
69
Das daraus erwachsende Risiko eines Totalverlusts ist dem Kläger nicht dargestellt worden. Der Kläger
konnte den Begriff „Garantiefonds“ auf der Titelseite des Flyers dahingehend verstehen, dass eine
Absicherung gegenüber den Anlegern besteht.
70
Das diesbezügliche Vorbringen des Klägers wurde durch den Zeugen F. nicht widerlegt. Vielmehr bestätigen
seine Aussagen die Behauptungen des Klägers.
71
Der Zeuge erklärte, er berate immer anhand des anlagespezifischen Langprospekts. Ob er dies im Gespräch
mit dem Kläger auch getan hat, ist unklar. Eine Erinnerung über die konkreten Aussagen über die
Ausgestaltung der Sicherheit des Fonds hatte der Zeuge nicht mehr. Auch konnte sich der Zeuge nicht mehr
daran erinnern, ob er mit dem Kläger die Chancen und Risiken einer Fondszeichnung durchgegangen ist.
72
Der Zeuge hat in seiner Vernehmung wiederholt darauf hingewiesen, dass die Modalitäten der
Fondsabsicherung und die daraus resultierenden Verlustrisiken der Anleger aus dem Prospekt zu entnehmen
sind. Eine Schulung der Berater über den VIP 4 Fonds erfolgte durch die Beklagte nach seiner Aussage nicht.
73
Aus den Angaben des Zeugen ist zu schließen, dass er sich an die konkreten Abläufe des Gesprächs mit
dem Kläger nicht mehr erinnert. Dabei handelte es sich jedoch um eines von lediglich zwei von dem Zeugen
geführten Gesprächen über den VIP 4 Fonds.
74
Gerade aufgrund der Ausgestaltung des Prospekts und des Flyers, die auf der Titelseite mit dem Begriff
„Garantiefonds“ werben, lag es nahe, in dem Gespräch auf die Ausgestaltung dieser Garantie zu sprechen zu
kommen. Überdies ist zu berücksichtigen, dass der Zeuge als Angestellter der Beklagten ein Interesse daran
hat, eine fehlerhafte Beratung nicht unbedingt einzugestehen.
75
Da der Zeuge noch sicher wusste, dass er in dem Gespräch auf das Mid-Case-Szenario und in diesem
Zusammenhang auf steuerliche Aspekte und die Ausschüttung eingegangen war, sich aber an eine
Besprechung der konkreten Verlustrisiken nicht erinnern konnte, ist die Kammer davon überzeugt, dass diese
nicht besprochen wurden und der Vortrag des Klägers zutreffend ist. Dafür spricht auch, dass der Zeuge per
e-Mail einen weiteren Medienfonds als „risikolose Anlage bei Spitzensteuersatz“ angepriesen hat (Anlage K
16c). Diese Wortwahl spricht nicht dafür, dass der Zeuge eine angemessene Darstellung der
Fondskonstruktion und der Risiken durchführte, sondern vielmehr ein werbendes Verkaufsgespräch führte,
das vornehmlich dem Absatz und nicht der Aufklärung diente. Dabei ist zu beachten, dass bei zutreffender
vollständiger Beratung über die tatsächlichen Risikoverhältnisse bei dem hier gewählten Fonds die
Verkaufschancen des Bankberaters rapide gesunken wären. Da die Beklagte unstreitig für die Beratung in
diesen Fällen ihren Kundenberatern auch keine entsprechenden Anweisungen erteilt hatte, ist die Kammer
überzeugt, dass die Beratung des Klägers insoweit zumindest unvollständig und damit fehlerhaft war.
76
Dass der Kläger sich selbst über den Flyer hätte informieren können, ändert nichts an dem bestehenden
Beratungsfehler der Beklagten.
77
Zwar kann ein Anlageberater im Grundsatz davon ausgehen, dass der Anleger die ihm ausgehändigten
Unterlagen durchliest und die Informationen zur Kenntnis nimmt. Der Flyer über den VIP 4 Fonds wurde dem
Kläger vor der Informationsveranstaltung ausgehändigt; der Langprospekt entweder ebenfalls in der
Informationsveranstaltung oder im Rahmen des Beratungsgesprächs.
78
In den Unterlagen war die Ausgestaltung der Schuldübernahme gegenüber der Fondsgesellschaft und das
Risiko eines Totalverlustes korrekt dargestellt (Anl. K 1).
Risiko eines Totalverlustes korrekt dargestellt (Anl. K 1).
