Urteil des LG Heidelberg vom 25.07.2006

LG Heidelberg (weisung, rechtsmedizin, ärztliche behandlung, freie arztwahl, günstige prognose, verhältnis zu, land baden, bewährung, untersuchung, beschwerde)

LG Heidelberg Beschluß vom 25.7.2006, 1 Qs 25/06
Inhalt eines Bewährungsbeschlusses: Weisung zum regelmäßigen Drogenscreening in einer bestimmten
Einrichtung unter Kostentragung des Verurteilten
Tenor
Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Heidelberg (2 Ls 43 Js
26398/04) vom 07. April 2006 dahin abgeändert, dass die Verlängerung der Bewährungszeit entfällt.
Die weitergehende Beschwerde wird verworfen.
Die Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I.
1
Wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb mit
Betäubungsmitteln (Heroin) in 25 Einzelfällen sowie wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in
einem weiteren Fall wurde die Beschwerdeführerin am 24. November 2005 durch das Amtsgericht -
Schöffengericht - Heidelberg rechtskräftig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten
verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Bewährungszeit wurde auf drei Jahre
festgesetzt und die Beschwerdeführerin der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers unterstellt.
Weiterhin wurde sie angewiesen, sich im ersten Bewährungsjahr vierteljährlich einem Drogenscreening im
Psychiatrischen Zentrum Nordbaden in W. zu unterziehen.
...
2
Unterdessen erging am 7. April 2006 der angefochtene Beschluss, in dem die Bewährungszeit um ein halbes
Jahr auf insgesamt 3 ½ Jahre verlängert wurde. Weiterhin wurde der ursprüngliche Bewährungsbeschluss vom
24.11.2005 dahingehend ergänzt, dass die Beschwerdeführerin „keine unerlaubten Substanzen“ einnehmen
darf, die Drogenscreenings zukünftig - auf Kosten der Beschwerdeführerin - durch das Institut für
Rechtsmedizin der Universität Heidelberg zu erbringen sind und Screenings anderer Stellen nicht akzeptiert
werden.
3
Gegen diesen Beschluss legte die Beschwerdeführerin durch Schreiben ihres Verteidigers vom 20. April 2006
Beschwerde ein. Darin wendet sie sich gegen die Verlängerung der Bewährungszeit, die nachträgliche
Ergänzung und die Vorgabe einer bestimmten Stelle (nunmehr Institut für Rechtsmedizin der Universität
Heidelberg), bei der zukünftig das Drogenscreening erstellt werden soll.
II.
4
Die Beschwerde ist zulässig, § 453 Abs. 2 Satz 1 und 2 StPO, jedoch weitgehend unbegründet.
5
Weder die Weisung des Bewährungsbeschlusses vom 24. November 2005 noch die Ergänzungen im
angefochtenen Beschluss sind gesetzeswidrig und verletzen die Beschwerdeführerin in ihren Rechten. Diese
verstieß vielmehr durch ihre wiederholte Weigerung, sich beim PZN W. einem Drogenscreening zu unterziehen,
gröblich und beharrlich gegen die ihr auferlegte Weisung, weshalb die angefochtene
Bewährungszeitverlängerung nicht zu beanstanden ist.
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1. Was die Zulässigkeit der Bewährungsweisungen anbelangt, zukünftig keine unerlaubten Substanzen bzw.
Betäubungsmittel zu konsumieren und sich einem Drogenscreening zu unterziehen, hat bereits das
Bundesverfassungsgericht (vgl. NStZ 1993, 482 f.) überzeugend ausgeführt:
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„Die im Rahmen von § 56 c StGB erteilte Weisung, während der Bewährungszeit keine Betäubungsmittel mehr
zu konsumieren und sich nicht an den Orten aufzuhalten, wo Betäubungsmittel konsumiert werden, ist
erkennbar nicht auf eine unwürdige, ihn erniedrigende Behandlung gerichtet, sondern zielt auf eine im Interesse
der Allgemeinheit liegende Resozialisierung des Straftäters ab. Gleichzeitig erscheint dieser Eingriff in die
Lebensführung des Beschwerdeführerin notwendig und geeignet, um den Täter aus der Rauschgift-Szene
fernzuhalten und der Gefahr der Beschaffungskriminalität entgegenzuwirken.
