Urteil des LG Hagen vom 04.12.2009

LG Hagen (kläger, fahrzeug, höhe, unfall, werkstatt, reparatur, zivilrechtliche haftung, verhältnis zu, amtliches kennzeichen, unmittelbarer schaden)

Landgericht Hagen, 8 O 97/09
Datum:
04.12.2009
Gericht:
Landgericht Hagen
Spruchkörper:
8. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
8 O 97/09
Tenor:
1.
Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger 8.246,37 EUR nebst 5
%-Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 4. Februar 2009 zu
zahlen.
2.
Die Beklagten werden weiter verurteilt, an den Kläger 661,16 EUR
außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren nebst Zinsen in Höhe von 5
%-Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 11. März 2009 zu zahlen
3.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 12%, die Beklagten zu
88%.
5.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages.
Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten
gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden
Betrages abwenden, es sei denn, die Beklagten leisten zuvor Sicherheit
in gleicher Höhe.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten um Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall.
2
Am 04.11.2008 befuhr Frau C gegen 14.45 Uhr mit dem Fahrzeug des Klägers, einem
Mercedes C 200 Kombi mit dem amtlichen Kennzeichen _______, die '''''' Straße in
XXXX in Richtung ------ Auf Höhe der Fußgängerzone hielt sie an der Kreuzung zur
________ an einer rot zeigenden Ampel. Als die Ampel auf grün schaltete fuhr die
Beklagte zu 1) mit Ihrem Audi A4 Avant, amtliches Kennzeichen _________ hinten auf
den Wagen des Klägers auf.
3
Am Unfallort stellten die Beteiligten an ihren Fahrzeugen nur unwesentliche Schäden
fest. Auch dem Kläger fiel später zunächst nur ein kleiner Riß an dem Heck seines
Fahrzeugs auf. Als er jedoch den Kofferaum öffnen wollte, bemerkte er, dass die
Heckklappe seines Fahrzeugs kratzte. Am nächsten Tag fuhr der Kläger mit dem
verunfallten Fahrzeug zu der Firma K2 GmbH in X, um die Schäden feststellen zu
lassen. Der vom Kläger beauftragte Gutachter Dipl-Ing. C2 begutachtete das klägerische
Fahrzeug im bereits demonitierten Zustand in der Werkstatt der Firma K und stellte
mehrer Schäden am Heck des Fahrzeugs fest, unter anderem einen Bruch des hinteren
Stoßfängers und der Ersatzmulde sowie einen Verzug der Querträgeraufrahmen. Der
Kläger ließ daraufhin das Fahrzeug in der Firma K GmbH reparieren, wobei
Reparaturkosten in Höhe von 7.158,46 EUR entstanden. Der Kläger mietete für den
Reparaturzeitraum ein Ersatzfahrzeug bei der Firma T4 GmbH in Hagen an, die dem
Kläger Mietwagenkosten von 1.120,61 EUR in Rechnung stellten. Dipl.-Ing. C2
berechnete dem Kläger für das Gutachten einen Betrag von 586,91 EUR. Zudem fordert
der Kläger einen Betrag von 25,00 EUR als Nebenkostenpauschale. Der Kläger
beauftragte, nachdem sich die Beklagte zu 2) mit Schreiben vom 03.02.2009 weigerte,
die geforderten Beträge zu erstatten, mit der Wahrnehmung seiner Interessen
Rechtsanwalt G2, der seine außergerichtliche Tätigkeit mit einem Betrag von 775,64
berechnete.
4
Der Kläger behauptet, die reparierten Schäden seien auf das Unfallereignis vom
04.11.2008 zurückzuführen. Ihm stünde daher ein Ersatzanspruch für die geltend
gemachten Kosten zu. Er behauptet weiter, dass sein Fahrzeug vor dem Unfall im
Heckbereich keine Beschädigungen oder Vorschäden gehabt habe. Er habe – was
zwischen den Parteien unstreitig ist – den Wagen als Neufahrzeug im Jahre 2001
gekauft und seitdem in ständigem Besitz gehabt. Der Unfall sei daher allein ursächlich
für die eingetretenen Schäden gewesen. Zudem sei durch den Unfall ein merkantiler
Minderwert des Fahrzeugs in Höhe von 500 EUR eingetreten.
