Urteil des LG Hagen vom 29.09.2006

LG Hagen: gesetzlicher vertreter, verwalter, kaufvertrag, geschäftsführer, grundbuchamt, miteigentümer, zwischenverfügung, treuhänder, rechtsgeschäft, insichgeschäft

Landgericht Hagen, 3 T 472/06
Datum:
29.09.2006
Gericht:
Landgericht Hagen
Spruchkörper:
3. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
3 T 472/06
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe:
1
Mit Schriftsatz vom 21. November 2005 hat der Beteiligte zu 3. - unter Überreichung der
von dem Beteiligten zu 2. a) unterzeichneten Zustimmungserklärung vom 4. August
2005 (UR-Nr. 191/2005 des Notars Dr. L in I) und der Zustimmungs- und
Verzichtserklärung der X vom 8. August 2005, (UR-Nr. 638/05 des Notars Y in I) – unter
Bezugnahme auf den von ihm am 22.07.2005 beurkundeten Kaufvertrag der UR-Nr.
183/2005 die Löschung des Rechts in Abt. II Nr. 3 und die Umschreibung des
Eigentums auf die Erwerber, den Beteiligten zu 2. a), beantragt.
2
Durch Zwischenverfügung vom 25. November 2005 hat das Grundbuchamt dem Notar
mitgeteilt, dass die Zustimmungserklärung, die der Beteiligte zu 2. a) als Geschäftsführer
der Verwalterin der Wohnungseigentumsanlage abgegeben hat, wegen Verstoßes
gegen § 181 BGB nicht wirksam sei. Ein Erwerber könne nicht seinen eigenen
Kaufvertrag im Namen der Eigentümergemeinschaft nach § 12 WEG genehmigen.
Vielmehr sei eine Genehmigung durch Beschluss der Eigentümerversammlung gemäß
§§ 23, 25 WEG einzuholen. Um Einreichung der Unterlagen werde binnen eines Monats
gebeten. Nach fruchtlosem Fristablauf müsse mit der kostenpflichtigen Zurückweisung
der Anträge gerechnet werden.
3
Dieser Zwischenverfügung ist der Notar mit Schriftsatz vom 29.11.2005
entgegengetreten. Er hat geltend gemacht, nicht der Beteiligte zu 2. a) sei Verwalter,
sondern die
4
A + H Bauträger- und W mbH. Der Verwalter sei gerade nicht Vertreter der
Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern Treuhänder. Ein Treuhänder handele
immer im eigenen Namen und nicht in Vertretung eines Dritten, hier auch nicht der
Eigentümergemeinschaft.
5
Mit Verfügung vom 1. Dezember 2005 hat das Grundbuchamt die Beanstandung vom
25.11.2005 aufrechterhalten und zur Begründung angeführt, der Beteiligte zu 2. a) habe
im eigenen Namen als Erwerber des Grundstücks gehandelt und zugleich als
Geschäftsführer der WEG Verwalterin, die wiederum die Eigentümergemeinschaft
6
vertreten habe. Somit liege ein Fall des § 181 BGB vor. Ein Verstoß gegen diese
Vorschrift lasse sich nur vermeiden, wenn ein anderer gesetzlicher Vertreter der W
handele oder die Eigentümerversammlung anstelle des Verwalters die notwendige
Zustimmung zu dem Kaufvertrag vom 22.07.2005 erteile. Abgesehen davon sei der
Beteiligte zu 2. auch wegen des bestehenden Interessenkonfliktes nicht
zustimmungsbefugt. Im Rahmen des § 12 Abs. 2 WEG sei es seine Aufgabe zu prüfen,
ob in der Person des Erwerbers Gründe vorlägen, die gegen dessen Eintritt in die
Eigentümergemeinschaft sprächen. Wie der Bundesgerichtshof entschieden habe,
könne ein Verwalter nicht gleichzeitig die Miteigentümer vertreten und Makler eines
Käufers sein. Umsomehr sei dem Beteiligten zu 2. a) hier ein Tätigwerden zugleich als
Vertreter der Miteigentümer und als Erwerber versagt.
