Urteil des LG Hanau vom 21.09.2007

LG Hanau: firma, ablauf der frist, anfechtung, vertretbare sache, arglistige täuschung, kaufpreis, montage, unterlassen, kaufvertrag, vollstreckung

1
2
3
Gericht:
OLG Frankfurt 7.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 U 222/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
Art 229 § 5 S 1 BGBEG, § 142
Abs 1 BGB, § 651 Abs 1 S 2
BGB, § 634 BGB, § 326 Abs 1
BGB
Anwaltshaftung: Regressprozess wegen anwaltlicher
Pflichtverletzung bei der Prozessführung
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 21. September 2006 verkündete Urteil
des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des Landgerichts Hanau wird
zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung fallen der Klägerin zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in
Höhe von 115% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden,
wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit von 115% des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet.
Der Wert des Streitgegenstands für den zweiten Rechtszug wird auf € 25.492,26
festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Leistung von Schadensersatz wegen
Verletzung anwaltsvertraglicher Pflichten in einer gerichtlichen
Auseinandersetzung zwischen ihr und der Firma A1 GmbH in O1 (im Folgenden:
Firma A1) in Anspruch.
Der in dem Vorprozess geführten Auseinandersetzung, in der die Klägerin in
beiden Instanzen unterlag (LG Hanau – 1 O 300/02, OLG Frankfurt – 23 U 219/02),
liegt Folgendes zu Grunde:
Die Klägerin, die Kauffrau ist und ein Bekleidungsgeschäft betreibt, bestellte mit
schriftlichem Kaufvertrag nach vorangegangenem Angebot bei der Firma A1 eine
Küche „X“, die aus serienmäßig hergestellten Teilen zusammengesetzt und nach
vorherigem Ausmessen an die Bedürfnisse der Klägerin angepasst war, sowie
sechs Stühle zu einem schriftlich niedergelegten Preis von DM 45.800,-. Die
Verhandlungen, die zum Vertragsschluss führten, wurden auf Seiten der Klägerin
durch ihren Ehemann Z1 und auf Seiten der Firma A1 durch Herrn Z2 geführt, der
eine Preisvergünstigung in Aussicht stellte, wobei die Einzelheiten umstritten sind.
Die Anlieferung und Montage der Küche erfolgte im Dezember 2001 durch zwei
Monteure, die nach Abschluss ihrer Arbeiten von der Klägerin DM 1.700,- in bar
verlangten und erhielten. Nachdem die Klägerin Unvollständigkeiten und Fehler
gerügt hatte, wurden diese zum Teil von der Firma A1 behoben, die unter dem 18.
Dezember 2001 Vorschläge unterbreitet hatte (Anlage zum Schriftsatz der
Klägerin vom 18. Juni 2006). Die Klägerin verlor jedoch in der Folge das Interesse
daran, die Küche zu behalten. Dafür war unter anderem der Umstand maßgebend,
dass sie sich betrogen fühlte, weil der verlangte Preis ihr zu hoch und keineswegs
4
5
6
7
dass sie sich betrogen fühlte, weil der verlangte Preis ihr zu hoch und keineswegs
als günstige Gelegenheit erschien, da sie Erkundigungen eingezogen hatte, denen
zufolge eines solche Küche woanders bedeutend preisgünstiger angeboten wurde.
Einem Verlangen der Firma A1 nach Zahlung des restlichen Preises – DM 21.000,-
waren gezahlt worden – hielt der mit der Rechtswahrnehmung betraute Beklagte
eine mit Schreiben vom 11. Januar 2001 erklärte Wandlung entgegen. Nachdem
die Firma A1 einen Restbetrag von DM 24.722,- = € 12.640,16 eingeklagt hatte,
focht der Beklagte in der Klageerwiderung vom 15. April 2002 (Bl. 90 – 94 d. A.)