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Die Anmietung des Ersatzfahrzeugs bei der im Hause der Werkstatt ansässigen T4-
Agentur sei der einfachste, bequemste und kostengünstigste Weg gewesen, ein
Ersatzfahrzeug anzumieten. Er habe eine niedrigere Typklasse, nämlich einen
Mercedes der B-Klasse (B 180) angemietet, so dass ersparte Eigenaufwendungen nicht
in Abzug zu bringen seien. Zudem sei der Abschluss der Vollkaskoversicherung für das
Mietfahrzeug notwendig gewesen, um das diesbezüglich weitaus höhere Risiko des
Klägers für ein Neufahrzeug abzudecken.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,
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1. an den Kläger 9390,98 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten seit dem
04.02.2009 zu zahlen;
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2. an den Kläger 775,64 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem
Basiszinssatz seit dem 11.03.2009 zu zahlen.
10
Die Beklagten beantragen,
11
die Klage abzuweisen.
12
Sie behaupten, die geltend gemachten Schäden an dem Fahrzeug des Klägers seien
nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen. Es gäbe Vorschäden. Der Unfall habe sich
bei einer Geschwindigkeit von höchstens 10 km/h ereignet, so dass bis auf eventuell
durch den Aufprall eingetreten geringfügige Schäden eine Schadenskompatibilität im
Übrigen auszuschließen sei. Selbst wenn die Schäden des Unfalls von den Vorschäden
abgegrenzt werden könnten sei aufgrund eines erheblichen Vorschadens keine
wirtschaftlich bedeutsame Schadensvertiefung eingetreten und insbesondere die
Vorschäden die umfangreichen Reparaturarbeiten erforderlich gemacht hätten. Es hätte
dem Kläger oblegen, genau den Zustand der betroffenen Teile vor dem Unfall
darzustellen und im einzelnen Ausführungen zu den Vorschäden und insbesondere zu
deren Reparatur zu machen, da bei deren Unterbleiben – selbst bei möglicherweise
kompatiblen Schäden – nicht ausgeschlossen werden könne, dass ein Vorschaden
geltend gemacht werde.
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Zudem seien die weiteren Schadenspositionen nicht ersatzfähig, da es an einem
ersatzfähigem Fahrzeugschaden als Grundlage fehle. Selbst bei einem
abgrenzungsfähigem Neuschaden wäre aufgrund dessen Geringfügigkeit allenfalls eine
günstigere Instandsetzung der Altteile in Betracht gekommen. Ein Minderwert mangels
gravierendem unfallbedingten Schaden sei nicht verblieben und aufgrund des
Fahrzeugalters auch nicht anzunehmen.
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Darüberhinaus seien die geltend gemachten Kosten für den Mietwagen zu hoch
angesetzt, da ersparte Aufwendungen nicht berücksichtigt worden seien. Außerdem sei
der Kläger seiner Schadensminderungspflicht durch Auswahl einer niedrigeren
Fahrzeugklasse sowie eines günstigeren Normaltarifs nicht nachgekommen. Aufgrund
des Alters des klägerischen Fahrzeugs sei nämlich eine Abstufung um eine Typklasse
geboten. Der Kläger hätte einen Tarif wählen müssen, wie er sich für Ersatzfahrzeuge
der einschlägigen Fahrzeuggruppe aus dem Mietpreisspiegel ergibt, wonach bei einer
Anmietzeit von 9 Tagen – ohne ersparte Eigenaufwendungen – die Kosten maximal
400,00 EUR betragen hätten. Der geltend gemachte erhöhte Tarif sei nicht zu ersetzen,
da dem Kläger eine günstigere Anmietung möglich und auch zumutbar gewesen sei.
Insofern sei dem Kläger zuzumuten gewesen, nach einem günstigeren Tarif zu fragen
oder mehrere Angebote einzuholen. Die abgeschlossene Vollkaskoversicherung sei für
das Mietfahrzeug nicht erstattungsfähig, da auch der PKW des Klägers keine solche
gehabt habe, zumindest sei in Höhe von 50% ein Vorteilsausgleich vorzunehmen.
15
Darüber hinaus sind die Beklagten der Auffassung, dass die Kosten für die Erstellung
des Gutachtens durch den Dipl.-Ing. C2 nicht von den Beklagten zu tragen seien, da das
Gutachten durch das Verschweigen der Vorschäden durch den Kläger gegenüber dem
Gutachter unbrauchbar sei. Zudem fehle es dem Kläger mangels Sicherheitsabtretung
an einer Berechtigung zur Geltendmachung der Kosten, und eine Zahlung durch den
Kläger sei ebenfalls nicht erfolgt. Schließlich seien die außergerichtlichen
Rechtsanwaltskosten durch die Rechtsschutzversicherung auf Klägerseite
16
ausgeglichen worden, die insoweit die Ersatzansprüche erlangt habe.
