Urteil des LG Frankfurt am Main vom 13.03.2003

LG Frankfurt: öffentliches register, täuschung, versendung, die post, gestaltung, unternehmen, irrtum, anklageschrift, geschäftsverkehr, tatverdacht

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Gericht:
OLG Frankfurt 1.
Strafsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 Ws 126/02
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 263 StGB
(Betrugstatbestand: Konkludente Täuschung durch
Versendung rechnungsähnlicher Angebotsschreiben)
Leitsatz
Die Versendung von rechnungsähnlich gestalteten Angebotsschreiben mit dem Ziel,
dem Empfänger vorzutäuschen, dass es sich dabei um die Rechnung für eine zuvor
erfolgte Eintragung in ein öffentliches Register handelt, kann eine Täuschungshandlung
im Sinne von § 263 StGB darstellen (Änderung der Senatsrechtsprechung im Anschluss
an BGH NStZ 01, 430).
Tenor
Das Hauptverfahren wird im Umfang der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft bei
dem Landgericht Frankfurt am Main vom 15.06.2001 vor dem Landgericht
Frankfurt am Main –29. Strafkammer- eröffnet und die Anklage zur
Hauptverhandlung zugelassen.
Die Bestimmung der berufsrichterlichen Besetzung in der Hauptverhandlung (§ 76
Abs. 2 GVG) bleibt der Strafkammer vorbehalten.
Gründe
In der Anklageschrift vom 15.06.2001 wird dem Angeschuldigten R. T. zur Last
gelegt, im Rahmen eines Gesamtkonzepts in der Zeit vom 04.01.1998 bis
24.04.2001 in insgesamt 2.600 Fällen durch die Versendung von rechnungsähnlich
gestalteten Angebotsschreiben deren Empfängern vorgetäuscht zu haben, dass
es sich dabei um die Rechnungen für deren zuvor erfolgte Eintragung in ein
öffentliches Register handelte, obwohl die Schreiben tatsächlich nur eine Offerte
zur Eintragung in ein von dem Angeschuldigten erstelltes Privatregister enthielten,
und die Empfänger dadurch planmäßig zur Zahlung des in den Schreiben
angegebenen Betrages veranlasst zu haben.
Den Angeschuldigten E. T. und B. T. wird jeweils vorgeworfen, dem
Angeschuldigten R. T. hierzu Hilfe geleistet zu haben, und zwar die Angeschuldigte
E. T. in 27 Fällen und der Angeschuldigte B. T. in 10 Fällen jeweils durch die
Eröffnung von Konten für die aufgrund der versandten Formulare erwarteten
Geldeingänge.
Mit Beschluss vom 05.04.2002 hat die 29. Strafkammer des Landgerichts
Frankfurt am Main die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt. Es hat die
Annahme, in der Versendung der in der Anklageschrift bezeichneten
Angebotsschreiben liege eine Täuschungshandlung i.S.d. § 263 StGB, verneint.
Nach Ansicht des Landgerichts stellen sich die Schreiben nach der
Verkehrsanschauung und dem objektiven Empfängerhorizont trotz ihrer
rechnungsähnlichen Gestaltung nicht als Rechnung dar, da sich der
Angebotscharakter aus dem Text sowie den auf der Rückseite der Schreiben
befindlichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen eindeutig ergebe. Dabei stellt das
Landgericht darauf ab, dass es sich bei den Adressaten um Kaufleute und damit
um im Geschäftsverkehr erfahrene Adressaten handele, deren Aufgabe es sei,
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um im Geschäftsverkehr erfahrene Adressaten handele, deren Aufgabe es sei,
Rechnungen hinsichtlich ihrer geschäftlichen Grundlage zu kontrollieren. Der
rechnungsähnlichen Gestaltung der Schreiben hat es unter diesen Umständen
keinen eigenen, eine Täuschungshandlung begründenden Erklärungswert
beigemessen.
Gegen diese Entscheidung hat die Staatsanwaltschaft am 15.04.02 sofortige
Beschwerde eingelegt.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 210 Abs. 2 StPO zulässig und begründet.
Das Hauptverfahren war zu eröffnen, da eine Verurteilung der Angeklagten gemäß
§ 203 StPO hinreichend wahrscheinlich ist. Der hinreichende Tatverdacht gründet
sich auf die in der Anklage genannten Beweismittel.
In der Versendung der hier zu beurteilenden Angebotsschreiben liegt nach
Auffassung des Senats in Anlehnung an die Entscheidung des BGH vom
26.04.2001 (NStZ 2001, 430 ff) auch unter Beachtung der engen Wortlautbindung
im Strafrecht eine Täuschungshandlung i.S.d. § 263 StGB.
