Urteil des LG Hanau vom 04.08.2008

LG Hanau: swap, geschäftsführer, arglistige täuschung, im bewusstsein, marktwert, produkt, provision, offenkundig, anschluss, anlageberatung

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Gericht:
LG Hanau 9.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 O 1501/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 123 BGB, § 280 BGB
Bankenhaftung aus Anlageberatung: Risikoaufklärung bei
Zinsswap-Geschäften gegenüber dem Geschäftsführer
eines mittelständischen Unternehmens
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % vorläufig
vollstreckbar.
Tatbestand
Erstmals Ende 2001 wurde die Klägerin von der Beklagten in einem
Beratungsgespräch über Zweck und Funktionsweise von sog. Zinssatz-Swap-
Verträgen informiert. Hierbei handelt es sich um Geschäfte, bei denen
Zinszahlungen in variablen und festen Zinssätzen zwischen zwei Vertragspartnern
in gleicher Währung ausgetauscht werden; der zugrunde liegende Kapitalbetrag
wird nicht ausgetauscht. Im Anschluss hieran schloss die Klägerin mit der ... zwei
Zins-Swap-Verträge über jeweils 1 Mio. Euro ab, wobei die Klägerin einen festen,
die ... einen variablen Zinssatz zahlte. Die Verträge wurden im Februar und Juli
2002 geschlossen und haben eine Laufzeit von 10 Jahren.
Am 15.09.2004 stellte die Beklagte der Klägerin verschiedene von ihr vertriebene
Zins-Swap-Produkte vor, ohne dass es zu einem Geschäftsabschluss kam. Am
07.01.2005 fand ein Beratungsgespräch statt, bei dem erstmals konkret über den
Abschluss eines Swap-Geschäftes zwischen den Parteien gesprochen wurde. Im
Rahmen dieses Gespräches wurde der Klägerin ein von der Beklagten angebotener
Zins-Swap schriftlich präsentiert (CMS-Swap). Diesbezüglich handelt es sich um
die Anlagen K1 sowie B9 (Bl. 154 d. A.). Ein weiterer Besprechungstermin fand am
15.02.2005 statt. An diesem Tage wurde der CMS-Swap erneut präsentiert, wobei
unter der Rubrik "Bestandsaufnahme" darauf hingewiesen wurde, dass die mit der
... abgeschlossenen Zins-Swap-Verträge negative Marktwerte in Höhe von
124.700,00 EUR bzw. 130.825,00 EUR aufwiesen. Die als Anlage B6 vorgelegte
Präsentation wurde dem Geschäftsführer der Klägerin überreicht. Am 16.02.2005
schlossen die Parteien dann einen Rahmenvertrag über Finanztermingeschäfte
nebst Anhang (Bl. 87 - 89 d. A.). Außerdem kam es zum Abschluss des
streitgegenständlichen Swap-Geschäftes zu einem Nominalbetrag in Höhe von 2
Mio. Euro. Bei diesem Geschäft hätte die Klägerin einen Gewinn gemacht, wenn
sich der sog. "Spread" – also die Differenz zwischen lang- und kurzfristigen Zinsen
– nach oben entwickelt hätte, also größer geworden wäre, während bei einer
Verringerung ein Verlust eingetreten wäre. Nachdem sich der Marktwert des Swap
negativ entwickelte, focht die Klägerin den Vertrag wegen arglistiger Täuschung an
und erklärte vorsorglich die außerordentliche Kündigung (Bl. 114 - 116 d. A.).