79
Der Berater ist jedoch gehalten, die Unterlagen auf Plausibilität hin zu überprüfen und Unklarheiten oder
Widersprüche mit dem Interessenten zu erörtern (LG München, Urteil vom 31.7.2008, 32 O 4765/08).
Aufgrund der Bezeichnung „Garantiefonds“ trotz nicht bestehender Sicherheiten für die Anleger wäre der
Berater gehalten gewesen, die konkreten Verlustrisiken und Sicherheitsausgestaltungen mit dem Kläger zu
erörtern. Aufgrund dieser Titelbezeichnung ging der Kläger von einer für die Anleger bestehenden Sicherheit
aus. Dies musste der Berater erkennen und den Widerspruch erläutern. Dies hat er jedoch nicht getan. Der
Zeuge hat dies nicht erklärt.
80
Damit hat die Beklagte durch ihren Mitarbeiter F. ihre Auskunftspflicht über die objektbezogenen Umstände
des VIP 4 Fonds gegenüber dem Kläger verletzt.
81
Unerheblich ist die Tatsache, dass sich der Kläger der Risikogruppe „chancenorientiert“ in der Anlagestrategie
eingestuft hat.
82
Zwar konnte die Beklagte angesichts dieses Umstands davon ausgehen, dass der Kläger einer risikoreichen
Vermögensanlage nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber stand. Gleichermaßen war der Beklagten als
Hausbank des Klägers jedoch bekannt, dass dieser nicht nur über risikoreiche Vermögensanlagen verfügte,
sondern vielmehr eine Streuung des Verlustrisikos durch Anlagen mit unterschiedlich hohem Risikograd
vornahm. Die Beklagte konnte daher nicht davon ausgehen, dass der Kläger mit jeder Vermögensanlage
einen hohen Risikograd eingehen wollte.
83
Überdies war der Beklagten bekannt, dass die Vermögenslage des Klägers zum Zeitpunkt der Beratung
aufgrund eines Immobilienbaus angespannt war, da auch die Finanzierung dieses Bauvorhabens über die
Beklagte erfolgt war.
84
Der Kläger gab in seiner informatorischen Befragung an, diese Einstufung vorgenommen zu haben, um mit
Optionen handeln zu können, was nur im Falle einer solchen Einstufung möglich sei. Dem hat die Beklagte
nicht widersprochen.
85
Damit bestand trotz dieser Eingruppierung durch den Kläger als chancenorientierter Anleger durchaus die
Notwendigkeit einer Aufklärung über das Verlustrisiko im Falle einer Fondszeichnung, wie sie im Gespräch
zwischen Herrn F. und dem Kläger nicht erfolgt ist.
86
2. Die Beklagte hat zudem ihre Pflicht verletzt, ungefragt Auskunft über die Höhe der vereinbarten
Rückvergütung zu geben.
87
Vorliegend bestand zwischen der Beklagten und der Fondsgesellschaft eine Vereinbarung, wonach die
Beklagte für den Vertrieb eines VIP 4 Fonds eine Provision in einer Höhe zwischen 8,45% und 8,72% des
Anlagebetrags erhalten sollte.
88
Über das Bestehen dieser Rückvergütungsvereinbarung hat die Beklagte den Kläger nicht informiert. Alleine
durch die Aufnahme dieser Information im Prospekt über den VIP 4 Fonds ist sie jedoch ihrer
Informationspflicht nicht nachgekommen.
89
Vielmehr besteht nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der Zeichnung von
Filmfondsanteilen eine Pflicht der Beklagten, über die Höhe der Rückvergütungen ungefragt Auskunft zu
geben. Eine Abhängigkeit von einer Provisionshöhe von 15% des Anlagebetrags besteht nicht.
90
a. Eine Pflicht zur ungefragten Offenlegung der Banken von Rückvergütungen wurde durch die
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelt, um Anleger über einen eventuellen Interessenkonflikt der
Bank zu informieren. Dem Anleger soll Einblick in das mögliche Eigeninteresse der Bank an einer
Vermögensanlage durch den Kunden gewährt werden, um dieses Eigeninteresse in die Anlagedarstellung
durch die Bank einbeziehen zu können. Zudem soll dem Anleger Einblick in die Werthaltigkeit und Rentabilität
der Anlage gegeben werden, auf welche die Höhe von Vertriebsprovisionen Auswirkungen haben kann (BGH,
NJW 2007, 1876 m.w.N.).