den Kaufvertrag namens der Beklagten wegen arglistiger Täuschung an bei
gleichzeitiger Wiederholung der Wandlung. Zur Begründung der Anfechtung trug
der Beklagte vor, dass die Parteien übereingekommen seien, die Küche zum
Einkaufspreis abzugeben. Bei dem vereinbarten Preis handele es sich jedoch nicht
um den Einkaufspreis. Die Beklagte (Klägerin im vorliegenden Verfahren) habe bei
verschiedenen Firmen angefragt und die Auskunft erhalten, dass dieselbe Küche
nicht mehr als etwa DM 35.000,- koste, sodass es sich bei dem vereinbarten Preis
von DM 45.800,- nicht um einen Einkaufspreis handeln könne. Sie – die Beklagte –
wolle die Küche nicht mehr haben, weil sie von der Firma A1 und deren
Geschäftsgebaren enttäuscht sei. Hinzu komme, dass die Küche auch mit
erheblichen Mängeln behaftet sei. Die Küche habe, so wie sie dastehe, keinen
Wert. Mit einer Widerklage beantragte die hiesige Klägerin die Rückzahlung der
Teilzahlung von DM 21.000,- und die Feststellung, dass sich die Firma A1 mit der
Rücknahme der Küche in Annahmeverzug befinde. Die Firma A1 widersprach der
Behauptung, dass ein Einkaufspreis vereinbart worden sei. Sie erwiderte zunächst,
Herr Z2 habe lediglich einen günstigen Preis zu den Konditionen versprochen, den
auch er von der Firma A1 als deren früherer Gesellschafter erhalte (Schriftsatz
vom 19. Juni 2002, Anlage 1 zum Schriftsatz der Klägerin vom 18. Mai 2006). In der
mündlichen Verhandlung vom 22. August 2002 hörte das Landgericht die Klägerin
an vernahm die Zeugen Z1 (Ehemann der Klägerin) und Z2. Die Klägerin erklärte,
es sei ein Kaufpreis von DM 39.000,- vereinbart worden, der darüber
hinausgehende Betrag sei nur aus buchhalterischen Gründen in den Vertrag
aufgenommen worden. Der Zeuge Z1 hat die Vereinbarung eines niedrigeren
Kaufpreises bestätigt, jedoch einen Betrag von DM 37.000,- genannt. Der Zeuge
Z2 hat bekundet, dass zwar ein Preis vom netto DM 43.000,- bis DM 44.000,-
vereinbart worden sei, jedoch sei er befugt gewesen, eine Gutschrift zu erteilen,
die die Klägerin dann aber nicht erhalten habe.
Das Landgericht hat daraufhin mit Urteil vom 19. September 2002, auf das
verwiesen wird (Bl. 9 – 19 d. A.), der Klage unter Abweisung der Widerklage
stattgegeben. Eine Anfechtung greife nicht durch. Der Vortrag, dass der
vereinbarte Kaufpreis von DM 45.800,- der Einkaufspreis sei, sei in der mündlichen
Verhandlung nicht mehr aufrechterhalten worden und habe sich auch in der
Beweisaufnahme nicht ergeben. Auch sei die Wandlung des Kaufvertrags nicht
gerechtfertigt. Soweit die Montage betroffen sei, sei die Firma A1 nicht
Vertragspartnerin, weil die Montage im Auftrag der Klägerin durch die Monteure
erfolgt sei. Auch im Übrigen rechtfertige der Vortrag keine Wandlung. Die Fehler
seien teilweise trotz wiederholten Hinweises nicht substanziiert worden.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin, vertreten durch den Beklagten, Berufung
eingelegt und begründet. Auf die Berufungsbegründungsschrift vom 26. Dezember
2002 wird Bezug genommen (Bl. 20 – 22 d. A.). Am 24. Januar 2003 kündigte die
Klägerin das Mandat, das vom jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin
übernommen wurde. Mit Schreiben vom 4. Juli 2003 wies der Vorsitzende des
Berufungsgerichts die Klägerin darauf hin, dass der Senat beabsichtige, die
Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen
(Bl. 177 – 185 d. A.). Dazu nahm die Klägerin mit Schriftsatz vom 20. August 2003
durch ihre neue anwaltliche Vertretung eingehend Stellung (Bl. 186 – 195 d. A.).
Mit Beschluss vom 10. September 2003 wies der 23. Zivilsenat die Berufung
alsdann gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurück (Bl. 196 – 204 d. A.).
Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin den Beklagten mit der Behauptung in
Anspruch genommen, er habe sie in dem Vorprozess so ungenügend vertreten,
dass sie unterlegen sei, was bei ihr einen Schaden von insgesamt € 26.308,55
hervorgerufen habe. Sie hat dem Beklagten vorgeworfen, dass er es unterlassen
habe, die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung in der Berufungsinstanz
weiterzuverfolgen, obwohl dies aussichtsreich gewesen wäre. Außerdem habe er
es unterlassen, (vermeintliche) Widersprüche zwischen den Angaben der Klägerin
und ihres Ehemannes auszuräumen, die im Urteil des Landgerichts für sie
nachteilig verwertet worden seien. Obwohl der Beklagte in der mündlichen
8
9
10
11
12
13
14
15
16
nachteilig verwertet worden seien. Obwohl der Beklagte in der mündlichen
Verhandlung anwesend gewesen sei, habe er nichts unternommen. Ein
Widerspruch in den Angaben habe tatsächlich nicht vorgelegen, weil die
betragsmäßige Differenz zwischen einem Kaufpreis von DM 37.000,- und einem
von DM 39.000,- sich mit einer Glättung durch den Mehrpreis für die Stühle
erkläre. Der Beklagte sei ferner im Hinblick auf die Montage dem Vorbringen nicht
effektiv genug entgegengetreten, dass der Montageauftrag den Monteuren
persönlich und nicht der Firma A1 erteilt worden sei. Pflichtwidrig sei es auch
gewesen, die Substanziierungsbedenken des Landgerichts hinsichtlich der
gerügten Mängel ungeachtet eines zweimaligen Hinweises nicht zu beheben,
obwohl der Beklagte umfassende Kenntnis des Sachverhalts gehabt und die Küche
selbst besichtigt habe. Abgesehen davon sei der Hinweis des Landgerichts auch
nicht ausreichend gewesen, was der Beklagte unterlassen habe, in zweiter Instanz
als verfahrensfehlerhaft zu rügen. Der Beklagte hätte nachhaltiger auf die
Einholung eines Sachverständigengutachtens dringen müssen und dessen
Unterlassen in zweiter Instanz rügen müssen. Schließlich habe er es unterlassen,
ein Beweissicherungsverfahren wegen fehlender Teile/Mängel einzuleiten.
Letztendlich habe der Beklagte rechtsfehlerhaft auch keine Frist zur
Vervollständigung der Leistung und der Mängel gesetzt. Wegen der anwaltlichen
Fehler sei ihr der geltend gemachte Schaden entstanden, wegen dessen
Einzelheiten auf die Klageschrift Bezug genommen wird.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie € 26.308,55 nebst 5% Zinsen über dem
Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2004 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, dass ein anwaltliches Fehlverhalten nicht
festzustellen sei. Er sei vom Ehemann der Klägerin so informiert worden, dass sie
die Küche zum Einkaufspreis habe erhalten sollen. Dass ein bezifferter Kaufpreis
abgesprochen worden sei, habe er erstmals durch die Aussage des Ehemanns der
Klägerin erfahren. Die arglistige Täuschung sei entfallen, weil die Klägerin von ihrer
Schilderung in der mündlichen Verhandlung abgerückt sei. Sie habe daher auch in
der Berufung nicht mehr gebracht werden können. Hinsichtlich der Mängel fehle es
an der Kausalität für den Schaden, weil niemals Frist zur Behebung gesetzt worden
sei. Das sei auch nicht veranlasst gewesen. Die Klägerin habe die ihr von der Firma
A1 angebotenen Änderungen abgelehnt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung und der
Einzelheiten des Parteivorbringens in erster Instanz wird auf das Urteil Bezug
genommen (Bl. 113 – 117 d. A.).