Das Gericht hat Beweis erhoben aufgrund des Beweisbeschlusses vom 02.07.2009
durch den Sachverständigen Prof. T aus Münster.
17
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das
Sachverständigengutachten vom 30.09.2009 sowie die Protokolle der mündlichen
Verhandlungen vom 01.07. und 04.12.2009 verwiesen.
18
Entscheidungsgründe
19
Die Klage ist zulässig und in Höhe von 8.246,37 EUR bezüglich des Klageantrags zu 1)
und von 661,16 EUR bezüglich des Klageantrags zu 2) begründet, im Übrigen
unbegründet.
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Dem Kläger steht gegen die Beklagte zu 1) ein Anspruch auf Zahlung der titulierten
Kosten aus § 7 StVG und gegen die Beklagte zu 2) aus § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG zu.
Die Beklagte zu 1) ist als Fahrzeughalterin und -führerin dem Kläger als Halter des
beschädigten PKW für die aus dem Unfall enstandenen Schäden gemäß § 7 Abs. 1
StVG ersatzpflichtig. Die Beklagte zu 2) haftet zudem gesamtschuldnerisch gemäß § 15
Abs. 1 S. 4 VVG neben der Beklagten zu 1).
21
Durch den Zusammenstoß, der sich am 04.11.2008 in Ennepetal-Milspe an der Ampel
ereignete und zwischen den Parteien insoweit unstreitig ist, hat die Beklagte zu 1) das
Fahrzeug des Klägers beschädigt. Der Unfall ereignete sich auch bei dem Betrieb der
Kraftfahrtzeuge, denn durch das Auffahren auf das vor dem PKW stehende klägerische
Fahrzeug hat sich kausal die typische Betriebsgefahr des KFZ realisiert. Auf ein
Verschulden seitens der Beklagten zu 1) kommt es insofern nicht an.
22
Als Rechtsfolge haben die Beklagten dem Kläger alle kausal aus dem
Schadensereignis entstandenen Schäden zu ersetzen. Gemäß § 249 Abs. 2 BGB muss
der Kläger daher so gestellt werden, als wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand,
also der Unfall, nicht eingetreten wäre. Mithin sind dem Kläger alle adäquat-kausal
durch das Schadensereignis entstandenen Vermögenseinbußen zu ersetzen, worunter
vorliegend sowohl die Schäden am Fahrzeug selber, mithin die Kosten der Reparatur,
als auch die Kosten für den Privatsachverständigen, Kosten für die Beschaffung eines
Ersatzfahrzeuges und die Nebenkostenpauschale zu zählen sind.
23
I.
24
Die Kosten für die Reparatur des klägerischen Fahrzeugs sind vollständig von den
Beklagten zu ersetzen, da sie einen Schaden i.S.d. § 249 Abs. 2 BGB darstellen, der
kausal auf dem Unfall beruht.
25
Der Sachverständige T hat überzeugend dargelegt, dass bei dem Unfall der PKW der
Beklagten zu 1) mit einer Geschwindigkeit von gerundet 6 bis 8 km/h und einer nahezu
100%iger Überdeckung auf das Heck des klägerischen Fahrzeugs aufgefahren ist. Bei
dem Zusammenstoß ist nach dem Gutachten davon auszugehen, dass der
Heckstoßfänger gegen das Heckabschlussblech stieß und hierbei die vorgefundenen
Beschädigungen erzeugte. Ebenso ist die Kompatibilität mit den Schäden an der
Heckklappe gegeben, so dass insgesamt die Schäden an Heckklappe, Heckstoßfänger
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und Stoßfängerträger dem Unfallgeschehen zuzuordnen sind. Dies wird von den
Beklagten auch nicht mehr bestritten. Damit sind diese Reparaturkosten als
unmittelbarer Schaden aus dem Unfallereignis von den Beklagten zu tragen.