Soweit der Senat in seinem Beschluss vom 24.07.2000 –1 Ws 68/00- die Annahme
einer Täuschungshandlung durch Versendung von rechnungsähnlich gestalteten
Angebotsschreiben mit dem Hinweis, dass der Angebotscharakter bei näherer
Betrachtung der Schreiben erkennbar gewesen sei, abgelehnt hatte, hält er an
dieser Auffassung in Anbetracht der neueren Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs nicht länger fest. Der Bundesgerichtshof hat in seiner
Entscheidung vom 26.04.2001 die grundsätzliche Möglichkeit einer konkludenten
Täuschung durch Zusendung von rechnungsähnlichen Angebotsschreiben
ausdrücklich bejaht, wenn der Täter die Eignung einer - inhaltlich richtigen -
Erklärung, einen Irrtum hervorzurufen, planmäßig einsetzt und damit unter dem
Anschein „äußerlich verkehrsgerechten Verhaltens“ gezielt die Schädigung des
Adressaten verfolgt und dabei auch die Fälle eingeschlossen, in denen der
Adressat bei sorgfältiger Prüfung den wahren Charakter des Schreibens hätte
erkennen können. Dem hat sich der 2. Senat des Oberlandesgerichts Frankfurt
angeschlossen und - was der 4. Senat des Bundesgerichtshofs in der
vorgenannten Entscheidung im Hinblick auf die frühere Entscheidung des 5.
Senats vom 27.02.1979 (NStZ 1997, 186-187) ausdrücklich offen gelassen hat -
eine Täuschung auch dann bejaht, wenn es sich bei den Adressaten der
Angebotsschreiben um im Geschäftsverkehr erfahrene Adressaten, insbesondere
Kaufleute, handelt. Dieser Auffassung schließt sich der Senat aus den
nachfolgenden Erwägungen an.
Eine Täuschungshandlung im Sinne des § 263 StGB ist jede Einwirkung des Täters
auf die Vorstellung des Getäuschten, welche objektiv geeignet und subjektiv
bestimmt ist, beim Adressaten eine Fehlvorstellung über tatsächliche Umstände
hervorzurufen (BGH NStZ 2001, 430). Sie besteht in der Vorspiegelung falscher
oder in der Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen. Als Tatsache in
diesem Sinne ist nicht nur das tatsächliche, sondern auch das angeblich
Geschehene oder Bestehende anzusehen, sofern ihm das Merkmal der objektiven
Bestimmtheit und Gewissheit eigen ist. Danach ist Täuschung zunächst jedes
Verhalten, das objektiv irreführt oder einen Irrtum unterhält und damit auf die
Vorstellung eines anderen einwirkt. Dabei kann die Täuschung außer durch
bewusst unwahre Behauptungen auch konkludent durch irreführendes Verhalten,
das nach der Verkehrsanschauung als stillschweigende Erklärung aufzufassen ist,
erfolgen. Davon ist auszugehen, wenn der Täter zwar die Unwahrheit nicht
expressis verbis zum Ausdruck bringt, sie aber nach der Verkehrsanschauung
durch sein Verhalten miterklärt (vgl. BGH a.a.O. m.w.N.). Diese Voraussetzungen
werden durch die von dem Angeschuldigten R. T. versandten Angebotsschreiben
erfüllt.
Bei objektiver Betrachtungsweise und nach der Verkehrsanschauung ist in diesen
Schreiben miterklärt, dass es sich dabei um amtliche Rechnungen für
vorangegangene Eintragungen der Adressaten in amtliche Register handelt. Die
optische Gestaltung der Schreiben sowie die Verwendung und das Arrangement
typischer Rechnungsmerkmale, wie beispielsweise die Hervorhebung einer
individuellen „Belegnummer“ bzw. eines „Kassenzeichens“, die Aufschlüsselung
des zu zahlenden Betrages nach Netto- und Bruttosumme, die Hervorhebung der
Zahlungsfrist durch Fettdruck und die Beifügung eines ausgefüllten
Überweisungsträgers, erwecken für den Empfänger auf den ersten Blick den
Eindruck einer amtlichen Rechnung. Dieser Eindruck wird durch die Wiedergabe der
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Eindruck einer amtlichen Rechnung. Dieser Eindruck wird durch die Wiedergabe der
zuvor tatsächlich in das jeweilige amtliche Register eingetragenen Daten, die auch
auf den jeweiligen Überweisungsträgern unter der Rubrik „Verwendungszweck“
aufgeführt sind, verstärkt und ist insgesamt in einem solchen Maße prägend, dass
demgegenüber die kleingedruckten Hinweise auf den Angebotscharakter des
Schreibens völlig in den Hintergrund treten. Dem steht nicht entgegen, dass für
die amtlichen Eintragungen zum großen Teil bereits Vorkasse zu leisten ist. Denn
die Verwendung von Begriffen wie „Zentralregister für Gewerbeeintragungen“,
„Zentrales Datenregister für Gewerbedaten“ und „Firmeneintragung im
Deutschen Gewerberegister“, die amtlichen Bezeichnungen zum Verwechseln
ähnlich sind, verleiht den rechnungsähnlich gestalteten Schreiben jeweils ein
offizielles Gepräge nach Art eines Behördenschreibens und erweckt damit beim
Leser Vertrauen in die Richtigkeit der vermeintlichen Rechnungsstellung (vgl.
