Urteil des LG Frankfurt am Main vom 15.03.2017

LG Frankfurt: sperre, anspruch auf rechtliches gehör, nominierung, sportler, satzung, in dubio pro reo, ausschluss, presseerklärung, aussetzung, gespräch

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Gericht:
LG Frankfurt 3.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2-03 O 614/08,
2/03 O 614/08, 2-3
O 614/08, 2/3 O
614/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 280 Abs 1 BGB, § 823 Abs 1
BGB
Feststellungs- und Leistungsanspruch eines
Spitzensportlers: (Un-)Rechtmäßigkeit der
Nichtnominierung für Sportwettkämpfe bzw. einer
fünfmonatigen Sperre
Leitsatz
1. Zum Anspruch eines Spitzensportlers auf Feststellung der Rechtswidrigkeit einer
unterbliebenen Normierung für einen Sportwettkampf und der Verhängung einer
Vereinsstrafe nach Beendigung der sportlichen Karriere.
2. Der befristete Ausschluss aus der Nationalmannschaft (5 Monate) wegen
vereinsschädigenden Verhaltens (öffentliche Kritik an einer Normierung verbunden mit
der Erklärung, nur zusammen mit bestimmten Sportlern bei einem Wettkampf
anzutreten) hält einer Überprüfung auf Billigkeit stand.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden
Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit der Nichtnominierung des Klägers bei
einer Bahnradweltmeisterschaft, einer in der Folge gegen den Kläger verhängten
Sperre sowie weiterer Nichtnominierungen nach der Sperre. Außerdem besteht
Streit über Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderungen.
Der Kläger war einer der erfolgreichsten deutschen Profi-Radsportler. Er hat dafür
mehrfach Auszeichnungen erhalten. Bis Ende 2005 war er Mitglied des Beklagten.
Der Beklagte ist der Dachverband der Radsport-Landesverbände und deren
Radsportvereine sowie seiner Einzelmitglieder. Er vertritt national und international
die Interessen des deutschen Leistungs- und Freizeitradsports. Ihm obliegt die
Genehmigung und Beaufsichtigung aller Veranstaltungen sowie der sportlichen
Betätigung seiner Mitglieder (Lizenzvergabe). Er ist Mitglied im
Weltradsportverband UCI und in deren Unterorganen sowie im europäischen
Radsportverband UEC.
Die Rechte und Pflichten des Beklagten und seiner Mitglieder sind in der B.-
Satzung, wegen der auf Anlage K 1 verwiesen wird, sowie in der Sportordnung
(auszugsweise wiedergegeben in den Anlagen A 15, B 10, B 29, B 33, B 34)
geregelt.
Die Auseinandersetzungen der Parteien resultieren aus
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Die Auseinandersetzungen der Parteien resultieren aus
Nominierungsentscheidungen des Beklagten für die Disziplinen der Einer- und
Mannschaftsverfolgung (Ausdauer) bei der Bahnrad-Weltmeisterschaft 2003, die
vom 31.07. bis 03.08.2003 in Stuttgart stattfand. Die WM war Anfang Mai 2003
wegen des Ausbruches der Krankheit SARS von China nach Deutschland verlegt
worden.
Bis zur endgültigen Nominierung eines Sportlers werden mehrere Schritte
durchlaufen. In der Saisonvorbereitungsphase erfolgt zunächst die Zuteilung zum
A-, B- und C-Kader der Nationalmannschaft. Im Verlauf der Vorbereitung werden
Sportler für einen internationalen Wettkampf (WM, Weltcup, Olympia) bestimmt
(„Mannschaftskader“). Aus dem „Mannschaftskader“ werden dann Sportler für die
einzelnen Wettkampfdisziplinen für den „Wettkampfkader“ ausgewählt. Kurz vor
dem Wettbewerb entscheiden die sportlich Verantwortlichen schließlich über den
tatsächlichen „Startkader“. Die Zahl der Sportler im Wettkampfkader übersteigt
regelmäßig die Anzahl der Startplätze. Lediglich in der Mannschaftsverfolgung im
Bahnradvierer umfasst der Startkader sechs Fahrer und entspricht damit dem
Wettkampfkader. Die Fahrer kommen hier auf Grund der starken Belastung
wechselnd zum Einsatz.
Der Auswahl des Mannschaftskaders liegen regelmäßig Nominierungskriterien
zugrunde. Für die WM in Stuttgart waren dies die Nominierungskriterien 2003 (vgl.
Anlage B 5), die am 11.04.2003 ausgegeben wurden. Diese sahen drei Kriterien
vor: eine Normzeit in der 4000m-Einerverfolgung bis zum 01.06.2003 von 4:25,00
min, eine Platzierung bei den Deutschen Meisterschaften unter den ersten Drei
bzw. ein positives Trainerurteil. Laut Kriterienkatalog sollte der Bundestrainer
entscheiden, wenn mehrere Athleten die Qualifikationskriterien erfüllten. Die
Nominierungskriterien waren an die Landesverbände und die dortigen Trainer
gerichtet. Sie sollten Trainern und Sportlern eine Richtlinie geben und
Leistungsanreize setzen.
Bei der Auswahl für den Wettkampf- und Startkader spielen die
Nominierungskriterien grundsätzlich keine Rolle mehr. Die Auswahl unterliegt nach
Abstimmung mit dem Sportdirektor allein dem Verantwortungsbereich des
zuständigen Trainers. Dieser entscheidet auf Grund aktueller Erkenntnisse in der
Wettkampfvorbereitung, welcher Sportler den konkreten Anforderungen am besten
entspricht.
In den (vorläufigen) Mannschaftskader der WM 2003 wurden am 11.06.2003 16
männliche und sechs weibliche Athleten aufgenommen (Anlage B 3). Dazu zählten
u.a. der Kläger sowie B.
Der Kläger hatte die formalen Nominierungskriterien erfüllt. Er hatte bei den
Deutschen Meisterschaften im X den 2. Platz belegt und in dem vorgegebenen
Zeitraum eine Zeit von 4:23,915 min erreicht. Der Kläger nahm auch an den WM-
Vorbereitungen des Beklagten in vollem Umfang teil. Er war zu diesem Zeitpunkt
keinem Profi-Rennstall angeschlossen, nachdem sich sein früherer Arbeitgeber,
der G., Ende 2002 aus finanziellen Gründen aus dem Radsport zurückziehen
musste. Nachdem er kurze Zeit arbeitslos war, schloss er sich dem Amateur-
Rennstall S. an, für den er bereits im Jahr 2000 gefahren war. Dort wurde er vom
Olympiastützpunkttrainer L. betreut und konnte sich durch die Förderung des
Beklagten auf die Bahnrad-WM vorbereiten.
B. hingegen hatte die Nominierungskriterien nicht erfüllt. An den
Nominierungswettkämpfen und den Deutschen Meisterschaften hatte er nicht
teilgenommen. Nach eigenen Angaben hatte er von seinem Arbeitgeber, dem
Straßenrennteam R., wegen der Vorbereitungen auf den Giro d'Italia und die Tour
de France keine Freistellung erhalten. Zu beiden Wettkämpfen wurde B. im Jahr
2003 von seinem Arbeitgeber nicht mitgenommen. Für B. war in dem
Nominierungsvorschlag vom 11.06.2003 folgende Sonderregelung vorgesehen:
„Der Sportler B. erhält die Möglichkeit, bei einer Überprüfung sich für die WM zu
qualifizieren.“
Für ihn wurde eigens zur Erfüllung der Nominierungskriterien ein Test angesetzt, in
dem er seine Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen sollte. In dem Sondertest am
30.06.2003 verfehlte B. das Zeitlimit des Kriterienkatalogs mit 4:25,554 min. In der
Zeit zwischen seinem Olympiasieg in X (vor dem Kläger) und der WM 2003 hatte
B., eigentlich Straßenprofi, an keinem Einzelverfolgungswettrennen auf der Bahn
teilgenommen. Er war in die WM-Vorbereitungen der Bahnradnationalmannschaft
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teilgenommen. Er war in die WM-Vorbereitungen der Bahnradnationalmannschaft
zu großen Teilen nicht eingebunden und stieß erstmals eine Woche vor der WM,
vom 23.07. bis zum 27.07.2003, zum Training der Mannschaft hinzu. Dort
absolvierte er ein anderes Trainingsprogramm als der Rest der Mannschaft (vgl.
Anlage B4).
Der ebenfalls nominierte B. hatte trotz Teilnahme an der Tour de France die
Nominierungskriterien erfüllt und bei den deutschen Meisterschaften im Mai 2003
die Einerverfolgung vor dem Kläger gewonnen. Ferner wurde B. nominiert, der
ebenfalls die Zeitvorgaben nicht erfüllt hatte, weil er als „junges Talent“ galt und
2002 eine schwere Sturzverletzung erlitten hatte. F., der die Kriterien ebenfalls
nicht erfüllt hatte, wurde als bester Anfahrer in der Mannschaftsverfolgung
nominiert, nachdem er sich wegen der Teilnahme am Weltcup nicht ausreichend
auf die Deutschen Meisterschaften hatte vorbereiten können. S. hatte die
Zeitvorgaben erfüllt.
Am 01.07.2003 bestimmte der Beklagte den endgültigen WM-Mannschaftskader,
dem u.a. der Kläger, B., B., B., F. und S. angehörten. Bis zu seiner
Nichtberücksichtigung bei der Startkadernominierung für die Einerverfolgung hatte
der Kläger keine Einwände gegen die Mannschaftskader-Nominierung.
Am 20.07.2003 meldete der Beklagte den Kläger zusammen mit den Sportlern B.,
B. und S. als „Wettkampfkader“ für die Disziplin der Einerverfolgung (Anlage B 11).
Dem Beklagten standen in der Disziplin zwei Startplätze zur Verfügung
(„Startkader“). Für diese Plätze wurden am 28.07.2003 die Fahrer B. und B.
nominiert.
Die Startkaderentscheidung wurde mit den Ergebnissen eines
Schnellbelastungstests begründet. Derartige Tests werden von dem Beklagten seit
Jahren vor großen Wettkämpfen durchgeführt, wobei streitig ist, ob sie als
Entscheidungshilfe für die Startentscheidung oder nur zur Prüfung des
Leistungsstands der sicher startenden Fahrer dienen.
