Urteil des LG Hagen vom 18.09.2009

LG Hagen (kläger, mangel, sorte, termin, teilklage, widerklage, kauf, rücktritt, zpo, lieferung)

Landgericht Hagen, 8 O 344/08
Datum:
18.09.2009
Gericht:
Landgericht Hagen
Spruchkörper:
8. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
8 O 344/08
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Auf die Widerklage wird festgestellt, dass dem Kläger auch kein über die
mit der Teilklage geltend gemachten Ansprüche hinausgehender
Anspruch aus dem Kauf der mit Rechnung vom 03.05.2008
abgerechneten Fliesen Granit Tiger Yellow wegen angeblicher Farb-
und Strukturabweichungen zusteht.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der
Nebenintervention trägt der Kläger.
Das Urteil ist für die Beklagte und die Streithelferin gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden
Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Der Kläger macht mit der vorliegenden als Teilklage erhobenen Klage
Kaufpreisrückzahlung nach Rücktritt sowie Schadensersatz geltend. Die Beklagte
begehrt mit ihrer Widerklage Feststellung, dass auch kein über die Teilklage
hinausgehender Schadensersatzanspruch besteht.
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Im Mai 2008 suchte der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau den Baumarkt der
Beklagten in F auf. Nachdem er sich die Ausstellungsflächen angesehen hatte, kaufte
der Kläger zum Preis von 1.441,88 € brutto Natursteinfliesen der Sorte "Granit Tiger
Yellow G 886 30,5 cm x 61 cm", welche die Beklagte bei der Streithelferin bezieht; von
dieser Sorte war zu Ansichtszwecken ebenfalls ein kleiner Bereich ausgelegt.
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Ob der Kläger vor dem Kauf von dem Verkaufsberater bei der Beklagten darüber
aufgeklärt wurde, dass bei den zu liefernden Fliesen Farb- und Strukturunterschiede im
Vergleich zu den ausgestellten Fliesen auftreten können, ist zwischen den Parteien
streitig. Dem Kläger war bei Abschluss des Kaufvertrages allerdings bekannt, dass
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Natursteinfliesen Farb- und Strukturunterschiede zeigen können. Eine Aufklärung
darüber, dass die ausgesuchten Fliesen Eiseneinschlüsse (Pyrit) enthalten und sich
deshalb nach der Verlegung gelbliche Verfärbungen zeigen könnten, erfolgte nicht.
Die Fliesen wurden beim Kläger angeliefert, wobei sich auf den gelieferten Kartons die
Sortenbezeichnung der ausgewählten Fliesen und auch die entsprechende
Warennummer befanden. Der Kläger ließ die Fliesen von einem Fliesenleger in der
unteren Etage seines Hauses (in den Räumen: Wohnzimmer, Esszimmer, Küche,
Treppenhaus und WC) verlegen.
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In der Folge bemängelte der Kläger gegenüber der Beklagten Farb- und
Strukturunterschiede der Fliesen. Daraufhin schickte die Beklagte einen Mitarbeiter zum
Kläger; was dieser gegenüber dem Kläger äußerte, ist zwischen den Parteien streitig.
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Im Juni 2008 forderte der Kläger die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben erfolglos zur
Nachlieferung auf und machte Schadensersatz geltend. Ca. zwei Wochen später
erklärte der Kläger mit anwaltlichem Schreiben den Rücktritt vom Kaufvertrag.
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Anschließend holte der Kläger ein Angebot des Fliesen-Center XXXX über die für die
Entfernung und Neuverlegung der Fliesen erforderlichen Arbeiten ein.
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Der Kläger behauptet, weder er noch seine Frau seien beim Kauf der Fliesen darüber
aufgeklärt worden, dass bei den Fliesen Farb- und Strukturunterschiede auftreten
könnten. Er ist der Ansicht, dass er über die Möglichkeit derart großer Unterschiede in
der Farb- und Strukturgebung, wie sie bei den gelieferten Fliesen gegeben seien, hätte
aufgeklärt werden müssen.
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Weiter behauptet er, dass die Granitplatten mangelhaft seien. Dies ergebe sich aus den
teilweise gravierenden Unterschieden in der Maserung und Farbgebung. Die
vorhandenen Maserungs- und Farbunterschiede seien größer, als dies bei
Natursteinfliesen üblich sei.
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Die Mangelhaftigkeit ergebe sich zumindest aus der Zusammenstellung der sehr
unterschiedlichen Fliesen in einer Lieferung. Insofern hätte vor der Zusammenstellung
eine Vorsortierung stattfinden müssen.