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung, mit der sie einen
geringfügig gekürzten Schadensbetrag weiterverfolgt. Sie meint nach wie vor, dass
sich der Beklagte zahlreiche Pflichtverletzungen vorwerfen lassen müsse. Er hätte
sogleich nach Übernahme des Mandats der Klägerin nahelegen müssen, ein
Beweissicherungsverfahren einzuleiten. Er hätte wenigstens im Prozess die
fehlenden und untauglichen Lieferungen im Einzelnen beschreiben müssen. In der
Beweisaufnahme habe es der Beklagte versäumt, die scheinbar nicht zueinander
passenden Aussagen der Klägerin und ihres Ehemannes anzusprechen und die
Differenz aufzuklären. Er habe es sowohl unterlassen, der arglistigen Täuschung
weiter nachzugehen, als auch der Frage mit der gebotenen Hartnäckigkeit
nachzugehen, ob die Monteure tatsächlich im Auftrag der Klägerin tätig gewesen
seien. Weiter habe es der Beklagte versäumt deutlich zu machen, dass das
Wandlungsbegehren nicht davon abhängig gewesen sei, in wessen Auftrag die
Montage durchgeführt worden sei. Die zahlreichen fehlenden und falschen
Lieferungen hätten nach Fristsetzung und Ablehnungsandrohung einen
Schadensersatzanspruch begründet und die Klageforderung zu Fall gebracht. Der
Beklagte hätte eine Beweisaufnahme über den Einkaufspreis und den Wert der
Küche erzwingen können.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angegriffenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an
die Klägerin € 25.492,26 nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1.
Januar 2004 zu zahlen.
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtzug wird
ergänzend auf die Schriftsätze der Klägerin vom 27. Dezember 2006 (Bl. 148 –
152 d. A.) und 14. August 2007 (Bl. 171/172 d. A.) sowie denjenigen des Beklagten
vom 9. Februar 2007 (Bl. 157 – 163 d. A.) Bezug genommen. Die Klägerin hat nach
Schluss der mündlichen Verhandlung einen weiteren Schriftsatz vom 4.
September 2007 (Bl. 376 – 383 d. A.) eingereicht.
II.
Die Berufung ist zulässig; sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Das Urteil des Landgerichts beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch
rechtfertigen nach § 529 ZPO zu Grunde zu legende Tatsachen eine andere
Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).
Die Aktivlegitimation der im Vorprozess mit Deckung einer
Rechtsschutzversicherung klagenden Klägerin ist nicht mehr bestritten, nachdem
die Klägerin eine Erklärung der Versicherung vom 18. Mai 2006 vorgelegt hat, mit
der diese gemäß § 67 VVG auf sie übergegangene Ansprüche in Höhe von €
10.417,33 an die Klägerin rückabgetreten hat (Anlage 5 des Schriftsatzes vom 18.
Mai 2006). Damit sind alle Ansprüche wieder in der Hand der Klägerin vereint.
Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch wegen positiver
Forderungsverletzung des zwischen den Parteien geschlossenen Anwaltsvertrags
steht ihr indessen nicht zu. Sonstige Rechtsgrundlagen kommen nicht in Betracht.
Das für das Schuldverhältnis maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31.
Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB). Die Parteien
gehen übereinstimmend davon aus, dass der zu Grunde liegende Anwaltsvertrag
noch im Jahr 2001 geschlossen wurde. Selbst wenn der Vertrag erst im Jahr 2002
zu Stande gekommen wäre, würde sich nach dem dann geltenden Recht kein
abweichendes Ergebnis einstellen.
Es stellt schon keine anwaltliche Pflichtverletzung dar, dass der Beklagte, wie ihm
von der Klägerin vorgeworfen wird, die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger
Täuschung in der Berufungsbegründung nicht erneut aufgegriffen hat. Dazu hätte
er das bisherige tatsächliche Vorbringen ändern müssen, was nach § 531 Abs. 2
ZPO nicht mehr zugelassen werden konnte. Einen solchen, von vornherein zum
Scheitern verurteilten Versuch brauchte er nicht zu unternehmen.
Der Beklagte hatte die Verteidigung der Klägerin gegenüber der Zahlungsklage
der Firma A1 darauf abgestellt, dass er durch Erklärung der Anfechtung wegen
arglistiger Täuschung die Vertragsbindung von Anfang an zu beseitigen suchte (§
142 Abs. 1 BGB), was zu einer Rückabwicklung erbrachter Leistungen geführt
hätte. Anfechtungstatbestand war eine behauptete Täuschung darüber, dass der
vereinbarte Preis für die Firma A1 ein Einkaufspreis sei, was grob unrichtig
gewesen sei. Dafür hatte er Beweis durch den Zeugen Z1 und
Sachverständigengutachten angeboten.