Der Kläger absolvierte den Test am 26.07.2003 nach Abschluss eines
Trainingsblocks. Er war vorab nicht ausdrücklich auf die unmittelbare Bedeutung
des Tests für die Startplatzvergabe hingewiesen worden. Er trug keine Wettkampf-,
sondern normale Trainingskleidung (Lange Hose, Trikot, normaler Straßenhelm),
was Auswirkungen auf die gefahrene Zeit hat. Ihm wurde eine Zeit von 2:08 min
für die 2x1000m vorgegeben. Bei den zwei durchgeführten Läufen erreichte er
Zeiten von 2:08,5 min (1:02,1 min plus 1:06,4 min) und 2:08,3 (1:03,4 min plus
1:04,9 min). Er war damit langsamer als in früheren Jahren. B. absolvierte den Test
als eigene Trainingseinheit einen Tag später am 27.07.2003. Er war über die
Relevanz des Tests informiert und hatte keine Zeitvorgabe. Er verbesserte sich im
Vergleich zu früheren Tests und fuhr Zeiten von 2:04,7 min (1:01,6 min plus 1:03,1
min) und 2:03,8 min (1:02,4 min plus 1:01,4 min). Auf Grund dieser Ergebnisse
wurde am 28.07.2003 B. als zweiter Fahrer neben B. für den Startkader in der
Einerverfolgung nominiert. B. hatte nach Einschätzung des Trainerstabs
gegenüber dem Kläger den leistungsstärkeren Eindruck hinterlassen.
Noch am 28.07.2003 teilte der Bundestrainer D. in Anwesenheit des Sportdirektors
B. und des Referenten für Leistungssport W. in einem Gespräch dem Kläger unter
Erläuterung von Gründen mit, dass er für die Einerverfolgung nicht nominiert sei.
Kurz zuvor war die Presse unterrichtet worden. Der Kläger protestierte gegen die
Entscheidung beim Beklagten. Zudem tat er in einer Presseerklärung am X. seine
Enttäuschung über die Entscheidung kund und wies auf eine Verletzung der
Nominierungskriterien hin. Er sprach von einer Intrige des Sportdirektors B., der
ebenso wie B. aus Berlin kommt. Daraufhin wurde der Kläger vom Beklagten
ermahnt, sich nicht weiter zu äußern. Der Kläger willigte ein, die Vorgänge erst
nach der WM mit dem Beklagten aufzuarbeiten. Auf Anfrage der Presse teilte der
Beklagte am X. mit, dass die besseren sportlichen Leistungen B. den Ausschlag für
die Nominierungsentscheidung gegeben hätten.
Am X. vormittags verfolgte der Kläger das Halbfinale der Einerverfolgung auf der
Tribüne. In diesem verlor sein Teamkollege B. deutlich gegen den spanischen
Fahrer E., den späteren WM-Dritten. Der Kläger feuerte dabei im deutschen
Nationaltrikot den mit ihm befreundeten Spanier sowie den Teamkollegen B. an.
Das Halbfinale endete für B. mit dem 6. Platz mit einer Zeit von 4:27,379 min, B.
wurde 5. mit einer Zeit von 4:26,522 min (Anlage B 13). Damit fuhr seit sechs
Jahren zum ersten Mal kein deutscher Athlet um eine Medaille. Für den vierten
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Jahren zum ersten Mal kein deutscher Athlet um eine Medaille. Für den vierten
Platz wäre eine Zeit von unter 4:22,461 min notwendig gewesen. Diese Zeit wurde
im Jahr 2003 aus dem Kreise der Fahrer lediglich von B. unterboten. Nach eigener
Aussage B.s und B.s nach dem Rennen waren sie nicht genügend auf die WM in
Stuttgart vorbereitet gewesen.
Unmittelbar nach dem Halbfinale wurde der Kläger von Journalisten umringt und
zum Rennverlauf befragt. Der Kläger sprach erneut von einer Intrige und einer
bewussten Demontage seiner Person. Er wisse von B., dass der Einsatz von B. seit
langem geplant worden sei. Das Interview wurde von der damaligen Präsidentin
des Beklagten S. unterbrochen. Es schloss sich ein Gespräch zwischen dem Kläger
und Verantwortlichen des Beklagten unter Ausschluss der Öffentlichkeit an. Die
Gründe für die Startentscheidung wurden erneut erläutert. Es wurde eine
Verständigung dahingehend erreicht, dass der Kläger negative Äußerungen für
den weiteren WM-Verlauf unterlassen und in der Mannschaftsverfolgung an den
Start gehen würde. Während des Gesprächs kam am Rande eine Email zur
Sprache, die der langjährige Trainer des Klägers L. an den Kläger sowie die Fahrer
S., B. und B. gesandt hatte. In dieser hatte der Trainer die Sportler aufgefordert, in
der Mannschaftsverfolgung nicht an den Start zu gehen (vgl. Anlage B 16). Über
den Inhalt der Email drückte L. später gegenüber dem Beklagten sein Bedauern
aus (Anlage K 5).
Das Gespräch wurde in der Folge um die Fahrergruppe B., F. und B. erweitert, um
das Thema der Mannschaftsverfolgung zu besprechen. Der Kläger versicherte,
dass er im Bahnradvierer in einem Team zusammen mit B. starten wolle.
Dementsprechend wurden die Fahrer B., B., B., F., S. sowie der Kläger für den
Wettkampfkader der Mannschaftsverfolgung am nächsten Tag (X. um 10.00 Uhr)
gemeldet. Nach Bestimmung 9.2.007 des UIC-Regelements mussten die
startenden Fahrer bis 12.00 Uhr am Vortag des ersten Wettkampfs gemeldet
werden (Anlage B 15). Dabei bestand nach Ziffer 3.2.097 der UCI-Bestimmungen
die Möglichkeit, bezüglich des bereits gemeldeten Wettkampfkaders bis eine
Stunde vor dem Start die einzusetzenden Fahrer zu variieren (Anlage K 7).
Von den Gemeldeten hatten B., B. und F. die formalen Nominierungskriterien für
die Mannschaftsverfolgung nicht erfüllt. Insgesamt waren die Kriterien nur von vier
Fahrern erfüllt worden, nämlich vom Kläger, von S., von B. sowie von dem
nichtnominierten L.
Am selben Tag fand um ca. 17.00 Uhr ein weiteres Gespräch statt, in dem auch
mit den Fahrern S., B. und B. der Start in der Mannschaftsverfolgung diskutiert
werden sollte. Der Kläger hatte zuvor mit seinem Trainer L. telefoniert. Eine
konstruktive Diskussion kam allerdings nicht zustande. Sportdirektor B. lenkte das
Gespräch eingangs auf die Startbereitschaft der Fahrer in der anstehenden
Mannschaftsverfolgung. In diesem Zusammenhang thematisierte B. die Email von
L. Im Anschluss daran erklärte er zusammen mit B., S. und dem Kläger, dass sie
sich aus moralischen Gründen nicht in der Lage sähen, mit den Fahrern B. und F.
und unter der Leitung des Bundestrainers D. in der Mannschaftsverfolgung zu
starten. In anderer Besetzung seien sie bereit, an den Start zu gehen. Dies gaben
sie später so auch in einer Presseerklärung bekannt (vgl. Anlage B17). Der
Sportdirektor verließ daraufhin die Sitzung und kündigte an, die Teilnahme an der
Mannschaftsverfolgung abzusagen.
Die Abmeldung erfolgte am X. gegen 18.00 Uhr. Weitere Versuche, doch noch eine
Einigung zu erzielen, wurden nicht unternommen. Vermittlungsbemühungen durch
den Präsidenten des T. Radsportverbands blieben erfolglos. Die Sportler erfuhren
von der Abmeldung, kurz bevor um 18.40 Uhr die Presse informiert wurde. Als
Grund wurde das Verhalten der Sportler B., S., B. sowie des Klägers genannt; der
Verband wolle sich nicht „erpressen“ lassen. Am Abend erklärten sich die vier
Fahrer doch noch startbereit. Die Startbereitschaft wurde aber mit dem Hinweis
zurückgewiesen, dass die Abmeldung nicht mehr rückgängig zu machen sei, da
die Läufe für den nächsten Tag bereits feststünden.
Die Abmeldung des Bahnvierers war für den Beklagten gerade als Ausrichter der
Weltmeisterschaft eine schwere sportliche Niederlage. Hinzu kam, dass die
Ergebnisse der Bahnrad-WM 2003 neben den Ergebnissen der Olympischen Spiele
2004 für die Bewertung des Förderkonzepts des Deutschen Sport Bundes
(Finanzierung des Leistungssports für die Jahre 2005 bis 2008) herangezogen
wurden.
B. entschuldigte sich am 01.08.2003 bei Sportdirektor B. für sein Verhalten. Die
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B. entschuldigte sich am 01.08.2003 bei Sportdirektor B. für sein Verhalten. Die
anderen drei Sportler schilderten ihre Sichtweise in einem Schreiben vom
05.08.2003. Sie hätten nicht mit der Abmeldung gerechnet, da es für ihr Verhalten
bereits Entsprechungen bei der WM 1999 gegeben habe. Der Beklagte reagierte
mit einem eigenen Schreiben.
Mit Beschluss des Präsidiums des Beklagten vom 07.08.2003 wurde der Kläger für
zwei Jahre bis zum 31.08.2005 aus der deutschen Nationalmannschaft der
Bahnradfahrer ausgeschlossen. Seine öffentlichen Vorwürfe bezogen auf Wortwahl
und Intensität, sein Angriff und die Verleumdung des Bundestrainers D. bezüglich
des angeblich langfristig geplanten Einsatzes von B., sein Verhalten auf der
Tribüne (Anfeuern E.s gegen deutschen Mannschaftskameraden) und die im
wesentlichen von ihm initiierte und mitgetragene Weigerung der vier T.r Fahrer, wie
sie in der Presseerklärung vom X. zum Ausdruck gekommen sei, stellten ein
erhebliches Fehlverhalten im Sinne von § 10 Nr. 2 a) und b) der B.-Satzung dar,
mit dem der Kläger gegen die Interessen des Beklagten gehandelt habe. Der
Gesamtauftritt des Beklagten und die Stimmung in der Nationalmannschaft seien
durch sein unsportliches Auftreten beeinträchtigt worden (vgl. Anlage K 4).