Am 26.01.2007 wurde das Swap-Geschäft aufgelöst. Die Klägerin leistete eine
Ausgleichszahlung im Hinblick auf den negativen Marktwert des Swap in Höhe von
566.850,00 EUR. Die Klägerin errechnet einen ihr entstandenen Schaden aus dem
Swap-Geschäft in Höhe von 541.074,00 EUR, den sie mit vorliegender Klage
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Swap-Geschäft in Höhe von 541.074,00 EUR, den sie mit vorliegender Klage
geltend macht. Sie behauptet, dass ihr Geschäftsführer vor Abschluss des
streitgegenständlichen Geschäftes die Struktur des Swap nicht verstanden, das
Geschäft aber dennoch im Vertrauen auf die Darstellung und die präsentierenden
Mitarbeiter der Beklagten getätigt habe. Die Mitarbeiter der Klägerin hätten die
Angemessenheit der dem Swap-Geschäft zugrundeliegenden Zinsformel nicht
erkennen können. Die Klägerin habe auch keine eigene Meinung über die
Entwicklung der Zinsstrukturkurve gehabt; zu einer Einschätzung seien ihre
maßgebenden Mitarbeiter mangels entsprechenden Fondswissens auch gar nicht
in der Lage gewesen (Bl. 205 d. A.). Der Geschäftsführer der Klägerin habe "die
Struktur des Swap nicht verstanden" (Bl. 15 d. A.). Die Klägerin fühlt sich arglistig
getäuscht, weil der Swap einen anfänglichen negativen Marktwert in Höhe von
mehr als 4 % gehabt habe, obwohl ein Mitarbeiter der Beklagten lediglich einen
solchen in Höhe von "3 % zugestanden habe" (Bl. 54 d. A.). Das unbegrenzte
Verlustrisiko dieser Anlageform sei verharmlost worden. Bei dem getätigten
Geschäftsabschluss habe es sich um eine reine Wette auf zukünftige
Zinsentwicklung gehandelt. Hierüber sei nicht aufgeklärt worden. Die Beklagte
habe sich zudem in einem Interessenkonflikt befunden, über den nicht aufgeklärt
worden sei. Wegen den weiteren Ausführungen zur vermeintlichen arglistigen
Täuschung wird auf Bl. 59 ff. d. A. verwiesen. Darüber hinaus ist die Klägerin der
Auffassung, dass die Beklagte wegen fehlerhafter Beratung zum Schadenersatz
verpflichtet sei. Den beratenden Mitarbeitern der Beklagten sei klar gewesen, dass
"die Klägerin mit Swap-Produkten keinerlei Erfahrung besaß" (Bl. 62 d. A.). Die
Klägerin sei nicht in die Lage versetzt worden, "verantwortlich und im Bewusstsein
aller wesentlichen mit dem Swap verbundenen Risiken und Probleme über den
Abschluss oder Nichtabschluss des empfohlenen Produktes zu entscheiden" (Bl.
62 d. A.). Die Anlageempfehlung habe auch nicht dem Sicherheitsbedürfnis der
Klägerin Rechnung getragen. Über die Risiken sei nicht hinreichend aufgeklärt
worden.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 541.074,00 EUR zu zahlen nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
Rechtshängigkeit zu zahlen;
hilfsweise wird für den Fall des vollständigen oder teilweisen Obsiegens der Klägerin
beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin auch sämtliche weiteren Schäden zu
ersetzen, die dadurch entstehen, dass die Verluste aus dem Spread-Ladder-Swap
von der Finanzverwaltung möglicherweise nicht als abzugsfähige
Betriebsausgaben anerkannt werden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die Klage bereits unschlüssig sei, weil die Klägerin
ihrem eigenen Vortrag zufolge die Funktionsweise des Swap nicht verstanden und
sich somit auch nicht geirrt haben könnte. Aus diesem Grunde fehle es auch an
einer Kausalität zwischen behaupteten Beratungsfehler und Schaden. Im Übrigen
sei die Klägerin hinreichend über die Risiken aufgeklärt und ordnungsgemäß
beraten worden. Eine Verharmlosung der Risiken sei nicht erfolgt. Die Klägerin sei
auch nicht getäuscht worden.
Wegen des weiteren Parteivortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze
ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet und war daher abzuweisen, da die Beklagte weder falsch
beraten noch arglistig getäuscht hat.
Die Beklagte hat die Klägerin anlegergerecht beraten. Sie hatte in der juristischen
Person der Klägerin insbesondere deren Wissensstand über Anlagegeschäfte der
vorgesehenen Art und deren Risikobereitschaft bzw. Anlageziel zu berücksichtigen.