Hiergegen hat der Notar unter Vorlage einer "Leseabschrift" des Verwaltervertrages
zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und der A + H Bauträger- und W mbH
in I eingewandt, dass die Verwalterin "von den Bestimmungen des § 181 BGB" befreit
sei und es deshalb der Zustimmung der Eigentümerversammlung zu dem in Rede
stehenden Kaufvertrag nicht bedürfe.
7
Mit Verfügung vom 17. Mai 2006 hat das Grundbuchamt die Beteiligten "letztmalig" zur
Behebung der mit Zwischenverfügung vom 25.11. 2005 aufgezeigten
Eintragungshindernisse binnen vier Wochen aufgefordert und zur Begründung
angeführt, auch der vorgelegte Verwaltervertrag sei nicht geeignet, die Beanstandungen
auszuräumen. Zum einen handele es sich um eine einfache Abschrift eines
privatschriftlichen Vertrages, der nicht die Formvorschrift des § 29 GBO erfülle. Zum
andern könne nicht überprüft werden, ob die drei Wohnungseigentümer, die den
Verwaltervertrag unterzeichnet hätten, gemäß § 164 BGB befugt gewesen seien, den
Vertrag im Namen der gesamten Eigentümergemeinschaft abzuschließen.
8
Nachdem innerhalb der gesetzten Vierwochenfrist keine weitere Erklärung der
Beteiligten zu 1. bis 3. eingegangen war, hat das Grundbuchamt durch Beschluss vom
9
22. Mai 2006 die Anträge vom 21. November 2005 zurückgewiesen.
10
Gegen diesen Beschluss wenden sich die Beteiligten zu 1. bis 3. mit der Beschwerde
vom 9. Juni 2006, die sie trotz Ankündigung und mehrfacher Fristverlängerung nicht
begründet haben.
11
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. bis 3. gegen den die Eintragungsanträge vom 21.
November 2005 zurückweisenden Beschluss des Amtsgerichts ist zulässig, in der
Sache aber nicht begründet.
12
Zu Recht hat das Amtsgericht den Eintragungsanträgen der Beteiligten nicht
entsprochen.
13
Der Kaufvertrag vom 22. Juli 2005 (UR-Nr. 183/2005 des Notars Dr. L in I), auf dem die
Anträge beruhen, ist schwebend unwirksam. Es fehlt die nach der Teilungserklärung
vom 16. Mai 1974 notwendige Zustimmung des Verwalters zur Veräußerung des
Wohnungserbbaurechts gemäß § 12 WEG. Zwar hat der Beteiligte zu 2. a) in seiner
Eigenschaft als Geschäftsführer der Verwalterin am 4. August 2005 (UR-Nr. 191/2005
des Notars Dr. L in I) der Veräußerung des Erbbaurechts durch Kaufvertrag vom 22. Juli
2005 zugestimmt. Diese Zustimmung ist aber nicht wirksam gegen § 181 BGB.
14
Gemäß § 181 BGB kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, ein Vertreter im
Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein
Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich
in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.
15
Entsprechendes gilt bei einseitigen Rechtsgeschäften, wie Kündigung, Rücktritt und
Zustimmung (vgl. Palandt/Heinrichs, § 181 BGB Rdn. 6).
16
Die Veräußerungsbeschränkung nach § 12 Abs. 1 WEG dient dem Schutz der
Wohnungseigentümer vor einem persönlich oder finanziell unzuverlässigen Erwerber
(BayObLGZ 1977, 42; Palandt/Bassenge, § 12 WEG Rn. 1). Dieses durch den Verwalter
als Treuhänder und mittelbarer Stellvertreter der Wohnungseigentümer
wahrzunehmende Interesse läuft seinem eigenen Interesse an dem Erwerb des
Wohnungseigentums zuwider. Eine objektive Eignungsprüfung des Erwerbers durch
den Verwalter ist im Falle des Eigenerwerbs- noch wesentlich mehr als schon im Falle
einer Veräußerung des ihm gehörenden Wohnungseigentums, bei der der Verwalter ein
Eigeninteresse an der Abwicklung des mit dem Erwerber geschlossenen Vertrages hat -
schon wegen der Personenidentität ausgeschlossen.
