Urteil des LG Frankfurt am Main vom 31.01.2007
LG Frankfurt: silber, treu und glauben, zugesicherte eigenschaft, ware, rückgabe, kaufvertrag, bad, verkehrswert, kategorie, kunst
1
2
3
Gericht:
LG Frankfurt 16.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2-16 S 3/06, 2/16
S 3/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 281 BGB, § 433 BGB, § 434
BGB, § 437 Nr 3 BGB
Beschaffenheitsangabe bei eBay-Angebot;
Schadensersatzanspruch
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Bad Homburg v. d.
H. vom 14. Dezember 2005, Az.: 2 C 3382/04 (22), abgeändert und zur
Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 720,- Euro nebst Zinsen in Höhe von 5,0
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 681,- Euro seit dem 8. März 2005
Zug um Zug gegen Rückgabe des Teeservices, bestehend aus einer Teekanne,
einem Tablett und sechs silberfarbenen Teegläsern zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Kaufvertrag, der über die Plattform
Ebay geschlossen wurde.
Die Beklagte bot im April 2003 ein Teeservice, bestehend aus je einer Teekanne,
einem Tablett sowie 6 Tassen bei dem Onlineauktionshaus ebay zum Verkauf an.
Das Service wurde in der Rubrik "Kunst und Antiquitäten: Silber: 800 bis 925"
eingestellt und mit den Worten "Echt Silbernes Teeservice!! Neu!! TOP QUALITÄT "
beworben. Am 13.04.2003 ersteigerte der Kläger das Service zu einem Preis von
30,50 EUR. Die Beklagte übersandte dem Kläger nach Überweisung des
Kaufpreises und der Versandkosten (8,50 EUR) die Ware. Mit Schreiben vom
29.11.2004 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass die gelieferte Ware nicht aus
Silber sei und damit nicht dem Angebot entspreche. Er verlangte Nacherfüllung,
hilfsweise Schadensersatz, seinerzeit in Höhe von 450 EUR. Die Beklagte bot dem
Kläger an, das Service gegen Übernahme der Versandkosten zurückzunehmen
und die 30,50 EURO zurückzuzahlen. Nach ergebnislosem Ablauf der vom Kläger
gesetzten Frist, erhob er vor dem Amtsgericht Bad Homburg v.d.H. Klage auf
Schadensersatz in Höhe von 720,-- EUR Zug um Zug gegen Rückgabe des
Services.
Der Kläger behauptet, er habe das Service von einem Juwelier überprüfen lassen.
Dieser habe festgestellt, dass das Service mit einem Gesamtgewicht von 920
Gramm nicht aus Silber, sondern aus einem nicht näher bestimmbaren Metall
bestehe. Deshalb sei ihm, dem Kläger, ein Schaden in Höhe des Marktpreises
eines vergleichbaren silbernen Services entstanden. Der Kläger ist der Ansicht, er
habe wegen § 2 Abs. 1 des Gesetzes über den Feingehalt der Gold- und
Silberwaren davon ausgehen dürfen, dass die angebotene Kaufsache über einen
4
5
6
7
8
9
10
11
12
Silberwaren davon ausgehen dürfen, dass die angebotene Kaufsache über einen
Mindestfeingehalt von 800/1000 Anteilen Silber verfüge. Um den Schadensersatz
zu ermitteln, sei zunächst der Neuwert der angebotenen Ware festzustellen, der
sich aus dem Wert des verarbeiteten Silber, den Lohnkosten für den Silberschmied
sowie dem üblichen Fachhandelaufschlag von 100% zzgl. Mehrwertsteuer
zusammensetze. Sodann sei ein Abschlag in Höhe von 40% vorzunehmen, weil die
Ware nicht als Neuware angeboten worden sei. Zum Neuwert behauptet er, der
Börsenpreis pro Gramm Feinsilber habe am 08.03.2005 0,183 EUR betragen. Mit
den Fertigungskosten für den Silberschmied ergäben sich Herstellungskosten in
Höhe von 524,32, zu denen ein 100% Handelsaufschlag und 16% Mehrwertsteuer
zu addieren seien. Abzüglich von 40% für Gebrauchtwaren ergebe sich ein
berechneter Schaden in Höhe von 729,58 EUR
Die Beklagte behauptet, sie habe das Angebot nach bestem Wissen und Gewissen
erstellt. Sie habe das Service von ihrer Mutter geschenkt bekommen. Dies habe
erzählt, es bestehe aus Silber und sie habe dafür viel Geld bezahlt. Die Beklagte
habe keinen Grund gehabt, an diesen Angaben zu zweifeln. Aus ihrer Laiensphäre
habe sie das Teeservice auch als echt silbern angesehen. Eine Eigenschaft habe
sie mit ihren Angaben bei ebay nicht zusichern wollen.
