Urteil des LG Freiburg vom 09.05.2014

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LG Freiburg Urteil vom 9.5.2014, StL 4/13; StL 4/13 - 3 StV 10/13
Berufspflichtverletzungen des Steuerberaters: Ahndung von Pflichtverletzungen
infolge mangelhafter Büroorganisation
Tenor
1. Dem Steuerberater wird wegen schuldhafter Verletzung seiner beruflichen Pflichten
ein
Verweis
erteilt.
Ferner wird gegen ihn eine
Geldbuße in Höhe von 8000.- Euro
verhängt.
2. Der Steuerberater hat die Kosten des berufsgerichtlichen Verfahrens zu tragen.
Angewendete Vorschriften: §§ 57, 89, 90 StBerG
Gründe
1 (in abgekürzter Fassung nach § 153 StBerG i.V.m. § 267 Abs. 4 StPO)
I.
2 Der Steuerberater hat in der Vergangenheit wiederholt gegen seine
berufsgerichtlichen Pflichten verstoßen:
3 Durch Urteil des Landgerichts Freiburg vom 28.02.2005 (StL 3/04) - rechtskräftig
seit diesem Tage - wurde er wegen von ihm am 18.09.2000 und am 18.06.2001 für
einen Mandanten erstellter Vermögenstestate in Millionenhöhe, die von ihm selbst
nicht überprüft wurden, zu einem Verweis und einer Geldbuße in Höhe von 1000.-
EUR verurteilt.
4 Durch weiteres Urteil des Landgerichts Freiburg vom 23.11.2012 (StL 7/11) -
rechtskräftig seit diesem Tage - wurde gegen ihn ferner (Tatzeit jeweils im Jahre
2011) wegen einer schuldhaft verursachten, gut zweimonatigen
Versicherungslücke hinsichtlich der Berufshaftpflichtversicherung, der
Nichterreichbarkeit und verzögerter Herausgabe von Unterlagen nach einer
Mandatskündigung und der von ihm zu vertretenen verspäteten Übertragung von
DATEV-Daten vormaliger Mandanten an deren neues Steuerberatungsbüro ein
weiterer Verweis und eine Geldbuße in Höhe von 750.- EUR festgesetzt.
5 Ein weiteres Verfahren wegen des Vorwurfs der unzureichenden Mitwirkung in
einem eigenen Steuerverfahren wurde am 10.03.2013 durch die
Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe
von 1000.- EUR gemäß § 153 StBerG in Verbindung mit § 153a StPO eingestellt.
II.
6 In der Hauptverhandlung wurden folgende Feststellungen getroffen:
7 1. Der Steuerberater entrichtete seine Einkommenssteuer für das Jahr 2012
zunächst nicht, weshalb bei dem für seinen Wohnsitz zuständigen Finanzamt A.
eine Steuerschuld einschließlich der Säumniszuschläge in Höhe von 10221,45
EUR auflief. Darüber hinaus ließ der Steuerberater die bis zum 31.12.2012
gesetzte Frist für die Abgabe der Einkommenssteuererklärung für das Jahr 2010
verstreichen.
8 Der Steuerberater kam ferner zunächst nicht seiner Verpflichtung zur Entrichtung
von Umsatzsteuer für das Jahr 2010 sowie für die Zeit von Juli 2012 bis Januar
2013 nach. Deshalb liefen bei dem für seinen damaligen Geschäftssitz
zuständigen Finanzamt O. Rückstände einschließlich Verspätungszuschläge in
Höhe von 12055,38 EUR auf. Darüber hinaus gab der Steuerberater die
Jahressteuererklärung für das Jahr 2009 verspätet und für das Jahr 2010 nicht ab,
so dass für 2010 die Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden mussten. Die
Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Mai 2011 und Mai 2012 gab er
verspätet ab.
9 Durch sein Verhalten veranlasste der Steuerberater Vollstreckungsmaßnahmen
des Finanzamtes. Die Aufforderung der Steuerberaterkammer S. vom 13.03.2013
zur Stellungnahme zu diesen Sachverhalten ignorierte er. Auf wiederholte
Zwangsgeldandrohungen und -festsetzungen durch die Steuerberaterkammer S.
im Zeitraum vom 22.04.2013 bis 19.08.2013 reagierte er nur einmal im Juli 2013
mit einer - abgelehnten - Bitte um Fristverlängerung.