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Auch die erteilte zusätzliche Weisung, während der Bewährungszeit nach Aufforderung durch das Gericht
Urinproben unter Aufsicht abzugeben, stellt eine Maßnahme von verhältnismäßig geringer Intensität dar, die
weder einer Herabwürdigung der Persönlichkeitssphäre noch sonstigen rechtlich zu missbilligenden Zwecken
dient, sondern ebenfalls unmittelbar der Resozialisierung des Straftäters (vgl. BverfG, 15. August 1980, 2 BvR
495/80, BVerfGE 55, 28 <31>). Gegenüber der Möglichkeit, durch diese Weisung eine stabilisierende
Einwirkung auf die Lebensführung zu erreichen und damit in erster Linie der Vermeidung eines Rückfalls
vorzubeugen, wirkt sich der Effekt, dass den Urinproben zugleich eine Kontrollfunktion über die Einhaltung der
weiteren Weisung zukommt, sich von Drogen fernzuhalten, nachrangig aus.
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Soweit die Anordnung zur Abgabe von Urinkontrollen für den Beschwerdeführerin zu einem Zwang zur
Selbstbezichtigung geraten kann, führt dies zu keinem Grundrechtsverstoß, da es sich hier um keinen neuen
selbständigen Akt der Selbstbelastung eines strafbaren Verhaltens handelt; seines früheren strafbaren Tuns ist
der Beschwerdeführerin, dessen Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird, bereits überführt.
10 Nachdem mithin die Gesetzmäßigkeit dieser Weisungen höchstrichterlich bestätigt wurde und auch keine
sonstigen Umstände vorgetragen oder ersichtlich sind, aus denen sich im konkreten Fall für die
Beschwerdeführerin eine Gesetzwidrigkeit entnehmen ließe, war der Kammer wegen der nach § 453 Abs. 2
Satz 2 StPO nur eingeschränkt zur Verfügung stehenden Überprüfungsmöglichkeit eine vertiefte
Auseinandersetzung mit der getroffenen Weisung verwehrt.
11 Rein fürsorglich merkt die Kammer daher an, dass auch nach ihrer Ansicht der vorliegende Fall für derartige
Verzichts- und Überwachungsweisungen geradezu prädestiniert und plausibel erscheint. Ausweislich der
getroffenen Urteilsfeststellungen tauschte die Beschwerdeführerin ihr verordnete Arzneimittel gegen Heroin ein,
das sie teils selbst konsumierte, teils an Abnehmer weiterverkaufte. Bei ihr handelt es sich um eine
Heroinabhängige, die weder drei einschlägige Vorverurteilungen noch eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und
acht Monaten noch eine Zurückstellung der Strafvollstreckung noch eine Reststrafenaussetzung mit
Verlängerung der Bewährungszeit von der Begehung neuerlicher Taten abhalten konnten. Dass die deshalb
ohnehin nur mit Bedenken gewährte Bewährung und die damit verbundene günstige Prognose durch
schützende, aber auch überwachende Maßnahmen abgesichert werden musste, um die Beschwerdeführerin
vom Rauschgift und damit verbundenen (Beschaffungs-)Straftaten abzuhalten, liegt auf der Hand.
12 Soweit im Rahmen der Beschwerdebegründung vorgetragen wurde, die Formulierung „unerlaubte Substanzen“
sei zu unbestimmt, kann dem nicht gefolgt werden. Aufgrund des Gesamtzusammenhangs (Verurteilung wegen
Verstößen gegen das BtMG, Drogenscreening) erschließt sich auch dem Laien mühelos, dass damit verbotene
bzw. genehmigungspflichtige Substanzen gemeint sind, die entweder dem BtMG oder dem AMG unterfallen.
13 2. Auch die von der Beschwerdeführerin explizit beanstandete Weisung, die Drogenscreenings bei einer
bestimmten Einrichtung durchführen zu lassen (zuerst PZN W., nunmehr Institut für Rechtsmedizin der
Universität Heidelberg) und dafür die Kosten zu tragen, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.
14 Dabei muss vorliegend nicht entschieden werden, ob der Kammer auch hier nur ein eingeschränktes
Überprüfungsrecht zusteht, da es sich nur um einen Annex einer - wie oben ausgeführt - gesetzmäßigen
Weisung handelt, oder ob nicht zuletzt wegen der damit verbundenen finanziellen Belastung eine
uneingeschränkte Überprüfungsmöglichkeit eröffnet ist. Denn die vom Amtsgericht verhängte Weisung,
Drogenscreenings auf eigene Kosten bei einer vom Gericht bestimmten Einrichtung durchführen zu lassen, ist
selbst dann zulässig und verhältnismäßig, wenn die dabei anfallenden Kosten diejenigen übersteigen, die für
die von einem niedergelassenen Arzt vorgenommenen Untersuchung zu zahlen sind.