91
Zunächst war die höchstrichterliche Rechtsprechung geprägt von der Annahme einer Pflicht zur ungefragten
Aufklärung über Innenprovisionen bei Vermittlern und Beratern ab einer Provisionshöhe von 15% für nicht
wertpapiermäßig verbriefte Kapitalanlagen (BGH, NJW 2004, 1732; 2005, 3208). Diese Offenlegungspflicht gilt
nicht nur für Anlagevermittler, sondern auch für Anlageberater, da auch für diese im Fall gewährter
Innenprovisionen ein Anreiz für die Empfehlung bestimmter Fondsbeteiligungen besteht.
92
Mit Urteil vom 19.12.2006 hat der XI. Zivilsenat festgestellt, dass sich eine Pflicht zur ungefragten
Offenlegung von Innenprovisionen unabhängig von einer bestimmten Provisionshöhe ergeben kann und sich
damit von der 15% Schwelle distanziert (BGH, NJW 2007, 1876). Dabei hatte die Entscheidung des Senats
zunächst lediglich Bedeutung für Aktienfonds und generell Finanzinstrumente nach dem WpHG und nicht
zwangsläufig für den grauen Kapitalmarkt. Fondsbeteiligungen unterfallen nicht dem WpHG und sind daher
dem grauen Kapitalmarkt zuzuordnen.
93
Im Gegensatz zu der Entscheidung des XI. Zivilsenats vom 19.12.2006 blieb der III. Zivilsenat im Grundsatz
weiter bei der Annahme der 15% Schwelle (BGH, NJW-RR 2007, 925).
94
b. Mit Beschluss vom 20.1.2009 hat der XI. Zivilsenat nunmehr die Grundsätze des Urteils vom 19.12.2006
uneingeschränkt auf den Vertrieb von Medienfonds übertragen (BGH, XI ZR 510/07, ZIP 2009, 455).
95
Der BGH hat die generelle Aufklärungspflicht damit begründet, dass es keinen Unterschied mache, ob der
Berater Aktienfonds oder Medienfonds vertreibe, da der aufklärungspflichtige Interessenkonflikt jeweils der
Gleiche sei. Zur Begründung dieser Aufklärungspflicht hat sich der Gerichtshof auf den zivilrechtlich allgemein
anerkannten Grundsatz der Vermeidung von vertragswidrigen Interessenkonflikten bezogen.
96
Im Gegensatz zu den Ausführungen der Beklagten ist diese Rechtsprechung auf die vorliegende
Sachverhaltskonstellation anzuwenden.
97
Richtig ist, dass eine korrekte Ausweisung der Provisionshöhe im Fondsprospekt in die Frage einer
Hinweispflicht durch den Berater einzubeziehen ist. Davon ging auch der XI. Zivilsenat in seinem Urteil vom
25.9.2007 aus (BGH, BKR 2008, 199).
98
Voraussetzung der Verneinung einer Aufklärungspflichtverletzung ist jedoch, dass der Fondsprospekt
vollständig und fehlerfrei aufklärt und dem Anleger rechtzeitig vor dessen Beitrittserklärung übergeben wurde.
99
Der Fondsprospekt des VIP 4 Fonds weist auf Seite 91 darauf hin, dass die mit dem Vertrieb des Fonds
beauftragte VIP Beratung für Banken Provisionen in ausgewiesener Höhe erhält und gleichzeitig berechtigt ist,
Dritte als Vertriebspartner einzusetzen.
100 Unabhängig von der Frage, ob der Fondsprospekt dem Kläger rechtzeitig ausgehändigt wurde, konnte sich
ihm alleine aus der Kombination beider Informationen keineswegs die Tatsache, dass die Beklagte für die
Fondszeichnung durch den Kläger eine Vertriebsprovision erhält, erschließen.
101 Vielmehr kann aus dem Hinweis selbst bei eingehender Lektüre lediglich geschlossen werden, dass Dritte für
den Vertrieb des Fonds eingesetzt werden können. Dass der Erhalt einer Provision ebenfalls auf die
eingesetzten Dritten übergeht und in welcher Höhe dies der Fall ist, kann dem Fondsprospekt nicht
entnommen werden.
102 Damit war der Kläger durch den Fondsprospekt keineswegs bereits über die Höhe der Rückvergütung
vollständig aufgeklärt.
103 Auch der Hinweis auf dem Vermögensanlagebogen stellt keinen ausreichenden Hinweis für den Kläger auf die
erhaltene Rückvergütung dar. Der Hinweis darauf, dass die Beklagte im Zusammenhang mit der Abwicklung
von Wertpapiergeschäften Geldzahlungen durch Dritte erhalten kann, ist von allgemeiner Natur und nicht auf
die Zeichnung des VIP 4 Fonds zugeschnitten.