Mahnkopf/Sonnenberg, NStZ 1997, 187).
Der durch diese Gestaltung der Schreiben hervorgerufene prägende
Gesamteindruck einer Rechnung wird durch kleinere Abweichungen, wie z.B. die
zum Teil unterschiedlich gestaltete Anordnung des Wortes „Annahme“ im
Zusammenhang mit der hervorgehobenen Zahlungsfrist oder das Weglassen
einzelner Rechnungsmerkmale, nicht beeinträchtigt. Denn es ist nicht auf die
jeweiligen Einzelmerkmale der Anschreiben abzustellen, sondern auf den
planmäßig vermittelten Gesamteindruck der Aufmachung „nach Art einer
Rechnung“ (vgl. BGH a.a.O. m.w.N.). Dies gilt auch für die in den Fällen 2137 und
2251 der Anklage verwendeten Formulare. Zwar weichen diese mit
„Firmeneintragung im Deutschen Gewerberegister“ überschriebenen
Angebotsschreiben, welche sich auf ein „FGR-Gewerberegister“ beziehen, in ihrer
optischen Gestaltung von den in der Anklage beschriebenen Angebotsschreiben
ab. Sie vermitteln jedoch aufgrund der auch hier verwendeten
Rechnungsmerkmale sowie der optisch durch Fettdruck und Großschrift
hervorgehobenen Eintragungsdaten aus dem amtlichen Register den prägenden
Gesamteindruck einer Rechnung, der durch die in Kleindruck gehaltenen Hinweise
auf ihren Angebotscharakter nicht ausgeräumt wird.
Dass sich der Angebotscharakter all dieser Schreiben bei genauem Hinsehen
insbesondere aus den beigefügten allgemeinen Geschäftsbedingungen ergibt,
beseitigt die - für den angestrebten Irrtum kausale - tatbestandliche Täuschung
nicht (vgl. BGH, a.a.O.). Der Adressat eines Schreibens, das die im
Geschäftsverkehr übliche Form einer Rechnung hat, darf insoweit nach der
objektiven Anschauung des Geschäftsverkehrs darauf vertrauen, dass es sich
auch tatsächlich um eine Rechnung handelt (vgl. Garbe, NJW 1999, 2868 <2869>).
Dies gilt auch dann, wenn es sich bei den Adressaten um kaufmännische
Unternehmen handelt. Soweit die Rechtsprechung für die Annahme einer
objektiven Täuschung unter anderem auf die auf Seiten des Erklärungsadressaten
zu erwartende - typisierte- Sorgfaltspflicht abstellt (vgl. BGH NStZ 1997, 186 f.), ist
es angesichts des prägenden Gesamteindrucks der hier in Frage stehenden
Angebotsschreiben nicht fern liegend, dass auch geschäftserfahrene Adressaten
sie mit einer Rechnung verwechseln. Denn aufgrund des durch die
rechnungsähnliche Gestaltung der Schreiben in Verbindung mit der Wiedergabe
der amtlichen Eintragung erweckten Eindrucks einer amtlichen Rechnung hat auch
der im Geschäftsverkehr erfahrene Empfänger keine Veranlassung, sich mit dem
Text des Schreibens genauer zu befassen und sich über den Grund der
vermeintlichen Rechnungsstellung zu vergewissern. Es ist schließlich nicht
ungewöhnlich, dass selbst der geschäftserfahrene Adressat eines in der
vorstehend geschilderten Art gestalteten Schreibens dieses nicht besonders
aufmerksam liest und sich durch dessen Gestaltung täuschen lässt. Diese
Einschätzung findet bereits in den §§ 3 und 24 AGBG, deren Rechtsgedanke nach
der Neufassung in den §§ 305c und 310 Abs. 1 S. 1 BGB fortgeführt wird, ihren
Niederschlag, indem auch der Unternehmer vor dem Inhalt des „Kleingedruckten“,
wenn es in ungewöhnlicher Weise von dem äußeren Erscheinungsbild eines
Vertrages abweicht, gesetzlich geschützt wird.
