Urteil des LG Hanau vom 07.12.2007

LG Hanau: gesetzlicher vertreter, verbraucher, persönliche daten, allgemeine lebenserfahrung, allgemeine geschäftsbedingungen, internet, test, link, erfüllung, werbung

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Gericht:
LG Hanau 9.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 O 870/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 3 UWG, § 4 Nr 11 UWG, § 8
Abs 3 Nr 3 UWG, § 1 Abs 6
PAngV
Wettbewerbsverstoß im Internet: Anforderungen an die
Erfüllung der Preisangabepflicht bei
Dienstleistungsangeboten eines Online-Anbieters
Tenor
1. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Falls der
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,-- Euro,
ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs
Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
im Internet für die Teilnahme an einem Lebenserwartungstest und/oder einem
Berufswahltest und/oder einem IQ-Test und/oder einem Flirt-Portal wie nachfolgend
abgebildet zu werben oder werben zu lassen, ohne den Preis für die
Datenbankaufnahme, die den Zugriff bzw. Download ermöglicht, deutlich
erkennbar zu machen:
2. Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger 200,-- Euro zu zahlen.
3. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist hinsichtlich des Unterlassungsanspruches gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,- Euro, im Übrigen gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages vorläufig
vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Unterlassung von Internetangeboten ohne
ausreichende Deklarierung des Preises.
Der Kläger ist der Dachverband aller Verbraucherzentralen, dessen Aufgabe es ist,
Verbraucherinteressen wahrzunehmen. Die Beklagte zu 1), deren Direktor und
gesetzlicher Vertreter der Beklagte zu 2) ist, bietet im Internet verschiedene
Webseiten an, so einen Lebenserhaltungstest, einen Berufswahltest, einen IQ-Test
und ein Flirtportal. Für die Nutzung ist jeweils ein Nutzungsentgelt in Höhe von 59,-
- Euro, bei dem Flirtportal in Höhe von 79,95 Euro zu entrichten. Hierbei sind die
Webseiten jeweils so gestaltet, dass zunächst die Leistung beschrieben wird und
sich dann unter der Rubrik Anmeldung ein Feld befindet, in welchem der
Verbraucher seinen Namen, seine Anschrift und andere persönliche Daten
eingeben kann. In der Überschrift zu diesem Feld heißt es: Bitte füllen Sie alle
Felder vollständig aus! Hinter dem Ausrufezeichen befindet sich ein kleines
Sternchen, zu dem sich am unteren Seitenrand ein Text befindet, der zunächst
einen Hinweis auf die Speicherung der IP-Adresse und Ähnliches beinhaltet. Im
letzten Satz dieses Absatzes wird sodann auch der Preis für die Teilnahme
benannt, wobei die Preisangabe fettgedruckt ist. Lediglich beim
Lebenserwartungstest befindet sich oberhalb des Kästchens für die Eintragung der
Kundendaten nach dem Wort Anmeldung ein weiteres Mal das Sternchen, das auf
den oben beschriebenen Sternchentext hinweist. Zwischen dem Feld für die
Kundendaten und dem Sternchentext befindet sich ein weiteres Kästchen, in
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Kundendaten und dem Sternchentext befindet sich ein weiteres Kästchen, in
welchem der Verbraucher durch Setzen eines Häkchens die AGBs, zu denen ein
Link hinführt, akzeptieren muss. Darunter, also noch oberhalb des
Sternchentextes, befindet sich der Startbutton für den Test. Hinsichtlich der
Ausgestaltung der Webseiten im Einzelnen wird auf Blatt 3 ff. d. A. verwiesen.
Unter dem 26.04.2007 mahnte der Kläger die Beklagten ab und forderte sie zur
Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf, was die Beklagten
ablehnten.
Der Kläger ist der Auffassung, die Gestaltung der Preisangaben auf den Webseiten
verstoße gegen §§ 2 Umsatzklagengesetz, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 1
Abs. 6 Preisangabenverordnung, nämlich gegen das Gebot, dass Preise leicht
erkennbar und deutlich lesbar sein müssten.
Der Kläger beantragt,
- wie erkannt -
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten sind der Auffassung, dass bei dem Lebenserwartungstest die
Preisangabe unterhalb der Eingabemarke gut wahrnehmbar angegeben sei und
verweisen außerdem darauf, dass der Preis in Fettschrift notiert sei. Die Angabe
mit einem Sternchenhinweis sei eine geläufige Werbemethode. Außerdem müsse
der Verbraucher mit dem Häkchensetzen ausdrücklich erklären, dass er die AGB
gelesen habe, in welchen ebenfalls auf das Entgelt hingewiesen werde.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Kläger ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG und §§ 2, 3 Abs. 1 Nr. 1
Unterlassungsklagengesetz aktiv legitimiert.
Dem Kläger steht auch gemäß §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 1 Abs. 6
Preisangabenverordnung ein Unterlassungsanspruch im ausgeurteilten Umfang
gegen die Beklagten zu. Der Beklagte zu 2) ist hierbei als gesetzlicher Vertreter
der Beklagten zu 1), der die Handlungsweise der Beklagten zu 1) lenkt, auch
persönlich verantwortlich und hinsichtlich der Unterlassung in Anspruch zu
nehmen.