104 Aufgrund der nicht bestehenden umfassenden und fehlerfreien Information über das Bestehen und die Höhe
der Rückvergütungen war die Beklagte verpflichtet, den Kläger darüber ungefragt Auskunft zu geben.
105 Dieser Pflicht zur ungefragten Mitteilung der bestehenden Provisionshöhe ist die Beklagte nicht
nachgekommen.
106 3. Prospekthaftungsansprüche im engeren oder weiteren Sinne bestehen nicht.
107 Eine Haftung der Beklagten scheidet bereits aus, da diese für die Vollständigkeit und Richtigkeit des
Prospekts nicht verantwortlich war. Weder nennt der Prospekt die Beklagte, noch ist diese Gründerin,
Initiatorin, Gestalterin oder „Hintermann“ der Fondsgesellschaft (Palandt- Heinrichs , § 280 BGB, Rn. 54b).
108 Einzig durch den Vertrieb der Fondsanteile wird eine Prospekthaftung nicht begründet (BGH, NJW 2004, 1732
f.).
III.
109 Diese Pflichtverletzungen hat die Beklagte auch zu vertreten.
110 Die Darlegungs- und Beweislast für ein fehlendes Vertretenmüssen trägt nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB die
Beklagte (vgl. BGH XI ZR 586/07 vom 12.5.2009).
111 Die Verletzung ihrer Auskunftspflicht über die objektbezogenen Umstände des VIP 4 Fonds hat die Beklagte
ebenso wie die Verletzung der Pflicht zur ungefragten Offenlegung der vereinbarten Innenprovision nach §§
276 Abs. 1, 278 BGB zu vertreten.
112 1. Die fehlerhafte Beratung durch den Kundenberater F. erfolgte fahrlässig nach § 276 Abs. 1 und 2 BGB.
113 Der Berater unterlag offenbar selbst einem Irrtum über die Ausgestaltung des Verlustrisikos des VIP 4 Fonds
und ging fälschlicherweise von einer bestehenden garantierten Ausschüttung in Höhe von 115% des
Anlagekapitals gegenüber den Einzelanlegern aus. Bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte der
Berater seinen Irrtum erkennen können.
114 Diese Fahrlässigkeit hat die Beklagte nach § 278 BGB zu vertreten.
115 Die Beklagte hat dies auch zu vertreten, da sie die Schulung ihrer Berater über das Verlustrisiko des VIP 4
Fonds unterlassen hat.
116 Die nicht vorgenommene Unterrichtung der Berater erfolgte durch die Beklagte bzw. ihre Mitarbeiter bedingt
vorsätzlich.
117 Diesbezüglich liegt ein vorsätzliches Organisationsverschulden der Beklagten vor, da sie ihre Verpflichtung
zur Aufklärung der Kunden gekannt oder zumindest für möglich gehalten hat und es gleichwohl bewusst
unterlassen hat, ihre Anlageberater anzuweisen, die Kunden entsprechend aufzuklären (BGH, Urteil vom
12.5.2009, XI ZR 586/07).
118 Die angesichts der Ausgestaltung von Prospekt und Flyer sowie der Bezeichnung des Fonds als
Garantiefonds bestehende Möglichkeit eines Missverständnisses hätte die Beklagte bei Anwendung der im
Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen können und eine Weitergabe der Informationen an die einzelnen
Interessenten absichern müssen.
119 2. Die Verletzung der Pflicht zur ungefragten Offenlegung der vereinbarten Innenprovision hat die Beklagte
ebenfalls zu vertreten.
120 Bei Anwendung der verkehrserforderlichen bankenüblichen Sorgfalt wäre es ihr möglich gewesen, dieser
Pflicht nachzukommen.
121 Zum Zeitpunkt des Beratungsgesprächs am 26.9.2004 konnte die Beklagte zwar noch keine Kenntnis von der
Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des BGH ab dem Dezember 2006 zur ungefragten Offenlegung von
Innenprovisionen unabhängig von deren Höhe haben.
122 Diesbezüglich hat sich die Beklagte jedoch nicht in einem Vorsatz ausschließenden Rechtsirrtum befunden.
Die Darlegungs- und Beweislast für einen bestehenden Irrtum obliegt der Beklagten (BGH, Urteil vom
12.5.2009, XI ZR 586/07). Dieser hat die Beklagte mit ihrem Vortrag nach Auffassung der Kammer nicht
genügt.
