Urteil des LG Frankfurt am Main vom 17.02.2009

LG Frankfurt: wohnfläche, widerklage, mietvertrag, rückzahlung, kaution, berufungskläger, vermieter, mangel, rechtshängigkeit, wohnungsbau

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Gericht:
LG Frankfurt 17.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2/17 S 102/08, 2-
17 S 102/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 535 BGB, § 812 BGB, § 42
BVO 2, § 43 BVO 2
Wohnraummiete: Behandlung von Treppenpodesten bei
der Wohnflächenberechnung
Tenor
Das Urteil des Amtsgerichts Königstein i. Ts. Vom 04.07.2008, Az.: 24
C 1156/06-12, wird abgeändert:
Die Beklagten werden verurteilt als Gesamtschuldner
1. an die Kläger 5.990,20 Euro nebst Zinsen i. H. v. 5%punkten über
dem jeweils geltenden Basiszinssatz aus 3.493,23 Euro ab dem
29.07.06 und aus weiteren 2.109,– Euro ab dem 01.06.07 sowie aus
weiteren 387,97 Euro ab dem 08.09.07 zu zahlen.
2. die Nebenkostenabrechnung für den Abrechnungszeitraum vom
01.01.2004 bis 31.12.2004, 01.01.2005 bis 31.01.2005 und vom
01.01.06 bis zum 30.11.06 unter Zugrundelegung einer Wohnfläche
von 74 m² neu zu erteilen.
Im Übrigen werden die weitergehende Klage und die Widerklage
abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger 5 % und die
Beklagten 95% zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für die I. Instanz wird auf 8.734,51 Euro
und derjenige für die Berufungsinstanz auf 8.484,51 Euro
festgesetzt.
Gründe
I.
Die Kläger/Widerbeklagten/Berufungsbeklagten waren Mieter, die
Beklagten/Widerkläger/Berufungskläger waren Vermieter der
Dachgeschosswohnung im ... in .... Das Mietverhältnis bestand 40 Monate lang,
vom 01.08.2003 bis zum 30.11.2006.
Bezüglich des Wohnraummietvertrages wird auf Bl. 6 ff. d. A. verwiesen. Dieser
enthält zur Fläche der Wohnung die Angabe "Ca. Quadratmeter: 84,62". Die
Vermieter, vorliegend die Beklagten, orientierten sich bei der Angabe der
Wohnungsfläche im streitgegenständlichen Mietvertrag an der Wohn- und
Nutzflächenberechnung des Architekturbüros ... (Bl. 28 d. A.). Diese
Wohnflächenberechnung bezieht das vor der Wohnungstür gelegene Podest als
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Wohnflächenberechnung bezieht das vor der Wohnungstür gelegene Podest als
"Diele II" (2,17 m² + 0.90 m² = 3,07 m²) ein. Der vereinbarte Bruttomietzins betrug
805,– Euro, der Nettomietzins 703,– Euro und der Betrag der Vorauszahlungen für
die Nebenkosten betrug 102,– Euro. Die Kläger leisteten eine Kaution i. H. v.
2.109,– Euro an die Beklagten.
Die Kläger ließen am 12.06.2006 durch den Sachverständigen ...z eine
Wohnflächenberechnung durchführen. Deren Ergebnis war die Feststellung, dass
die Wohnung 72,94 m² beträgt. Danach war die Wohnfläche gegenüber der Angabe
im Mietvertrag um 11,68 m² kleiner, dies entspricht einer Differenz von 13,8 %. Die
Kläger forderten daraufhin die Beklagten mit Schreiben vom 12.07.2006 auf, ihnen
den Betrag von 3.493,23 Euro für die Zeit vom 01.08.2003 bis 01.07.2006 zurück
zu zahlen bis zum 28.07.2006. Ferner erklärten sie, ab Juni 2006 den Mietzins in
vertraglich vereinbarter Höhe nur noch unter Vorbehalt zu zahlen.
Die Kläger begehren daher mit der Klage wegen der Flächendifferenz zu ihren
Lasten die Rückerstattung gezahlter Mietzinsen bezogen auf die gesamte Mietzeit
i. H. v. 3.881,20 Euro (= 40 x 97,03 = 13.8% vom monatlichen Nettomietzins i. H.
v. 703,– Euro = 3.493,23 + 387,97) und die Rückzahlung des Kautionsbetrages i.