Differenzierend sind die Schäden an den Seitenteilen sowie der Reserveradwanne zu
beurteilen. Der gerichtlich bestellte Sachverständige T führt nachvollziehbar aus, dass
hier eine Kompatibilät mit den Auffahrschäden durch die Beklagte zu 1) nicht gegeben
ist, die Beschädigungen mithin nicht auf den Unfall zurückzuführen sind.
27
Gleichwohl sind diese Schäden zu ersetzen.
28
Die abgebrochene Nase an der Kunststoffreserveradwanne liegt gegenüber der
hinteren Außenkante der Wanne weiter im Fahrzeuginneren. Da an der Außenkante der
Wanne keinerlei Kontaktspuren von dem Querträger des Heckstoßfängers zu erkennen
sind, und auch im alltäglichen Straßenverkehr während des normalen Fahrvorganges
durch fahrdynamische Vorgänge oder Kontakt mit anderen Gegenständen nicht
abbricht, da sie durch den Heckstoßfänger geschützt ist, ist entsprechend den
Ausführungen des Sachverständigen davon auszugehen, dass die Nase im Zuge der
Demontage des Heckstoßfängers abbrach. Bei der vorliegend ermittelten
Aufprallgeschwindigkeit von 6 bis 8 km/h ist nicht davon auszugehen, dass sich der
Heckstoßfänger und insbesondere der Querträger derart massiv verformt wird, dass sie
die Reserveradwanne kontaktieren. Vielmehr ist mit dem Sachverständigen davon
auszugehen, dass bei der Reparatur des Heckschadens, für den der Stoßfänger zu
demontieren war, die Nase abgebrochen ist. Dies wird weiter auch durch die frischen
Kontaktspuren belegt, die sich in einem dunklen Abrieb und einer Wischspur darstellen.
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Gleiches gilt für die Seitenteile, die kurz vor der Rückleuchte oberhalb des
Heckstoßfängers auf der linken sowie der rechten Seite deformiert wurden. Zwar stellt
auch hier der Sachverständige T fest, dass diese Schäden nicht auf das
Unfallgeschehen zurückzuführen sind. Der Sachverständige legt dar, dass es zwar im
Rahmen einer Kollision zu einer Belastung des Stoßfängers und des Stoßfängerträgers
kommt, wobei dieser durchgebogen wird, so dass sich die Außenkanten des
Stoßfängers maximal nach außen von der Karosserie wegbewegen. Jedoch ist eine wie
hier erkennbare Deformation aus energetischen Gründen bei einer solch geringen
Aufprallgeschwindigkeit nicht zu erreichen. Eine Beschädigung wie vorliegend, bei der
die rechte und die linke Seite symetrisch zu betrachten sind, können erst – so führt der
Sachverständige aus – bei einer Differenzgeschwindigkeit von 20 km/h bei
exzentrischer Kollision entstehen. Sofern das Fahrzeug nicht bereits früher einen
stärkeren Auffahrunfall an den Seitenteilen beschädigt worden ist, ist aus
sachverständiger Sicht die Deformation nur durch eine Beschädigung bei der
Demontage zu erklären. Der Sachverständige erklärte, dass vorliegend der Ausbau der
beschädigten Teile offensichtlich "fahrlässig" und "ungeschickt" erfolgt ist.
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Der Kläger, der bei seiner Anhörung überzeugend glaubhaft gemacht hat, dass das
streitgegenständliche Fahrzeug allein durch ihn und vermehrt durch seine
Schwiegertochter gefahren ist, konnte das Gericht davon glaubhaft überzeugen, dass
ein Vorschaden an dem KFZ nicht vorhanden war. Vielmehr geht das Gericht – ebenso
wie der Sachverständige T – davon aus, dass die in Rede stehenden Beschädigungen
an der Reserveradwanne und den Seitenteilen durch die Demontage des
Heckstoßfängers erfolgt sind. Somit sind diese Schäden zwar nicht unmittelbar auf das
Unfallgeschehen zurückzuführen, jedoch wird der Zurechnungszusammenhang
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zwischen dem schädigenden Ereignis durch die Beklagte zu 1) und dem geltend
gemachten Schaden durch das Verhalten der Werkstatt nicht unterbrochen (Staudinger-
Schiemann, § 249 BGB, Rn. 67). Vielmehr können dem Schädiger auch solche Fehler
zugerechnet werden, die Personen unterlaufen, denen sich der Geschädigte zur
Beseitigung des Schadens bedient (Palandt-Heinrichs, vor § 249, Rn. 73). Diese
Ansicht ist seit BGHZ 63, 182 (dazu Gitter, JR 1975, 160; Seliger, VersR 1976, 146)
allgemeine Auffassung: Der Geschädigte soll aus einem Verschulden der von ihm
beauftragten Werkstatt weder bei § 249 Abs. 2 S. 1 BGB noch nach §§ 254 Abs. 2 S. 2,
278 BGB Nachteile haben (Staudinger-Schiemann, § 249 BGB, Rn. 68). Es würde den
Sinn und Zweck des Schadensersatzrechts widersprechen, wenn der Geschädigte bei
der Ausübung der Ersetzungsbefugnis des Abs. 2 im Verhältnis zu dem ersatzpflichtigen
Schädiger mit Mehraufwendungen der Schadensbeseitigung belastet bliebe, deren
Entstehung seinem Einfluss entzogen sind und die ihren Grund darin haben, daß die
Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten, wohl auch nicht vom
Schädiger kontrollierbaren Einflußsphäre stattfinden muß (BGH, NJW 1975, 160 ff.; AG
Giforn, NZV 2007, 149, 150).
