Urteil des LG Freiburg vom 27.06.2005

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LG Freiburg Urteil vom 27.6.2005, 7 Ns 540 Js 34729/04 AK 50/05
Versagung der Fahrerlaubnis: Nachträglich von den Behörden der Tschechischen Republik erteilte Fahrerlaubnis; Berechtigung zum Führen
von Kraftfahrzeugen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland; Einzug des Führerscheins
Leitsätze
In den Fällen, in denen die Fahrerlaubnis von der Verwaltungsbehörde bestandskräftig versagt worden ist, berechtigt eine nachträglich von den
Behörden der Tschechischen Republik erteilte Fahrerlaubnis den Angeklagten nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen auf dem Gebiet der
Bundesrepublik Deutschland; der entsprechende Führerschein kann eingezogen werden.
Tenor
Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft wird das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte zu
einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt wird.
Die am 07.04.2005 von den Behörden der Tschechischen Republik erteilte Fahrerlaubnis wird entzogen, der Führerschein wird eingezogen. Die
Verwaltungsbehörde wird angewiesen, vor Ablauf von 6 Monaten keine Fahrerlaubnis zu erteilen.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Gründe
1
I. Durch Urteil des Amtsgerichts K. vom 20.04.2005 wurde der Angeklagte wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in 2 Fällen unter Einbeziehung der
Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Lahr vom 17.01.2005 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Monaten mit Bewährung verurteilt. Gegen
dieses Urteil legte die Staatsanwaltschaft form- und fristgerecht Berufung ein, die sie auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte. Ihr
Rechtsmittel, mit dem sie eine höhere Bestrafung und den Wegfall der Strafaussetzung erstrebte, hatte Erfolg.
2
II.Zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten hat die Strafkammer folgende Feststellungen getroffen:
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Der Angeklagte wurde am --- in Kasachstan geboren. Im Jahre --- kam er mit seinen Eltern nach Deutschland und erhielt die deutsche
Staatsangehörigkeit. In den folgenden Jahren übernahm er Gelegenheitsarbeiten, bis er im August 2001 in E. mit dem Schulbesuch anfing, um
seine deutschen Sprachkenntnisse zu verbessern und den Hauptschulabschluss zu erwerben. Nach wie vor lebt der ledige und kinderlose
Angeklagte bei seinen Eltern. Seit Anfang des Jahres 2005 ist er bei einer Leiharbeitsfirma beschäftigt und zurzeit als Produktionshelfer tätig. Er
verdient etwa 900,-- Euro monatlich netto, von denen er 300,-- Euro an seine Eltern gibt. Der Angeklagte ist bereits mehrfach strafrechtlich in
Erscheinung getreten. Im Einzelnen ist er wie folgt vorbestraft:
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1. Am 11.11.1998 verurteilte ihn das Amtsgericht K. – Ds 12 Js 22134/98 – wegen eines am 30.06.1998 begangenen Diebstahls zu einer
Arbeitsauflage.
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2. Am 10.08.2000 verurteilte ihn das Amtsgericht K. – Ds 12 Js 10999/00 – wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit
Hausfriedensbruch, begangen am 04.03.2000, zu 2 Freizeitarresten und zur Schadenswiedergutmachung.
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3. Am 31.08.2000 verurteilte ihn das Amtsgericht K. – Ds 12 Js 15534/00 – wegen eines am 29.04.2000 versuchten Diebstahls zu einer Woche
Jugendarrest.
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4. Am 09.08.2001 verurteilte ihn das Amtsgericht K. – Ds 32 Js 12522/01 – wegen Diebstahls zu 4 Monaten Freiheitsstrafe mit Bewährung.
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Nach den Feststellungen des Urteils entwendete der Angeklagte am 16.04.2001 in K. einen verschlossen abgestellten Motorroller, indem er die
Frontverkleidung abmontierte und das Lenkradschloss abbrach. Nach ca. 100 m ließ er das Fahrzeug stehen, nahm jedoch die Frontverkleidung
mit und baute sie an seinem eigenen baugleichen Motorroller an.