Die Klägerin verfügte – als ihr das streitgegenständliche Swap-Geschäft erstmals
konkret angeboten wurde – (07.11.2005) bereits über nicht unerhebliche
Informationen zu sog. Zins-Swap-Geschäften. Hierbei kann dahingestellt bleiben,
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Informationen zu sog. Zins-Swap-Geschäften. Hierbei kann dahingestellt bleiben,
ob der Klägerin die bereits im Jahre 2001 seitens der Beklagten erteilten
Informationen noch präsent waren. Denn die Klägerin schloss hieran anschließend
zwei Swap-Verträge mit der ... die zum Zeitpunkt der beiden Beratungsgespräche
am 07.01.2005 bzw. 15.12.2005 noch Bestand hatten und auch Gegenstand der
Beratung waren. Beide Verträge wiesen einen negativen Marktwert von mehr als
250.000,00 EUR auf, so dass dem Geschäftsführer der Klägerin schon aus diesem
Grunde bewusst gewesen sein muss, dass der Abschluss eines Zins-Swap-
Geschäftes ganz erhebliche Risiken mit sich bringen kann. Der Klägerin ging es
auch nicht – anders als in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall (WM 93,
S. 1455) – um eine sichere Kapitalanlage. Die entsprechenden Ausführungen der
Klägerin "sie habe eine sichere Anlageform gewünscht" entsprechen offenkundig
nicht den Tatsachen. Denn eine der Besonderheiten eines Swaps besteht gerade
darin, dass kein Kapital eingesetzt wird, sondern dass auf die zukünftige
Zinsentwicklung spekuliert wird. Selbst wenn der Geschäftsführer der Klägerin "die
Struktur des Swap" (Bl. 15 d. A.) nicht verstanden hat, so muss ihm klar gewesen
sein – im Hinblick auf die bereits zuvor getätigten Swap-Geschäfte und weil
überhaupt kein Kapitaleinsatz erforderlich war –, dass es sich um ein
Spekulationsgeschäft handelte. Hinzu kommt, dass es sich bei dem
Geschäftsführer der Klägerin nicht um einen in Kapitalanlagefragen völlig
unerfahrenen "Normalbürger" handelt, sondern um den Leiter eines
mittelständischen Unternehmens, welches Millionenumsätze tätigt. Dass ein
solches Geschäft bei den Unwägbarkeiten der Finanzmärkte extrem risikobehaftet
sein musste, kann dem Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens
nicht unbekannt geblieben sein. Wenn sich die Klägerin vor diesem Hintergrund in
konkrete Beratungsgespräche einließ, so durfte die Beklagte davon ausgehen,
dass der Klägerin hinreichend Informationen jedenfalls über die grundsätzliche
Ausgestaltung des Geschäfts vorlagen und auch bekannt waren und sie zudem in
hohem Maße risikobereit war. Hierfür spricht im Übrigen auch der Umstand, dass
das streitgegenständliche Spekulationsgeschäft geschlossen werden sollte, um die
Verluste aus den vorherigen Spekulationsgeschäften auszugleichen, wie die
Beklagte substantiiert vorgetragen hat und was in Übereinstimmung steht mit der
Präsentation (Anlage K1 und B6), die Gegenstand der beiden Beratungsgespräche
waren. Wer aber bereits erlittene Spekulationsverlust durch eine weitere
Spekulation auszugleichen versucht, gibt nach Auffassung des Gerichts eine ganz
erhebliche Risikobereitschaft zu erkennen. Anhaltspunkte dafür, dass sich die
Beklagte nicht anlegergerecht verhalten hätte, als sie den CMS-Swap offerierte,
sind somit nicht vorhanden.
Die Beklagte hat auch anlagegerecht beraten. Zwar weist die Klägerin zu Recht
darauf hin, dass es sich bei dem vorliegenden CMS-Spread-Ladder-Swap um ein
Anlageprodukt der höchsten Risiko-Kategorie handelt (ZBB 2007, S. 349). Auf
diese Risiken wurde aber hinreichend hingewiesen. Die erteilten Informationen
ermöglichten es der Klägerin, eine eigenverantwortliche Entscheidung treffen zu
können. Dass die Klägerin hierbei auf die offenbar falsche Einschätzung der
Zinsentwicklung der Beklagten vertraute, ändert hieran nichts, weil die Empfehlung
der Beklagten ex ante betrachtet, nicht unvertretbar erscheint, denn es war
gerade nicht vorhersehbar, wie sich die Zinskurve entwickeln würde.
"Das Risiko, dass sich eine auf Grund anleger- und objektgerechter Beratung
getroffene Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Kunde"
(BGH NJW 2006, S. 2041).
Auf dieses Risiko wird im Übrigen in der Präsentation hingewiesen, denn dort heißt
es auf Seite 14:
"Die weiterhin abwartende Zinspolitik der EZB auf der einen Seite und die stark
anziehenden Zinsen in Amerika auf der anderen Seite werden voraussichtlich zu
einer deutlichen Ausweitung der Zinsdifferenz in Euro-Land führen."
Weiter heißt es dann auf Seite 20:
"Risiken
Sinkt die Differenz zwischen CMS 10 und CMS 2 stark unter das heutige Niveau
ab, kann die Strategie ins Gegenteil umschlagen und sie müssen höhere
Zinszahlungen leisten als sie empfangen; die von ihnen zu leistende Zinszahlung
ist in der Höhe nicht nach oben begrenzt. Ihr Verlustrisiko ist somit theoretisch
unbegrenzt."