123 a. Voraussetzung eines schuldhaften Handelns eines Anlageberaters ist, dass dieser die Rechtswidrigkeit
seines Verhaltens erkannte oder zumindest hätte erkennen können (Palandt- Heinrichs , § 276 BGB, Rn. 11).
124 Zum Zeitpunkt des Beratungsgesprächs am 26.9.2004 gab es für den Bereich des grauen Kapitalmarkts
Rechtsprechung des BGH zur Pflicht zur ungefragten Offenlegung von Innenprovisionen lediglich vom III.
Zivilsenat bzgl. von Vermittlern und Beratern ab einer Höhe von 15% (BGH NJW 2004, 1732).
125 Die Entscheidung des BGH aus dem Jahre 2006 (NJW 2007, 1876 [1878]) knüpft ausdrücklich an ein Urteil
vom 19. Dezember 2000 an, in dem der Bundesgerichtshof bereits klargestellt hatte, dass eine Bank, die dem
Vermögensverwalter ihres Kunden gewährten Rückvergütungen wegen des damit verbundenen
Interessenkonflikts offenlegen muss (BGH NJW 2001, 962 [963]). Aufgrund dieses Urteils, das alsbald in
bankrechtlichen Fachzeitschriften veröffentlicht wurde (vgl. etwa WM 2001, 297 ff.) musste die Beklagte zum
Zeitpunkt der Beratung im November 2004 damit rechnen, dass sie auch zur Offenbarung eigener
Rückvergütungen verpflichtet ist. Das gilt umso mehr, als dies in der Literatur schon länger vertreten wurde
(vgl. nur Assmann/Schneider/Koller, WpHG, 2. Auflage 1999, § 31 Rn. 72 ff.) und die aufgrund von § 35 Abs.
2 WpHG a. F. ergangene Richtlinie des Bundesaufsichtsamts (abgedruckt ebenda § 35 Rn. 7) unter Nr. 2.2
Abs. 2 bereits eine entsprechende Pflicht für Wertpapiergeschäfte vorsah (so OLG Karlsruhe, Urteil vom
03.03.2009, 17 U 149/07). Bei der im Bankverkehr gebotenen Sorgfalt hätte die Beklagte die mit dem Vertrieb
der streitgegenständlichen Fondsbeteiligung befassten Anlageberater daher entsprechend instruieren oder auf
andere Weise für eine Unterrichtung der Anleger sorgen müssen.
126 Dementsprechend konnte die Beklagte nicht auf den Stand der Rechtsprechung des BGH vertrauen (vgl.
BGH, NJW 2008, 840), da es eine abschließende Klärung dieser umstrittenen Frage gerade nicht gegeben
hatte.
127 Ein fahrlässiges Handeln liegt vor, wenn der Rechtsirrtum unter Beachtung der höchstrichterlichen
Rechtsprechung und bei Einholung von Rechtsrat hätte erkannt werden können (Palandt- Heinrichs , § 276
BGB, Rn. 22; BGH, NJW 1994, 2754).
128 Bei Banken ist dabei für die Bejahung ein strenger Maßstab anzulegen (BGH, NJW 1994, 2754). Die Beklagte
hätte daher die unsichere Rechtslage erkennen können und müssen.
129 Damit befand sich die Beklagte nicht in einem Rechtsirrtum, der aufgrund des zum Zeitpunkt des
Beratungsgesprächs bestehenden Stands der Rechtsprechung unvermeidbar war.
130 Die Beklagte kann sich nicht auf den verfassungsmäßigen Grundsatz des Rückwirkungsverbots berufen.
131 Die entsprechenden Ausführungen der Beklagten vermögen eine Anwendung der neuen Rechtsprechung des
BGH auf sogenannte Altfälle nicht im Grundsatz auszuschließen.
132 Der Grundsatz des Rückwirkungsverbots und der damit zusammenhängende Vertrauensschutz stellen eine
Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips dar. Der Einzelne soll sein Verhalten an der geltenden Rechtsordnung
ausrichten können.
133 Nach herrschender Auffassung ist noch nicht einmal ein Wandel der Rechtsprechung in der deutschen
Rechtsordnung verfassungsrechtlich – insbesondere im Hinblick auf das Rückwirkungsverbot –bedenklich, da
das Vertrauen in den Fortbestand einer bestimmten Auslegungspraxis nicht geschützt ist (BVerfGE 19, 38,
47). Dementsprechend wird eine neu vorgenommene erstmalige höchstrichterliche Auslegungspraxis als
nunmehr „richtig“ erkannte Auslegung und nicht als Gesetzesrückwirkung betrachtet.