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Zudem liege auch darin ein Mangel, dass manche der Fliesen, insbesondere im Bereich
der Sockelleisten, Gelbverfärbungen aufwiesen, die sich erst nach der Verlegung
gezeigt hätten. Er ist der Ansicht, dass die Beklagte auf die Möglichkeit von
Gelbverfärbungen infolge Pyrits vor dem Kauf hätte hinweisen müssen.
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Ferner habe es sich bei den gelieferten Fliesen teilweise auch nicht um die bestellten
Fliesen der Sorte "Tiger Yellow", sondern um graue Granitplatten der Sorte "Granit
G603 Ice white" gehandelt.
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Dass der Zustand der Fliesen nicht hinnehmbar sei und diese herausgerissen werden
müssten, sei auch von dem Mitarbeiter der Beklagten sowie von einem zum Kläger
geschickten Gutachter bestätigt worden.
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Er ist der Ansicht, er habe einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises i. H. v.
1.441,88 € sowie auf Erstattung der Kosten des Kostenvoranschlags der Fa. Drebes i.
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H. v. 119 €. Weiterhin bestehe ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für eine Putzfrau,
welche für die beim Entfernen und Neuverlegen der Fliesen erforderlichen
Reinigungsarbeiten in Höhe von 375 € entstünden. Schließlich könne er den sich aus
dem Angebot der Fa. XXXX ergebenden Netto-Betrag für Entfernung der Fliesen und
Einbau neuer Fliesen sowie die ihm vorgerichtlich entstandenen
Rechtsanwaltsgebühren ersetzt verlangen.
Da nach entsprechender Durchführung der Arbeiten auch ein Anspruch auf die
Mehrwertsteuer bestehe und zudem der Anfall weiterer Kosten, insbesondere
Hotelkosten während der Durchführung der Neuverlegung, möglich sei, werde die Klage
als Teilklage erhoben.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 11.792,35 € nebst 5 % Zinsen über dem
Basiszinssatz seit dem 26.9.2008 sowie weitere 837,52 € zu zahlen.
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Die Beklagte und die Streithelferin beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte beantragt widerklagend,
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festzustellen, dass dem Kläger auch kein über die mit der Teilklage geltend
gemachten Ansprüche hinausgehender Anspruch aus dem Kauf der mit Rechnung
vom 03.05.2008 abgerechneten Fliesen Granit Tiger Yellow wegen angeblicher
Farb- und Strukturabweichungen zusteht.
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Der Kläger beantragt,
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die Widerklage abzuweisen.
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Die Beklagte behauptet, dass der Kläger durch den zuständigen Fachberater der
Beklagten ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, dass es sich bei den
gewünschten Fliesen um ein Naturprodukt handele, bei dem Farb- und
Strukturunterschiede auftreten könnten.
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Sie bestreitet, dass im Hause des Klägers nur die von der Beklagten gekauften Fliesen
verlegt wurden. Ferner seien bei den erworbenen Granitfliesen keine größeren Farb-
und Strukturunterschiede als bei Natursteinfliesen üblich aufgetreten. Zudem müsse bei
vorhandenen Strukturunterschieden vor endgültiger Verlegung eine vorherige
Auslegung erfolgen. Dass der Kläger die Fliesen in der ganzen Etage habe verlegen
lassen, begründe jedenfalls ein ganz überwiegendes Mitverschulden.
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Auch das Vorhandensein von Gelbverfärbungen wird von der Beklagten bestritten. Falls
derartige Verfärbungen tatsächlich gegeben seien, sei dies nicht auf einen Mangel
zurückzuführen. Als Ursache hierfür komme insbesondere ein ungeeigneter
Fliesenkleber in Betracht.
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Sie bestreitet ferner, dass ihr Mitarbeiter, der bei dem Kläger vor Ort war, die
Mangelhaftigkeit der Fliesen bestätigt habe. Ein Gutachter sei von der Klägerin nicht
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zum Kläger geschickt worden.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass sie jedenfalls als Einzelhändlerin kein Verschulden
für etwaige Mängel der weiterverkauften Fliesen treffe.
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Die Streithelferin behauptet, bei einem Telefonat Anfang Juli 2008 habe sich
herausgestellt, dass die Verlegung der Fliesen im Hause des Klägers nicht durch eine
Fachfirma erfolgt sei.