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Hinzu kommt, dass dem Geschäftsführer der Klägerin aufgrund der hohen
Verluste, die sie mit den zuvor getätigten Zins-Swap-Geschäften erwirtschaftete,
klar gewesen sein muss, dass sich eine zuverlässige Prognose der künftigen
Zinsentwicklung nicht erstellen ließ. Hierauf weisen im Übrigen auch die
Rechenbeispiele (S. 22 ff., Anlage B6) unmissverständlich hin. Wenn sich der
Geschäftsführer der Klägerin vor diesem Hintergrund dennoch zum Abschluss des
streitgegenständlichen Geschäfts entschloss, ohne die Struktur des Fonds
überhaupt verstanden zu haben, so hätte er das Geschäft zur vollen Überzeugung
des Gerichts auch dann getätigt, wenn die Mitarbeiter der Beklagten weitere
Risikoberechnungen durchgeführt hätten, so dass sich eine nähere Vertiefung
dieses Punktes erübrigt.
Eine Falschberatung liegt auch nicht darin, dass die Präsentationsbroschüre
(Anlage K1) unstreitig einige inhaltliche Fehler enthält (Bl. 158 d. A.)., da die als
Anlage B6 vorgelegte Präsentation diese Fehler nicht enthält. Diese Präsentation
wurde am 15.02.2005 vorgelegt und diese Beratung war nach dem eigenen
Vortrag der Klägerin "Grundlage der Anlageentscheidung". Somit können die
inhaltlichen Fehler der Broschüre K1 nicht kausal gewesen sein für die
Entscheidungsfindung der Klägerin. Hinzu kommt, dass der Geschäftsführer der
Klägerin den eigenen Einlassungen der Klägerin zufolge – und hierauf wurde bereits
wiederholt hingewiesen – weder die Struktur des Fonds noch das Produkt an sich
verstanden hatte und sich auch nicht in der Lage sah, die mit einem solchen
Geschäft einhergehenden Risiken und Probleme einzuschätzen (Bl. 62 d. A.). Dann
aber sind die oben angesprochenen inhaltlichen Fehler der Broschüre K1
offensichtlich gerade nicht kausal für die Anlageentscheidung geworden, weil sie
gar nicht erkannt worden waren.
Soweit die Klägerin des weiteren behauptet – dies im Übrigen völlig unsubstantiiert
– ihrem Geschäftsführer sei nicht ansatzweise erläutert worden, dass es sich um
eine Zinswette handele, man sei davon ausgegangen, dass lediglich "der Einsatz,
d. h. die durch die Beklagten garantierten Zinszahlungen verloren gehen könnten"
(Bl. 12 d. A.), so ist dies abwegig. Dann nämlich hätte das alleinige Risiko des
Geschäfts zu 100 % bei der Bank gelegen. Dass der Geschäftsführer der Klägerin
hiervon nicht ernsthaft ausgegangen sein kann, bedarf im Hinblick auf die obigen
Ausführungen zu seiner beruflichen Stellung keiner näheren Vertiefung. Dieser
Sachvortrag steht im Übrigen in krassem Widerspruch in der Replik. Denn dort wird
ausgeführt, "dass die Klägerin glaubte, ihre Verluste seien auf den Bezugsbetrag
beschränkt." Dass aber bedeutet nichts anderes, als dass der Geschäftsführer der
Klägerin – um ihm geht es ja offenkundig, wenn von der Klägerin die Rede ist –
selbst mit einem möglichen Verlust in Höhe von 2 Mio. Euro rechnete. Dann aber
kann es auch nicht sein, dass das Verlustrisiko verharmlost wurde, indem es als
theoretisches Risiko bezeichnet wurde. Aber selbst wenn diese Wortwahl gebraucht
wurde, so durfte hieraus nicht der Rückschluss auf eine sichere Spekulation
gezogen werden. Zum einen gibt es keine sicheren Spekulationen, was dem
Geschäftsführer der Klägerin aufgrund seiner beruflichen Stellung und aufgrund
der bereits zuvor erlittenen Verluste klar gewesen sein muss. Zum anderen weist
die Präsentation auch ausdrücklich auf ein "theoretisch unbegrenztes Verlustrisiko"
hin. Dass über den zukünftigen Verlauf der Zinskurve keine mündelsichere
Prognose abgegeben werden konnte und demzufolge lediglich über theoretische
Entwicklungen gesprochen werden konnte, liegt somit auf der Hand.