Sie ist der Ansicht, der Kläger sei vom Vertrag zurückgetreten und könne deshalb
keinen Schadensersatz verlangen.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Amtsgericht der Klage hinsichtlich eines
Betrags von 39 EUR "nebst Rückgabe des silberfarbenen Teeservice mit Teekanne,
Tablett und sechs silberfarbenen Teegläsern" stattgegeben und dies im
wesentlichen damit begründet, der Kläger habe den Schaden in der begehrten
Höhe nicht dargelegt. Er könne den Schaden nicht durch Vergleich mit dem Markt-
oder Verkehrswert berechnen, weil diese Möglichkeit nur Gewerbetreibenden offen
stehe. Stattdessen müsse er seinen Schaden konkret darlegen, d.h. eine
entgangene Geschäftsgelegenheit aufzeigen. Die Stattgabe im tenorierten
Umfang folge schon daraus, dass die Beklagte sich bereiterklärt habe, das
Teeservice gegen Kostenerstattung zurückzunehmen. Hieran sei sie nach Treu
und Glauben gebunden.
Mit der Berufung verlangt der Kläger zusätzlich zum vom Amtsgericht tenorierten
Anspruch Zahlung von 681 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz seit Klagezustellung. Er rügt die Rechtsanwendung durch das
Amtsgericht und weist darauf hin, er sei so zu stellen wie er stehen würde, wenn
die Beklagte ordnungsgemäß geliefert hätte. Hätte die Beklagte dem Kläger ein
Teeservice aus Silbermaterial geliefert, hätte dies einen Verkehrswert von etwa
720 EUR gehabt. Im Übrigen behauptet er, er handele mit Silberwaren. Er kaufe
diese bei Auktionen und verkaufe sie – teils freihändig, teils wiederum in Auktionen
– weiter. Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts Bezug
genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens
des Sachverständigen J. M. (Bl. 147ff. d.A.).
II.
Die zulässige Berufung ist begründet, dem Kläger steht der geltend gemachte
Anspruch auf Schadensersatz nach §§ 434, 437 Nr. 3, 281 BGB zu, da die
Kaufsache einen Mangel i.S.v. § 434 Abs. 1 BGB hatte und die Beklagte eine
Nachlieferung verweigert hat.
Zwischen den Parteien ist zunächst ein Kaufvertrag (§ 433 BGB) über ein
Teeservice aus echtem Silber zustande gekommen. Die Beklagte hat durch
Einstellen des Services bei ebay ein Angebot auf Abschluß des Vertrags
abgegeben, die Annahmeerklärung liegt in dem online abgegebenen Höchstgebot
durch den Kläger.
Das von der Beklagten gelieferte Service bestand nicht aus echtem Silber,
weshalb es mit einem Sachmangel behaftet ist, weil es nicht die vereinbarte
Beschaffenheit hatte (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dass hier kein Service aus Silber
vorliegt, ergibt sich aus dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen
Mies, der dies aufgrund einer chemisch-physikalischen Prüfung des Materials
festgestellt hat. Zur vereinbarten Beschaffenheit gehörte aber, dass das Service
13
14
15
16
17
festgestellt hat. Zur vereinbarten Beschaffenheit gehörte aber, dass das Service
aus echtem Silber ist. Die Beklagte hat das Teeservice sowohl in der Überschrift
des Angebots mit "Echt Silbernes Teeservice" angepriesen, als auch in der
Artikelbeschreibung als "echt silbernes Teeservice" bezeichnet. In der Folge durfte
der Kläger berechtigterweise annehmen, dass das Teeservice diese Eigenschaft
aufweist und im Hinblick darauf sein Gebot abgeben (vgl. zur Angabe "Goldbarren"
als zugesicherte Eigenschaft OLG Frankfurt, Urteil vom 25.06.1997, Az. 21 U
159/96, zitiert nach Juris).