134 Dem Bedürfnis einer Einbeziehung individuellen Vertrauens wird hier durch die Berücksichtigung im Rahmen
der Vertretbarkeit der Pflichtverletzung genüge getan.
IV.
135 Die Verletzung der Aufklärungspflicht sowie der Schulungspflicht durch die Beklagte war überdies kausal für
die Zeichnung der VIP 4 Fondsanteile und die daraus folgenden Schäden.
136 Grundsätzlich trägt der Kläger die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Kausalität als
anspruchsbegründender Voraussetzung.
137 Steht eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger im Übrigen die Vermutung
aufklärungsrichtigen Verhaltens, so dass die Beklagte beweisen muss, dass der Anleger die Kapitalanlage
auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte, er also den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte.
Diese Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt grundsätzlich für alle Aufklärungsfehler eines
Anlageberaters, und damit auch für die fehlende Aufklärung über Rückvergütungen (BGH, Urteil vom
12.5.2009, XI ZR 586/07).
138 Die Kausalitätsvermutung bei Aufklärungspflichtverletzungen setzt jedoch gleichzeitig voraus, dass es nur
eine bestimmte Möglichkeit „aufklärungsrichtigen“ Verhaltens gibt (BGH, NJW 2004, 2967). Diese Vermutung
greift nicht, wenn eine Aufklärung beim Anleger einen Entscheidungskonflikt ausgelöst hätte, weil es
vernünftigerweise mehrere Möglichkeiten aufklärungsrichtigen Verhaltens gab. In Fällen, in denen Anleger
nicht oder nicht vollständig über die mit der Geldanlage verbundenen Risiken aufgeklärt wurden, kann nicht
pauschal unterstellt werden, dass ein Anleger bei umfassender Risikoaufklärung von der vermittelten
Geldanlage abgesehen hätte.
139 Vorliegend hat der Kläger jedoch dargelegt, dass er im Falle einer ordnungsgemäßen Beratung über das
Verlustrisiko der Fondszeichnung überhaupt keine Zeichnung vorgenommen hätte.
140 Der Kläger hat wiederholt aufgezeigt, dass es ihm bei der Zeichnung der Fondsanteile um eine sichere
Anlagemöglichkeit ging. Angesichts seines zum damaligen Zeitpunkt im Bau befindlichen Hauses und der
dafür erforderlichen Kreditaufnahme hatte er an einem hoch spekulativen Anlagegeschäft kein Interesse.
Auch die steuerlichen Vorteile der Anlage waren nicht ausschließlich ausschlaggebend für den Entschluss
des Klägers zur Fondszeichnung, sondern stellten nach seiner Aussage lediglich einen Aspekt neben dem
einer sicheren Geldanlage dar. Dass der Kläger das tatsächliche Risiko durch seinen Steuerberater kannte,
hat die Beklagte nicht substantiiert dargetan. Jedenfalls ist eine Kenntnis bzgl. der Rückvergütungen nicht
gegeben gewesen.
V.
141 Infolge der zu vertretenden Pflichtverletzung hat die Beklagte dem Kläger nach § 249 Abs. 1 BGB
Naturalrestitution zu leisten. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Anleger,
der aufgrund einer fehlerhaften Empfehlung eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, in der Regel
bereits durch deren Erwerb geschädigt (BGH NJW 2005, 1579, 1580 m. w. N.).
142 Dabei ist das negative Interesse des Klägers und damit dessen Vertrauensschaden zu ersetzen.
143 1. Zunächst besteht als geltend gemachte Schadensposition der aus Eigenkapital finanzierte Teil der
Anlagesumme. Diese entspricht 13.625,00 Euro Eigenkapital zuzüglich 1.250,00 Euro Agio, was sich auf eine
Gesamtsumme von 14.875,00 Euro beläuft.
144 a. Der Ersatz dieser Schadensposition entfällt auch nicht aufgrund eines nach §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 1, 358
Abs. 2 BGB ggf. gegebenen Widerrufrechts von Darlehensvertrag und Anteilszeichnung.
145 Zwar würde bei einem durchsetzbaren Widerruf des Kreditvertrages mit der H. Bank die Annahme eines
Schadens nach der Differenzhypothese entfallen können, da das Vermögen des Klägers durch die
Pflichtverletzung der Beklagten nicht gemindert wäre. Doch kann die Beklagte den Kläger nach Auffassung
der Kammer nicht auf diesen Widerruf verweisen.