10 Die bestehenden Zahlungsrückstände wurden zwischenzeitlich durch den
Steuerberater ausgeglichen und die ausstehenden Steuererklärungen abgegeben.
11 2. Der Steuerberater reagierte im Frühjahr 2013 nicht auf die Aufforderung zur
Überlassung von Arbeitsergebnissen und Mandantenunterlagen durch die
Steuerberatungsgesellschaft in T., die ein vormaliges Mandat des Steuerberaters
übernommen hatte, und war für Rückfragen des ehemaligen Mandanten, des
neuen Steuerberaters und Betriebsprüfers nicht erreichbar.
12 Die Aufforderung der Steuerberaterkammer S. vom 23.03.2013 zur Stellungnahme
zu diesem Sachverhalt ignorierte er. Auf wiederholte Zwangsgeldandrohungen und
-festsetzungen durch die Steuerberaterkammer S. im Zeitraum vom 24.04.2013 bis
19.08.2013 reagierte er nur einmal im Juli 2013 mit einer - abgelehnten - Bitte um
Fristverlängerung.
13 3. Auf die ab Frühjahr 2012 erfolgten Aufforderungen zur Überlassung von
Arbeitsergebnissen und Mandantenunterlagen durch den Steuerberater …, der ein
vormaliges Mandat des übernommen hatte, reagierte letzterer nicht. Auch die
Aufforderungen der Steuerberaterkammer Südbaden vom 11.07., 29.07. und
14.08.2013 zur Stellungnahme zu diesem Sachverhalt ließ der Steuerberater
unbeantwortet.
14 4. Schließlich hat der Steuerberater ab Frühjahr 2013 auf die Aufforderungen
seines Mandanten zur Überlassung von Informationen für eine
Scheidungsfolgensache ebenfalls nicht reagiert.
III.
15 Der Steuerberater hat die oben I. erfolgten Feststellungen zur Person bestätigt. Zu
seiner Vorbelastung hat die Kammer ferner die Urteile vom 28.02.2005 und vom
23.11.2012 verlesen.
16 Die Feststellungen oben II. beruhen auf den Angaben des Steuerberaters, der
seine jeweiligen Versäumnisse in vollem Umfang eingeräumt hat, und auf dem in
der Hauptverhandlung verlesenen Schriftverkehr zu den jeweiligen Vorfällen.
IV.
17 Der Steuerberater hat somit in den Fällen Ziffer 1 bis 4 jeweils gemäß § 57 Abs. 1
StBerG gegen seine Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung verstoßen.
V.
18 Auf die schuldhaften Pflichtverletzungen des Steuerberaters war gemäß § 90
StBerG durch berufsgerichtliche Maßnahmen zu reagieren.
19 Dabei hat die Kammer gesehen, dass der Steuerberater seit über 10 Jahren immer
wieder durch Berufspflichtverletzungen aufgefallen ist. Auf der anderen Seite hat er
nicht nur ein umfassendes Geständnis abgelegt, sondern auch sämtliche
verfahrensgegenständliche Steuerrückstände zwischenzeitlich ausgeglichen und
auch die oben erwähnten Steuererklärungen abgegeben. Die Kammer hielt es
daher unter Abwägung aller für und gegen den Steuerberater sprechenden
Umstände im Ergebnis noch einmal als ausreichend, „nur“ eine - allerdings
nunmehr empfindliche - Geldbuße von 8000.- EUR sowie einen Verweis gegen
den Steuerberater zu verhängen.
20 Der Steuerberater wird abschließend ausdrücklich darauf hingewiesen, dass im
Falle neuerlicher Berufspflichtverletzungen die Verhängung eines befristeten
Berufsverbots gemäß § 90 Abs. 1 Nr. 4 StBerG voraussichtlich unvermeidlich sein
wird. Da zahlreiche Verstöße des Steuerberaters offenbar mit einer mangelnden
Büroorganisation zusammenhängen, wird ihm zudem dringend angeraten, hier
Ordnung - insbesondere auch durch eine effektive Fristenkontrolle und aus Sicht
der Kammer jedenfalls eine auf Teilzeit einzustellende Bürokraft - zu schaffen.
VI.
21 Die Kostentscheidung beruht auf § 148 StBerG.