Dem Beschluss war ein ca. zweistündiges Gespräch zwischen dem Kläger, den
anderen drei beteiligten Fahrern sowie Verantwortlichen des Beklagten
vorausgegangen, in dem auch die Gelegenheit zu Einzelgesprächen mit der
damaligen Präsidentin des Beklagten gegeben wurde. Vermittlungsbemühungen
waren aber erneut erfolglos geblieben.
Gegen den Beschluss legte der Kläger Einspruch beim Bundesrechtsausschuss
des Beklagten ein, den er am 01.10.2003 schriftlich begründete (Anlage K10).
Dem Einspruch folgte eine Stellungnahme des Beklagten vom 22.10.2003, auf die
der Kläger mit Schriftsatz vom 11.11.2003 erwiderte (Anlage K15). In beiden
Schriftsätzen nahm der Kläger umfangreich zu den Vorwürfen des Beklagten
Stellung. Im anschließenden Verfahren vor dem Ausschuss kam es zu
Vergleichsverhandlungen mit dem Ziel, den Kläger wieder in die
Nationalmannschaft einzugliedern (vgl. Anlagen K11-K13). Sie scheiterten aber
maßgeblich an Unstimmigkeiten bezüglich der Teilnahme des Klägers am
bevorstehenden Weltcup in Moskau, bezüglich des Zeitpunkts eines
Mediationsverfahrens zur Wiedereingliederung sowie bezüglich der Beurteilung der
Vorfälle während der WM in S. Es fanden zwei mündliche Verhandlungen vor dem
Rechtsausschuss statt, und zwar am 18.11. und 19.11.2003.
Mit Urteil vom 23.12.2003 verkürzte der Bundesrechtsausschuss des Beklagten
schließlich den Ausschluss des Klägers auf ein Jahr und vier Monate (bis zum
31.12.2004) und räumte ihm die Möglichkeit eines außerordentlichen
Gnadengesuchs bis zum 31.01.2004 ein (Anlage K 14). Die Entscheidung wurde
auf die vom Kläger initiierte schriftliche Presseerklärung vom X. gestützt, die dem
öffentlichen Ansehen des deutschen Radsports geschadet habe. Außerdem habe
sich der Kläger auch nach langen Verhandlungen vor dem Ausschuss immer noch
uneinsichtig gezeigt.
Unter dem 10.01.2004 stellte der Kläger einen Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung beim Landgericht Leipzig mit dem Ziel der Aufhebung der
Beschlüsse vom 07.08. und 23.12.2003, der Teilnahme am Weltcup in M. und
keiner Behinderung seiner Olympia-Teilnahme (Anlage B 27). Er nahm den Antrag
am 12.01.2004 zurück. Mit Verfügung des Landgerichts Leipzig vom 15.01.2004
wurde der Beklagte am 20.1.2004 über das Eilverfahren unterrichtet.
Ebenfalls am 10.01.2004 wurde die Sperre des Klägers durch den Beklagten
ausgesetzt. Die Aussetzung wurde über eine Pressemitteilung vom X. öffentlich
gemacht (Anlage B 22) und dem Kläger über seinen anwaltlichen Vertreter am
14.01.2004 mitgeteilt (Anlage B 21). In der Folgezeit initiierte der Beklagte ein
Mediationsverfahren zwischen den betroffenen Sportlern. Nach mehreren
Terminverschiebungen fand das Verfahren schließlich statt.
Der Kläger, der weiterhin im Besitz einer A-Lizenz war, die ihm ein eigenes
Melderecht zu allen nationalen und internationalen Radrennen außer denen der
Nationalmannschaft vermittelte, kam auch nach Aussetzung der Sperre bis zu
seinem Karriereende am 17.09.2005 in der Nationalmannschaft nicht mehr zum
Einsatz. Zwar wurde er immer wieder zur Teilnahme an Wettkämpfen gemeldet
und auch in den erweiterten Olympiakader aufgenommen. Auch nahm er vor den
Weltcups des Jahres 2004 am 10.02.2004 an einem Sichtungswettkampf der
bundesdeutschen Bahnradfahrerauswahl zur Qualifikation teil und erzielte den
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bundesdeutschen Bahnradfahrerauswahl zur Qualifikation teil und erzielte den
dritten Platz hinter B. und B. (4:27,657 min über 4.000m in der Einzelverfolgung).
Eine abschließende Nominierung erfolgte jedoch nicht. So konnte er nicht an den
vier Weltcups des Jahres 2004 (12.-14.02.2004 in Moskau, 12.-14.03.2004 in
Aguascalientes/Mexiko, 09.-11.04.2004 in Manchester, 14.-16.05.2004 in Sydney)
sowie infolge dessen auch nicht bei der Weltmeisterschaft in Melbourne (26.-
30.05.2004) teilnehmen. Dadurch war auch eine Nominierung für die olympischen
Spiele in Athen ausgeschlossen, für die der Beklagte seinen Nominierungskriterien
zufolge eine Platzierung unter den ersten Zehn bei einem Weltcup und/oder der
WM forderte. Er erhielt auch unter Hinweis auf „mangelnde Teamfähigkeit“ keine
Einladungen mehr zu Trainingslagern des Beklagten. Auch wurde er mit zwei
Ausnahmen nicht mehr zu Sechstagerennen, die zuvor im Wesentlichen seine
größte Einnahmequelle darstellten, eingeladen. Am 04.06.2004 suchte er
daraufhin ein Gespräch mit dem Bundestrainer und dem Sportdirektor, in dem der
Sportdirektor seine Leistungsfähigkeit bemängelte. Im X gewann der Kläger die
deutschen Meistertitel in der Einzel- und Mannschaftsverfolgung. An diesen
Rennen nahmen die Olympiateilnehmer von 2004 sowie die Fahrer B. und S. nicht
teil. Zum Sichtungsrennen für die Saison 2005 am 29.12.2004 trat der Kläger nicht
an. Im Jahr 2005 erfolgte keine Nominierung des Klägers für die Weltcups in
Moskau und Los Angeles.
In der Zeit zwischen der Bahnrad-WM 2003 in Stuttgart und seinem Karriereende
am XX.XX.XXXX gingen die Umsätze des Klägers, die sich in den Vorjahren aus
Förderungen, Zuwendungen, Startgeldern, Siegprämien sowie Werbe- und
Sponsorengeldern zusammensetzten, erheblich zurück. Seine Mindereinnahmen
sowie seinen Schaden durch das Entstehen von Rechtsverfolgungskosten beziffert
der Kläger wie folgt:
Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf Seite 68 bis 103 der Klageschrift
(= Bl. 68 ff. d.A.) und die Anlagen K 18 bis K 54 verwiesen.
In den letzten Jahren seiner Karriere engagierte sich der Kläger, der bereits
2001/2002 S. im Bundestagswahlkampf 2002 unterstützt und mehrere
Wahlkampftermine wahrgenommen hatte, neben seinen sportlichen Aktivitäten
außerdem politisch. Im Jahr 2004 wurde er für die Wahlen zum Sächsischen
Landtag auf Platz X. der Landesliste gesetzt und wirkte ab dem 06.03.2004 bis
zum 19.09.2004 im Wahlkampf mit. Er zog aber nicht ins Parlament ein. Am
13.06.2004 wurde der Kläger in den Stadtrat von L. gewählt. Bei den
Bundestagswahlen am 18.09.2005 bewarb er sich mit dem Landeslistenplatz X.
sowie als Direktkandidat eines Wahlkreises in L. (Aufstellung am 03.06.2005) um
ein Bundestagsmandat. Auch hierfür betrieb er Wahlkampf.
Für die Zeit nach seiner aktiven Laufbahn beabsichtigte der Kläger seit längerem
eine Fortsetzung der Karriere im Bereich des Profiradsports auf Berater-,
Funktionärs- oder Trainerebene. Dazu absolvierte er ein Studium des
Sportmanagements am IST-Institut in Düsseldorf. Beim Einstieg ins Berufsleben
stieß er auf Probleme. So wurde ihm bis heute ein im August 2006 beantragtes
Stipendium der Stiftung Deutsche Sporthilfe nicht gewährt. Auf Anfrage wurde ihm
mitgeteilt, dass der Beklagte, der als Fachverband zustimmen muss, seine
Zustimmung verweigere. Erfolglos blieben im Juni 2006 auch Bemühungen um
Unterstützung bei der Arbeitssuche; die Hilfe bei der Arbeitssuche gehört
üblicherweise ebenfalls zu den Aufgaben der Stiftung und wird vom Beklagten als
Fachverband beeinflusst. Zwischenzeitlich hat der Kläger eine Ausbildung zum
Erzieher begonnen, die noch etwa zwei Jahre andauert.
Der Kläger ist der Ansicht, durch die Nichtnominierung für den Startkader der
Einerverfolgung bei der Bahnrad-WM 2003 habe der Beklagte rechtswidrig in seine
gemäß § 823 Abs. 1 BGB geschützten Mitgliedschaftsrechte eingegriffen. Er habe
einen Nominierungsanspruch aus § 242 BGB i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. den
Nominierungskriterien des Beklagten sowie gemäß § 20 Abs. 1 i.V.m. § 33 GWB
gehabt. Der Beklagte habe B. bereits nicht in den Mannschaftskader für die WM
aufnehmen und ihn damit auch nicht für den Startkader in der Einerverfolgung
nominieren dürfen. Er behauptet, seit Jahren sei es auf ein Trainerermessen bei
der Startkaderentscheidung nur dann angekommen, wenn mehrere Sportler die
Nominierungskriterien erfüllt hätten. Er ist der Ansicht, aus diesem Grund habe es
für ihn auch keinen Anlass gegeben, schon früher gegen die
Mannschaftskaderentscheidung vorzugehen. Die Startkadernominierung sei aus
sachfremden Gesichtspunkten erfolgt. Der Kläger behauptet insoweit, der
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sachfremden Gesichtspunkten erfolgt. Der Kläger behauptet insoweit, der
Sportdirektor B. habe B. vorab ein Startrecht in der Einerverfolgung telefonisch
zugesichert, nachdem B. gedroht habe, von der WM abzureisen, wenn er nicht in
der Einerverfolgung starten dürfe. Dies habe er von B. erfahren.