Jedenfalls kann dem Kläger ein etwaiges Verschulden der Reparaturwerkstatt nicht
zugerechnet werden. Die vom Geschädigten zur Mängelbeseitigung von ihm
beauftragten Drittunternehmer sind regelmäßig nicht seine Erfüllungsgehilfen i.S.d. §
278 BGB im Verhältnis zum Schädiger, so dass der Kläger im Rahmen des Anspruchs
auf Erstattung des "erforderlichen" Geldbetrages nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nicht das
sog. Werkstattrisiko trägt (OLG München vom 07.07.2006, Az.: 10 U 2270/06, OLG
Hamm, NZV 1995, 442 f.; OLG Karlsruhe, MDR 1973, 580 f.). Dieses muss in der
Sphäre des Schädigers verbleiben, denn es besteht kein Sachgrund, dem Schädiger
das Werkstattrisiko abzunehmen, das er auch zu tragen hätte, wenn der Geschädigte
ihm die Beseitigung des Schadens nach § 249 Abs. 1 BGB überlassen würde. Die dem
Geschädigten durch § 249 Abs. 2 BGB gewährte Möglichkeit der Ersetzung ist kein
Korrelat für eine Überbürdung dieses Risikos auf ihn, sondern der Schädiger haftet
ebenfalls für Folgeschäden, die während der Reparatur eines verunfallten KFZ durch
Fehler der Reparaturerkstatt entstehen (BGH, NJW 1975, 160 ff.). Die Ersatzpflicht
erstreckt sich vor allem auch auf diejenigen Mehrkosten, die ohne Schuld des
Geschädigten - etwa durch unsachgemäße Maßnahmen der von ihm beauftragten
Werkstatt - verursacht worden sind (OLG Karlsruhe, NJW-RR 05, 248 ff.). Den
beschränkten Kenntnis- und Einwirkungsmöglichkeiten des Geschädigten sind bei der
Schadensregulierung regelmäßig Grenzen gesetzt sind, vor allem, sobald er einen
Reparaturauftrag erteilt und das zu reparierende Objekt in die Hände von Fachleuten
gibt. Allenfalls kann der Zurechnungszusammenhang bei ungewöhnlich groben
Fehlverhalten des Dritten entfallen, welches billigerweise nicht mehr dem durch den
Ersteingriff begründeten Schadensrisiko zugeordnet werden (Palandt-Heinrichs, § 249,
Rn. 73; Staudinger-Schiemann, § 249 BGB, Rn. 61 ff.).
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Ein solches erkennt das Gericht vorliegend jedoch nicht. Vielmehr geht es davon aus,
dass durch die Verformung der Heckstoßstange nicht ausgeschlossen werden kann,
dass der Querträger nur unter großem Kraftaufwand ausgebaut werden kann. Es ist
damit aber naheliegend, dass die Beschädigung der Reserveradwanne sowie der
Seitenteile, bei einer vom erkennenden Gericht unterstellten Unfallfreiheit des
klägerischen Fahrzeugs durch einen Fehler der Werkstatt eingetreten sind, der sich
jedoch nicht so sehr außerhalb des Schadensrisikos des Unfalls befindet, dass durch
ihn eine den Kläger belastende Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs
anzunehmen ist.