Die Einwände, die die Beklagte gegen eine entsprechende
Beschaffenheitsvereinbarung anführt, greifen nicht durch. Soweit sie meint, sie
habe das Teeservice aus ihrer Laiensphäre als echt silbern angesehen und das
Angebot deshalb fahrlässig so formuliert, ändert dies nichts an der
Beschaffenheitsvereinbarung, wobei es auf ein Verschulden insofern nicht
ankommt. Die Beklagte hat den in ebay eingestellten Artikel in einer bestimmten
Weise beschrieben und muss sich daran festhalten lassen (vgl. zur Pflicht zur
vollständigen und richtigen Angebotsbeschreibung auch AG Kehl, Az. 4 C 290/03,
zitiert nach Juris). Dass die Artikelbeschreibungen wahrheitsgemäß zu sein haben
und die Angebote richtig und vollständig beschrieben werden müssen, ergibt sich
auch aus § 8 Nr. 4 der allgemeinen Grundsätze von ebay (vg. Bl. 7 d.A.), die die
Beklagte vor Beginn der Auktion kannte bzw. kennen musste. Die Beklagte konnte
in der Folge auch nicht davon ausgehen, ihre Angaben seien letztlich
unverbindlich. Hinzu kommt, dass die Beklagte das Teeservice nicht nur als echt
silbern beschrieben hat, sondern es auch in der Kategorie "Kunst & Antiquitäten:
Silber: Silber, 800er-925er:Kaffee-& Teegeschirr" eingestellt hat und damit letztlich
beabsichtigte, dass das Teeservice von potentiellen Bietern, die in dieser Kategorie
gezielt suchen, für echt silbern gehalten wird. Der niedrige Startpreis von 5 EUR
ändert nichts an dieser Einordnung. Vielmehr ist es bei ebay durchaus üblich, dass
hochwertige Gegenstände mit niedrigem Startpreis eingestellt werden. Aus einem
niedrigen Startpreis lässt sich jedenfalls kein Rückschluß auf den Wert der Sache
ziehen.
Ist das Teeservice damit nicht aus Silber, hat die Beklagte durch die Lieferung
eines nichtsilbernen Services ihre Leistungspflicht aus dem Kaufvertrag verletzt.
Die Voraussetzungen für einen Schadensersatz dem Grunde nach liegen vor (§§
433 Abs. 1, 434, 437 Nr. 3, 281 BGB). Insbesondere wird – entgegen der
Auffassung der Beklagten – der Schadensersatz durch den erklärten Rücktritt nicht
ausgeschlossen (vgl. § 325 BGB; Putzo, in: Palandt, BGB, 66. Aufl. (2007), § 437
BGB, Rn. 27) und der Kläger hat – jedenfalls mit Schreiben vom 29. November
2004 (Bl. 18 d.A.) – Nacherfüllung im Sinne der §§ 439 und 281 BGB verlangt. Dies
hat die Beklagte verweigert.
Der zu ersetzende Schaden ist auf das positive Interesse gerichtet. Der Anspruch
soll den durch die Nichterfüllung entstandenen Schaden ausgleichen, d.h. der
Kläger ist so zu stellen, wie er stehen würde, wenn der Schuldner den Vertrag
ordnungsgemäß erfüllt hätte. In der Folge ist der Schaden nach den §§ 249 ff. BGB
grundsätzlich konkret zu berechnen. Konkreter Schaden ist dabei auch die
ausbleibende Vermögensmehrung (vgl. Heinrichs, in: Palandt, Vorb v § 249 BGB,
Rn. 50; OLG Hamm, Urteil vom 10.03.1995, Az. 19 U 206/94, zitiert nach Juris). Es
kommt deshalb auf den Wert der Sache zum Zeitpunkt der Internetauktion an (vgl.
OLG Oldenburg, Urteil vom 28.07.2005, Az. 8 U 93/05, NJW 2005, 2556 f.). Auf
dieser Grundlage kann der nicht belieferte Käufer als Schaden die Differenz
zwischen Vertragspreis und Marktwert verlangen, er kann auch konkret darlegen,
dass ein geplanter Weiterverkauf nicht durchgeführt werden konnte (vgl. Heinrichs,
in: Palandt, § 281 BGB, Rn. 26). Hier hat der Sachverständige dargelegt, dass der
Marktwert eines entsprechenden echten Services jedenfalls dem mit der Klage
geltend gemachten Betrag entspricht. Dem schließt sich die Kammer an, zumal
die Angaben des Sachverständigen logisch begründet und gut nachvollziehbar
sind. Da es damit auf den reinen Metallwert nicht ankommt, war auch keine
Ergänzung des Gutachtens geboten, da dieser Wert unerheblich ist.
Da der Kläger den großen Schadensersatz geltend macht, war, wie bereits vom
Amtsgericht tenoriert, die Zahlungsverpflichtung nur Zug um Zug gegen
Rückgabe des Services auszusprechen.
Die Zinsentscheidung ergibt sich aus § 291 BGB, wobei der Kläger hinsichtlich des
vom Amtsgericht ausgeurteilten Betrags von 39,- Euro die Abweisung des
Zinsanspruchs hat rechtskräftig werden lassen.
18
19
20
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO, wobei das teilweise
Unterliegen hinsichtlich der Zinsen kostenneutral ist (§ 4 Abs. 1 ZPO).
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10
ZPO i.V.m. § 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da weder eine grundsätzliche Bedeutung der
Sache gegeben ist (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) noch zur Fortbildung des
Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung
des Bundesgerichtshofs erforderlich ist (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.