Der Kläger ist der Ansicht, die Schnellbelastungstests vom 26.07. und 27.07.2009
könnten nicht zur Begründung der Startentscheidung herangezogen werden. Dies
schon, weil die Bedingungen für ihn und B. nicht vergleichbar gewesen seien. Er
behauptet, derartige Tests würden seit Jahren nur zur Prüfung des Leistungsstands
der sicher startenden Fahrer eingesetzt. Bei Kenntnis der Bedeutung der Tests für
die hiesige Startkaderentscheidung hätte er noch Leistungsreserven gehabt.
Der Kläger ist der Auffassung, die vom Präsidium des Beklagten ausgesprochene
Sperre und das Urteil des Bundesrechtsausschusses verletzten ihn ebenfalls in
seinen Mitgliedschaftsrechten nach § 823 Abs. 1 BGB. Er habe nicht gegen die B.-
Satzung und die Interessen des Beklagten verstoßen. Er habe die Einhaltung der
aufgestellten Nominierungskriterien eingefordert und damit gerade die
Verbandsinteressen gewahrt. Er habe auch nicht den Bundestrainer verleumdet.
Ebenso wenig sei sein Tribünenverhalten beim Ausscheiden des Teamkollegen B.
im Halbfinale „unsportlich“ gewesen. Das bloße Anfeuern eines Sportsfreundes
liege nicht außerhalb der sportlichen Fairness. Er behauptet, er habe sich zu keiner
Zeit zusammen mit den Sportlern B., B. und S. abschließend einem Start in der
Mannschaftsverfolgung verweigert. Eine Startbereitschaft habe grundsätzlich
bestanden; sie hätten sich nur gegen eine Verletzung der Nominierungskriterien
verwahrt und eine konstruktive Diskussion mit dem Beklagten gesucht. Initiiert
habe er das Verhalten auch nicht. Der Kläger ist der Ansicht, es habe für ihn auch
keine Pflicht zur Teilnahme an dem Wettkampf bestanden. Dies gelte
insbesondere deshalb, weil bei der Auswahl der Teilnehmer für den Wettkampf
Nominierungskriterien verletzt worden seien.
Darüber hinaus missachte die Sperre grundlegende Prinzipien des
vereinsrechtlichen Sanktionsrechts. Sie verstoße gegen das Verschuldensprinzip.
Die Sperre habe die Reaktion des Klägers auf die Nichtnominierung sanktioniert.
Sein Verhalten sei aber weder rechtswidrig noch sonst in irgendeiner Weise
vorwerfbar gewesen. Da er die Nichtnominierung als willkürlich habe auffassen
müssen, habe er auf die Aufklärung des Sachverhalts drängen müssen. Dies gelte
umso mehr, als ein entscheidender Wettbewerb unmittelbar bevorstand. Der
Beklagte hingegen habe rechtswidrig eigene Beschlüsse und Kriterien missachtet
und sei seinen vereinsrechtlichen Treue- und Fürsorgepflichten nicht
nachgekommen. Statt die Situation aufzuklären und das Gespräch mit den
Fahrern zu suchen, habe er vorschnell das deutsche Team abgemeldet und damit
eine verantwortliche Leitung vermissen lassen. Im Übrigen sei aufgrund von Ziffer
3.2.079 des UIC Reglements eine Wiederanmeldung des Bahnradvierers möglich
gewesen.
Die Sperre verletze schließlich auch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Es habe
ein Eingriff von existenzieller Bedeutung in Art. 12 Abs. 1 GG vorgelegen, der
einem Berufsverbot gleichgekommen und nicht zu rechtfertigen gewesen sei. Der
Zweck der Maßnahme, vereinskonformes Verhalten herzustellen, sei auch durch
einen Verweis oder eine Abmahnung zu erreichen gewesen. An der
Unverhältnismäßigkeit habe schließlich auch die Aussetzung der Sperre vom
10.01.2004 nichts geändert. Denn anders als bei einer Aufhebung sei die
rufschädigende Wirkung bestehen geblieben. Des Weiteren seien § 10 Nr. 2 b) und
§ 11 der B.-Satzung nicht im Sinne von Art. 103 Abs. 2 GG hinreichend bestimmt.
Auch sei sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden. Schließlich sei es
fehlerhaft, dass kein Sühneversuch unternommen worden sei, der bezüglich der
vorgeworfenen Verleumdung zwingend habe erfolgen müssen.
Ebenso sei das Urteil des Bundesrechtsausschusses rechtswidrig. Nachdem keine
Beweisaufnahme durchgeführt worden sei, sei gegen das Recht auf ein faires
Verfahren sowie gegen den Grundsatz „in dubio pro reo“ verstoßen worden.
Außerdem habe die Entscheidung in unzulässiger Weise auf nachgeschobenen
Gründen beruht, die nicht Grundlage des Beschlusses über die Sperre gewesen
seien. Schließlich sei der Bundesrechtsausschuss von unrichtigen Tatsachen
ausgegangen. Der Kläger behauptet, er habe sich entgegen den Ausführungen
des Ausschusses keinesfalls nach umfänglichen Verhandlungen immer noch
uneinsichtig gezeigt.
Der Kläger ist des Weiteren der Ansicht, dass auch seine Nichtnominierung nach
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Der Kläger ist des Weiteren der Ansicht, dass auch seine Nichtnominierung nach
Aussetzung der Sperre einen rechtswidrigen Eingriff in seine geschützten
Mitgliedschaftsrechte begründe. Aufgrund seiner sportlichen Leistungen beim
Sichtungsrennen Anfang des Jahres 2004 habe der Kläger einen Anspruch auf
Teilnahme an zumindest einem der internationalen Wettkämpfe des Jahres 2004
gehabt. Der Kläger behauptet, der Beklagte habe ihn mit allen Mitteln von der
Nationalmannschaft und den Olympischen Spielen in Athen fernhalten wollen.
Einziges Ziel der Aussetzung sei es gewesen, die Sperre zwar faktisch
aufrechtzuerhalten, aber rechtlich weniger angreifbar zu machen. Dadurch habe
der Beklagte falsche Erwartungen geweckt und den Kläger in einem Zustand der
Rechtsunsicherheit gehalten.
Der Kläger meint, der Beklagte sei gemäß §§ 280 Abs. 1, 823 Abs. 1, 249 S. 1, 252
BGB, 20 Abs. 1, 33 GWB schadensersatzpflichtig. Auch stehe ihm ein Anspruch auf
Schmerzengeld gemäß §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, 253 BGB, 185, 187 StGB im Hinblick
auf die herabwürdigende und einseitige Darstellung der Vorkommnisse bei der WM
in Stuttgart im Rahmen der Pressearbeit des Beklagten („Boykotteur“,
„Meuterer“, „mangelnder Teamgeist“) zu. Er behauptet, die Rufschädigung habe
sich direkt finanziell ausgewirkt, indem Sponsoren und Veranstalter sich vom ihm
abgewandt hätten. Außerdem habe sie zu einer psychischen Belastung geführt.
Der Kläger beantragt:
1. festzustellen, dass seine Nichtnominierung für die Einerverfolgung bei der
Bahnrad-WM 2003 in Stuttgart rechtswidrig war,
2. festzustellen, dass die mit Beschluss des Beklagten vom 07.08.2003 gegen
den Kläger ausgesprochene und verhängte Sperre sowie das Urteil des
Bundesrechtsausschusses vom 23.12.2003, welches die ausgesprochene und
verhängte Sperre in der Sache bestätigte und lediglich in der Gesamtdauer von
dieser abweicht, unwirksam waren und der Kläger hierdurch in seinen
mitgliedschaftlichen Rechten verletzt wurde,
3. festzustellen, dass der Beklagte durch die Nichtberücksichtigung des
Klägers für die Teilnahme an den internationalen Wettkämpfen des Jahres 2004
(vier Weltcups der Bahnradsportler sowie Weltmeisterschaft in Australien 2004
sowie die Olympischen Spiele in Athen 2004) den Kläger in seinen
Mitgliedschaftsrechten verletzt hat,
4. den Beklagten zu verurteilen, an ihn einen Schadensersatz in Höhe von
445.446,01 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozent über dem jeweils
geltenden Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen,
5. den Beklagten zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld –
mindestens jedoch 10.000,00 € – nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozent über
dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, die Klageanträge seien bereits unzulässig. Die
Feststellungsanträge zu 1. bis 3. bezögen sich nicht auf gegenwärtige, sondern auf
vergangene Rechtsverhältnisse. Es sei aber nicht ersichtlich, welche Folgen sich
aus den vergangenen Rechtsverhältnissen für die Gegenwart oder Zukunft
ergäben. Er behauptet, rufschädigende Wirkungen seien nicht auf die Maßnahmen
des Beklagten, sondern auf das Klägerverhalten zurückzuführen. Soweit materielle
Schäden geltend gemacht würden, sei die Leistungsklage vorrangig. Bei allen
Anträgen hätte der Kläger zudem zunächst das verbandsinterne
Rechtsbehelfsverfahren (§ 3 Abs. 1 SportO und § 11 der Satzung) durchlaufen
müssen. Aus diesem Grunde fehle das Rechtsschutzbedürfnis bzw. das
Feststellungsinteresse.
Darüber hinaus seien die Anträge unbegründet.
Die Nichtnominierung des Klägers für den Startkader bei der WM sei rechtmäßig
gewesen. Ein Nominierungsanspruch sei nicht ersichtlich. Der Erlass der
Nominierungskriterien allein habe noch keinen Vertrag begründet. Ein Vertrag sei
erst konkludent mit der Aufnahme in den Mannschaftskader zustande gekommen.