33
Auch steht der Ersatzpflicht kein Mitverschulden des Klägers gem. § 254 BGB entgegen,
welches zu berücksichtigen wäre, wenn der Geschädigte den Schaden nicht verhindert,
obwohl er dazu tatsächlich in der Lage war. In den Fällen des § 249 Satz 2 BGB, in
denen es lediglich um die Bewertung des "erforderlichen" Herstellungsaufwandes geht,
ist die Vorschrift des § 254 BGB ohnehin nur sinngemäß anwendbar (vgl. BGHZ 61,
346, 351). Doch selbst wenn man in diesem Zusammenhang die Grundsätze des § 278
BGB berücksichtigen müsste, wäre hierin keine tragfähige Grundlage für eine
Entlastung der Beklagten von dem Mehraufwand der Schadensbeseitigung zu sehen,
welche allein auf ein Fehlverhalten der Reparaturwerkstatt zurückzuführen ist (vgl. BGH,
NJW 1975, 160 ff.). Ein etwaiges in diesem Zusammenhang in Betracht kommendes
Auswahlverschulden des Klägers (vgl. OLG Hamm, NZV 1995, 442, 443) ist vorliegend
nicht zu sehen. Bei der Reparaturvergabe an die K GmbH durfte der Kläger davon
ausgehen, dass sein Fahrzeug in fachkundiger Weise von einer autorisierten
Vertragswerkstatt ordnungsgemäß instandgesetzt werden würde.
34
Ein möglicher Einwand, den Kläger in solchen Fällen darauf zu verweisen, der
Werkstatt bzgl.derjenigen Beschädigungen, die durch ihr Ausführungsverschulden
entstanden sind, seine Einwände entgegenzusetzen, kann vorliegend nicht
durchgreifen. Auch bei wirtschaftlicher Betrachtung entspricht es der Interessenlage,
daß der Schädiger dem Geschädigten die Mittel zur Verfügung stellt, die diesen in die
Lage versetzen, das Unfallfahrzeug möglichst rasch wieder nutzen zu können, und
selbst die Entscheidung über das Vorgehen gegen die Werkstatt zu treffen. Da der
Schädiger nach den Grundsätzen des Vorteilsausgleichs die Abtretung der Ansprüche
des Geschädigten gegen die Werkstatt verlangen kann, ist seine Rechtsstellung
gegenüber dieser nicht schwächer als die des Geschädigten. Etwaige Ansprüche gegen
die Werkstatt kann der Geschädigte dem Ersatzpflichtigen abtreten (BGH NJW 1975,
160; siehe auch Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, § 24, Rn. 44)
35
Dem Einwand der Beklagten hinsichtlich einer Schadensreduzierung durch
Instandsetzung von Altteilen folgt das Gericht nicht. Nach den überzeugenden und
eindeutigen Darlegungen des Sachverständigen T in der mündlichen Verhandlung vom
04.12.2009 kam eine solche Instandsetzung nicht in Betracht. Demnach war die
durchgeführte Reparatur auch in diesem Maße erforderlich, da eine Reparatur der
beschädigten Teile unter Verwendung ebendieser Teile nicht möglich war.
36
II.
37
Hinsichtlich der Mietwagenkosten war dem Kläger nur ein Teil zuzusprechen, da die
angesetzten Kosten von 1120,61 EUR den üblichen Mietpreis bei weitem übersteigen
und daher nicht von den Beklagten im Rahmen des unfallbedingten Schadens zu
ersetzen sind. Von den Beklagten kann als erforderlicher Herstellungsaufwand nämlich
nur der Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangt werden, die ein verständiger,
wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Klägers für zweckmäßig
und notwendig halten darf (vgl. BGH, NJW 2006, 2106 f.).
38
Insofern haben vorliegend die Beklagten überzeugend dargelegt, dass das
Zugrundelegen des erhöhten und in Rechnung gestellten Tarifs gegenüber den
Normaltarifen, wie sie sich aus dem Mietpreisspiegel des Fraunhofer Instituts ergeben,
nicht erforderlich war. Der Kläger konnte demgegenüber nicht die Notwendigkeit des
erhöhten Tarifs, wie er sich aus der Klageschrift ergibt, darlegen, so dass insofern nach
39
dem Mietpreisspiegel für die entsprechende Mietzeit ein Betrag von 400,00 EUR netto
(entspricht einem Gesamtbetrag von 476,00 EUR brutto) zugrundezulegen und dem
Kläger zuzusprechen war.