H. v. 2.109,– Euro.
Ferner begehren sie von den Beklagten die Neuberechnung der Nebenkosten für
die Jahre 2003, 2004, 2005, 2006 und 2007. Sie verweisen insoweit auf ihr
Schreiben vom 14.12.2005 (Bl. 123 f. d. A.), in dem die Abweichung der
Wohnungsgröße bemängelt wurde.
Darüber hinaus machen sie vorgerichtlich angefallene Anwaltskosten als
Schadensersatz geltend.
Die Kläger haben in erster Instanz beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,
1. an die Kläger 5.990,20 Euro nebst 5% Zinsen über dem jeweils geltenden
Basiszinssatz seit dem 29.07.2006 aus 3.493,23 Euro, seit dem 01.06.2007 aus
2.109,– Euro und seit dem 08.09.2007 aus 387,97 Euro, sowie die vorgerichtlichen
Rechtsanwaltskosten in Höhe von brutto 359,50 Euro nebst 5% Zinsen über dem
jeweiligen Basiszinssatz seit 08.09.2007 zu zahlen.
2. die Nebenkostenabrechnungen für die Abrechnungszeiträume 01.08.2003
bis 31.12.2003, 01.01.2004 bis 31.12.2004 und 01.01.2005 bis 31.12.2005 unter
Berücksichtigung einer tatsächlichen Wohnfläche von 72,94 qm neu zu erteilen
und die Wohnfläche von 72,94 qm den Nebenkostenabrechnungen für die
Abrechnungszeiträume 01.01.2006 bis 31.12.2006 und 01.01.2007 bis 30.11.2007
zugrunde zu legen.
Die Beklagten beantragten,
die Klage abzuweisen
und widerklagend,
die Kläger zu verurteilen, an die Beklagten 1.494,31 Euro nebst Zinsen i. H. v.
5 Prozentpunkten hieraus ab dem 15.05.2007 zu zahlen.
Sie sind der Auffassung, dass die Parteien keine verbindliche Wohnungsgröße
vereinbart haben. Bereits der Wortlaut der Vereinbarung "Ca." spreche dagegen,
vielmehr handele es sich bei der Angabe im Wohnungsmietvertrag lediglich um
eine bloße Objektbeschreibung. Im Übrigen liege, selbst wenn man eine
verbindliche Vereinbarung der im Mietvertrag angegebenen Wohnungsgröße
unterstelle, keine erhebliche Flächenabweichung vor, da bei der Berechnung der
relevanten Mietwohnungsfläche die Fläche des vor der Wohnungstür befindlichen
Treppenpodestes (3,08 m²) einzubeziehen sei. Dieses Treppenpodest sei von den
Klägern auch genutzt worden. Demnach liege auch kein erheblicher Mangel i. S. d.
§ 536 BGB vor, der einen bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruch
begründet. Schließlich erheben die Beklagten den Einwand der Entreicherung
gemäß § 818 Abs. 3 BGB.
Gegenüber dem Kautionsrückzahlungsanspruch machen die Beklagten
Schadensersatzansprüche i. H. v. insgesamt 3.271,31 Euro wegen Schäden im
Kinder- und Wohnzimmer nebst Materialkosten für Laminat i. H. v. 1.250,– Euro
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Kinder- und Wohnzimmer nebst Materialkosten für Laminat i. H. v. 1.250,– Euro
geltend. Es handelt sich hierbei um Schäden aus einem Schadensvorfall vom
5.8.2006. Ferner wegen Beschädigung der Pfosten am Handlauf im Treppenhaus
anlässlich des Auszugs der Kläger am 30.11.2006 durch diese bzw. deren Helfer i.
H. v. 332,– Euro. Bezüglich der letztgenannten Schäden beziehen sie sich u. a. auf
das Übergabeprotokoll vom 30.11.2006 (Bl. 218 f. d. A.).
Mit dem Betrag, der den Kautionsbetrag von 2.109,– Euro abzüglich des von der
Versicherung der Kläger für den Schadensvorfall im August gezahlten Betrages
von 1.250,– Euro übersteigt, haben die Beklagten eine Klage vor dem Amtsgericht
Az. 25 C 942/07 (12) angestrengt, die vorliegend als Widerklage i. H. v. 1.494,31
Euro geltend gemacht wird.
Die Kläger beantragen,
die Widerklage abzuweisen.
