Urteil des LG Frankfurt am Main vom 14.05.2009

LG Frankfurt: versicherungsnehmer, wirtschaftliches interesse, schweres verschulden, nebenintervention, versicherungsschutz, hebamme, vollstreckung, abgabe, haftpflichtversicherer, facharzt

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Gericht:
OLG Frankfurt 7.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 U 185/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 5 Nr 3 AHB
(Berufshaftpflichtversicherung eines Arztes: Pflicht des
Versicherungsnehmers zur Stellungnahme zu einem nach
seinen Informationen erstellten
Sachverständigengutachten)
Leitsatz
Hat der Versicherungsnehmer dem Haftpflichtversicherer bereits Informationen zu
Tatumständen mitgeteilt und hat der Versicherer diese für ausreichend gehalten, um
sie einem Sachverständigen vorzugeben, so ist es nach der Erstattung des Gutachtens
Sache des Haftpflichtversicherers, zu entscheiden und dem Versicherungsnehmer
mitzuteilen, welche ergänzenden Informationen er mit welcher Genauigkeit noch
erhalten will. Einer pauschalen Aufforderung, zu dem Gutachten Stellung zu nehmen,
muss der Versicherungsnehmer nicht nachkommen.
Tenor
Auf die Berufungen des Klägers und seiner Streithelferin wird das am 8. August
2008 verkündete Urteil des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des Landgerichts
Wiesbaden (Az.: 7 O 61/08) abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger im Rahmen des
bei der Beklagten zur Versicherungsnummer … bestehenden
Versicherungsvertrages Haftpflichtversicherungsschutz wegen des
Versicherungsfalls vom 15.11.1988, der bei der Beklagten zur Schadennummer …
geführt wird, zu gewähren.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der
Nebenintervention zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren
Betrages abwenden, sofern nicht der bzw. die Vollstreckende vor der Vollstreckung
Sicherheit in Höhe von 115% des jeweils zur Vollstreckung gebrachten Betrages
leistet.
Gründe
I. Der Kläger ist Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe. Im Jahre 1988 war er
Belegarzt an den Kliniken des ...-Kreises in Stadt1. Er hat bei der Beklagten eine
Berufshaftpflichtversicherung auf der Grundlage der AHB genommen. Mit der
Klage begehrt er die Feststellung, dass die Beklagte ihm wegen eines
Schadensfalls vom 15.11.1988 Versicherungsschutz zu gewähren hat.
Am ...1988 wurde die hochschwangere Frau A wegen eines Spontanblasensprungs
in die Klinik in Stadt1 aufgenommen. Der Kläger übernahm die Geburtsleitung. Bei
der Geburt kam es zu Komplikationen.
Das am ...1988 geborene Kind X A erlitt schwere Schädigungen. X A und die
Streithelferin des Klägers als gesetzlicher Krankenversicherer X As nehmen den
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Streithelferin des Klägers als gesetzlicher Krankenversicherer X As nehmen den
Kläger und die bei der Entbindung hinzugezogene Hebamme in Verfahren vor dem
Landgericht Frankfurt a.M. auf Schadensersatz in Anspruch. Sie machen
Forderungen von 105.000 € und 68.081,44 € geltend.
Nachdem der Kläger der Beklagten den Versicherungsfall angezeigt hatte,
beauftragte die Beklagte Herrn Rechtsanwalt Dr. RA1 mit ihrer Vertretung bei der
Bearbeitung des Schadensfalles.
Der Kläger ließ Herrn Dr. RA1 eine Geburtsdokumentation, einen Bericht über den
Geburtsverlauf und einen Bericht der Hebamme zukommen. Zudem beantwortete
er Anfragen Dr. RA1 mit Schreiben vom 24.04., 12.05. und 15.12.2006. Die
Beklagte, vertreten durch Dr. RA1, holte bei Prof. Dr. B ein geburtshilfliches
Gutachten ein. In dem Gutachten vom 25.04.2007 (im Anlagenband) führt Prof. Dr.