Weder konnte der Kläger darlegen, dass der erhöhte Tarif im vorliegenden Fall
erforderlich war, noch war es ihm möglich, das Gericht von einer anderweitig fehlenden
Beschaffungsoption zu überzeugen. Vielmehr geht das Gericht davon aus, dass es dem
Kläger an dem fraglichen Tag in einer Stadt wie Hagen durchaus möglich und auch
zumutbar war, Erkundigungen über weitere Mietpreisangebote einzuholen. Er durfte
sich deshalb nicht allein auf das ihm in dem Gebäude der Firma K GmbH unterbreitete
Angebot der Firma T4 beschränken. Der Hinweis des Klägers in seinem Schriftsatz vom
19.06.2009 auf das Urteil der 1. Zivilkammer des LG Hagen v. 27.10.2006 – Az. 1 S
15/05 betrifft einen nicht vergleichbaren Fall, da das Gericht dort die Pflicht des
Geschädigten zur Einholung von Vergleichsangeboten insoweit eingeschränkt hat, als
der damalige Kläger aufgrund seiner Nebentätigkeit möglichst schnell und wegen einer
beschränkten Fahrerlaubnis auch auf ein Fahrzeug mit Automatikgetriebe angewiesen
war. Eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall verbietet sich
daher.
40
Die Kosten für die durch den Kläger inanspruchgenommene Vollkaskoversicherung
sind jedoch von den Beklagten zu erstatten. Auch diese Kosten sind als erforderlich zu
qualifizieren, weil vorliegend das angemietete Fahrzeug gegenüber dem klägerischen
PKW wesentlich neuer war (die bei Anmietung bereits gefahrenen Kilometer betrugen
lediglich 1.138 km), so dass sich der Kläger einem erhöhten Haftungsrisiko für dieses
Ersatzfahrzeug gegenüber sah. Daran ändert nichts, dass für das klägerische Fahrzeug
selbst keine Vollkaskoversicherung vorhanden war. Die Kosten einer
Vollkaskoversicherung sind nämlich auch dann als erforderlich anzusehen, wenn für
das Unfallfahrzeug keine Vollkaskoversicherung bestand, der Geschädigte aber
während der Mietzeit einem erhöhten wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt ist, bspw.
dadurch, dass der Mietwagen in einem neueren und gepflegteren und damit
höherwertigem Zustand ist als das Unfallfahrzeug (BGH, NJW 2005, 1041 ff.). Durch die
Anmietung eines Fahrzeugs der B-Klasse hat der Kläger auch einen Wagentyp der
nächstniedrigeren Fahrzeugklasse angemietet, so dass ersparte Aufwendungen nicht in
Abzug zu bringen sind. (vgl. BGH, DAR 2005, 265 f.; OLG Frankfurt, DAR 1985, 58; OLG
Karlsruhe, VersR 1989, 58 f.).
41
III.
42
Die Kosten für den Sachverständigen C2 sind als Teil des Schadensersatzes von den
Beklagten zu erstatten. Die Kosten eines Sachverständigengutachtens gelten als
Kosten der Rechtsverfolgung insoweit, als ein solches Gutachten zur Beweisführung
des Geschädigten angezeigt ist, was in der Regel – außer bei absoluten
Bagatellschäden – der Fall ist (Hentschel, Zivilrechtliche Haftung im Straßenverkehr, § 7
StVG, Rn. 253).
43
Die Behauptung der Beklagten, das Gutachten sei aufgrund eines Fehlverhaltens des
Klägers unbrauchbar, da dieser dem Sachverständigen C2 nicht die Vorschäden seines
Fahrzeugs offenbart habe, geht ins Leere. Nach der aufgrund der Beweisaufnahme
festehenden Überzeugung des Gerichts war das klägerische Fahrzeug ohne
streitrelevante Vorschäden, so dass sich eine Offenbarungspflicht für den Kläger
überhaupt nicht ergeben konnte.
44
IV.
45
Die verlangte und von den Beklagten nicht bestrittene Nebenkostenpauschale von
25,00 EUR steht dem Kläger ebenfalls im Rahmen des Schadensersatzes zu.
46
V.