Sie sind insoweit der Auffassung, dass die Beklagten bezüglich des
Schadensvorfalls vom 5.8.2006 mit der Geltendmachung weiterer
Schadensersatzansprüche ausgeschlossen sind, da sie insoweit eine Vergleichs-
und Abfindungserklärung gegenüber dem Schadensregulierer der Kläger
abgegeben haben, in dem ein Schadensersatzanspruch gegenüber Dritten
ausgeschlossen wurde. Bezüglich des Inhalts dieser Vergleichs- und
Abfindungserklärung wird auf Bl. 233 d. A. verwiesen.
Die Kläger bestreiten, den Schaden am Handlauf des Treppenhauses verursacht
zu haben, und bestreiten auch dessen Höhe; sie verweisen darauf, dass sie bereits
in dem Übergabeprotokoll vom 30.11.2006 vermerkt haben, dass diese
Beschädigungen "möglich, oder durch andere Personen im Hause möglich, auch
kürzlich möglich" (Bl. 219 d. A.) gewesen seien.
Das Amtsgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens, mit
dessen Erstellung der Sachverständige ... beauftragt wurde. In seinem Gutachten
vom 6.2.2008 kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die Fläche der
streitgegenständlichen Wohnung 74 m² beträgt. Demnach liegt eine Abweichung
gegenüber der im Wohnraummietvertrag aufgeführten Fläche von 10,62 m² vor
zum Nachteil der Kläger, dies entsprich einer Abweichung von 12,55 %. Bezüglich
des Gutachtens und der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen vom
28.04.2008 wird auf die Bl. 260 ff. und 283 ff. d. A. verwiesen
Das Amtsgericht
Kläger 5.990,20 Euro nebst Zinsen i. H. v. 5%punkten über dem jeweils geltenden
Basiszinssatz seit dem 29.07.2006 aus 3.493,23, seit dem 01.06.2007 aus 2.109,–
Euro und aus 387,97 Euro seit Rechtshängigkeit sowie die vorgerichtlichen
Rechtsanwaltsgebühren i. H. v. brutto 359,50 Euro nebst Zinsen i. H. v. 5%punkten
hieraus über den jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Ferner wurden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, die
Nebenkostenabrechnungen für die Abrechnungszeiträume 01.01.2004 bis
31.12.2004 und 01.01.2005 bis 31.12.2005 unter Berücksichtigung einer
tatsächlichen Wohnfläche von 74 qm neu zu erteilen und die Wohnfläche von 74
m² den Nebenkostenabrechnungen für die Abrechnungszeiträume 01.01.2006 bis
31.12.2006 und 01.01.2007 bis 30.11.2007 zugrunde zu legen.
Im Übrigen wurden die Klage und die Widerklage insgesamt abgewiesen.
Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten/Widerkläger und
Berufungskläger.
Sie sind der Auffassung, das Amtsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die
Parteien verbindlich eine bestimmte Wohnungsgröße vereinbart haben. Sie halten
an ihrer Auffassung fest, dass bereits der Wortlaut im Wohnraummietvertrag, bei
dem der Hinweis "Ca." aufgeführt ist, gegen eine Vereinbarung einer bestimmten
m²-Fläche spreche. Vielmehr handele es sich lediglich um eine bloße
Objektbeschreibung. Die Beklagten berufen sich insoweit auf die Entscheidung des
Landgerichts Krefeld (NZM 2008, 800 f.). Im Übrigen halten sie ebenfalls weiterhin
an ihrer Auffassung fest, dass keine erhebliche Flächenabweichung vorliege, denn
bei der Berechnung der relevanten Mietwohnungsfläche sei die Fläche des vor der
Wohnungstür befindlichen Treppenpodestes (3,08 m²) nicht berücksichtigt worden.
Demnach liege auch kein erheblicher Mangel i. S. d. § 536 BGB vor, der einen
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Demnach liege auch kein erheblicher Mangel i. S. d. § 536 BGB vor, der einen
bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruch begründet.
Die Beklagten/Widerkläger/Berufungskläger
beantragen,
das Urteil des Amtsgerichts Königstein vom 04.07.2008, Az.: 24 C 1156/06
(12) abzuändern
und
1. die Klage abzuweisen,
2. die Kläger und Widerbeklagten zu verurteilen, an die Beklagten und
Widerkläger Euro 1.494,31 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
jeweiligen Basiszinssatz seit 15.5.07 zu zahlen.