B aus, dass schwerwiegende Überwachungsmängel vorgelegen hätten. Der Kläger
habe bei dem Auftreten von Komplikationen nicht innerhalb von 10 Minuten den
Kreißsaal erreichen können. Ein über die Patientin informierter Vertreter sei nicht in
der Klinik anwesend gewesen. Der Hebamme sei ein gravierendes Fehlverhalten
unterlaufen. Ohne diese Mängel und Fehler hätte eine weitaus günstigere
Prognose bestanden. Dieses Gutachten erhielt der Kläger über seinen damaligen
Bevollmächtigten mit der Aufforderung zur Stellungnahme. In einem Telefonat mit
Rechtsanwalt Dr. RA2, einem Sozius Dr. RA1, vom 23.05.2007, mit Schreiben Dr.
RA1 vom 20.06.2007, 23.07.2007, 10.08.2007 und 03.09.2007 sowie mit Schreiben
der Beklagten vom 22.08.2007 wurde der Kläger jeweils pauschal aufgefordert, zu
dem Gutachten Stellung zu nehmen. Eine Konkretisierung der Punkte, zu denen
eine Stellungnahme erwünscht worden wäre, erfolgte nicht. In den Schreiben vom
23.07.2007 und vom 22.08.2007 wurde der Kläger auch darauf hingewiesen, dass
das Unterlassen einer Stellungnahme den Versicherungsschutz gefährden könne.
Mit Schreiben vom 18.09.2007, unterzeichnet „i.A.“ von Herrn Assessor C,
versagte die Beklagte Versicherungsschutz unter Berufung auf Leistungsfreiheit
nach §§ 5 Nr. 3 AHB, 6 Abs. 3 VVG.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass er nicht verpflichtet gewesen sei, der
pauschalen Aufforderung zu einer Stellungnahme nachzukommen. Die Beklagte
habe nicht hinreichend deutlich gemacht, zu welchem Punkt sie eine
Wissenserklärung des Klägers verlange; ein Werturteil oder gar Gegengutachten
habe der Kläger nicht abgeben müssen.
Im Termin vom 06.06.2008 hat die Bevollmächtigte der Streithelferin einen
Schriftsatz überreicht, in dem der Beitritt auf Seiten des Klägers erklärt worden ist.
Die Streithelferin hat behauptet, dass im Falle einer Versagung von
Versicherungsschutz die Insolvenz des Klägers als ihres Schuldners drohe, und hat
geltend gemacht, dass sich daraus ein rechtliches Interesse i.S. von § 66 Abs. 1
ZPO ergebe.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger im Rahmen des bei
der Beklagten zur Versicherungsnummer … bestehenden Versicherungsvertrages
Haftpflichtversicherungsschutz wegen des Versicherungsfalls vom 15.11.1988, der
bei der Beklagten zur Schadennummer … geführt wird, zu gewähren.
Die Streithelferin des Klägers hat sich diesem Antrag angeschlossen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen sowie über die Zulässigkeit und
Wirksamkeit der Nebenintervention zu entscheiden.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass sie konkrete Fragen nicht habe formulieren
müssen. Für den Kläger als Sachkundigen sei das Anliegen der Beklagten klar
gewesen. Er habe zunächst Behandlungsfehler in Abrede gestellt. Der Gutachter
sei zu einem völlig anderen Ergebnis gelangt, so dass der Kläger sich habe
darüber erklären sollen, ob er an seiner Sichtweise festhalte. In einem
nachgelassenen Schriftsatz vom 09.06.2008 hat die Beklagte geltend gemacht,
dass die Nebenintervention unzulässig sei, weil die Streithelferin schon nach ihrem
eigenen bestrittenen – Vorbringen lediglich ein wirtschaftliches Interesse am
Obsiegen des Klägers habe.
Wegen des erstinstanzlichen Streitstandes wird im Übrigen auf das angefochtene
Urteil Bezug genommen.
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Das Landgericht hat den Antrag, über die Zulässigkeit und Wirksamkeit der
Nebenintervention zu entscheiden, nicht ausdrücklich bescheiden wollen, sondern
wollte die Zulässigkeit der Nebenintervention dahingestellt sein lassen. Es hat die
Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger mit der
Verweigerung einer Stellungnahme zu dem Gutachten die Obliegenheit nach § 5
Nr. 3 AHB vorsätzlich verletzt habe.