47
Jedoch steht dem Kläger ein Anspruch auf Ausgleich eines sog. merkantilen
Minderwertes i.H.v. 500,00 EUR nicht zu. Der beantragte Betrag von 500,00 EUR war
mithin von der Klageforderung in Abzug zu bringen. Ein Anspruch des Klägers auf
diesen Betrag besteht nicht, da nach der Reparatur keine derartigen Defizite an dem
klägerischen Fahrzeug verbleiben, die die Annahme einer merkantilen Wertminderung
rechtfertigen könnten.
48
Dies steht nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen fest.
49
Zu berücksichtigen war in diesem Zusammenhang vor allem das Alter des klägerischen
Fahrzeugs, welches zum Unfallzeitpunkt 7 Jahre betrug. Bei älteren Fahrzeugen entfällt
in der Regel die Wertminderung (Palandt-Heinrichs, § 251 Rn. 14). Die Beurteilung
eines u.U. anzunehmenden merkantilen Minderwerts ist durch das Gericht anhand einer
Schätzung
Ruhkopf und Sahm (VersR 1962, 593) verbreitet, die durch den BGH als brauchbare
Bewertungsgrundlage anerkannt wird (BGH, NJW 1980, 281 ff.). Auch nach dieser
Berechnungsmethode entfällt die Annahme eines Minderwertes bei Fahrzeugen älter
als 5 Jahre oder eine Laufleistung über 100.000 km (OLG Karlsruhe, NZV 1990, 387 f.).
50
Zwar weist der klägerische PKW in Anbetracht seines Alters eine geringe und noch
nicht in diesen Bereich fallende Laufleistung auf. Jedoch ist das Gericht nach den
Ausführungen der Beklagten und insbesondere den eindeutigen Darstellungen des
Sachverständigen T davon ausgegangen, das in Anbetracht des Fahrzeugsalters von 7
Jahren und der umfänglichen Reparaturarbeiten kein Minderwert an dem Fahrzeug des
Klägers verblieben ist. So führte der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung
vom 04.12.2009 für das Gericht überzeugend aus, dass durch die Reparatur keine
karosserietragenden Teile erneuert worden sind. Zudem wurden keine alten Teile
instandgesetzt, sondern umfänglich durch Neuteile ersetzt. Diesbezüglich war auch die
Art des Schadens in die Betrachtung einzubeziehen. Nach der Auffassung des Gerichts
beruht ein Teil der streitgegenständlichen Reparaturkosten nicht unmittelbar auf den
Einwirkungen des Unfalls sondern auf den Ausbauarbeiten der Werkstatt, so dass die
Schäden an der Reserveradwanne und der Seitenteile nicht als direkte Unfallschäden
anzusehen sind. Zudem muss berücksichtigt werden, dass der Markt bei
Unfallfahrzeugen wegen des inzwischen hohen technischen Reparaturstandards,
abgesehen von Großschäden, kaum noch Preisabschläge macht (Staudinger-
Schiemann, § 251 BGB, Rn. 37; Anwaltskommentar-Magnus, § 251 BGB, Rn. 48). In
Anbetracht der insofern stattgefundenen umfassenden Erneuerung des Heckbereichs im
Rahmen einer fachgerechten Reparatur durch eine Mercedes-Vertragswerkstatt ist eine
merkantile Wertminderung daher auszuschließen.
51
VI.
52
Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten waren dem Kläger ebenfalls im Rahmen des
53
§ 249 BGB durch die Beklagten zu erstatten. Insofern war lediglich in dem der
Bemessung zugrundeliegenden Gegenstandswert der Wert der titulierten
Klageforderung auszugehen.
Der Kläger ist auch zur Geltendmachung dieser Kosten aktivlegitimiert. Insofern geht
das Gericht von einer Ermächtigung seitens der ÖRAG Rechtsschutz-Versicherung aus,
die gemäß des Schreibens der vom 18.03.2009 den Kläger ermächtigt hat, die materiell-
rechtliche Forderung im eigenen Namen zur Zahlung an sich geltend zu machen. Der
Einwand der Beklagten hinsichtlich einer fehlenden Aktivlegitimation und eines
diesbezüglichen Forderungsübergangs gem. § 86 VVG geht insoweit ins Leere.
54
VII.
55
Der Zinsanspruch ergibt sich jeweils für beide Klageforderungen aus §§ 286, 288 Abs. 1
BGB.
56
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 92 I ZPO, die über die vorläufige
Vollstreckbarkeit ergibt sich für den Kläger aus § 709 ZPO, für den Beklagten aus §§
708 I Nr. 11, 709, 711 ZPO.
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