Auch daraus habe aber kein Startrecht resultieren können. Denn die
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Auch daraus habe aber kein Startrecht resultieren können. Denn die
Nominierungsrichtlinien hätten nur die Benennung des Mannschaftskaders
betroffen. Die Startkaderentscheidung sei allein nach Leistungskriterien unter
Berücksichtigung des aktuellen Trainingsstands und des Schnellbelastungstests
erfolgt. Der Beklagte behauptet, dass solche Tests als Entscheidungshilfe für die
Startentscheidung üblich seien. Im konkreten Fall seien sie auch vergleichbar
gewesen, weil die Zeitvorgabe unter Berücksichtigung der behindernden
Trainingskleidung erfolgt sei und es nicht nur auf die absolut gefahrene Zeit,
sondern eine Steigerung zwischen den ersten und zweiten 1000m angekommen
sei.
Der Beklagte ist der Auffassung, auch die Nominierungsentscheidung für den
Mannschaftskader sei rechtmäßig gewesen. Denn die Nominierungskriterien
hätten nur alternativ erfüllt werden müssen. Er behauptet, im Übrigen sei die
Normzeit nur deshalb von B. verfehlt worden, weil es sich bei dem Sondertest vom
30.06.2003 um ein Einzelrennen ohne Wettkampfgegner und
Wettkampfatmosphäre gehandelt habe. Dass B. einen Sondertest habe
absolvieren dürfen, sei der kurzfristigen Verlegung der WM von China nach
Deutschland geschuldet, die die Möglichkeit geboten habe, die ansonsten wegen
anderer Verpflichtungen verhinderten Straßenrennfahrer an den Start gehen zu
lassen. Schließlich sei die Mannschaftskaderentscheidung vom Kläger während der
ganzen WM-Vorbereitungsphase bis zur Startkaderentscheidung mitgetragen
worden, obwohl der Kläger nach § 3 Abs. 1 SportO des Beklagten die Möglichkeit
eines verbandsinternen Rechtsbehelfsverfahrens gehabt habe. Dass der Kläger
nun die Mannschaftskaderentscheidung angreife, folge aus einem Gefühl der
Enttäuschung, aus sportlichen Gründen nicht mehr für den Startkader nominiert
worden zu sein.
Der Beklagte meint, dass die Nominierungskriterien keinen Schutz vor
Konkurrenten vermittelten. Ferner seien auch die Sperre durch die Entscheidungen
von Präsidium und Bundesrechtsausschuss nicht zu beanstanden. Die Sperre
finde eine hinreichende Rechtsgrundlage in § 11 Nr. 2 der B.-Satzung. Aus §§ 10
Nr. 2 a), 6 a) i.V.m. Ziffer 4.4.5 der Sportordnung und dem Weisungsrecht des
Trainers resultiere eine Pflicht zur Teilnahme an Wettkämpfen. Hiergegen habe der
Kläger verstoßen. Gleichzeitig habe er gegen die Pflicht verstoßen, die
Verbandsinteressen zu wahren (§ 10 Nr. 2 b) der B.-Satzung). Der Beklagte
behauptet, der Kläger habe den Sieg des Spaniers E. nicht nur lautstark bejubelt,
sondern seinen Teamkollegen B. auch als „Du Tourist“ bezeichnet, ein in der
Radsportszene als Schimpfwort bekannter Ausdruck. Die Vorgänge seien von der
Öffentlichkeit, Journalisten und Mitgliedern anderer Verbände entsetzt zur Kenntnis
genommen worden. Dieses Verhalten sei im Kontext der Vorgeschichte zu
beurteilen und habe sich unmittelbar gegen die Leistungen des eigenen
Teamkollegen gerichtet.
Der Beklagte ist der Ansicht, Rechtfertigungsgründe für die Regelverletzungen
seien nicht ersichtlich. Insbesondere sei bei der Nominierung des Startkaders für
die Mannschaftsverfolgung das übliche Verfahren eingehalten worden. Verstöße
gegen höherrangiges Recht seien nicht erkennbar.
Auch die Nichtnominierung nach Aussetzung der Sperre sei nicht rechtswidrig
gewesen. Der Trainer habe sich bei den Auswahlentscheidungen nicht von
sachfremden Erwägungen leiten lassen. Der Beklagte behauptet, für den Weltcup
in Moskau hätten allein strategische Gesichtspunkte im Hinblick auf die Erreichung
der Punktevoraussetzungen für einen Startplatz bei der WM eine Rolle gespielt. Für
den Weltcup in Mexiko sei eine Nominierung des Klägers vorgesehen gewesen.
Diese sei jedoch wegen der vom Kläger gewünschten Verlegung des
Mediationstermins nicht erfolgt. Zudem habe man Nachwuchssportlern eine
Chance geben wollen. In Manchester seien allein Leistungsgesichtspunkte
ausschlaggebend gewesen. Der Weltcup in Sydney sei zeitlich unmittelbar der WM
2004 in Australien vorausgegangen. Da eine Rückreise nicht geplant gewesen sei
und das Team aufeinander habe abgestimmt werden sollen, seien bereits die
Fahrer für die WM mitgenommen worden. Diese seien allein nach Leistungsstärke
nominiert worden. Auch sonst sei der Kläger im ersten Halbjahr 2004 nicht
besonders positiv aufgefallen. Die Ergebnisse des Sichtungswettkampfs im
Februar 2004 hätten eine Nominierung nicht gerechtfertigt. Die Nichtnominierung
in der Mannschaftsverfolgung bei Olympia sei auf mangelnde Teamfähigkeit und
Unzuverlässigkeit des Klägers zurückzuführen.
Die Deutschen Meistertitel im X. seien nicht aussagekräftig gewesen, nachdem
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Die Deutschen Meistertitel im X. seien nicht aussagekräftig gewesen, nachdem
sämtliche Olympiateilnehmer von 2004 sowie die Fahrer B. und S. nicht
teilgenommen hätten.
Der Beklagte ist der Ansicht, dem Kläger stehe auch kein Anspruch auf
Schadensersatz bzw. Schmerzengeld zu, weil es schon an einem rechtswidrigen
Verhalten fehle. Die angegriffenen Entscheidungen seien auch nicht kausal für den
behaupteten Schaden. Der Kläger behauptet, der Rückgang an Einladungen zu
bezahlten Sportveranstaltungen sei zum einen nicht auf die Sperre, sondern das
Klägerverhalten bei der WM 2003 zurückzuführen. Dieses sei von der Öffentlichkeit
und dem Fachpublikum mit Entsetzen wahrgenommen worden. Zum anderen sei
das Karriereende schon vor dem formalen Abschiedsrennen am 17.09.2005,
nämlich mit dem Beginn des Landtagswahlkampfs am 06.03.2004, dem ein
aufwendiger Bundestagswahlkampf gefolgt sei, eingeleitet worden. Weitere Gründe
für die Umsatzeinbußen lägen in dem fortgeschrittenen Alter des Klägers, seinem
Sportstudium sowie der Tatsache, dass der Kläger keinen Vertrag bei einem
Profiteam mehr gehabt habe. Der Beklagte meint, Vergleichsmaßstab könnten
deshalb nicht die Jahre 2000 bis 2003 sein, in denen sich der Kläger auf seinem
sportlichen Höhepunkt befunden habe; die sportliche Karriere könne keinesfalls auf
gleichem Niveau fortgesetzt worden sein. Bei der Schadenshöhe seien darüber
hinaus ersparte Aufwendungen nicht berücksichtigt und die Umsatzsteuer
unrichtigerweise in Rechnung gestellt worden. Im Übrigen verstoße der Kläger
gegen seine Schadensminderungspflicht, auch sei ein erhebliches Mitverschulden
in Ansatz zu bringen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten
Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nur teilweise zulässig.
Bezüglich der Anträge 1. und 3. (Nichtnominierung für die Einerverfolgung bei der
WM 2003 bzw. Nichtberücksichtigung bei Wettkämpfen ab 2004) erscheint schon
der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten zweifelhaft.
Allerdings ist dem Kläger ungeachtet der Bestimmung des § 11 Nr. 10 und 11 der
B.-Satzung der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nicht grundsätzlich
verschlossen. Der generelle Ausschluss des Zivilrechtswegs ist unwirksam, da dem
Beklagten die Befugnis fehlt, endgültig in eigener Sache zu entscheiden. Es ist
Vereinen nicht möglich, für Streitigkeiten zwischen ihnen und ihren Mitgliedern in
der Satzung den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten auszuschließen (vgl.
Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 2005, Rn. 2904). Der
Rechtsweg steht insbesondere immer dann offen, wenn der Verein selbst durch
seine verfassungsmäßigen Organe gesetzliche oder satzungsmäßige
Mitgliedschaftsrechte verletzt. Der Zivilrechtweg ist lediglich dann unzulässig, wenn
wie hier satzungsmäßig vorgesehene vereinsinterne Rechtsmittel nicht erschöpft
wurden. Damit wird vermieden, dass Gerichte unnötig angerufen werden und
Gerichte in das Selbstverwaltungsrecht des Vereins eingreifen (vgl. BGH NJW 1967,
1268 (1269); BGHZ 13, 5 (16); BGH NJW 1968, 1131). Bezüglich des Antrages zu
1. war dabei das interne Verfahren zu durchlaufen, nachdem der Kläger bereits die
Nominierung B.s für den Mannschaftskader und nicht nur für den Startkader
beanstandet. Insoweit war auch in zeitlicher Hinsicht eine Anrufung der
zuständigen Stellen möglich. Auch bezüglich der unterbliebenen Nominierung für
Wettkämpfe ab 2004 ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Kläger
hier verbandsinterne Maßnahmen ergriffen hätte.