146 Zwar besteht wohl kein Gesamtschuldverhältnis zwischen der Beklagten und der H. Bank, da die Ansprüche
nicht gleichartig sind. Gegenüber der H. Bank könnte der Kläger ggf. erst den Vertrag widerrufen, was erst
dann zu einem Rückabwicklungsrechtsverhältnis führen würde. Derzeit sind damit gegenüber der H. Bank
keine Ansprüche des Klägers auf Zahlung etc. gegeben, sondern allenfalls die Möglichkeit zur Ausübung
eines Gestaltungsrechts. Insoweit wäre der Kläger daher nicht wie bei Gesamtschuldnern ohne weiteres frei,
welchen er in Anspruch nimmt (vgl. Palandt / Heinrichs, BGB, 68.A., § 254, Rn. 47).
147 Es bleibt daher die Frage, ob die vorliegende Konstellation der Beklagten erlaubt, im Rahmen der §§ 254 Abs.
2, 242 BGB den Kläger auf den Widerruf gegenüber der H. Bank zu verweisen, obwohl sie selbst auf
Schadenersatz haftet.
148 Die von der Beklagten herangezogene Entscheidung des BGH (NJW 2004, 1865 [1868]) gibt dafür nichts her.
Im Gegenteil ging der III. Zivilsenat des BGH dort in einer anderen Konstellation davon, aus, dass der
Geschädigte nicht wegen der Schadensminderungspflicht gehalten gewesen wäre, den Widerruf des
Kreditvertrages zur Minderung des Anspruchs gegen den dort verklagten Notar zu erklären. Ob dies, wie die
Beklagte meint, nur wegen fehlenden Sachvortrags hierzu erfolgte und der Senat grundsätzlich eine solche
Pflicht annahm, oder ob er diese Pflicht bei entsprechendem Vortrag abgelehnt hätte, bleibt offen.
149 Nach Überzeugung der Kammer kann der Kläger im Rahmen des § 254 Abs. 2 BGB nicht gezwungen werden,
den ggf. möglichen Widerruf zu erklären und den Anspruch zuerst gegen die H. Bank durchzusetzen.
150 Ihm würde damit das Risiko aufgebürdet, die Kosten für diese Rechtsverfolgung tragen zu müssen, während
der Ausgang und der wirtschaftliche Erfolg dieser Vorgehensweise unsicher blieben. Dabei kann es offen
bleiben, ob die Kammer den Widerruf für noch möglich und dessen Rechtsfolgen als vollen Ausgleich für den
Schaden aus der Pflichtverletzung der Beklagten ansehen würde, da nicht beurteilt werden kann, wie ggf. das
zuständige Gericht in diesem Rechtsstreit entscheiden würde. Aus diesem Grunde kann auch ein ggf.
bestehender Anspruch gegen die H. Bank nicht im Rahmen der Vorteilsausgleichung berücksichtigt werden.
Dies wäre auch deshalb nicht möglich, da die Möglichkeit der Rückabwicklung des Darlehensvertrages nicht
den Schädiger entlasten soll. Es handelt sich nicht um einen Vorteil, den der Kläger quasi als Kehrseite der
Pflichtverletzung der Beklagten erhalten hat. Die Beklagte kann aber wegen eines von der Pflichtverletzung
der Beklagten unabhängigen Fehlers bei der H. Bank nicht entlastet werden.
151 b. Es ist daher zuerst der Schaden des Klägers in Höhe von 14.875,00 Euro zu ersetzen.
152 Der Kläger hat keine Ausschüttung erhalten, so dass solche nicht zu berücksichtigen sind.
153 Der Kläger muss sich nicht die durch die Beteiligung erlangten Steuervorteile anrechnen lassen. Denn es ist
davon auszugehen, dass er die Schadensersatzleistung bei Zufluss der Ersatzleistung versteuern muss
(BGH NJW 2006, 499 [501]; BGH NJW 2008, 2773 [2774]). Danach geht es vorliegend für die Anleger, auch
soweit sie die Beteiligung nur mittelbar über einen Treuhandkommanditisten halten, um Einkünfte aus
Gewerbebetrieb im Sinne von § 15 EStG. Zu ihnen gehören auch die hier geltend gemachten
Schadensersatzleistungen im Zusammenhang mit der Zug-um-Zug vorzunehmenden Rückgabe der
Beteiligung. Eine Berücksichtigung von Steuervorteilen kommt nur dann in Betracht, wenn es Anhaltspunkte
dafür gibt, dass der Kläger außergewöhnliche Steuervorteile erzielt hat (vgl. BGH NJW-RR 2008, 1365 [1369]).