17
Danach ist eine entsprechende Anwendung des § 181 BGB geboten, auch wenn, rein
formal betrachtet, die Zustimmungserklärung des Verwalters mangels Nennung eines
Erklärungsempfängers, auch gegenüber der Veräußerin als anderen Vertragsbeteiligten
erklärt worden ist, wie § 182 Abs. 1 BGB dies grundsätzlich ermöglicht. Eine
ausdehnende Anwendung des § 181 BGB ist gerechtfertigt und geboten, wenn bei
formaler Betrachtung ein Insichgeschäft zwar nicht angenommen werden kann, eine
Interessenkollision aber typischerweise und offensichtlich gegeben ist (vgl.
MünchKomm/Thiele, § 181 Rn. 10; BayObLG NJW-RR 1986, 1078). Dies ist bei
einseitigen empfangsbedürftigen Rechtsgeschäften dann der Fall, wenn der Vertreter
persönlich und der Vertretene die sachlich Betroffenen sind und es um die
Wahrnehmung gegenläufiger Interessen geht (vgl. MünchKomm/Thiele, § 181 Rn. 26 f;
BayObLG NJW-RR 1986, 1078). Der das Motiv für § 181 BGB bildende
Interessenkonflikt besteht auch dann, wenn die Erklärung gegenüber verschiedenen
privaten Adressaten abgegeben werden kann. Es liegt eine einem formalen
Insichgeschäft vergleichbare Umgehung des Schutzzweckes vor, wenn der Verwalter
zugleich als Erwerber über die Zustimmung zur Veräußerung entscheidet, da eine
objektive Prüfung wegen der bestehenden Personidentität von vornherein
ausgeschlossen ist. Richtigerweise ist deshalb § 181 BGB auf die
Zustimmungserklärung des selbsterwerbenden Verwalters § 181 BGB entsprechend
anzuwenden (so auch: LG U BayNot 1980, 164; Riecke/Schmid, WEG, 2005, § 12 Rn.
82; Meikel/Böttcher, Grundbuchrecht, 9. Aufl. 2004, Einl. I Rn. 283; Sohn NJW 1985,
3060; Böttcher RPfleger 2005, 48; so wohl auch BayObLG NJW-RR 1986, 1078; andere
Ansicht Kammergericht NJW-RR 2004, 1162; Palandt Bassenge, § 12 WEG Rn. 7). Es
kann nicht dem Beteiligten zu 2. a) überlassen sein zu überprüfen, ob sich aus seiner
Person oder aus seiner beabsichtigten Nutzung des Teileigentums Gründe für eine
Versagung der Zustimmung zur Veräußerung nach § 12 WEG ergeben. Daran ändert
auch nichts, dass der Beteiligte zu 2. a) nicht selbst Verwalter der
Wohnungseigentumsanlage ist, sondern als Geschäftsführer der Verwalterin vertreten
hat. Auch der mit Schriftsatz vom 13.02.2006 vorgelegte Verwaltervertrag führt zu keiner
anderen Bewertung.
18
Es ist nicht in der erforderlichen Form des § 29 GBO nachgewiesen, dass die
Verwalterin von dem Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB befreit ist. Die
vorgelegte einfache Abschrift eines privatschriftlichen Vertrages genügt den
Formvorschriften des § 29 GBO nicht. Weiter lässt sich nicht feststellen, ob die
unterzeichnenden Miteigentümer gemäß § 164 BGB befugt waren, diesen Vertrag im
Namen der gesamten Eigentümergemeinschaft abzuschließen.
19
Danach erweist sich die Beschwerde als unbegründet.
20