Nachdem die Klägerin in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht
erklärt hatte, es sei ein Kaufpreis von DM 39.000,- vereinbart worden, der darüber
hinausgehende Betrag sei nur aus buchhalterischen Gründen in den Vertrag
aufgenommen worden, war dem geltend gemachten Anfechtungstatbestand die
Grundlage entzogen. Die Erklärung der Klägerin war beachtlich, da die Darstellung
der Partei wegen ihrer größeren Informationsnähe auch im Anwaltsprozess
abweichendem schriftsätzlichem Vorbringen ihres Anwalts grundsätzlich vorging
(BGH LM § 141 ZPO Nr. 2). Die Erklärung der Anfechtung hätte daher mit neuem
Tatsachenvorbringen gerechtfertigt werden müssen, für den es in der
Berufungsinstanz zu spät war.
Der Senat geht als feststehend davon aus, dass der Beklagte von dem Ehemann
der Klägerin so informiert wurde, wie er das in der Klageerwiderung vorgetragen
und zur Grundlage der Anfechtung gemacht hat. Ein Fehler in der
30
31
32
33
und zur Grundlage der Anfechtung gemacht hat. Ein Fehler in der
Informationsaufnahme war dem Beklagten in erster Instanz nicht zur Last gelegt
worden. Soweit in dem nach mündlicher Verhandlung vor dem Landgericht
eingereichten Schriftsatz vom 8. September 2006 in undeutlicher Weise ohne
zeitliche Festlegung im Zusammenhang mit den Angaben in der mündlichen
Verhandlung vorgetragen ist, entgegen dem Vorbringen des Beklagten sei
„diesem auch mitgeteilt worden, das man DM 37.000,- als Kaufpreis vereinbart
habe“, handelt es sich nicht um ein ausreichendes Bestreiten (§ 138 ZPO). Es ist
auch schlechterdings nicht nachzuvollziehen, dass die Klägerin oder ihr Ehemann
auf eine falsche Darstellung des zentralen Punktes in der Klageerwiderung, die mit
fünf Seiten sehr leicht zu überblicken war, nicht reagiert haben sollten. Im Übrigen
war der Schriftsatz vom 8. September 2006 nicht zu dem Zweck nachgelassen,
neue Verletzungstatbestände einzuführen, die nicht durch verspäteten Vortrag
veranlasst waren.
Die auf der Annahme eines Kaufvertrages erklärte Wandlung stellte in der Sache
nur ein Hilfsvorbringen dar, weil die erfolgreiche Anfechtung den Vertrag als
Grundlage eines Wandlungsbegehrens vernichtet hätte. Die Wandlung konnte
indessen schon aus Rechtsgründen keinen Erfolg haben, weil kein Kaufvertrag
vorlag, sondern der auf die Lieferung einer auf die individuellen Bedürfnisse der
Klägerin zugeschnittenen Küche gerichtete Vertrag sich als Werklieferungsvertrag
über eine nicht vertretbare Sache darstellte, auf den nach § 651 Abs. 1 Satz 2, 2.
Alt. BGB a. F. grundsätzlich die Vorschriften über den Werkvertrag Anwendung
finden, und zwar unabhängig davon, ob die Zusammenstellung mit serienmäßig
hergestellten Teilen erfolgte (BGH NJW-RR 1990, 787 = BB 1990, 1093; OLG
Frankfurt NJW-RR 2001, 55; Palandt/Sprau, 61. Aufl. 2002, § 651 BGB Rn. 4). Gegen
die Annahme eines Werklieferungsvertrags spricht auch nicht die Beurteilung des
23. Zivilsenats in seinem Hinweisschreiben vom 4. Juli 2003, weil im vorliegenden
Verfahren ergänzend vorgetragen worden ist (Schriftsatz vom 27. Juli 2006, S. 7
unter Ziffer 5 = Bl. 88 d. A.).