Die Kläger/Widerbeklagten/Berufungsbeklagten
beantragen,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Kläger halten das Urteil des Amtsgerichts in tatsächlicher und rechtlicher
Hinsicht für fehlerfrei. Sie halten insbesondere an ihrer Auffassung bezüglich der
Berechnung der Wohnfläche fest.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nur zum geringen Teil begründet, insoweit
war das Urteil des Amtsgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen. Im Übrigen
war die Berufung unbegründet und zurückzuweisen und die Widerklage
abzuweisen.
Die Berufung war erfolgreich soweit die Beklagten verurteilt wurden über den
30.11.06 hinaus und für das Jahr 2007, der Nebenkostenabrechnung eine
Wohnungsfläche von 74 m² zugrunde zu legen.
Denn ab dem 01.12.2006 und für das Jahr 2007 steht den Klägern kein Anspruch
zu, da das Mietverhältnis zum 30.11.2006 beendet worden ist.
Die Berufung war auch hinsichtlich der von den Klägern geltend gemachten
vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren erfolgreich. Denn die Kläger haben ihren
Schadensersatzanspruch nicht substantiiert dargelegt. Aus dem Klagevortrag ist
nicht zu ersehen, dass den Klägern eine ordnungsgemäße Rechnung über diese
Kosten übermittelt wurde und die Kläger die in Rechnung gestellten Kosten auch
beglichen haben, sie insoweit also einen Schaden erlitten haben. Andernfalls waren
sie gehalten diese Kosten im Wege eines Freistellungsantrages geltend zu
machen.
Die Berufung der Beklagten war jedoch zurückzuweisen, soweit sich diese gegen
die Verurteilung zur Rückzahlung von Mietzinsen wegen der Flächendifferenz des
Wohnraumes richtet und soweit sie weiterhin meinen, insoweit
Schadensersatzansprüche gelten machen zu können, mit denen sie die Kaution
verrechnen und den überschießenden Betrag im Wege der Widerklage geltend
machen.
Den Klägern steht gegenüber den Beklagten als Gesamtschuldnern ein
Rückzahlungsanspruch (§ 812 BGB) im Umfange der Klage nebst Zinsen als
Verzugsschaden zu.
Weist eine Mietwohnung eine tatsächliche Wohnfläche auf, die 10% unter der im
Mietvertrag angegebenen Fläche liegt, stellt dieser Umstand einen Mangel der
Mietsache i. S. d. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB dar, der zu einem
Rückforderungsanspruch des Mieters bezüglich der bereits überzahlten Mietzinsen
gemäß § 812 Abs. 1 BGB führt. Insoweit bedarf es keiner Darlegung seitens des
Mieters, dass aufgrund der Flächendifferenz zu seinen Lasten die Tauglichkeit der
Wohnung für den vertragsgemäßen Gebrauch gemindert ist. Vielmehr spricht bei
einem erheblichen Flächenmangel die tatsächliche Vermutung für eine
Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit (BGH, NZM 04, 453 f.; 454 ff.; 456;
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Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit (BGH, NZM 04, 453 f.; 454 ff.; 456;
NZM 07, 595 sowie abweichend LG Krefeld NZM 08, 800 ff.). Zwar mag es sein,
dass für den Mieter in erster Linie der bei einer Besichtigung gewonnene Eindruck
von der Wohnung, ihrem Zuschnitt und der Zimmeraufteilung maßgeblich ist.
Jedoch kommt der Wohnungsgröße, demnach der Wohnfläche, eine wesentliche
Bedeutung zu, da diese in aller Regel den Vergleichmaßstab für die Entscheidung
des Mieters bildet, sowohl im Hinblick auf die Anmietung als auch für die
Betriebskostenverteilung (BGH, a. a. O.). Eine Abweichung im Flächenmaß soll
nach der Rechtsprechung des BGH jedoch nur dann als erheblich anzusehen sein,
wenn die tatsächliche Fläche um mehr als 10% hinter der vertraglich vereinbarten
Größe zurückbleibt (BGH, a. a. O.). Hierbei kommt "ca"-Angaben bei der
Wohnflächenangabe im Mietvertrag keine Bedeutung zu, insoweit soll keine
Maßtoleranz gelten (BGH, NZM 04, 456).