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Sie selbst habe einen Gutachter zu dem Kläger geschickt. Dieser habe auch tatsächlich
Farbabweichungen festgestellt, welche allerdings im Rahmen des Üblichen gelegen
hätten. Die vorhandenen Gelbverfärbungen im Sockelbereich deuteten nicht auf einen
Mangel hin, sondern hätten ihre Ursache darin, dass vor der Verlegung auf Mineralputz
keine Grundierung verwendet worden sei. Es liege kein Material-, sondern ein
Verlegefehler vor. Dass es bei der Verlegung zu erheblichen Farbabweichungen im
Bodenbelag kommt, sei durch Zusammenstellung der Fliesen vor endgültiger Verlegung
zu vermeiden gewesen.
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Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 16.10.2008 der Streithelferin den Streit verkündet.
Diese ist dem Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 26.11.2008 auf Seiten der Beklagten
beigetreten.
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Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 12.12.2008. Wegen des
Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Sachverständigengutachten
(Bl. 125-145 d. GA) sowie das Sitzungsprotokoll vom 28.8.2009 (Bl. 205-208 d. GA)
Bezug genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen
den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen
Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet; die Widerklage ist zulässig und begründet.
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I.
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Die Klage ist unbegründet, da dem Kläger weder ein Anspruch auf Rückzahlung des
Kaufpreises noch auf Schadensersatz zusteht.
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1. Ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises für die Fliesen gegen die Beklagte
ergibt sich nicht aus §§ 346 I, 323, 437 Nr. 2, 434, 433 BGB.
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Denn ein wirksamer Rücktritt vom Kaufvertrag ist nicht gegeben. Der Rücktritt ist nach
den genannten Vorschriften nur dann möglich, wenn die Kaufsache einen Mangel i. S.
d. § 434 BGB aufweist. Hieran fehlt es vorliegend.
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a) Die Fliesen sind nicht aufgrund ihrer Farb- und Maserungsgebung mangelhaft.
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Mangelfreiheit ist gemäß § 434 I BGB bei Fehlen einer Beschaffenheitsvereinbarung
und einer nach dem Vertrag vorausgesetzten Verwendung gegeben, wenn sich die
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Kaufsache für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist,
die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache
erwarten kann. Dies ist vorliegend der Fall, da die gelieferten Fliesen nach dem
Ergebnis der Beweisaufnahme eine Beschaffenheit aufweisen, welche bei derartigen
Natursteinfliesen üblich und zu erwarten ist.
Zwar weisen die gelieferten und verlegten Fliesen nach den Angaben des
Sachverständigen Maserungsabweichungen, Strukturschwankungen und verschiedene
Farbtöne auf. Dies wird auch durch die vom Sachverständigen in der Wohnung des
Klägers aufgenommenen Lichtbilder dokumentiert. Ferner konnte sich das Gericht
hiervon durch Inaugenscheinnahme einer Musterfliese des Typs "Tiger Yellow" im
Termin einen Eindruck verschaffen.
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Allerdings ist im Einklang mit der diesbezüglichen Einschätzung des Sachverständigen
davon auszugehen, dass diese nicht auf einem Mangel beruhen, sondern gerade ein
Charakteristikum der von dem Kläger ausgewählten Natursteinfliese sind. Diese
Einschätzung hat der Sachverständige auf der Grundlage von Nachforschungen bei
einem Großhändler für Naturwerkstein und der Begutachtung eines Rohblocks der Sorte
"Tiger Yellow" getroffen. Auch im Termin hat der Sachverständige nach ausgiebiger
Erörterung nochmals überzeugend erläutert, dass es sich bei dem vom Kläger
ausgesuchten Belag um eine sehr farbenfrohe Fliese handele, welche verschiedene
Farbnuancen und Maserungen aufweist.
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Ein Mangel ist auch nicht darin begründet, dass die Fliesen mit den festgestellten Farb-
und Maserungsabweichungen in einer Lieferung zusammengefasst und nicht nach
Farb- und Maserungsgebung sortiert wurden. Nach den Ausführungen des
Sachverständigen ist eine derartige Vorsortierung bei der Zusammenstellung der
einzelnen Pakete nicht üblich und auch nicht zu fordern. Dies hat er im Termin
überzeugend damit begründet, dass die auftretenden Unterschiede gerade
Kennzeichen von Natursteinböden seien. Sogar bei Steinwerk mit noch größeren
Farbunterschieden als die streitgegenständliche Fliese finde eine Sortierung nicht statt,
insbesondere deshalb, weil viele Käufer von Natursteinfliesen gerade Wert darauf
legten, dass sämtliche Nuancen, die das konkrete Material haben könne, auch in der
Lieferung vorhanden sei.