15 Die Kammer hat, um näheren Aufschluss über die allgemeine Handhabung von Drogenscreenings und die
dabei entstehenden Kosten Stellungnahmen des Psychiatrischen Zentrums Nordbaden in W. und des Instituts
für Rechtsmedizin und Verkehrsmedizin der Universität Heidelberg sowie eine Auskunft des Landratsamtes
des Rhein-Neckar-Kreises - Fahrerlaubnisstelle - angefordert. Danach bewegen sich die Kosten für
Drogenscreenings zwischen 70,00 EUR (PZN W.) und 94,00 EUR (Erstscreening TÜV Pfalz GmbH). Nach
Auskunft des geschäftsführenden Bewährungshelfers bei der Bewährungshilfe Heidelberg sollen die Kosten für
Drogenscreenings bei niedergelassenen Ärzten deutlich darunter in einem Bereich zwischen 40,00 EUR und
45,00 EUR liegen, vereinzelt sogar darunter.
16 Tatsächlich ergab eine weitere Nachfrage bei einer ortsansässigen Laborpraxis, bei der die beiden, von der
Beschwerdeführerin vorgelegten Screening-Ergebnisse vom 08.02. und 07.04.2006 erstellt wurden, ein
differenziertes Bild. So werden dort für ein komplettes, alle gängigen Parameter umfassendes Drogenscreening
140,00 EUR erhoben. Die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Untersuchungsberichte über lediglich drei
Parameter (Benzodiazepine 2,33 EUR; 6-O-Monocatzetylmorhin 14,47 EUR sowie Methadon-Metabolit (27,98
EUR) kosten jeweils 45,00 EUR. Die dabei nicht untersuchte Stoffgruppe der Cannaboide hätte im
Untersuchungsfall weitere 14,97 EUR verursacht; hinsichtlich Kokain und LSD wären dementsprechend noch
weitere Kosten angefallen.
17 Mithin ist bereits die generelle Behauptung unhaltbar, Drogenscreenings niedergelassener Ärzte seien
kostengünstiger. Ausweislich der Auskunft des Leiters des klinischen Labors des PZN W. werden die dort
durchgeführten Screenings auf die gängigsten sechs Parameter (Cannabis, Opiate, Kokain, Amphetamine,
Benzodiazepine und Methadon) durchgeführt und für den ersten Parameter 20,00 EUR, für alle weiteren jeweils
10,00 EUR erhoben. Das Institut für Rechtsmedizin und Verkehrsmedizin der Universität Heidelberg untersucht
in den erhobenen Urinproben auf insgesamt sieben Stoffgruppen bzw. Einzelsubstanzen, dieselben sechs
Parameter wie das PZN und zusätzlich LSD, wofür insgesamt 85,00 EUR berechnet werden.
18 Damit unterscheiden sich die vom Institut für Rechtsmedizin und dem PZN verlangten Preise nicht von
denjenigen niedergelassener Ärzte, sofern die Urinproben auf sämtlich gängige Drogen untersucht werden. Eine
Reduzierung des Untersuchungsumgangs auf nur drei Drogenarten wäre jedoch mit dem Sinn und Zweck eines
Drogenscreenings unvereinbar, da dadurch Gewissheit über den fraglichen Konsum gewonnen und der
Beschwerdeführerin zum vollständigen Verzicht auf Drogen jedweder Art angehalten werden soll. Würde man -
beispielsweise wegen der bislang bekannten Konsumgewohnheiten - einzelne Stoffgruppen vom
Drogenscreening ausnehmen, bliebe ein Ausweichkonsum unbemerkt, der nicht nur bei Polytoxikomanie immer
wieder vorkommt.
19 Demzufolge sind die beiden von der Beschwerdeführerin vorgelegten und für sie kostenfreien Drogenscreenings
alles andere als aussagekräftig, da sie nur drei Stoffgruppen abdecken, darunter auch Methadon, obwohl die
Beschwerdeführerin in ein Methadonprogramm eingebunden ist.
20 Da jedoch ein aussagekräftiges - jedenfalls sechs Stoffgruppen umfassendes - Drogenscreening auch bei
einem niedergelassenen Arzt nicht kostengünstiger als beim PZN, dem TÜV oder dem Institut für Rechts- und
Verkehrsmedizin zu erhalten ist, ist die Weisung im angefochtenen Beschluss, die Drogenscreenings beim
Institut für Rechtsmedizin vornehmen zu lassen, von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
21 Unabhängig vom mithin nicht stichhaltigen Kostenargument spricht weiter entscheidend für die richterliche
Vorgabe unabhängiger staatlicher Einrichtungen oder sonstiger Institute, die hoheitliche Aufgaben wahrnehmen
(z. B. TÜV, PZN, Institut für Rechtsmedizin o. ä.), dass bei diesen maßgebliche Qualitätsstandards
gewährleistet sind. Dies gilt sowohl für die Erhebung der Urinprobe als auch für deren weitere Aufbewahrung
und Untersuchung.