Zwar fehlt für den frei finanzierten Wohnungsbau eine verbindliche Regelung des
Begriffs Wohnraum und der Berechnung der entsprechenden Wohnraumfläche,
daher ist grundsätzlich die zwischen den Parteien vereinbarte
Berechnungsmethode maßgeblich. Mangels einer Vereinbarung kann auf die
ortsübliche Berechnungsmethode zurückgegriffen werden. Fehlen jedoch derartige
Anhaltspunkte für eine Berechnungsmethode, ist für Mietverträge vor dem
01.01.2004 die II. Berechnungsverordnung, die für den preisgebundenen
Wohnungsmarkt entwickelt wurde, grundsätzlich auch im frei finanzierten
Wohnungsbau anzuwenden, da auch in diesem Bereich ein erhebliches Interesse
an einem allgemein anerkannten Berechnungsmaßstab besteht (BGH, NZM 2007,
595 ff., 596).
Nach den Ausführungen des Sachverständigen ... ist vorliegend die II.
Berechnungsverordnung (II. BV) "ortsüblich", da ein Mietvertrag aus dem Jahre
2003 streitgegenständlich ist. Andernfalls wäre die II. BV als stillschweigend
vereinbart anzusehen.
Die II. BV als Berechnungsmaßstab zugrundegelegt, kommt es vorliegend
maßgeblich darauf an, ob das vor der Wohnungstür befindliche Treppenpodest in
die Berechnung der Wohnungsfläche einzubeziehen ist oder unbeachtlich bleibt.
Nach der Konzeption der II. BV wird die Wohnfläche einer Wohnung gemäß § 42
Abs. 1 definiert als "die Summe der anrechenbaren Grundflächen der Räume, die
ausschließlich zur Wohnung gehören". Ferner ist in § 42 Abs. 4 II. BV bestimmt,
dass zur Wohnfläche u. a. "Abstellräume außerhalb der Wohnung " nicht gehören.
Zudem ist in § 43 Abs 4 Ziffer 2 II. BV geregelt, dass Grundflächen von "Treppen
mit über drei Steigungen und deren Treppenabsätze" abzuziehen sind.
Die Kammer schließt aus diesen Bestimmungen der II. BV und in Anlehnung an die
Darlegungen bei Heix (Wohnflächenberechnung, 3. Aufl., S. 172 f.), dass
Treppenpodeste bei der Wohnflächenberechnung außer Ansatz bleiben. Sie
gehören als Flächen außerhalb der Wohnung, deren Räume mit der Wohnungstür
enden, nicht zur Wohnfläche. Dass sie eventuell genutzt werden, ist bei der
Wohnflächenberechnung unbeachtlich. Daher hat der Sachverständige ... die
Wohnungsfläche zutreffend mit 74 m² berechnet.
Diese Berechnung zu Grunde gelegt, liegt eine Abweichung gegenüber der Angabe
im Mietvertrag von 10,62 m² vor, dies entspricht einer Abweichung von 12,55 %,
wobei die Angabe "Ca" – wie oben ausgeführt – nach der von der Kammer geteilten
Auffassung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unbeachtlich ist.
Demzufolge steht den Beklagten in dieser Höhe ein Minderungsrecht bezogen auf
die Bruttomiete von 805,– Euro zu, demnach monatlich i. H. v. 101,03 Euro. Da die
Kläger nur eine Rückzahlung i. H. v. 97,03 Euro monatlich geltend machen, steht
ihnen die geltend gemachte Klageforderung i. H. v. 3.881,20 Euro zu.
Die Berufung der Beklagten war auch zurückzuweisen, soweit diese sich gegen die
Verurteilung zur Rückzahlung der Kaution wenden.
Den Beklagten steht kein Schadensersatzanspruch gegenüber den Klägern zu.
Denn soweit es sich um den Schadensvorfall vom 5.8.2006 handelt, sind die
Beklagten durch die abgeschlossene Vergleichs- und Abfindungserklärung
gehindert, weitere Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Die dort
getroffene Vereinbarung ist endgültig und schließt die Geltendmachung weiterer
Schadensersatzansprüche aus. Die Vereinbarung ist nicht wegen Verstoßes gegen
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Schadensersatzansprüche aus. Die Vereinbarung ist nicht wegen Verstoßes gegen
das Haustürwiderrufsgesetz unwirksam. Denn wie das Amtsgericht zutreffend
ausgeführt hat, liegt kein Haustürgeschäft vor. Wie die Beklagten selbst
vorgetragen haben, hat der Sachverständige seinen Besuch vorher telefonisch
angekündigt, und es wurde ein Ortstermin vereinbart. Demnach fehlt es an einer
typischen Überrumpelungssituation. Zudem wurden, wie die Beklagten ebenfalls
selbst vortragen, die gesamten Schäden besprochen.
