Urteil des LG Hagen vom 27.10.2006

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Landgericht Hagen, 1 S 15/05
Datum:
27.10.2006
Gericht:
Landgericht Hagen
Spruchkörper:
1. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 S 15/05
Vorinstanz:
Amtsgericht Hagen, 140 C 186/04
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 27.12.2004 verkündete Urteil
des Amtsgerichts Hagen wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
1
I.
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Auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen. Gegenüber den
darin enthaltenen Feststellungen hat sich in zweiter Instanz insoweit eine Veränderung
ergeben, als der Kläger ergänzende Ausführungen zu seinen wirtschaftlichen
Verhältnissen und zu den Umständen der Anmietung des Ersatzwagens gemacht hat.
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Der Kläger ist seit mehreren Jahren Rentner. Neben der Rente in Höhe von 880,20 €
erzielt er ein zusätzliches Einkommen von monatlich 400,-- €, indem er Fahrdienste für
eine Leiharbeiterfirma verrichtet. Zu seinen Aufgaben gehört es, die Arbeiter morgens zu
den jeweiligen Einsatzorten zu fahren und abends wieder abzuholen. Er benutzt dazu
seinen privaten Pkw, einen geleasten Mercedes A 170 CD.
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Als der Kläger am Morgen des 5. Dezember 2003, einem Freitag, mehrere Leiharbeiter
zu einer Baustelle gebracht hatte und sich auf dem Rückweg nach Hause befand, wurde
er auf der BAB 45 in Hagen in den streitgegenständlichen Unfall verwickelt. Er ließ sein
Fahrzeug in die nächstgelegene Mercedes-Werkstatt schleppen, da er nach den
Leasingbedingungen verpflichtet war, etwaige Reparaturen nur in einer autorisierten
Fachwerkstatt durchführen zu lassen. Er brauchte innerhalb kurzer Zeit einen
Ersatzwagen, um die Arbeiter – wie vorgesehen – am Nachmittag wieder abholen zu
können. Dabei musste es sich um ein Fahrzeug mit Automatikgetriebe handeln. Die
Fahrerlaubnis des Klägers weist eine entsprechende Beschränkung auf.
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II.
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Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet, mithin zulässig. In der
Sache hat sie keinen Erfolg.
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Zu Recht hat das Amtsgericht die angefallenen Mietwagenkosten in voller Höhe als
erstattungsfähig angesehen. Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, ob die von der
Firma C vorgenommene Tarifspaltung in einen Normaltarif einerseits und einen
Unfallersatztarif andererseits betriebswirtschaftlich gerechtfertigt war. Selbst wenn der
Unfallersatztarif nicht erforderlich im Sinn des § 249 BGB war, kann der Kläger im
Hinblick auf die gebotene subjektbezogene Schadensbetrachtung (BGH, NJW 2006,
360) die höheren Kosten dieses Tarifs ersetzt verlangen. Ihm war nämlich der
günstigere Normaltarif nicht zugänglich. Wie die Zeugen T, E und C übereinstimmend
bekundet haben, vermietet die Firma C1 außerhalb des Unfallersatztarifs Fahrzeuge nur
gegen Vorlage einer Kreditkarte im Rahmen des sog. Kreditkartentarifs. Aus dem Besitz
der Kreditkarte leitet sie eine höhere Bonität des Kunden ab. Da der Beklagte unstreitig
nicht über eine Kreditkarte verfügte, war er bei der Firma C2 auf die Inanspruchnahme
des Unfallersatztarifs angewiesen.
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Es war dem Beklagten auch nicht zumutbar, sich über Tarifgestaltungen und Preise
anderer Mietwagenunternehmen im Raum Dortmund zu informieren. Seinem
unwidersprochen gebliebenen Vorbringen zufolge brauchte er sofort einen
Ersatzwagen, um seiner Verpflichtung gegenüber der Leiharbeiterfirma nachzukommen.
Angesichts des Zeitdrucks, unter dem er stand, hatte er keine ausreichende Gelegenheit
zur Einholung und Prüfung von Vergleichsangeboten. Dies gilt um so mehr, als er einen
Wagen mit Automatikgetriebe benötigte und der Mitarbeiter der Mercedes-Werkstatt
bereits vergeblich versucht hatte, bei zwei oder drei anderen Mietwagenunternehmen
ein solches Fahrzeug für den Kläger zu ordern, bevor er sich an die Firma C3 wandte.
Schon deshalb waren weitere Recherchen aus Sicht des Klägers nicht angezeigt.
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Mithin war die Berufung mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
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Die Revision war nicht zuzulassen. Weder hat die Rechtsache grundsätzliche
Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Wegen der
besonderen Umstände, in denen sich der Kläger bei der Anmietung des Ersatzwagens
befand, handelt es sich vielmehr um eine Einzelfallentscheidung.
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