Nach Werkvertragsrecht erforderte das Verlangen nach Rückgängigmachung des
Vertrages (Wandelung) den ergebnislosen Ablauf einer angemessenen Frist zur
Mangelbeseitigung mit der Androhung, die Beseitigung des Mangels nach dem
Ablauf der Frist abzulehnen (§ 634 Abs. 1 BGB a. F.). Ein Fall, in dem es der
Bestimmung der Frist ausnahmsweise nicht bedurfte (§ 634 Abs. 2 BGB a. F.), lag
nicht vor. Weder war eine solche Frist gesetzt worden noch eine entsprechende für
einen verzugsbedingten Rücktritt wegen teilweiser Nichtleistung nach § 326 Abs. 1
BGB a. F.). Soweit die Klägerin dem Beklagten vorwirft, für die Setzung der Frist
keine Sorge getragen zu haben, handelt es sich erstinstanzlich jedoch um keine
Pflichtverletzung, weil mit der Fristsetzung die Erklärung der Erfüllungsbereitschaft
verbunden war, die die Klägerin nicht abgeben konnte, weil sie sich vom Vertrag
gerade lösen wollte. Nach den von ihr angestellten Erkundigungen hätte sie die
gleiche Küche sehr viel preisgünstiger anderweit beschaffen können, wenn sie den
Vertrag mit der Firma A1 hätte zu Fall bringen können. Es lag daher nicht in ihrem
Interesse, den Vertrag mit der Firma A1 aufrechtzuerhalten, zumal sie von ihr
enttäuscht war und das Vertrauen verloren hatte. In zweiter Instanz, in der die
Anfechtung in der Berufungsbegründung vom Beklagten nicht mehr angesprochen
wurde, war die Rechtslage zwar erneut zu überdenken. Die erstmalige Setzung
einer Nachfrist mit Ablehnungsandrohung allein konnte aber nichts bewirken, da
die Klägerin die Erfüllung des Vertrages grundlos abgelehnt hatte, sodass die
Firma A1 die Bezahlung des Werklohns verlangen konnte (BGH NJW 1990, 3008,
3009) und die Klägerin dem Zahlungsverlangen weder die Einrede der mangelnden
Fälligkeit noch die des nicht erfüllten Vertrages mit Aussicht auf Erfolg
entgegensetzen konnte (BGH NJW 1968, 1873). Dass die Klägerin bereit gewesen
sein könnte, sich wieder auf den Boden des Vertrages zu stellen, behauptet sie
selbst nicht. Sie wirft dem Beklagten – anwaltlich beraten – gerade vor, die
Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nicht weiterverfolgt zu haben.
Auch die weiteren von der Klägerin vorgebrachten Pflichtverletzungen vermögen
den geltend gemachten Anspruch nicht zu rechtfertigen.
Der Vorwurf, der Beklagte habe es versäumt, einen nur scheinbaren Widerspruch
zwischen der Angabe der Klägerin und der ihres Ehemannes als Zeugen
auszuräumen, kann eine Ursache für den Prozessverlust nicht begründen. Die
schuldhafte Verletzung des Anwaltsvertrags verpflichtet den Rechtsanwalt, einen
seinem Mandanten entstandenen Schaden zu ersetzen, ihn mithin so zu stellen,
wie er im Falle pflichtgemäßen Verhaltens gestanden hätte. Für diese
hypothetische Betrachtung ist maßgebend, wie der Vorprozess nach Auffassung
34
35
36
37
38
39
40
hypothetische Betrachtung ist maßgebend, wie der Vorprozess nach Auffassung
des Gerichts, das mit dem gegen den Prozessbevollmächtigten gerichteten
Schadensersatzanspruch befasst ist, hätte entschieden werden müssen (BGH NJW
1986, 1047, 1048; NJW 2005, 3071, 3072). Es kommt also nicht darauf an, wie das
früher mit der Sache befasste Gericht entschieden hätte. Die Frage, wie der
Vorprozess richtigerweise hätte entschieden werden müssen, unterliegt der
Beurteilung nach § 287 ZPO, weil es sich um ein Element der haftungsausfüllenden
Kausalität handelt.