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5. Am 16.08.2001 verurteilte ihn das Amtsgericht K. – Ds 12 Js 9208/01 – wegen versuchten Diebstahls in 10 Fällen und Diebstahls in 3 Fällen,
davon in 1 Fall in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis und mit fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11
Monaten mit Bewährung. Zugleich wurde eine isolierte Führerscheinsperrfrist von 1 Jahr verhängt.
10 Nach den Feststellungen des Urteils entschlossen sich der Angeklagte und ein Mittäter in der Nacht zum 04.04.2001, in K. ein Fahrzeug zu
entwenden, um damit nach H. zu fahren. Durch die nicht verschlossene Heckklappe gelangten sie in einen abgestellten Pkw Marke Opel Corsa,
doch gelang es ihnen nicht, das Fahrzeug kurzzuschließen. So zerschnitten sie in unmittelbarer Nähe einen Teil des Verdecks eines Pkw Marke
VW Golf Cabrio, schlossen das Fahrzeug kurz und fuhren damit bis zum Gewann N., wo ein Reifen Luft verlor. Da sie den Motor nicht wieder
starten konnten, ließen sie das Fahrzeug stehen und begaben sich zu einem in der Nähe abgestellten Pkw Marke Fiat. Durch eine nicht
verschlossene Tür gelangten sie ins Fahrzeug und brachen das Lenkradschloss auf. Als durch die Geräusche der Eigentümer geweckt wurde
und sich meldete, flüchteten beide und begaben sich zum Autohaus W. in K., wo auf dem Hof mehrere Gebrauchtfahrzeuge standen. Mittels
Backsteinen zerschlugen sie nacheinander die Seitenscheiben von insgesamt 8 Fahrzeugen, gelangten hinein und versuchten jeweils, die
Lenkradschlösser zu überwinden, was ihnen erst bei einem Pkw Marke Fiat Uno gelang. Mit diesem Pkw fuhren sie auf einen Parkplatz, wobei
sie einen Sachschaden von insgesamt rund 8.000,-- DM hinterließen. Als der Motor des Pkw Fiat ausging, ließen sie den Wagen stehen und
gingen zum Autohaus B.. Sie brachen einen Pkw Marke VW Golf auf und versuchten vergeblich, das Fahrzeug kurzzuschließen. Es entstand
Sachschaden von ca. 1.500,-- DM. Bei einem Pkw Marke Fiat Panda schlugen sie eine Scheibe ein, schlossen das Fahrzeug kurz und fuhren
damit nach Frankreich. Bei der Rückfahrt wurden sie von der Polizei gestellt, wobei der Angeklagte alkoholisiert war.
11 Im Wege der nachträglichen Gesamtstrafenbildung wurde durch Beschluss vom 28.01.2002 aus den Einzelstrafen dieser Verurteilung der Strafe
aus dem Urteil vom 09.08.2001 (oben Nr. 4) eine Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr mit Bewährung gebildet. Zugleich wurde eine isolierte
Führerscheinsperrfrist von 7 Monaten verhängt.
12 1. Am 14.12.2001 verurteilte ihn das Amtsgericht E. – 6 Ds 12 Js 25384/01 – wegen Sachbeschädigung in 4 Fällen, davon in 1 Fall in Tateinheit
mit versuchtem Diebstahl und in 1 Fall in Tateinheit mit Diebstahl, wegen fahrlässiger Trunkenheitsfahrt und wegen unerlaubten Entfernens vom
Unfallort zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Monaten. Zugleich wurde eine isolierte Führerscheinsperrfrist von 10 Monaten verhängt.
13 Nach den Feststellungen des Urteils begab sich der Angeklagte mit einem Mittäter am 08.09.2001 gegen 04.00 Uhr auf den Hof des Autohauses
B. in E. Dort brachen sie gemeinsam einen Pkw Marke Honda S 2000 Cabrio auf, um ihn zu entwenden. Als sie das Fahrzeug nicht
kurzschließen konnten, beschädigten sie den Pkw mit einer Gerüststange, wodurch rund 20.000,-- DM Sachschaden entstand. Gleiches
unternahmen sie bei einem Pkw Marke Honda Shuttle, wobei ein Schaden von 5.000,-- DM entstand. Danach begaben sich beide zum Autohaus
Bo., wo sie das Verdeck eines Pkw Marke Suzuki Vitara aufschnitten und anschließend einen Schaden von ca. 2.500,-- DM verursachten.