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Bei Natursteinfliesen mit relativ großen Farb- und Strukturunterschieden, wie sie die
vom Kläger ausgesuchte Fliese aufweist, ist nach den auch insoweit nachvollziehbaren
und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen bei der Verlegung sicher zu
stellen, dass sich ein ansehnliches Gesamtbild ergibt. Dies muss durch vorherige
Sortierung der Fliesen – u. U. auch durch Mischung der Fliesen aus verschiedenen
Paketen – erfolgen.
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b) Auch die nach den – durch Lichtbilder belegten – Feststellungen des
Sachverständigen teilweise vorhandenen gelblichen Verfärbungen der Fliesen stellen
keinen Mangel dar. Diese nur in geringem Umfang insbesondere im Bereich der
Sockelleisten aufgetretenen Flecken sind durch das in den Fliesen eingeschlossene
Eisen (Pyrit) hervorgerufen worden. Auch insoweit hat der Sachverständige
nachvollziehbar dargelegt, dass Pyriteinschlüsse bei Natursteinen unvermeidlich
vorkommen und keinen Mangel der Fliesen darstellen. Dem schließt sich das Gericht
insbesondere vor dem Hintergrund an, dass nach den ausführlichen Erklärungen des
Sachverständigen im Termin das Auftreten der gelblichen Verfärbungen infolge von
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Pyritablagerungen durch die Art und Weise der Verlegung weitestgehend
ausgeschlossen werden kann. Die Entstehung der Flecken könne insbesondere durch
Aufbringung von Haftschlämmen auf die Rückseite der Fliesen, zu einem großen Teil
aber auch durch die Verwendung eines für Fliesen mit Pyriteinschlüssen geeigneten
Fliesenklebers vermieden werden.
c) Ein Mangel ist schließlich nicht darin zu sehen, dass die Beklagte dem Kläger
teilweise nicht Fliesen der bestellten Sorte "Tiger Yellow", sondern eines anderen Typs
geliefert hat. Ein Mangel der Kaufsache kann gemäß § 434 III BGB zwar auch darin
bestehen, dass der Verkäufer eine andere Sache als die gekaufte liefert. Dies ist
vorliegend aber nicht erfolgt.
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Entgegen der Behauptung des Klägers, bei den gelieferten Fliesen, welche in Kartons
mit der Produktbezeichnung und –nummer der Sorte "Tiger Yellow" abgepackt waren,
habe es sich zum Teil um solche des Typs "Granit G 603 Ice white gehandelt, ist im
Einklang mit der Einschätzung des Sachverständigen davon auszugehen, dass
sämtliche in der unteren Etage des Hauses des Klägers verlegten Fliesen Fliesen der
Sorte "Tiger Yellow" sind. Dies hat der Sachverständige im Termin ausdrücklich
klargestellt. Das Gericht konnte sich zudem bei der Inaugenscheinnahme der
Musterfliesen beider Sorten im Termin die Überzeugung davon bilden, dass die auf den
Lichtbildern von den Böden im Hause des Klägers erkennbaren Farb- und
Maserungsunterschiede auch in der Musterfliese "Tiger Yellow" vorhanden sind.
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2. Ein Ersatzanspruch des Klägers wegen der geltend gemachten Schäden aus §§ 280
I, III, 281, 437 Nr. 3, 434, 433 BGB scheidet ebenfalls aus. Ein
Schadensersatzsanspruch nach den genannten Normen setzt ebenfalls das Vorliegen
eines Mangels der verkauften Sache voraus, woran es – wie dargestellt – fehlt.
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Auf die Frage eines Verschuldens der Beklagten, die die Fliesen als Einzelhändlerin
lediglich weiterverkauft, kommt es vor diesem Hintergrund nicht an.
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3. Die Beklagte trifft vorliegend auch keine Schadensersatzhaftung wegen
vorvertraglicher Pflichtverletzung gemäß §§ 311 II, 280 I BGB.
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Es kann dahinstehen, ob eine Schadensersatzhaftung wegen vorvertraglicher
Pflichtverletzung angesichts der Einschlägigkeit des spezielleren kaufrechtlichen
Mängelrechts vorliegend überhaupt in Betracht kommt (zur Abgrenzung s. Weidenkaff
in: Palandt, BGB, 66. Aufl. 2007, § 437 Rn. 51 a; H, a. a. O., § 311 Rn. 14 ff.); denn es
fehlt jedenfalls an einer zur Haftung führenden Pflichtverletzung im Sinne der genannten
Vorschriften.