22 Wie die Kammer in zahlreichen Verfahren feststellen musste und ihr auch von der Bewährungshilfe und
niedergelassenen Ärzten bestätigt wurde, kommt es immer wieder zu Versuchen, bei der Abgabe des Urins
entweder durch Täuschung über die Identität des Abgebenden oder durch die Abgabe von Fremdurin zu
manipulieren. Um eine authentische, also zweifelsfrei vom Probanden herrührende Probe gewinnen, ist
zumindest einiger Kontrollaufwand nötig, den zwar grundsätzlich auch niedergelassene Ärzte betreiben können,
was allerdings von den praxisspezifischen Gegebenheiten und Kapazitäten abhängt, die recht unterschiedlich
sind. Deshalb wird es zwangsläufig - selbst bei bestem Bemühen der niedergelassenen Ärzte - zu
uneinheitlichen Vorgehensweisen kommen. Ferner besteht - neben denkbaren organisatorischen
Schwierigkeiten - bei gebotener strenger Handhabung die Gefahr, das auf Vertrauen basierende Arzt-Patienten-
Verhältnis zu untergraben. Dieses Problem stellt sich jedenfalls bei den eher „anonymen“ Instituten nicht.
23 Um dem Rechnung zu tragen und eine möglichst optimale Beweisgewinnung zu gewährleisten hat daher das
Land Baden-Württemberg am 26. April 2005 eine Verwaltungsvorschrift (vgl. Justiz 2005, 265ff.) erlassen, die
die Standards bei der Erhebung und Untersuchung der Blut-, Urin- und Haarproben gewährleisten. Ferner
bestimmt Nr. 9.2. der Verwaltungsvorschrift, dass ab dem 1. Juli 2007 nur noch solche Untersuchungsstellen
beauftragt werden dürfen, die als forensisches Laboratorium für die Verfahren „forensisch-toxikologische
Untersuchung“ sowie „Blutalkoholbestimmung“ gem. DIN EN ISO 17025 akkreditiert sind. Nur diese Maßnahme
bietet also auch nach Auffassung der Landesregierung hinreichend Gewähr für die Einhaltung qualitativer
Standards im Hinblick auf die Erhebung, Lagerung, Untersuchung und Auswertung von Urinproben.
Entsprechende Standards können von niedergelassenen Ärzten nicht ohne weiteres geleistet, erwartet und vor
allem - zumindest ohne größerer Nachforschungen - nicht in jedem Einzelfall überprüft werden.
24 Der Einwand in der Beschwerdebegründung, die konkrete Vorgabe eines bestimmten Institutes wäre bereits
deswegen unstatthaft, weil sie gegen das Recht der Beschwerdeführerin auf freie Arztwahl verstoße, geht ins
Leere. Vorliegend handelt es sich nämlich nicht um eine ärztliche Behandlung im Rahmen eines
Vertrauensverhältnisses, sondern nur um die Abgabe von Urin zu Untersuchungs- und Beweiszwecken,
vergleichbar mit der Blutentnahme im Strafverfahren (§ 81a StPO), bei der ebenfalls kein Anspruch auf einen
bestimmten Arzt besteht.
25 Auch die Überbürdung der Kosten des (der) Drogenscreenings auf die Beschwerdeführerin ist nicht zu
beanstanden; ihr stehen weder generelle noch einzelfallspezifische Erwägungen entgegen.
26 So ist es zunächst grundsätzlich zulässig, im Zusammenhang mit einer Bewährungsstrafe Auflagen oder
Weisungen zu erteilen, die sich unmittelbar (vgl. nur § 56 b Abs. 2 Nr. 1,2 und 4; 56 c Abs. 2 Nr. 5 StGB) oder
zumindest mittelbar (z.B. § 56 b Abs.2 Nr. 3 StGB) finanziell nachteilig auf die Beschwerdeführerin auswirken.
27 Die Grenze stellt auch hier der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dar, der es verbietet, den erfolgreichen
Bewährungsverlauf an unzumutbare oder gar unerfüllbare Anforderungen zu knüpfen und so in einem auch
nicht mit dem Zweck der Bewährung zu rechtfertigenden Ausmaß in die Lebensführung einzugreifen.