Die Beklagte hat die Klägerin auch nicht arglistig getäuscht. Der Umstand, dass
die Beklagte die Klägerin nicht darüber aufklärte, dass das Zins-Swap-Geschäft
zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses einen sog. negativen Marktwert hatte, stellt
keine Täuschungshandlung dar. Dieser betrug nach dem unbestrittenen Vortrag,
der auch in der mündlichen Verhandlung zur Sprache kam, bei Abschluss des
Geschäftes ca. 4 %, was im Übrigen auch korrespondiert mit dem von der
Beklagten vorgelegten Kontaktbericht (Anlage B11). Hierbei handelt es sich um die
Provision der Beklagten, was in der mündlichen Verhandlung ebenfalls unstreitig
wurde. Die Beklagte war nicht verpflichtet, hierüber explizit aufzuklären, weil der
Käufer eines Produktes keinen Anspruch darauf hat, dass der gezahlte Kaufpreis
dem tatsächlichen Marktwert entspricht (BGH WM 04, S. 1734). Arglist vermag das
Gericht ebenfalls nicht zu erkennen, weil dem Geschäftsführer der Klägerin klar
gewesen sein muss, dass die Bank nicht kostenfrei tätig werden würde und was die
Klägerin in der Klageschrift auch selbst einräumt, indem sie dort vorträgt, ihr
Geschäftsführer habe dem Mitarbeiter der Beklagten ... "ja auch mal ein Geschäft
geben wollen". Wenn vor diesem Hintergrund seitens der Klägerin nicht konkret zur
Höhe der Provision nachgefragt wurde, so hat sie sich dies selbst anzulasten.
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Höhe der Provision nachgefragt wurde, so hat sie sich dies selbst anzulasten.
Darüber hinaus ist auch nichts konkretes dafür vorgetragen, dass die Klägerin bei
einer Kenntnis der 4 %igen Provision das streitgegenständliche Geschäft nicht
abgeschlossen hätte. Denn ihr Geschäftsführer vertraute den Prognosen der
Beklagten und rechnete mit einem Anstieg des Spread und demzufolge mit einem
Zinsgewinn, wodurch der negative Marktwert ausgeglichen worden wäre.
Die Beklagte hat auch nicht über die Risiken und das unbegrenzte Verlustrisiko
getäuscht. Der Klägerin ist zuzugeben, dass Chancen und Risiken des
streitgegenständlichen Geschäfts extrem unausgewogen sind. Während die
Klägerin bei für sie optimalem Zinsverlauf maximal 1,5 % im 1. und anschließend 4
Jahre lang 3 % = 270.000,00 EUR erwarten durfte, war ihr eigenes Verlustrisiko –
jedenfalls theoretisch – nahezu unbegrenzt. Es ist aber nicht Aufgabe des
Gerichts, ein solches Produkt moralisch zu bewerten. Maßgeblich ist allein, ob die
Klägerin hierüber getäuscht wurde. Dies ist aber gerade nicht der Fall, denn in der
Präsentation werden exakt diese Chancen und Risiken angesprochen und
ausführlich erläutert. Von einer Täuschung oder einem gar arglistigen Verhalten
kann deshalb keine Rede sein, zumal ausdrücklich in der Präsentationsbroschüre
und nach dem eigenen Vortrag der Klägerin auch nochmals mündlich (Bl. 12 d. A.).
auf das theoretisch unbegrenzte Verlustrisiko hingewiesen wurde. Angesichts
dieser im Grundsatz unstreitig angesprochenen Risiken durften weitergehende
unkonkrete Angaben zur Zinsentwicklung und zur Markterwartung von einem
erfahrenden Geschäftsmann allein in dem Sinne interpretiert werden, dass die
Beklagte hinter ihrem Produkt stehe. Dies ist aber keine arglistige Täuschung. Die
Beklagte hat auch nicht über Interessenkonflikte getäuscht. Sie hat die Chancen
und Risiken dargestellt. Hierzu wurde bereits ausführlich Stellung genommen.
Dass die Beklagte nicht kostenfrei tätig werden würde und selbstverständlich mit
dem Geschäftsabschluss auch eigene Interessen verfolgte, was legitim ist, und
letztlich nahezu jedem Geschäftsabschluss zugrunde liegt, lag für den
Geschäftsführer der Klägerin klar auf der Hand. Auch dies bedarf keiner näheren
Vertiefung.
Dass zwischen der Klägerin bzw. deren Mitarbeitern und denen der Beklagten ein
Kompetenzgefälle bzgl. des Swap-Geschäftes bestand, mag sein. Gerade deshalb
wurden ja ausführliche Beratungsgespräche geführt. Wenn der Geschäftsführer der
Klägerin im Anschluss hieran, ohne die Struktur und die Funktionsweise des Swap
überhaupt verstanden zu haben und ohne Bewusstsein der hiermit
einhergehenden Risiken (Bl. 62 d. A.) das streitgegenständliche Geschäft dennoch
schloss, so kann dies nicht der Beklagten als arglistige Täuschung angelastet
werden.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in
§ 709 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.