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Eine solche ist nicht darin zu sehen, dass die Beklagte den Kläger vor Abschluss des
Kaufvertrages nicht hinreichend über die Eigenschaften der ausgesuchten Fliesen
aufgeklärt hätte.
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Zwar ist grundsätzlich davon auszugehen, dass den Verkäufer die Pflicht trifft, seinen
Vertragspartner über sämtliche Umstände aufzuklären, die für dessen
Vertragsentschluss erkennbar von Bedeutung sind (hierzu vgl. KG, NJW-RR 1998,
1132). Es kann vorliegend allerdings offen bleiben, ob einem Käufer von
Natursteinfliesen erklärt werden muss, dass die Fliesen Farb- und Strukturunterschiede
aufweisen können. Auch die zwischen den Parteien streitige Frage, ob eine Aufklärung
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hierüber durch den Verkäufer der Beklagten tatsächlich stattgefunden hat, kann
dahinstehen. Denn eine etwaige Aufklärungspflichtverletzung ist jedenfalls nicht
ursächlich für die Kaufentscheidung geworden, da der Kläger unstreitig bei dem Erwerb
der Fliesen die Kenntnis besaß, dass es bei den ausgewählten Natursteinfliesen zu
Farb- und Strukturabweichungen kommen kann.
Eine Pflicht zu einer über den Hinweis auf die Möglichkeit von Farb- und
Strukturunterschieden hinausgehenden Aufklärung ergibt sich auch nicht vor dem
Hintergrund, dass die im Verkaufsraum der Beklagten ausgestellte Musterfläche mit den
fraglichen Fliesen nicht sämtliche denkbaren und auch bei den dem Kläger gelieferten
Fliesen vorhandenen Maserungen und Farbnuancen aufweist. Insoweit ist zum einen zu
berücksichtigen, dass es sich hierbei um eine relativ kleine Fläche handelt, mit der eine
Darstellung von sämtlichen denkbaren Farb- und Strukturgebungen nicht möglich ist.
Ferner ist es auch nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte für den Bereich ihrer
Ausstellungsfläche farblich und von der Struktur her zusammen passende Fliesen
auswählt und nebeneinander auslegen lässt. Eine eben solche Vorgehensweise ist bei
der Verlegung von Natursteinfliesen – auch später beim Kunden – wie dargelegt gerade
erforderlich. Ein Kunde kann demgegenüber nicht erwarten, dass er bei einem relativ
kleinflächigen Musterbelag von Natursteinfliesen in einem Baumarkt, sämtliche Farb-
und Maserungsnuancen zu sehen bekommt.
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Eine Aufklärungspflichtverletzung liegt schließlich auch nicht darin, dass die Beklagte
den Kläger nicht auf den möglichen Pyritgehalt der Fliesen und die hieraus
resultierende Gefahr von gelblichen Verfärbungen hingewiesen hat. Hierbei handelt es
sich um keinen aufklärungspflichtigen Umstand. Vielmehr ist mit den Ausführungen des
Sachverständigen davon auszugehen, dass die Ausbildung gelblicher Verfärbungen
infolge Pyrits bei sachgerechter Verlegung der Fliesen weitestgehend ausgeschlossen
werden kann. Insbesondere ist im Einklang mit den auch insoweit nachvollziehbaren
Erklärungen des Sachverständigen im Termin von einem Fliesenleger zu erwarten,
dass er sich bei dem Händler der Fliesen über den Gehalt an Pyrit kundig macht und
danach die konkrete Art und Weise der Verlegung, insbesondere den Fliesenkleber,
auswählt.
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II.
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1. Die von der Beklagten erhobene Feststellungswiderklage ist zulässig.
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Die besonderen Sachurteilsvoraussetzungen der Widerklage, insbesondere der gemäß
§ 33 ZPO erforderliche Zusammenhang mit dem klageweise geltend gemachten
Anspruch liegen vor.
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Das für die Erhebung der Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse folgt
daraus, dass der Kläger ausdrücklich nur eine Teilklage erhoben hat und sich die
Geltendmachung weiterer Schäden vorbehält (hierzu vgl. Greger in: Zöller, ZPO 26.
Aufl. 2007, § 256 Rn. 14 a).
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2. Die Feststellungsklage ist auch begründet. Auch weitere – noch nicht von der Klage
umfasste – Schäden im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag über die Fliesen sind von
der Beklagten wegen der Mangelfreiheit der Lieferung und des Fehlens einer
vorvertraglichen Pflichtverletzung nicht zu ersetzen.
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III.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 101 ZPO, diejenige zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1 und S. 2 ZPO.
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