Danach brachen sie einen Pkw Marke Fiat Uno auf, schlossen ihn kurz und fuhren davon, wobei der Angeklagte als Fahrer eine
Blutalkoholkonzentration von 1,83 Promille hatte. Infolge seiner Alkoholisierung fuhr er gegen einen Glascontainer, wodurch am Pkw
Totalschaden eintrat. Anschließend flüchtete er von der Unfallstelle.
14 Der Angeklagte verbüßte zwei Drittel dieser Strafe in der Zeit vom 31.01.2002 bis zum 29.05.2002. Der Strafrest wurde für 2 Jahre zur Bewährung
ausgesetzt und am 06.07.2004 erlassen.
15 2. Am 17.01.2005 verurteilte ihn das Amtsgericht L. – 4 Ds 9 Js 12377/04 – wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Fahren ohne
Fahrerlaubnis und mit Führen eines nicht zugelassenen, nicht versteuerten und nicht versicherten Fahrzeugs zu 4 Monaten Freiheitsstrafe mit
Bewährung.
16 Nach den Feststellungen des Urteils fuhr der Angeklagte am 08.08.2004 gegen 01.20 Uhr ohne Fahrerlaubnis mit einem nicht zugelassenen,
nicht versteuerten und nicht versicherten Pkw Marke Mercedes auf der Flugplatzstraße in L., nachdem er zuvor das Kennzeichen eines anderen
Pkw an dem Mercedes angebracht hatte.
17 Der Angeklagte hatte in Deutschland noch nie eine Fahrerlaubnis erlangt. Am 26.11.2003 verfügte das Landratsamt E. die unanfechtbare
Versagung der Fahrerlaubnis. Im Frühjahr 2005 begab sich der Angeklagte nach Tschechien, wo er unter nicht näher geklärten Umständen in
den Besitz einer tschechischen Fahrerlaubnis für Pkw gelangte; der entsprechende Führerschein wurde am 07.04.2005 in Kralovice/Tschechien
unter der Listen-Nr. 0000, Serien-Nr. EA 0000, auf den Namen des Angeklagten ausgestellt und ist mit dessen Lichtbild versehen. Am
11.05.2005 wurde der Angeklagte in K. am Steuer eines Pkw Marke Audi angetroffen und zeigte bei seiner Überprüfung diesen tschechischen
Führerschein vor. Durch Verfügung der Staatsanwaltschaft F. vom 31.05.2005 wurde das wegen des Verdachts des Fahrens ohne Fahrerlaubnis
eingeleitete Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da nach der Überprüfung durch die Kriminalpolizei an der Echtheit des
tschechischen Führerscheins keine Bedenken bestünden.
18 III. Infolge der wirksamen Beschränkung der Berufung sind der Schuldspruch und die ihn tragenden tatsächlichen Feststellungen des
Amtsgerichts in Rechtskraft erwachsen, so dass von folgendem Sachverhalt auszugehen war:
19 1. Am 28.10.2004 gegen 02.43 Uhr fuhr der Angeklagte ohne Fahrerlaubnis mit einem Pkw Marke VW-Bus, amtliches Kennzeichen EM-A 5951,
auf der Breisgauallee in H., wobei die um 04.41 Uhr entnommene Blutprobe eine Blutalkoholkonzentration von 1,02 Promille aufwies.
20 2. Am 27.11.2004 gegen 02.51 Uhr fuhr der Angeklagte ohne Fahrerlaubnis mit diesem Pkw auf der Freiburger Straße in K..
21 Damit hat sich der Angeklagte des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in 2 Fällen nach §§ 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG, 53 StGB strafbar
gemacht.