Hierfür trägt die Beklagte, die sich auf eine Ausgleichung von Vorteilen beruft, die Beweislast.
154 Ein Anspruch auf Freistellung von allen Verbindlichkeiten bezüglich des Darlehensvertrags mit der H. Bank
besteht ebenfalls, da die Beklagte den Kläger so zu stellen hat, als hätte er die Anlage nicht gezeichnet.
155 Ein Anspruch auf Freistellung von allen steuerlichen oder wirtschaftlichen Nachteilen, die aus der
Fondszeichnung resultieren, ist in dieser Form nicht gegeben.
156 Der Kläger kann insoweit nur Feststellung der Ersatzpflicht verlangen. Der Antrag ist aber nur zum Teil
begründet. Da die Möglichkeit besteht, dass der Kläger steuerliche Schäden erleidet dadurch, dass er den
Fonds von etwaigen Gewerbesteuerschäden durch den Gesellschafterwechsel freistellt oder dass er in Form
von Säumniszuschlägen Forderungen des Finanzamts ausgesetzt sein kann, kann er Feststellung verlangen,
von steuerlichen Nachteilen freigestellt zu werden.
157 Soweit der Kläger die Feststellung begehrt, die Beklagte habe ihn von wirtschaftlichen Nachteilen
freizustellen, ist die Klage unbegründet. Denn dieser Schaden ist bereits im Klagantrag Ziffer 2 enthalten.
Ferner wird auch entgangener Gewinn geltend gemacht, so dass nicht ersichtlich ist, dass weitergehende
wirtschaftliche Nachteile entstanden sind bzw. noch entstehen können.
158 c. Die Verurteilung muss Zug-um-Zug gegen Übertragung der Rechte aus der Beteiligung sowie aus dem
Darlehensvertrag mit der H. Bank an die Beklagte erfolgen, damit der Kläger nicht besser gestellt ist, als ohne
deren Zeichnung.
159 Der Kläger kann die Verurteilung der Beklagten gemäß den Anträgen 1 und 2 nur verlangen Zug um Zug
gegen Übertragung aller Rechte aus der von ihm im Juni 2004 gezeichneten Beteiligung an der Film &
Entertainment VIP Medienfonds 4 GmbH & Co. KG im Nennwert von 25.000,00 Euro. Der Kläger ist dem
Medienfonds VIP Nr. 4 nur wirtschaftlich beigetreten. Er hält keinen Kommanditanteil, sondern ist lediglich
mittels Treuhandvertrags mit der MTM M. Vermögensverwaltung GmbH verbunden. Deshalb muss der Kläger
hier nicht die Beteiligung Zug-um-Zug gegen Zahlung der Schadensersatzansprüche übertragen (vgl. OLG
München, Urteil vom 29.07.2008, Aktenzeichen 5 U 4018/07; BGH, Beschluss vom 28.11.2007, II ZR
214/06).
160 Auch die Rechte und Ansprüche aus dem Darlehensvertrag sind zu übertragen, da der Kläger sonst im Falle
eines wirksamen Widerrufs des Vertrags mit der H. Bank ggf. besser stehen würde, als ohne Abschluss der
Verträge. Ein Widerrufsrecht des Klägers ist mit den Ansprüchen aus dem Vertrag auch abtretbar (Palandt /
Grüneberg, § 413, Rn. 5).
161 Der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten ist ebenfalls begründet.
162 Die Beklagte befindet sich mit der Annahme der Abtretung der Rechte des Klägers aus seiner
Fondsbeteiligung im Verzug.
163 Der Kläger hat die Abtretung Zug-um-Zug gegen die Schadensersatzleistung im Schreiben seines
Prozessbevollmächtigten vom 9.7.2008 (Anlage K 6) ordnungsgemäß mit Fristsetzung anbieten lassen.
Seitdem befindet sich die Beklagte in Annahmeverzug.
164 Dies kann nach ständiger Rechtsprechung ausnahmsweise bereits im Erkenntnisverfahren ausgesprochen
werden (KG, ZGS 2007, 230, Rn. 133, m.w.N.).
B.
165 Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 101, 92 Abs. 2 ZPO.
166 Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.