Hier kommt hinzu, dass die Annahme, die Angebotsschreiben würden nur von
geschäftlich erfahrenen Personen gelesen, nicht mit der üblichen Geschäftspraxis
übereinstimmt, was durch die Angaben der Anzeigeerstatter belegt wird. Beim
Eingang entsprechender Schreiben prüft in der Regel derjenige, der die Post öffnet,
ob es sich um eine Rechnung handelt oder nicht. Geschäftserfahrenen Kaufleuten
werden diese gar nicht erst vorgelegt. Zudem liegt, was ebenfalls durch die
Angaben der Anzeigenerstatter bestätigt wird, in größeren Unternehmen die
Erteilung von Aufträgen der hier in Rede stehenden Art und deren Begleichung
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Erteilung von Aufträgen der hier in Rede stehenden Art und deren Begleichung
vielfach in verschiedenen Händen. Die für die Zahlung zuständige Abteilung eines
Betriebes, der insbesondere bei größeren Unternehmen auf eine Arbeitsteilung
angewiesen und betriebsstrukturell konzipiert ist, begleicht demgemäß die
vermeintliche Rechnung im Vertrauen auf einen entsprechenden Vertragsschluss
durch die hierfür betriebsintern zuständige Stelle (vgl. auch Mahnkopf/Sonnenberg,
a.a.O.).
Diese objektiv zur Täuschung geeigneten Angebotsschreiben waren auch subjektiv
zur Täuschung bestimmt. Ihre Erstellung und Versendung erfolgte absichtlich und
planmäßig im Rahmen eines Gesamtkonzeptes, welches gezielt darauf angelegt
war, mit den an sich inhaltlich wahren, aber zur Irrtumserregung geeigneten
Schreiben unter dem Anschein äußerlich verkehrsgerechten Verhaltens bei den
Adressaten Missverständnis und Irrtum hervorzurufen und sie zur Zahlung zu
veranlassen. Aus der vorstehend geschilderten Gestaltung der Schreiben wird
deutlich, dass der Angeschuldigte gerade eine vermeintlich noch zulässige
Fassung der Schreiben wählte, um trotz des angestrebten Irrtums auf Seiten des
jeweiligen Empfängers in juristisch möglichst wenig angreifbarer Weise einen
Vertragsschluss und eine Zahlung zu erreichen. Der isoliert wahre Inhalt der
Schreiben diente unter diesen Umständen lediglich als "Fassade", um die von
vornherein in betrügerischer Absicht angestrebte Zahlung nach außen hin als
vertraglich geschuldet und damit als rechtmäßig erscheinen lassen zu können (vgl.
auch Mahnkopf/Sonnberg, a.a.O., S. 188).
Die vorgenannten Schreiben führten in den angeklagten Fällen auch zu
irrtumsbedingten Vermögensverfügungen, da die jeweiligen Empfänger die
Schreiben diese bestimmungsgemäß als Rechnung für die vorangegangene
Eintragung ins amtliche Register ansahen und aufgrund der vermeintlichen
Zahlungsverpflichtung den darin geforderten Betrag zahlten. Die irrtumsbedingte
Zahlung führte auch jeweils zu einem Vermögensschaden. Für die Bestimmung
des Vermögensschadens ist allein der nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu
bestimmende Wertvergleich zwischen Leistung und Gegenleistung entscheidend
(BGHSt 22, 88, 89). Im Rahmen dieses Wertvergleichs stellt sich die als
Gegenleistung vorgenommene Eintragung in das von dem Angeschuldigten R. T.
geführte Privatregister aus Sicht eines objektiven Betrachters unter
Berücksichtigung der Gesamtumstände als nahezu wertlos dar. Die
Zusammensetzung des Registers hängt zum einen mehr oder weniger zufällig
davon ab, welche Unternehmen sich haben eintragen lassen. Zum anderen
übersteigt der Informationsgehalt des Registers nicht den des Handelsregisters
oder eines gewöhnlichen Telefonbuchs. Bereits der Umstand, dass der
Angeschuldigte R. T. problemlosen Zugang zu den Adressen und Registerdaten
der von ihm angeschriebenen Adressaten hatte, zeigt, dass deren Daten aus
öffentlichen Quellen ohne weiteres zugänglich sind. Unter diesen Umständen kann
einem weiteren Registereintrag, der nicht über die vorgenannten Daten
hinausgeht, kein gesonderter wirtschaftlicher Wert beigemessen werden.