Mit ihren Berufungen verfolgen der Kläger und seine Streithelferin ihre
ursprünglichen Anträge weiter. Die Streithelferin macht geltend, dass der Kläger
nach der Anzeige des Versicherungsfalls nur verpflichtet gewesen sei, Fragen der
Beklagten nach Tatsachen, soweit zulässig, zu beantworten. Die Aufforderung, zu
dem Gutachten Stellung zu nehmen, habe indessen keine Frage nach Tatsachen
dargestellt. Weiter beanstandet sie, dass das Landgericht übergangen habe, dass
den Kläger kein schweres Verschulden i.S. der Relevanzrechtsprechung getroffen
habe. Der Kläger macht geltend, dass die Beklagte von ihm eine
Meinungsäußerung verlangt habe, deren Abgabe ihm jedoch nicht oblegen habe.
Auch er beanstandet, dass das Landgericht sich nicht mit der
Relevanzrechtsprechung des Bundesgerichtshofs auseinandergesetzt habe. Weiter
stellt er darauf ab, dass sein Einverständnis mit einer Regulierung durch die
Beklagte im Hinblick auf die Regulierungsvollmacht der Beklagten nach § 5 Nr. 7
AHB unerheblich gewesen wäre.
Der Kläger beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen,
dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger im Rahmen des bei der Beklagten
zur Versicherungsnummer … bestehenden Versicherungsvertrages
Haftpflichtversicherungsschutz wegen des Versicherungsfalls vom 15.11.1988, der
bei der Beklagten zur Schadennummer … geführt wird, zu gewähren; hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Streithelferin des Klägers beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach dem erstinstanzlichen
Klageantrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen; hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Sie hält die Berufung der Streithelferin für unzulässig. Im Übrigen verteidigt die
Beklagte das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres
erstinstanzlichen Vorbringens. Auf Seiten 6 bis 8 der Berufungserwiderung (Bl. 213
– 215 d.A.) führt sie exemplarisch konkrete Aussagen an, mit denen der Kläger
ihrer Auffassung nach der Aufforderung, zu dem Gutachten Stellung zu nehmen,
hätte nachkommen können.
Wegen des Parteivorbringens im zweiten Rechtszug wird ergänzend auf die
Berufungsbegründung des Klägers vom 14.11.2008 (Bl. 166 – 174 d.A.), die
Berufungsbegründung der Streithelferin des Klägers vom 11.11.2008 (Bl. 140 –
152 d.A.) sowie deren Schriftsatz vom 03.02.2009 (Bl. 229 – 235 d.A.), die
Berufungserwiderung vom 12.01.2009 (Bl. 208 – 228 d.A.) und die
Sitzungsniederschrift vom 23.04.2009 Bezug genommen.
II. Die Berufung der Nebenintervenientin ist zulässig.
Die Zulässigkeit des Beitritts ist nicht von Amts wegen, sondern nur auf eine Rüge
nach § 71 ZPO hin zu prüfen (BGHZ 165, 358 ff. Rn 10 in juris), so dass der
Nebenintervenient nach der Einreichung seines bestimmenden Schriftsatzes im
Verfahren verbleibt, so lange er nicht durch Zwischenurteil aus dem Verfahren
gewiesen wird (BGH a.a.O. Rn 11 f. in juris). Die Streithelferin des Klägers ist vor
dem Erlass des angefochtenen Urteils nicht aus dem Verfahren gewiesen worden
und hat damit ihre Stellung als Nebenintervenientin behalten. Daher kann sie nach
§ 67 ZPO Rechtsmittel gegen das Urteil, mit dem der von ihr unterstützte Antrag
des Klägers abgewiesen worden ist, einlegen.
Einer Sachentscheidung über dieses Rechtsmittel steht kein vorgreiflich zu
bescheidender Antrag nach § 71 Abs. 1 ZPO entgegen. Zwar war der Antrag der
Beklagten, über die Zulässigkeit und Wirksamkeit der Nebenintervention zu
entscheiden, nach dem Kontext des Beklagtenvorbringens als
Zurückweisungsantrag nach § 71 Abs. 1 ZPO zu behandeln. Doch hat das
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Zurückweisungsantrag nach § 71 Abs. 1 ZPO zu behandeln. Doch hat das
Landgericht diesen Antrag konkludent beschieden, was grundsätzlich möglich ist
(vgl. BGH JR 1964, 63).
Eine konkludente Zurückweisung des Antrags ist darin zu sehen, dass das
Landgericht die Nebenintervenientin nicht ausdrücklich aus dem Verfahren
gewiesen und sie in das Rubrum des erstinstanzlichen Urteils aufgenommen hat.
Das dagegen statthafte Rechtsmittel hat die Beklagte nicht eingelegt.