Im Übrigen ist der Zivilrechtsweg eröffnet. Bezüglich der verhängten Sperre
(Antrag zu 2.) wurde das verbandsinterne Verfahren durchlaufen. Zu der
Möglichkeit, die Verletzung von Mitgliedschaftsrechten geltend zu machen, gehört
auch das Recht, daraus resultierende Schadensersatz- oder
Schmerzensgeldansprüche (hier geltend gemacht durch die Anträge 4. und 5.) im
Zivilrechtsweg einzuklagen (vgl. Reichert, a.a.O., Rn. 2904). Bezüglich dieser
Ansprüche kennt § 11 der B.-Satzung kein vereinsinternes Verfahren. § 3 Abs. 1
SportO bestimmt im Übrigen, dass der Beklagte „alle Rechtstreitigkeiten
radsportlicher Art in eigener Zuständigkeit“ erledigt. Im systematischen
Zusammenhang mit § 3 Abs. 2 SportO, wonach Recht nach der Satzung, der
SportO, den Wettkampf- sowie den Durchführungsbestimmungen gesprochen wird,
wird deutlich, dass die verbandsinternen Organe nur über vereinsrechtsbezogene
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wird deutlich, dass die verbandsinternen Organe nur über vereinsrechtsbezogene
Streitigkeiten, etwa zu Mitgliedschaftsrechten und -pflichten, zum Vereinswesen
oder zu sportlichen Entscheidungen, urteilen. Soweit materielle
Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden, beurteilen sich die
rechtlichen Beziehungen von Kläger und Beklagtem nicht nach den
vereinsinternen Normen, sondern nach allgemeinem bürgerlichem Recht. Sie
fallen dann nicht in die Kompetenz der Sport- und Rechtsorgane des Beklagten.
Des Weiteren fehlt es bezüglich der geltend gemachten Feststellungsanträge
hinsichtlich der Anträge zu 1. und 3. (Nichtnominierung für die Einerverfolgung bei
der WM 2003 bzw. Nichtberücksichtigung bei Wettkämpfen ab 2004) an dem nach
§ 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse.
Der Kläger muss danach ein rechtliches Interesse an der Feststellung des
Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses haben. Ein
Rechtverhältnis ist jede zwischen Personen untereinander oder zwischen einer
Person und einer Sache bestehende rechtliche Beziehung. Das Rechtsverhältnis
muss grundsätzlich ein gegenwärtiges sein. Ein vergangenes Rechtverhältnis
schadet nur dann nicht, wenn sich aus ihm noch Rechtsfolgen für die Gegenwart
oder die Zukunft herleiten können (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., § 256 Rn. 3a
m.w.N.). Diese können wirtschaftlicher oder nichtwirtschaftlicher Art sein (OLG
Celle, NJW-RR 1994, 1545; OLG Karlsruhe, NJW-RR 1998, 684). Grundsätzlich kann
auch im Wege der Feststellungsklage die Unwirksamkeit von Vereinsmaßnahmen
festgestellt werden, wobei Beeinträchtigungen des Ansehens und der Ehre und
eine angestrebte Rehabilitierung ein rechtliches Interesse begründen können (vgl.
Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Aufl., 2. Teil Rn. 297).
Eine fortwirkende Störung liegt dabei jedoch nur dann vor, wenn ein dauernder
Zustand geschaffen worden ist, der eine sich stetig erneuernde Quelle der
Rechtsgutverletzung bildet. Fortdauernde Verletzungen sind von bloßen
Nachwirkungen einer früheren bzw. abgeschlossenen Rechtsgutsverletzung zu
unterscheiden (vgl. BGH, NJW 2005, 1366).
Vorliegend handelt es sich um vergangene Rechtsverhältnisse. Die
Nichtnominierung stellt jeweils einen einmaligen Vorgang in der Vergangenheit
dar, der abgeschlossen ist. Es ist auch nicht ersichtlich, welche Folgen sich für den
Kläger heute oder in Zukunft noch ergeben und die bis heute in der Entwicklung
sind und nicht mit einer Leistungsklage verfolgt werden können.
Die aktive sportliche Karriere des Klägers ist seit 2005 beendet. Es sind somit
keine Maßnahmen des Beklagten mehr zu erwarten, für die die rechtliche
Bewertung der Nichtnominierung relevant werden könnte. Insbesondere werden
weitere Nichtnominierungen nicht mehr folgen. Es verbleibt allenfalls ein mögliches
Rehabilitationsinteresse für die Zeit nach der aktiven Laufbahn. Der Kläger macht
einen Ansehensverlust geltend, der ihn bei der Arbeitssuche, insbesondere bei
seiner geplanten Funktionärskarriere, behindere und immer noch persönliche
ehrverletzende Angriffe nach sich ziehe. Dies vermag ein Feststellungsinteresse
jedoch nicht zu rechtfertigen. Negative Folgen im persönlichkeitsrechtlichen
Bereich können nur dann aus dem Beklagtenverhalten resultieren, wenn dieses
überhaupt geeignet war, die Reputation des Klägers zu schädigen. Dies ist hier zu
verneinen. Eine Nichtnominierung und die Entscheidung für einen leistungsfähiger
bzw. in der aktuellen Situation besser geeignet erscheinenden Kandidaten enthält
kein Werturteil über die Person eines Wettkampfsportlers. Sie enthält lediglich eine
Aussage darüber, dass Konkurrenten dem Unterlegenen aus sportlichen Gründen
vorgezogen wurden. Dies mag einen herausragenden und erfolgsgewöhnten
Sportler in der konkreten Situation subjektiv in seiner Ehre kränken. Ein erheblicher
Ansehensverlust liegt darin nicht. Ein schlicht sportlich motiviertes
Verwaltungshandeln ohne maßregelnden Charakter vermag objektiv eine
Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht ohne weiteres zu begründen.
Es lässt sich auch nicht feststellen, dass in jeder einzelnen Nichtnominierung in der
Zeit nach der Sperre jeweils ein individueller Vorwurf des regelwidrigen Verhaltens
des Klägers beinhaltet wäre, der diffamierende Wirkung erzeugen könnte. Ein
solcher Vorwurf kommt unmittelbar in dem befristeten Ausschluss aus der
Nationalmannschaft zum Ausdruck. Mit der Aussetzung der Sperre hat der
Beklagte indessen nach außen hin zu erkennen gegeben, dass weitere
Maßnahmen nicht mehr der „Abgeltung“ des regelwidrigen Verhaltens dienten.
Die Nichtnominierungen mussten deshalb aus objektiver Sicht allein als auf
sportlichen Gründen beruhend angesehen werden.
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Soweit der Kläger wirtschaftliche Folgen aus dieser Nichtnominierung geltend
machen will, ist die Leistungsklage vorrangig. Etwaige Einnahmeausfälle bis zum
Ende seiner Karriere hat der Kläger bereits mit dem Klageantrag zu 4. geltend
gemacht. Es fehlen auch konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sich konkrete
Schäden aus den vergangenen Ereignissen noch in der Fortentwicklung befinden.
Bezüglich der Klageanträge zu 1. und 3. ist die Klage somit bereits unzulässig.
Bezüglich des Feststellungsantrages zu Ziffer 2. (Verhängung der Sperre) ist
demgegenüber ein Feststellungsinteresse zu bejahen.
Eine solche vereinsrechtliche Sanktion impliziert aus objektiver Sicht, dass sich der
betroffene Sportler in irgendeiner Form etwas zu Schulden kommen lassen hat,
das aus Sühne- und Präventionsgründen eine Ordnungsmaßnahme rechtfertigt.
Im konkreten Fall wird dem Betroffenen unsportliches sowie regelwidriges und
sogar strafrechtlich relevantes Verhalten (Verleumdung) vorgeworfen. Die
verhängte Sperre ist mit zwei Jahren bzw. einem Jahr und vier Monaten nicht
unerheblich. Ihr haftet somit ein Schuldvorwurf von einigem Gewicht an. Dieser
Schuldvorwurf ist grundsätzlich geeignet, die persönliche Reputation des Sportlers
zu schädigen. Dabei gilt es in besonderem Maße zu berücksichtigen, dass
Profisportler grundsätzlich auf einen in sportlicher Hinsicht tadellosen Ruf
angewiesen sind, um für Wettbewerbe nominiert und zu Sportveranstaltungen
eingeladen zu werden, auch weil ihnen in der Öffentlichkeit eine gewisse
Vorbildfunktion zugeschrieben wird. Nur so können sie ihre finanziellen Einnahmen
in Form von Start- und Preisgeldern, Werbe- und Sponsorenverträgen
sicherstellen.
Ob die Rufschädigung − wie der Beklagte behauptet − dem Verhalten des Klägers
oder der Sperre zuzuschreiben ist, kann dahinstehen. Denn jedenfalls ist der
zeitlich befristete Ausschluss aus der Nationalmannschaft auch geeignet, einen
Reputationsverlust zu bewirken. Die Sperre bringt gerade erst den verwerflichen
Charakter des Verhaltens zum Ausdruck, der einen nicht unerheblichen
Ansehensverlust hervorrufen kann.
Trotz Ablaufs der Sperre ist dabei vorliegend nach Ansicht der Kammer eine
fortwirkende Beeinträchtigung zu bejahen, und zwar im Hinblick auf die negativen
Folgen bei der Arbeitssuche im Funktionärsbereich des Radsports (a.A. Haas in:
Haug/Haug/Reschke, Handbuch des Sportrechts, 53. Lief. Dez. 2008, Teil B, Kap. 2,
Rn. 142). Eine Karriere auf Trainer- oder Beraterebene kommt nur für diejenigen
Sportler in Betracht, die sich durch besondere sportliche Leistungen hervorgetan
haben und in dieser herausragenden Stellung ihrer Vorbildfunktion gerecht
geworden sind. Sie ist damit gewissermaßen die Fortsetzung der aktiven Laufbahn.
Eine Sperre wegen unsportlichen und regelwidrigen Verhaltens wirkt sich anhaltend
negativ auf das Ansehen des Athleten in Sportkreisen aus. Der Reputationsverlust
ist deshalb als fortdauernde und nicht lediglich als nachträgliche Wirkung
einzuordnen. Anders als bei Beleidigungen oder materiellen Forderungen kann der
Kläger auch nicht auf andere Mittel zur Rechtsverfolgung verwiesen werden.
Die Klage ist hinsichtlich der zulässigen Anträge zu Ziffer 2., 4. und 5. (Verhängung
der Sperre, Schadensersatz und Schmerzensgeld) nicht begründet.