Soweit die Beklagten Schäden wegen der Beschädigung des Handlaufs geltend
machen, ist ihr diesbezüglicher Vortrag unsubstantiiert. Denn die Beklagten haben
nicht ausreichend vorgetragen, dass der Handlauf vor dem Auszug unbeschädigt
war. Eine Beweisaufnahme käme einem Ausforschungsbeweis gleich.
Da den Beklagten kein Schadensersatzanspruch und auch keine sonstigen
Ansprüche aus dem Mietverhältnis zustehen, können sie keine Verrechnung mit
dem von den Klägern erbrachten Kautionsbetrag vornehmen. Daher hat das
Amtsgericht den Klägern zu Recht auch den Betrag der Kaution, die
Klageforderung in Höhe von 2.109,– Euro, zugesprochen, nachdem sie bereits zum
30.11.06 ausgezogen sind.
Die Berufung der Beklagten war auch zurückzuweisen, soweit sie weiterhin die
Verurteilung der Kläger im Wege der Widerklage anstreben. Denn mangels eines
Schadensersatzanspruches der Beklagten war deren Widerklage vom Amtsgericht
zu Recht abgewiesen worden.
Ferner war die Berufung zurückzuweisen, soweit die Beklagten verurteilt wurden,
die Nebenkostenabrechnungen für die Abrechnungszeiträume 2004, 2005 und bei
2006 bis zum 30.11. dieses Jahres neu zu erteilen und dabei die Wohnfläche von
74 m² zugrunde zu legen. Denn die Kläger haben bereits mit Schreiben vom
14.12.05 die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2004 im Hinblick auf die
unzutreffende Wohnungsgröße gerügt worden und gleiches wurde für die
Nebenkostenabrechnung 2005 angemahnt. Demnach liegen Einwendungen der
Kläger vor, die fristgemäß i. S. d. § 556 Abs. 3, Satz 5 BGB vorgebracht wurden.
Im Übrigen wären die Kläger – als Mieter – gemäß § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB mit
ihren Einwendungen nur ausgeschlossen, soweit es sich um eine dem Grund und
den Kosten nach zulässige Abrechnung handelt, die aus sich selbst oder unschwer
durch Kontrolle der Belege überprüft werden kann. Soweit es sich jedoch um
Ansätze handelt, auf die der Vermieter keinerlei Anspruch hat, soll sich der Mieter,
vorliegend die Kläger, unabhängig von der Ausschlussfrist wehren können
(Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Aufl. – § 556 – Rdnr. 498 ff., 505).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 Abs. 1, 1 Satz ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in
§§ 708 Nr. 10; 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da der Rechtsstreit keine grundsätzliche
Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§
543 Abs. 2 ZPO).
Der Streitwert für die I. Instanz i. H. v. 8.734,51 Euro setzt sich zusammen aus den
Teilstreitwerten für die Rückforderung überzahlter Mietzinsen i. H. v. 3.881,20 Euro
(40 x 97,03 = 3.493,23 + 387,97), zuzüglich des Betrages für die Rückzahlung des
Kautionsbetrages i. H. v. 2.109,– Euro und zuzüglich des Gesamtbetrages i. H. v.
1.250,– Euro für die Neuberechnungen der Nebenkostenabrechnung für die Jahre
2003, 2004, 2005, 2006 und 2007, die das Gericht mit jeweils 250,– Euro Streitwert
gemäß § 3 ZPO festsetzt, sowie dem Streitwert für die Widerklage..
Der Streitwert für die Berufungsinstanz i. H. v. 8.484,51 Euro setzt sich aus den
Teilstreitwerten – wie für die I. Instanz ausgeführt – zusammen, abzüglich 250,–
Euro betreffend die Nebenkostenabrechnung 2003, die in der Berufungsinstanz
nicht mehr Streitgegenstand war.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.
die obersten Bundesgerichte erfolgt.