Nach dem Grundsatz der Preisklarheit und Preiswahrheit des § 1 Abs. 6
Preisangabenverordnung muss der Preis dem Angebot oder der Werbung
eindeutig zugeordnet sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut
wahrnehmbar sein. Dazu gehört, dass sich der Preis und alle seine Bestandteile
entweder in unmittelbarer räumlicher Nähe zu der Werbung befinden oder der
Nutzer jedenfalls in unmittelbarer räumlicher Nähe zu der Werbung unzweideutig
zu dem Preis mit allen seinen Bestandteilen hingeführt wird. Dabei kann zwar dem
Medium Internet insoweit Rechnung getragen werden, als Informationen zu einem
umfangreichen klaren Angebot zur Erhaltung der Übersichtlichkeit innerhalb einer
Seitenhierarchie gegeben werden können, durch die sich der Nutzer "hindurch
klickt" oder scrollt. Dies ist dem durchschnittlich verständigen und aufgeklärten
Internetnutzer auch bekannt. Der aus § 1 Abs. 1 Preisangabenverordnung
folgenden Pflicht zur vollständigen Angaben der Endpreise kann (vergleichbar wie
in der Printwerbung) im Internet dabei auch dadurch nachgekommen werden, dass
man einen Sternchenhinweis setzt, solange das Gebot gewahrt ist, dass der
Nutzer klar und unmissverständlich auf die Entgeltpflicht und die Höhe des
Entgelts hingewiesen wird. Diese Anforderungen des § 1 Abs. 6
Preisangabenverordnung sind vorliegend jedoch nicht erfüllt. Insofern kommt als
ausreichend klare Angabe des Preises bereits von vorneherein nicht die
Preisangabe in den AGBs in Betracht. Zum einen sind diese nicht auf der Seite
abgedruckt, auf der sich das Angebot selbst befindet, sondern müssen durch
einen Link abgerufen werden. Zwar widerspricht das Gebot, einem Link
nachzugehen, im Internet nicht notwendig der erforderlichen Klarheit, da die für
den durchschnittlichen Internetnutzer durchaus im Bereich des bekannten und
gewohnten liegen dürfte. Demgegenüber muss der Verbraucher jedoch nicht
damit rechnen, dass sich in den AGBs Preisangaben befinden, wenn der
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damit rechnen, dass sich in den AGBs Preisangaben befinden, wenn der
Angebotstext selbst keinen Hinweis auf eine dort zu findende weitergehende
Preisinformation enthält. Schließlich handelt es sich bei der Entgeltzahlungspflicht
um eine Hauptleistungspflicht des Vertrages, bei welcher der Verbraucher nicht
davon ausgehen muss, diese in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen suchen
zu müssen. Hierfür spricht auch die allgemeine Lebenserfahrung, dass allgemeine
Geschäftsbedingungen bei solchen Geschäften allenfalls überflogen, nicht jedoch
im Detail studiert werden.
Auch die Angabe im Sternchenhinweis auf der Webseite selbst entspricht nicht den
Anforderungen des § 1 Abs. 6 Preisangabenverordnung, da es hier an der
erforderlichen Zuordnung der Preisangabe zu dem Angebot fehlt. Beim
Berufswahltest, dem IQ-Test und dem Flirtportal befindet sich das Sternchen, dass
zum Sternchentext am unteren Rand der Seite hinführt, lediglich an der
Aufforderung, alle Datenfelder vollständig auszufüllen. In diesem Zusammenhang
wird der Verbraucher jedoch keinen Hinweis auf eine Vergütungspflicht erwarten,
sondern allenfalls zusätzliche Informationen, die mit dem Ausfüllen des
Adressfeldes im Zusammenhang stehen. Auch im Bereich des
Lebenserwartungstestes, bei dem sich ein weiteres kleinen Sternchen am dem
Wort Anmeldung in der Unterüberschrift befindet, muss ein Verbraucher nicht mit
Angaben bezüglich des Preises als der ihm obliegenden Hauptleistungspflicht
rechnen, da auch diese Unterüberschrift räumlich im Zusammenhang mit dem
Adressfeld platziert ist. Dass in dem Text befindliche Sternchen und der
Sternchenhinweis selbst werden außerdem durchbrochen durch einen auffälligen
und nicht zu übersehenden Button, mit dem der Test gestartet werden kann, der
sich also noch vor dem Hinweis auf den Preis befindet. Schließlich wird eine
ausreichende Deklarierung des Preises auch nicht durch den Sternchentext selbst
gewährleistet. Zum einen handelt es sich hier um Fließtext, der aus mehreren
Sätzen besteht und zunächst auf eine Speicherung der IP-Adresse und Ähnliches
hinweist. Die Preisangabe ist demgegenüber erst im letzten Satz am unteren Ende
der Webseite ohne Bildung eines weiteren Absatzes oder Ähnliches enthalten.
Angesichts dieser Stellung und der gewählten kleinen Schriftart reicht auf dieser
Grundlage auch der Fettdruck des Preises zur Erfüllung des Gebotes der
Preisklarheit nicht aus. Dies gilt um so mehr, als sich auf den Webseiten insgesamt
etliche durch Fettdruck, Farbe und Größe hervorgehobene Worte und Buttons
befinden, die dem Verbraucher erheblich deutlicher ins Auge stechen, als die
demgegenüber verblassende Preisangabe. Nach Auffassung des Gerichts muss
ein durchschnittlicher Internetnutzer auch nicht ohne weiteres mit einer
Vergütungspflicht des Angebots der Beklagten rechnen, da im Internet durchaus
auch kostenlose Dienstleistungen angeboten werden. Um so mehr waren die
Beklagten gehalten, die Vergütungspflicht der von ihnen angebotenen
Dienstleistungen eindeutig klar zu stellen.
Der Kläger kann gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG auch Ersatz seiner erforderlichen
Aufwendungen für die berechtigte Abmahnung in Höhe von 200,-- Euro verlangen,
deren Höhe unbestritten blieb.
Als unterlegene Partei haben die Beklagten gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO auch
die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.