Bezüglich des Antrags zu 2. ist eine Verletzung der mitgliedschaftlichen Rechte
und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers bzw. des Grundrechts auf
Berufsfreiheit gemäß §§ 280 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1,
12 GG nicht gegeben.
Ein Verein ist aufgrund seiner Autonomie (Art. 9 GG) berechtigt, gegenüber seinen
Mitliedern nach Maßgabe der Satzung Vereinsstrafen zur Durchsetzung und
Aufrechterhaltung der Vereinsordnung zu verhängen (vgl. Ellenberger in: Palandt,
BGB, 68. Aufl., § 25 Rn. 12 m.w.N.).
Der hier vom Präsidium des Beklagten verhängte befristete Ausschluss aus der
Nationalmannschaft vom 07.08.2003 in der Gestalt des Urteils des
Rechtsausschusses vom 23.12.2003 bzw. der Aussetzung der Sperre durch das
Präsidium vom 12.01.2004 unterliegt der Kontrolle der staatlichen Gerichte, die
allerdings nur eine eingeschränkte Überprüfung anhand vereinsrechtlicher
Grundsätze vornehmen können. Bei Vereinen mit überragender Machtstellung –
wie Spitzenverbänden des Sports – unterliegen Vereinsstrafen einer Prüfung der
ordentlichen Gerichte dabei dahingehend, ob sie durch sachlich nachprüfbare Ziele
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ordentlichen Gerichte dabei dahingehend, ob sie durch sachlich nachprüfbare Ziele
gerechtfertigt sind. Dabei darf das staatliche Gericht im Hinblick auf die
Vereinsautonomie im Rahmen seiner Überprüfung nicht seine Überzeugungen und
Wertmaßstäbe an die Stelle derjenigen des Vereins setzen. Im Rahmen der
eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegt dabei die Richtigkeit der
Tatsachenfeststellung ebenso wie die inhaltliche Angemessenheit der
angewandten Bestimmungen der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle,
während die Tatsachenwürdigung nur daraufhin zu überprüfen ist, ob die
getroffenen Feststellungen auf fehlerfrei ermittelter Tatsachengrundlage beruhen
und vertretbar sind (vgl. BGH, NJW 1997, 3368 (3370); OLG Frankfurt, NJW-RR 2000,
1117 „Baumann“, juris-Rn. 42, 56; OLG München, NJWE-VHR 1996, 96 (99) „Katrin
Krabbe I“).
Vorliegend hält die Sperre einer entsprechenden Prüfung stand.
Die vom Kläger angegriffene Maßnahme findet eine ausreichende Grundlage im
Verbandsregelwerk und ist mit gesetzlichen Vorgaben vereinbar. Rechtsgrundlage
für die Sperre ist hier § 10 Nr. 2a), Nr. 2b) i.V.m. § 11 Nr. 2 c) der B.-Satzung.
Die Regelung ist hinreichend bestimmt. Der vom Kläger im Besonderen
beanstandete Tatbestand der Verletzung der Interessenwahrungspflicht (§ 11 Abs.
2 i.V.m. § 10 N. 2 b) beschreibt abstrakt generalisierend das vorwerfbare
Verhalten. Das zu ahndende Verhalten darf bei einer Vereinsstrafe in dieser Weise
beschrieben werden (vgl. BGHZ 47, 381 (384); OLG München NJWE-VHR 1996, 96
(99) „Katrin Krabbe I“; OLG München, SpuRt 2001, 64, 67; Haas, in:
Haas/Haug/Reschke, a.a.O., Teil B, Kap. 2, Rn. 13, 100b; jew. m.w.N.). Eine
kasuistische Fassung der Norm würde der Vielfalt möglicher Verletzungsfälle nicht
gerecht und müsste daher immer unvollständig bleiben. Es ist möglich, dem
offenen Tatbestand durch vernünftige und zweckentsprechende Auslegung einen
bestimmten Inhalt zu geben. Gegen eine willkürliche Ausweitung der
Strafbestimmung im Einzelfall ist das Vereinsmitglied im Übrigen durch die
Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung geschützt (vgl. BGHZ 36, 105 (114)).
Auch auf Rechtsfolgenseite ist ein Verstoß nicht zu erkennen. Mit der Aufzählung
der Strafandrohungen in § 11 Nr. 2 a) bis e) der B.-Satzung, einschließlich der
Höchststrafe des Ausschlusses, gibt der Beklagte zu erkennen, welche Sanktionen
ein Mitglied im äußersten Fall zu erwarten hat. Zwar wird die Ordnungsmaßnahme
des Ausschlusses aus der Nationalmannschaft nicht ausdrücklich erwähnt. Der
Ausschluss wird aber von § 11 Nr. 2 erfasst. Wenn ein Sportler dem Wortlaut dieser
Norm entsprechend vollumfänglich für alle Radrennen gesperrt werden kann, dann
muss auch ein Ausschluss nur aus der Nationalmannschaft möglich sein. Denn ein
Ausschluss aus der Nationalmannschaft bedeutet lediglich eine „Teilsperre“ für
internationale Rennen der Nationalmannschaft; ein eigenes Melderecht zu
anderen nationalen und internationalen Rennen besteht weiterhin. Der Sinn und
Zweck des Bestimmtheitsgebots, nämlich das Vereinsmitglied darüber zu
informieren, was ihm im äußersten Fall droht, wird damit gewahrt.
Die Satzung sieht auch vor, das betroffene Mitglied zu hören (vgl. § 11 Nr. 6 S. 2
der B.-Satzung).
An der Richtigkeit der Tatsachenfeststellung durch die Organe des Beklagten
bestehen keine Bedenken.
Prüfungsgegenstand ist dabei die Sperre in der Gestalt des Urteils des
Rechtsausschusses und der Aussetzungsentscheidung, denn nur in dieser Form
hat sie überhaupt Bestand. Es kommt mithin allein auf die Begründung des
Rechtsausschusses für den zeitweisen Ausschluss aus der Nationalmannschaft an,
der sich ausschließlich auf die vom Kläger initiierte schriftliche Presseerklärung
vom X. gestützt hat.
Insoweit liegt kein unzulässiges Nachschieben von Gründen vor. Die
Presseerklärung wurde nicht erstmals vom Bundesrechtsausschuss als
Begründung für die Sperre herangezogen, sondern findet bereits im
Präsidiumsbeschluss Erwähnung. Soweit der Kläger anführt, dass das Präsidium
diese nur als Indiz für die Haltung des Klägers anführt, übersieht er, dass sich das
Präsidium ausdrücklich auf die öffentlichen Vorwürfe des Klägers und dessen
Weigerung, mit den B.r Fahrern zu fahren, stützt, wie sie sich in der
Presseerklärung finden. Der Bundesrechtsausschuss beanstandet im Übrigen
nicht, dass eine Presseerklärung abgegeben wurde, sondern welchen Inhalt diese
hatte. Damit greift er einen Punkt der Begründung des Präsidiums als
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hatte. Damit greift er einen Punkt der Begründung des Präsidiums als
maßgeblichen Gesichtspunkt für die zu verhängende Sanktion heraus. Im Übrigen
gilt das Verbot des Nachschiebens von Gründen nur, soweit im Verfahren vor den
staatlichen Gerichten erstmals bestimmte Sachverhalte Berücksichtigung finden
(vgl. BGH NJW 1990, 40 f.; OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, 1402), weil nur in diesem
Fall das vereinsinterne Verfahren nicht durchgeführt wurde. Anders ist es zu
beurteilen, wenn wie hier die Gründe noch in einem Verfahren vor der
vereinsinternen Gerichtsbarkeit nachgeschoben werden.
Entgegen der Ansicht des Klägers wurde sein Anspruch auf rechtliches Gehör nicht
verletzt. Der Kläger ist von dem ihm zur Last gelegten Sachverhalt in Kenntnis
gesetzt worden und hatte die Möglichkeit, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen,
Anträge zu stellen und Beweismittel zu benennen (vgl. Haas in:
Haug/Haug/Reschke, a.a.O., Teil B, Kap. 2, Rn. 107). Ausweislich des
Präsidiumsbeschlusses vom 07.08.2003 (Anlage K 4, dort Seite 6) hat der Kläger
schon in einem gemeinsamen Schreiben mit B. und S. vom 05.08.2003 seine
Sicht der Dinge geschildert. Es fand am 07.08.2003 ein ca. zweistündiges
persönliches Gespräch mit ihm und den anderen drei beteiligten Fahrern statt, in
dem sich der Kläger persönlich äußerte. Der Kläger hat nach Einlegung des
Einspruchs mit anwaltlichen Schriftsätzen vom 01.10.2003 (auf 35 Seiten) und
11.11.2003 (auf 17 Seiten) ausführlich zu den Vorwürfen des Beklagten Stellung
bezogen. Außerdem nahm er an den beiden Verhandlungen vor dem
Bundesrechtsausschuss am 18.11. und 19.11.2003 teil und stellte Anträge.
Auch soweit der Kläger allgemein beanstandet, dass der Bundesrechtsausschuss
keinerlei Beweis erhoben und somit den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt
habe, kann ihm nicht gefolgt werden. Welchen Beweismitteln hier nachzugehen
gewesen wäre und welche Tatsachenfeststellung infolge des Unterbleibens falsch
seien sollen, wird nicht angeführt. Es ist daher nicht ersichtlich, inwieweit hier die
angefochtenen Beschlüsse auf einer fehlerhaften Tatsachenfeststellung beruhen
sollen. In seinem Schriftsatz vom 01.10.2003 hat der Kläger zwar bezüglich der
Vorgänge im Zusammenhang mit der Nominierung für die Mannschaftsverfolgung
seine Parteieinvernahme des Klägers bzw. das Zeugnis B., S. und B. angeboten.
Alle vier Sportler wurden jedoch bereits durch das Präsidium gehört. Auch insoweit
ist nicht ersichtlich, welche (falschen) Tatsachen fehlerhaft den Entscheidungen
zugrunde gelegt wurden.
Allerdings hat sich der Bundesrechtsausschuss auch darauf gestützt, dass sich der
Kläger auch nach langen Verhandlungen vor dem Ausschuss immer noch
uneinsichtig gezeigt habe. Eine solche fehlende Einsicht stellt jedoch der Kläger in
Abrede. Demgegenüber lässt sich der Darstellung der Umstände, die zu der
Sperre führten, im vorgerichtlichen Schriftverkehr (wie auch der Darstellung im
vorliegenden Rechtsstreit) entnehmen, dass der Kläger sein Verhalten –
namentlich seine öffentlichen Vorwürfe und Weigerung, mit den B.r Fahrern zu
fahren, wie sie sich in der Presseerklärung finden, weiterhin als berechtigt ansieht.