Soweit der Angeschuldigte in seiner Stellungnahme vom 12.09.02 darauf abstellt,
als Gegenleistung den Anspruch auf eine so genannte „Mailingaktion“ mit
maximal 1000 Werbebriefen eingeräumt zu haben, reicht die Werthaltigkeit dieser
Möglichkeit - ein Bedürfnis der Bezugsberechtigten unterstellt - jedenfalls nicht an
die geleistete Zahlung heran, zumal die Schreiben selbst sowie Porti und sonstige
Kosten ausweislich der AGB gesondert zu tragen sind.
In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen erstreckt sich der hinreichende
Tatverdacht im Umfang der sie jeweils betreffenden Anklagevorwürfe auch auf die
Mitangeschuldigten Emma und Bernd Albrecht T.
Indem die Angeschuldigte E. T. ab dem 25.06.98 bis zum 14.10.99 insgesamt 27
verschiedene Bankkonten unter dem Namen eines Registers eröffnete, die dazu
dienten, die von den Adressaten der Angebotsschreiben erwarteten Zahlungen
aufzunehmen, wobei sie sich als Inhaberin der jeweiligen Registerfirma ausgab, hat
sie jedenfalls in 27 Fällen die Betrugshandlungen des Angeschuldigten R. T.
gefördert. Ähnliches gilt auch für den Angeschuldigten B. T., der dem
Angeschuldigten R. zu dessen Betrugstaten Hilfe geleistet hat, indem er als
Geschäftsführer der Firma Z. in der Zeit zwischen dem 11. Oktober und Ende
November insgesamt 10 Konten unter dem Namen der Z. eröffnete, die ebenfalls
dazu dienten, die durch Täuschung erwirkten Zahlungen entgegen zu nehmen.
Die subjektive Tatseite ergibt sich in beiden Fällen aus den objektiven Umständen.
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Die subjektive Tatseite ergibt sich in beiden Fällen aus den objektiven Umständen.
Da es sich bei den beiden Mitangeschuldigten um die Eltern des Angeschuldigten
R. T. handelt, ist mit der für einen hinreichenden Tatverdacht ausreichenden
Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sie Kenntnis von dessen
Gesamtkonzept um die Versendung der Angebotsschreiben hatten.
Die Eröffnung des Hauptverfahrens war schließlich nicht wegen funktioneller
Mängel der Anklage abzulehnen, § 204 StPO.
Zwar beruht die in der Anklageschrift enthaltene Auflistung der einzelnen, dem
Angeschuldigten R. T. vorgeworfenen Einzeltaten nicht auf den zur Anzeige
gelangten Fällen, sondern es handelt sich um die Unternehmen, die im Register
des Angeschuldigten eingetragen waren. Dabei leitet die Anklage aus dem
Umstand der Eintragung her, dass diese Unternehmen auch tatsächlich
Zahlungen geleistet haben, weil sie ihnen zugesandte Angebotsschreiben
irrtümlich für Rechnungen für zuvor erfolgte Eintragungen in ein amtliches Register
hielten. Dies hält der Senat für die Annahme eines hinreichenden Tatverdachts
noch für ausreichend.
Schließlich enthält die Anklage keine Zuordnung der Formulare zum jeweiligen
Einzelfall, weshalb auch nicht deutlich wird, dass jedenfalls in den Fällen 2137 und
2251 (Anzeigenordner XIII Nr. 342 und 329) ein anderes als das in der Anklage
beschriebene Formular verwendet worden ist. Damit ist zwar nicht erkennbar, ob
und in welchen weiteren der angeklagten Fälle das nicht gesondert aufgeführte
Formular Verwendung gefunden hat. Dies ist jedoch, da auch dieses Formular zur
Täuschung geeignet ist, unter Berücksichtigung der an die Konkretisierung von
Serienstraftaten zu stellenden Anforderungen gerade noch hinnehmbar.
Nach alledem war die Anklage in der vorliegenden Form zuzulassen. Das
Hauptverfahren war vor der 29. Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main
zu eröffnen. Veranlassung, die Eröffnung bei einer anderen Kammer des
Landgerichts Frankfurt am Main zu beschließen (§ 210 Abs. 3 StPO), bestand nicht.
Die unterschiedliche rechtliche Bewertung der Frage hinreichenden Tatverdachts
im Ermittlungs- und Zwischenverfahren rechtfertigt nicht die Annahme, die 29.
Strafkammer könnte sich einer unvoreingenommenen Verhandlungsführung und
Urteilsfindung verstellen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.