22 IV.Bei der Strafzumessung hat die Kammer zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass er jeweils ein Geständnis abgelegt hat und seine
Taten bedauert. Auch fiel ins Gewicht, dass er mit seinen --- Jahren noch recht jung ist und ersichtlich Schwierigkeiten hatte, nach seiner
Übersiedlung aus Kasachstan in Deutschland Fuß zu fassen.
23 Auf der anderen Seite durfte jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass der Angeklagte bereits mehrfach auch wegen
Straßenverkehrsdelikten vorbestraft ist und die beiden Taten begangen hat, nachdem nur wenige Monate zuvor am 06.07.2004 der Strafrest aus
der Verurteilung vom 14.12.2001 erlassen worden und am 07.08.2004 die Bewährungszeit aus dem Gesamtstrafenbeschluss vom 28.01.2002
abgelaufen war. Auch die Teilverbüßung von 4 Monaten Strafhaft im Frühjahr 2002 hat den Angeklagten ersichtlich nicht nachhaltig beeindruckt.
24 Die Kammer hat alle wesentlichen für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen und ist zu dem
Ergebnis gelangt, dass zur nachhaltigen Einwirkung auf den Angeklagten die Verhängung kurzfristiger Freiheitsstrafen im Sinne des § 47 Abs. 1
StGB unerlässlich ist. Sie hat deshalb für jede der beiden Taten eine Freiheitsstrafe von jeweils 4 Monaten für erforderlich angesehen.
25 Gemäß § 55 StGB musste mit der Freiheitsstrafe von 4 Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts L. vom 17.01.2005 eine nachträgliche
Gesamtstrafe gebildet werden, da die beiden Taten des vorliegenden Verfahrens vor jenem Urteil vom 17.01.2005 begangen worden waren. Die
Kammer hat deshalb unter nochmaliger Würdigung der bereits oben aufgeführten Strafzumessungserwägungen aus diesen 3 Einzelstrafen von
jeweils 4 Monaten unter Erhöhung der Einsatzstrafe von 4 Monaten eine Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten
26 gebildet. Mitberücksichtigt wurde dabei auch, dass die Einleitung eines neuen Ermittlungsverfahrens anlässlich der Tat vom 08.08.2004 den
Angeklagten ersichtlich nicht beeindruckte, so dass er sich am 28.10.2004 – nicht unerheblich alkoholisiert – wiederum ans Steuer setzt. Auch
die verantwortliche Vernehmung und Einleitung eines weiteren Verfahrens setzte keinen Umdenkungsprozess in Gang; völlig unbeeindruckt fuhr
der Angeklagte nur 1 Monat später am 27.11.2004 wieder mit einem Pkw umher.
27 Die Vollstreckung dieser Gesamtfreiheitsstrafe konnte nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden, da dem Angeklagten zur Überzeugung der
Kammer keine günstige Sozialprognose gestellt werden kann. Der jetzt --- Jahre alte Angeklagte ist seit 1998 bereits 6 Mal verurteilt worden,
davon die letzten 3 Mal wegen Straßenverkehrsdelikten und Diebstahls von Kraftfahrzeugen. Bereits im Sommer 2001 wurden
Bewährungsstrafen verhängt, ohne dass sich dadurch das Verhalten des Angeklagten geändert hätte. Auch die Verbüßung einer Teilstrafe von 4
Monaten im Frühjahr 2002 hatte nicht die gewünschte Wirkung. Nachdem der Strafrest aus der Verurteilung vom 14.12.2001 am 06.07.2004
erlassen worden und die Bewährungszeit aus dem Gesamtstrafenbeschluss vom 28.01.2002 am 07.08.2004 abgelaufen war, beging der
Angeklagte schon 1 Tag später am 08.08.2004 die erste Tat, wenige Monate später am 28.10.2004 die zweite Tat und 1 Monat darauf am
27.11.2004 die dritte Tat. Dieser Blick in die strafrechtlich relevante Vergangenheit des Angeklagten zeigt mit aller Deutlichkeit, dass allein die
Verhängung einer Freiheitsstrafe ohne deren Vollstreckung nicht mehr geeignet ist, so nachhaltig auf den Angeklagten einzuwirken, dass er in
Zukunft keine Straftaten mehr begeht. Vielmehr hegt die Kammer die Befürchtung, dass der Angeklagte bei nächster sich bietender Gelegenheit
wiederum eine Straftat im Straßenverkehr begehen wird. Eine Strafaussetzung zur Bewährung war deshalb zur Überzeugung der Kammer
keinesfalls zu vertreten.
