Urteil des LG Hagen vom 30.11.2010

LG Hagen (rechtskräftiges urteil, zpo, sicherheitsleistung, vorauszahlung, höhe, hinterlegung, sicherheit, vorläufig, geld, zustellung)

Landgericht Hagen, 21 0 83/10
Datum:
30.11.2010
Gericht:
Landgericht Hagen
Spruchkörper:
1. Kammer für Handelssachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
21 0 83/10
Tenor:
1.
Die Gläubigerin wird ermächtigt, die nach Ziffer 1 a - g des vorläufig
vollstreckbaren Urteils der Kammer vom 27.07.2010 von der Schuldnerin
zu stellenden Sicherheiten in Höhe von insgesamt 30.687,87 Euro durch
Hinterlegung von Geld zu leisten.
2.
Die Schuldnerin wird verurteilt, den dafür erforderlichen Betrag in Höhe
von 30.687,87 Euro zu Gunsten der Gläubigerin zum Zwecke der
Hinterlegung an die Hinterlegungsstelle des AG I vorauszuzahlen.
3.
Die Kosten des Zwangsvollstreckungsverfahrens hat die Schuldnerin zu
tragen.
G r ü n d e :
1
Durch (noch nicht rechtskräftiges) Urteil der Kammer vom 27.07.2010 ist die Schuldnerin
(Beklagte) gemäß Ziffer 1 a - g - gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 33.000,00 Euro
vorläufig vollstreckbar - verurteilt worden, der Gläubigerin (Klägerin) für die im Tenor
näher bezeichneten verschiedenen Bauvorhaben nach § 648 a BGB in Verbindung mit
§ 232 BGB Sicherheiten in Höhe von zusammen 30.687,87 Euro zu stellen. Nachdem
die Schuldnerin innerhalb der ihr mit anwaltlichem Schreiben vom 26.08.2010 gesetzten
Frist dem nicht nachgekommen ist, beantragt die Gläubigerin nach Zustellung des
Urteils an die Schuldnerin und Sicherheitsleistung durch Übergabe einer
entsprechenden Prozessbürgschaft über 33.000,00 Euro an den
Prozessbevollmächtigten der Schuldnerin gem. § 887 Abs. 1 und 2 ZPO, sie - wie
erkannt - zu ermächtigen, die Sicherheit durch Hinterlegung von Geld zu leisten und
zugleich die Schuldnerin zur Vorauszahlung des dafür erforderlichen Betrages von
30.687,87 Euro zu verurteilen.
2
Die Schuldnerin tritt dem entgegen und beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Sie
vertritt die Auffassung, dass unabhängig davon, dass es bereits an einer Wahlschuld
und damit an einem Wahlrecht der Gläubigerin gemäß § 262 BGB fehle, die Gläubigerin
auch bei analoger Anwendung des § 264 BGB nur eine der in § 232 BGB aufgeführten
Sicherheiten dementsprechend nicht die Zahlung eines bestimmten Geldbetrages bzw.
eine entsprechende Vorauszahlung verlangen könne. Eine solche Zahlung stelle keine
Sicherheit, sondern bereits Erfüllung dar.
3
Die gemäß § 887 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO zulässigen Anträge der Gläubigerin sind
begründet.
4
Es entspricht allgemeiner Auffassung in der Rechtsprechung und Literatur, dass die
Verpflichtung, eine Sicherheit gemäß §§ 648 a, 232 f. BGB zu leisten, eine vertretbare
Handlung im Sinne von § 887 ZPO darstellt (vgl. nur OLG E, FamRZ 1984, 704; OLG G,
OLGR 2008, 602, Joussen in Vygen/Kratzenberg Kommentar zur VOB/B (vormals
Ingenstau/Korbion) 17. Auflage 2010 § 648 a BGB Rdnr. 158; Zöller-Stöber 28. Auflage
2010 § 887 ZPO Rdnr. 3 "Sicherheitsleistung" jeweils m. w. N.; Weyer IBR 2008, 702)
und dementsprechend, sofern - wie hier - die Voraussetzungen der
Zwangsvollstreckung (Zustellung und Sicherheitsleistung) vorliegen und die
Schuldnerin ihrem in Ziffer 1 a - g des Urteils der Kammer vom 27.07.2010
eingeräumten Wahlrecht zur Stellung von Sicherheiten gemäß §§ 648 a, 232 f. BGB
nicht nachkommt, die Ausübung dieses Wahlrechtes gemäß §§ 262, 264 Abs. 1 BGB
auf die Gläubigerin übergeht (vgl. nur OLG E a. a. O.; OLG G a. a. O.; und Weyer a. a.
O.).Dies hat zur Folge, dass die Gläubigerin gemäß § 887 Abs. 1 ZPO Hinterlegung
gemäß §§ 232 Abs. 1, 233 BGB beanspruchen und zugleich nach § 887 Abs. 2 ZPO
Vorauszahlung des dafür erforderlichen Betrages beanspruchen kann (vgl. nur Weyer
IBR 2008, 702 m. w. N.; OLG G a. a. O.und Kniffka/Schmitz IBR-Online Kommentar §
648 a BGB Rdnr.33). Durch die ausgesprochene Vorauszahlung an die
Hinterlegungsstelle des AG I ist dem Sicherungszeck der Bürgschaft Rechnung
getragen aber auch zugleich ausreichend sichergestellt, dass die Gläubigerin über den
Geldbetrag nicht nach Belieben verfügen kann (vgl. hierzu OLG G a. a. O.), und im
übrigen die Schuldnerin nach § 264 Abs.1 2.Halbsatz BGB nicht daran gehindert, ihrer
titulierten Verpflichtung zur Sicherheitsleistung in anderer Weise nach § 232 BGB
freiwillig nachzukommen (vgl. BGH NJW 1995,3189 ).
5
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 891 Satz 3, 91 ZPO.
6