Diese Haltung lässt sich unter den Begriff der fehlenden Einsicht subsumieren.
Allein der von Kläger angeführte Umstand, dass er von sich aus eine
Verständigung mit dem Beklagten gesucht habe, lässt sein Verhalten in keinem
anderen Licht dastehen.
Schließlich erscheint die hier verhängte Vereinsstrafe inhaltlich angemessen. Zu
Recht wird hier das Verhalten des Klägers als vereinsschädigend bewertet. Er war
nach Ziffer 4.4.5 Abs. 3 der SportO bzw. aufgrund eines Nominierungsvertrages
(vgl. Fritzweiler/Pfister/Summerer, a.a.O., 2. Kap., Rn. 160) bzw. der
Inanspruchnahme der Sporthilfe (vgl. OLG München, NJWE-VHR 1996, 96 (98)
„Katrin Krabbe I“) zur Teilnahme am Wettkampf verpflichtet.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger im Rahmen der Wahrnehmung
berechtigter Interessen gehandelt hätte. Insbesondere berechtigte ihn die von ihm
als ungerecht empfundene Nominierungsentscheidung für den Startkader der
Einerverfolgung nicht zu der Weigerung, mit den B.r Fahrern zu starten.
Selbst wenn man davon ausginge, dass hier die Nominierung B.s für den
Mannschaftskader am 11.06. bzw. 01.07.2003 gegen die eigenen
Nominierungsrichtlinien des Beklagten verstoßen hätte, liegt eine Wahrnehmung
berechtigter Interessen jedenfalls darin nicht begründet, nachdem der Kläger in
der Folgezeit bis einen Tag vor dem Wettkampf (01.08.2003) nicht zu erkennen
gab, dass er die Nominierung B.s für rechtswidrig erachtete. Im Übrigen wäre eine
Wahrnehmung berechtigter Interessen nur bei einem eklatanten Fehlverhalten des
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Wahrnehmung berechtigter Interessen nur bei einem eklatanten Fehlverhalten des
Beklagten denkbar. Dass die Nominierung B.s für den Startkader (ungeachtet der
Frage der ursprünglichen Nominierung für den Mannschaftskader) grob fehlerhaft
und willkürlich war, lässt sich nicht feststellen.
Sportverbänden gebührt bei der Nominierung ein weiter Ermessensspielraum,
denn im Rahmen der Ausgestaltung eines Nominierungssystems sind vielfältige
Umstände zu berücksichtigten und gegeneinander abzuwägen (z.B. Art,
Organisation und Finanzierung des jeweiligen Sportbetriebs), so dass man kaum
davon ausgehen kann, dass nur eine einzige „richtige“ Lösung die verschiedenen
Interessen angemessen zueinander ins Verhältnis setzt (vgl. Haas in:
Haug/Haug/Reschke, a.a.O., Teil B, Kap. 2, Rn. 63 unter Verweis auf den EuGH). Ein
Nominierungsanspruch kommt allenfalls nach § 242 BGB i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG
i.V.m. der Nominierungsrichtlinie bzw. §§ 20 Abs. 1, 33 GWB in Betracht (vgl.
Fritzweiler/Pfister/Summerer, a.a.O., 2. Kap., Rn. 128 f.). Dass hier bei der
Nominierung aus dem Pool des Mannschaftskaders eine Ungleichbehandlung
vorgenommen bzw. gegen eigene Nominierungskriterien verstoßen wurde, ist
nicht ersichtlich.
An einem Verschulden des Klägers bestehen keine Bedenken. Der Kläger wusste
als erfahrener Athlet, der bereits an vielen internationalen Wettkämpfen
teilgenommen hat, dass er ohne Abstimmung mit dem Beklagten mit derartigen
negativen Erklärungen nicht an die Öffentlichkeit treten darf. Er kannte seine
Stellung als herausragender Sportler und seine Vorbildfunktion und wusste,
welches Gewicht seiner Erklärung beigemessen würde. Zudem war ihm bekannt,
dass die WM im eigenen Land stattfand, der Mannschaftsvierer wie in den Jahren
zuvor als Titelfavorit galt und das Medieninteresse entsprechend noch größer als
gewöhnlich sein musste. Die schädliche Wirkung der Erklärung konnte ihm dabei
nicht verborgen bleiben. Denn die Erklärung offenbarte zum einen die internen
Auseinandersetzungen im Verband sowie den mangelnden Teamgeist. Zum
anderen wies die Erklärung bereits mittelbar auf eine Absage des Starts in der
Mannschaftsverfolgung hin, die einen erheblichen Imageverlust für den Beklagten
bedeutete. Denn auf Grund der starken körperlichen Belastung in der
Mannschaftsverfolgung und des Risikos eines Ausfalls kann ein solches Rennen nur
mit mehr Fahrern als der Minimalzahl von vier bestritten werden. Die Bedingung,
nicht mit B. und F. starten zu wollen, kam deshalb einer Verweigerung gleich. Mit
einem Hinweis auf die Verletzung der Nominierungskriterien konnte der Kläger den
Schritt an die Presse nicht rechtfertigen. Denn eine Diskussion der Gültigkeit der
Nominierungsrichtlinien war dem Kläger bereits für die Zeit nach der WM vom
Beklagten zugesagt worden. Für den Start in der Mannschaftsverfolgung war er
vorgesehen; er musste damit nicht mit weiteren Nachteilen rechnen. Ihm war es
deshalb zumutbar, eine Aussprache nach der WM abzuwarten. Im Ergebnis ließ die
eigenmächtige Presseerklärung das Verantwortungsbewusstsein vermissen,
welches von einem Ausnahmeathleten wie dem Kläger erwartet werden konnte. Er
handelte damit schuldhaft.
Der zeitweise Ausschluss aus der Nationalmannschaft stellt sich sowohl
hinsichtlich der Auswahl der Sanktion wie auch in zeitlicher Hinsicht nicht als
unverhältnismäßig dar. Es kann dabei dahinstehen, ob die ursprüngliche Dauer
von zwei Jahren bzw. von einem Jahr und fünf Monaten auch in Ansehung üblicher
Sperrfristen etwa in Doping-Fällen angemessen war. Nach Aussetzung der Sperre
nach fünf Monaten war diese nicht mehr existent. Die Selbstkorrektur durch das
Präsidium des Beklagten wurde auch in der Öffentlichkeit bekanntgegeben. Das
negative Werturteil kam daher nur in diesem Ausmaß zum Ausdruck. Unter
Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere des Ausmaßes des Verschuldens
des Klägers, seiner Enttäuschung nach der Nominierung B.s für die
Einerverfolgung, die Verbundenheit mit seinem Trainer L-, der in seiner Email vom
30.07.2003 ein „Signal“ forderte, und eine mögliche Gruppendynamik bei den T.r
Fahrern, erscheint die Sanktion angemessen und erforderlich.
Eine Verletzung der Rechte des Klägers ist somit nicht gegeben.
Bezüglich des Antrages zu 4. liegen die Voraussetzungen für einen
Schadensersatzanspruch gemäß §§ 280 Abs. 1, 823 BGB nicht vor. Es fehlt an
einer kausalen Pflichtverletzung bzw. unerlaubten Handlung des Beklagten.
Auf die Sperre kann der Kläger seinen Anspruch nicht stützen, da diese
rechtmäßig war. Entsprechendes gilt für die Nichtnominierung für die
Einerverfolgung bei der WM 2003 bzw. die Nichtberücksichtigung bei Wettkämpfen
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Einerverfolgung bei der WM 2003 bzw. die Nichtberücksichtigung bei Wettkämpfen
ab 2004. Da in den Nichtnominierungen anders als in der Sperre kein negatives
Werturteil zum Ausdruck kommt, ist nicht ersichtlich, dass diese sich über den
durch die Sperre bewirkten Ansehensverlust hinaus eigenständig
einnahmemindernd ausgewirkt haben. Insbesondere lässt sich nicht feststellen,
dass die Nichtnominierungen (ungeachtet der Frage der Rechtmäßigkeit) für sich
alleine zu dem vom Kläger behaupteten Schaden geführt haben. Es fehlt somit an
der Kausalität.
Schließlich liegen die Voraussetzungen für den mit Antrag zu 5. geltend
gemachten Schmerzensgeldanspruch (§§ 253, 280 Abs. 1, 823 BGB) nicht vor.
Soweit der Kläger pauschal auf die „verfälschte und einseitige, subjektive und
gegenüber der Person des Klägers herabwürdigende Darstellung“ seitens des
Beklagten in seiner Pressearbeit verweist, genügt der Kläger seiner Darlegungslast
nicht. Insoweit bezieht er sich ausschließlich auf verschiedene Berichte der Presse
in Anlage K 55. Diese Zeitungsartikel lassen zwar erkennen, dass die Presse von
einem erheblichen Verschuldensanteil des Klägers für die Absage des
Mannschaftvierers bei der WM ausgeht. Es wird aber nicht deutlich, inwieweit diese
Artikel auf eine verfälschte Pressearbeit des Beklagten zurückzuführen sind. Die
Darstellung kann ebenso auf eigenen Wahrnehmungen und Bewertungen seitens
der Presse, insbesondere der Presseerklärung des Klägers zusammen mit B., B.
und S. vom X, beruhen. Soweit sich der Kläger namentlich darauf stützt, dass er
seitens des Beklagten als „Boykotteur“ und „Meuterer“ in der Öffentlichkeit
dargestellt worden sei, dem es am notwendigen „Teamgeist“ fehle, ist – die
Richtigkeit unterstellt – nicht ersichtlich, dass es sich insoweit um unwahre
Tatsachenbehauptungen bzw. schmähende Werturteile handelt, nachdem in der
Presseerklärung des Klägers eine kollektive Verweigerungshaltung zum Ausdruck
kam.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 S. 1 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.