28 Der Angeklagte hat sich durch sein Verhalten erneut als zum Führen von Kraftfahrzeugen charakterlich ungeeignet erwiesen, so dass ihm die
zwischenzeitlich erlangte tschechische Fahrerlaubnis für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu entziehen war. Zu einem vergleichbar
gelagerten Fall hat das Verwaltungsgericht München in seinem Beschluss vom 13.01.2005 (NJW 2005, 1818) u.a. folgendes ausgeführt:
29 „Nach der Grundregel des § 28 I 1 FeV dürfen Inhaber einer gültigen EU-Fahrerlaubnis (wie vorliegend der Antragsteller) oder EWR-
Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne von § 7 I oder II FeV in der Bundesrepublik Deutschland haben, grundsätzlich im
Umfang der erteilten Fahrerlaubnis Kraftfahrzeuge im Inland führen. (…)
30 § 28 I 1 FeV setzt Art. 1 II der Richtlinie 91/439/EWG in nationales Recht um. Nach dieser gemeinschaftsrechtlichen Regelung, die trotz ihres
formalen Richtliniencharakters die Voraussetzungen der so genannten unmittelbaren Wirkung erfüllt, sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die von
den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine gegenseitig anzuerkennen. Auf Grund von Art. 1 II der Richtlinie 91/439/EWG in der derzeit
gültigen Fassung und auf Grund § 28 I FeV sind die Inhaber einer gültigen EU- bzw. EWR-Fahrerlaubnis mit Wohnsitz im Inland daher ohne
weiteres befugt, im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der Berechtigung des ausländischen Führerscheins bzw. der
ausländischen Fahrerlaubnis Kraftfahrzeuge zu führen. Es bedarf auch keiner förmlichen Umschreibung des EU- bzw. EWR-Führerscheins, weil
die Inhaber von in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Fahrerlaubnissen allein auf Grund der Innehabung der EU- bzw. EWR-
Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen in den anderen Mitgliedstaaten berechtigt sind (vgl. VGH Mannheim NJW 2004, 3058 = DAR
2004, 606; VG Karlsruhe NJW 2005, 460 L).
31 Die grundsätzliche Berechtigung nach § 28 I 1 FeV steht aber unter dem ausdrücklichen Vorbehalt von Einschränkungen nach § 28 II-IV FeV.
32 Nach § 28 IV Nr. 3 FeV gilt die Berechtigung des § 28 I FeV, im Umfang der ausländischen Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland zu führen, nicht
für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort
vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, denen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist
oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben.“
33 Im vorliegenden Fall hat die Führerscheinstelle des Landratsamtes E. am 26.11.2003 die unanfechtbare Versagung der Fahrerlaubnis verfügt.
Damit berechtigte die tschechische Fahrerlaubnis den Angeklagten nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen auf dem Gebiet der Bundesrepublik
Deutschland.
34 Im Hinblick auf den Umstand, dass früher schon mehrfach Sperrfristen gegen den Angeklagten verhängt worden waren und unter
Berücksichtigung der zwischenzeitlich verstrichenen Zeit hielt es die Kammer für ausreichend und vertretbar, nunmehr gemäß § 69 a Abs. 1 Satz
1 StGB die Mindestsperrfrist von 6 Monaten festzusetzen.
35 V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 StPO.
36 Das Urteil der Berufungsinstanz ist am 16. Dezember 2005 rechtskräftig geworden, nachdem die Revision des Angeklagten durch Beschluss des
OLG Karlsruhe vom 15. Dezember 2005 verworfen wurde.