Die Aussage des Zeugen Z1 zur Vereinbarung eines vom schriftlichen Vertrag
abweichenden Preises hat Bedeutung für die Frage, ob eine vom schriftlichen
Vertrag abweichende Preisabrede getroffen wurde. Eine solche Abrede, für die die
Klägerin die Beweislast hat, ist jedoch unabhängig davon als nicht bewiesen
anzusehen, ob die Angaben der Klägerin und ihres Ehemannes differieren, weil die
Aussage des Zeugen Z2 entgegensteht, der gerade einen Vertragsschluss über
den in der Urkunde genannten Preis bestätigt und nur seine Berechtigung
bekundet hat, eine Gutschrift von DM 5.000,- zu erteilen, zu der es aber nicht
gekommen ist. Überzeugende Gründe, der Aussage des Zeugen Z1 zu folgen,
bestehen auch dann nicht, wenn seine Angaben mit denen der Klägerin
harmonisiert werden könnten. Es kann auch nicht als unstreitig zu Grunde gelegt
werden, dass vereinbart gewesen sei, dass die Klägerin die Küche zu dem Preis
bekomme, zu dem sie auch der Zeuge Z2 bekommen hätte, denn im Tatbestand
des erstinstanzlichen Urteils, der maßgeblich ist (§ 314 ZPO), ist als Behauptung
der Firma A1 wiedergegeben, der Kaufpreis habe DM 45.800,- betragen, der
Klägerin (damaliger Beklagter) sei mitgeteilt worden, dass es sich dabei um einen
günstigen Preis handele. In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, dass
es nicht nachvollziehbar ist, dass die Klägerin, die immerhin Kauffrau ist und
geschäftlich tätig ist, einen schriftlichen Vertrag mit einem Preis unterzeichnet, der
nach ihrem Vorbringen irreal ist, weil ein erheblich niedrigerer Preis gelten soll.
Dafür gibt es auch in einem freundschaftlichen und vertrauensvollen Verhältnis
keine vernünftige Erklärung, die von der Klägerin auch nicht gegeben wird. Dass
die Mitarbeiter der Firma A1 von dem günstigen Kaufpreis nichts hätten erfahren
sollen, ist zwar als Erklärung angeboten, kann aber nicht nachvollzogen werden.
Der Vorwurf der Klägerin, der Beklagte sei der Behauptung, dass es sich bei der
Montage um ein Privatgeschäft der Monteure gehandelt habe, nicht „effizient
genug“ entgegengetreten, lässt keine konkrete Pflichtverletzung erkennen. Den
Rechtsanwalt trifft die Pflicht, den Standpunkt des Mandanten dadurch zur Geltung
zu bringen, dass er sachgerecht, vollständig und rechtzeitig vorträgt. Die
Vorstellung, der Anwalt verletze seine Pflichten bereits dann, wenn er nicht
nachhaltig genug vorstellig wird, geht fehl. Eine Fallgestaltung, die einen
Ausnahmetatbestand begründen könnte, ist nicht vorgetragen. Dass der Beklagte
einen bestimmten bedeutungsvollen Umstand insoweit nicht vorgetragen habe, ist
nicht behauptet.
Die weiteren Vorwürfe, der Beklagte habe den teilweisen Nichtleistungen und
Mängeln der Küche keine Beachtung verschafft, weil er trotz erteilter Hinweise
nicht substanziiert vorgetragen habe, können dahinstehen, weil damit kein
günstigeres Ergebnis des Prozesses zu erreichen war. Infolge der
Erfüllungsverweigerung der Klägerin waren Gegenrechte damit nicht zu begründen.
Die Nichteinleitung eines Beweissicherungsverfahrens lässt keine Pflichtverletzung
erkennen, da nicht ersichtlich ist, dass der Zustand der Küche verändert worden
wäre.
Den Vorwurf, dass der Beklagte zu Unrecht ein Rechtsmittel eingelegt habe,
macht die Klägerin dem Beklagten nicht. Sie macht lediglich geltend, dass er die
Berufung nicht zum Erfolg geführt habe.
Der Schriftsatz des jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 20. August
2003 gibt ebensowenig Anlass zu einer abweichenden Beurteilung wie der nach
Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichte Schriftsatz vom 4. September
2007, der auf die Erörterung des Sach- und Streitstands im Termin ersichtlich
abschließend eingeht. Dieser veranlasste daher auch nicht die Wiedereröffnung
der mündlichen Verhandlung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2
Satz 1 ZPO nicht erfüllt sind.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.