28 Die erfolgte Anordnung von vier im ersten Bewährungsjahr vierteljährlich zu erbringenden Drogenscreenings
verletzte und verletzt den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht (so auch Kropp in StV 2002, 284f.). So sind mit
dieser Auflage einzig auf das erste Jahr der Bewährung beschränkte Kosten von 280,-- EUR (PZN) bzw.
nunmehr 340,-- EUR (Institut für Rechtsmedizin) verbunden, was einer monatlichen Belastung von 23,33 EUR
bzw. 28,33 EUR entspricht.
29 Die Kammer verkennt nicht, dass dies für einkommensschwache oder am Existenzminimum liegende
Personen durchaus eine erhebliche Belastung darstellen kann. Daher kann es auch in besonderen Einzelfällen
angezeigt sein, dass das die Bewährung überwachende Gericht einen Drogenscreeningauftrag direkt an ein
Institut erteilt, was zu einer - zumindest vorläufigen - Kostenübernahme führt. Voraussetzung dafür wäre aber
ein dezidierter Nachweis fehlender Leistungsfähigkeit, den der Beschwerdeführerin durch entsprechende
Belege führen muss. Da im Falle nachgewiesener Leistungsunfähigkeit auf einer kostenpflichtigen Erfüllung
von Auflagen oder Weisungen nicht beharrt und deren Nichterfüllung nicht geahndet werden kann, obliegt es
dem Gericht zu entscheiden, ob es die Beibehaltung der Screenings zur Erzwingung der Abstinenz für
erforderlich erachtet und dafür die Kosten übernimmt oder ob es die Entscheidung den Gegebenheiten anpasst,
z.B. die vorgegeben Intervalle verändert o.ä..
30 Im Fall der Beschwerdeführerin bestand dazu jedoch keine Veranlassung. So verfügte sie, wie sowohl die
Urteilsgründe als auch ihr eigener Vortrag zeigen, durchgängig über stabile Einnahmen aus Leistungen der
öffentlichen Hand und eigener Arbeit, die ihr zumindest ausweislich ihres Schreibens vom 03.03.2006
monatliche Einnahmen von insgesamt 775,-- EUR sicherten, was allerdings angesichts des belegten ALG II
(677,68 EUR mtl.) und der behaupteten, regelmäßigen Vormittagsarbeit als eher zweifelhaft erscheint und
insoweit auch nicht belegt wurde. (Nachdem die Beschwerdeführerin ausweislich der Mitteilungen ihres
Verteidigers nunmehr eine Vollzeitanstellung fand, stellt sich das Finanzierungsproblem ohnehin nicht mehr.)
31 Dessen ungeachtet ist selbst bei einem Monatseinkommen von nur 775,-- EUR keine Unzumutbarkeit
anzunehmen, da in Relation dazu Kosten von knapp 30,-- EUR nicht unangemessen hoch sind. So darf vor
allem nicht der Zweck der Bewährung und der Weisung nicht außer Acht gelassen werden, durch die
Drogenabstinenz und dauerhafte Straflosigkeit erreicht werden soll. Im Sinne eines insoweit auch
erzieherischen Prozesses ist es daher angezeigt und geboten, der Beschwerdeführerin auch längerfristig und
nachhaltig spürbar mit ihrem früheren Fehlverhalten zu konfrontieren und auch zu kontrollieren, selbst wenn sie
dies in ihrer finanziellen Bewegungsfreiheit einschränkt und von ihr - wie gewünscht - Disziplin und
Bereitschaft zum Verzicht verlangt. Ob sie dazu bereit ist und sich den Screenings stellt oder ihnen ausweicht,
obliegt dann ebenso ihrer freien Entscheidung, wie die eigentliche Frage nach dem Konsum von Drogen.
Umgekehrt ist dann allerdings auch das Bewährungsgericht berechtigt, aus einer solchen Entscheidung gegen
Screenings oder für einen Drogenkonsum Konsequenzen bis hin zum Widerruf nach § 56 f StGB zu ziehen.
Dies hängt jedoch stets vom Einzelfall ab erfordert unter Berücksichtigung aller Umstände die Feststellung
eines gröblichen und beharrlichen Verstoßes erfordert.
32 3. Nach alledem ist die Beschwerde unbegründet, soweit sie sich gegen die in dem angefochtenen Beschluss
angeordneten Weisungen richtet. Dagegen ist das Rechtsmittel begründet, soweit es sich gegen die
Verlängerung der Bewährungszeit richtet. Denn das Verhalten der Beschwerdeführer begründet keinen
gröblichen und beharrlichen Verstoß gegen Bewährungsweisungen.
...
III.
33 Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 und 4 StPO.