Die Berufungen haben in der Sache Erfolg, weil der Kläger Obliegenheiten nach § 5
Nr. 3 AHB nicht verletzt hat. Die Aufforderung an den Kläger, zu dem Gutachten
Prof. Dr. B Stellung nehmen, überschritt teilweise den Rahmen des nach § 5 Nr. 3
AHB Zulässigen und war im Übrigen zu vage, um eine Auskunftsobliegenheit des
Klägers zu begründen.
Soweit sie so verstanden werden konnte und sollte, dass vom Kläger auch die
Abgabe von Werturteilen erwartet wurde, war die Aufforderung, zu dem Gutachten
Stellung zu nehmen, unzulässig. Nach § 5 Nr. 3 Satz 2 AHB hat der
Versicherungsnehmer dem Versicherer alle relevanten Tatumstände mitzuteilen.
Hierbei obliegt ihm auch die Beantwortung von Fragen, welche der Versicherer an
ihn richtet, soweit diese der Informationsbeschaffung dienen. Fragen, welche nicht
der reinen Informationsbeschaffung dienen, sondern die letztlich auf die Abgabe
eines Werturteils gerichtet sind, muss der Versicherungsnehmer hingegen nicht
beantworten (OLG Frankfurt NVersZ 1999, 230 f. Rn 32 in juris). Insbesondere ist
er nicht gehalten, zu den Schlussfolgerungen eines Sachverständigen Stellung zu
nehmen (OLG Frankfurt, a.a.O., Rn 36 in juris). Ein derartiges Verlangen des
Versicherers überschreitet den Rahmen des § 5 Nr. 3 AHB, weil kein Interesse des
Versicherers an dem Erhalt eines Werturteils des Versicherungsnehmers
ersichtlich ist. Denn nach § 5 Nrn. 5 und 7 AHB ist es alleine Sache des
Versicherers, ggfs. nach sachverständiger Beratung zwischen Anspruchsabwehr
und Schadensregulierung bzw. Freistellung zu wählen.
Die Aufforderung an den Kläger, zu dem Gutachten Prof. Dr. B Stellung zu
nehmen, war bei verständiger Würdigung in allererster Linie dahingehend
aufzufassen, dass von dem Kläger eine Auseinandersetzung mit den fachlichen
Urteilen des Sachverständigen erwartet wurde. Denn nachdem der Kläger der
Beklagten jene Informationen übermittelt hatte, auf welchen Prof. Dr. B sein
Gutachten im Tatsächlichen aufbaute – vgl. Seite 2 des Gutachtens , lag es eher
fern, dem Verlangen der Beklagten den Wunsch nach einer ergänzenden
Mitteilung von Fakten zu entnehmen. Im Übrigen sollte der Kläger die an ihn
gerichtete Aufforderung auch so verstehen. Die Beklagte hat im ersten Rechtszug
vorgetragen, dass sie habe wissen wollen, ob der Kläger an seiner Auffassung,
keine ärztlichen Pflichten verletzt zu haben, festhalte. Dies ist indessen eine
Wertungsfrage. Das vertiefende Vorbringen in der Berufungserwiderung
verdeutlicht, dass es der Beklagten zumindest auch – hierauf ankam. Unter den
exemplarisch angeführten fiktiven Erklärungen des Klägers, mit denen sich die
Beklagte ihrer Darlegung nach zufrieden gegeben hätte, finden sich auch
Werturteile wie: „(…) auch ich sehe einen schweren Organisationsfehler“ oder:
„Entgegen der Darstellung von Prof. Dr. B ist eine Rückkehr innerhalb von 12
Minuten nicht organisationsfehlerhaft“ (Seite 6 der Berufungserwiderung, Bl. 213
d.A.).
Die Beklagte macht weiter geltend, dass die Aufforderung an den Kläger, zu dem
Gutachten Prof. Dr. B Stellung zu nehmen, jedenfalls auch so zu verstehen
gewesen sei, dass der Kläger sich zu den dem Gutachten zugrunde gelegten
Tatsachen habe äußern sollen, etwa mit Erklärungen wie: „Entgegen der
Einschätzung des Sachverständigen war ein anderer Facharzt verfügbar“ oder:
„Entgegen der Einschätzung des Sachverständigen dauerte die Rückkehr zum
Krankenhaus lediglich 10 Minuten oder weniger“ (Seite 6 der Berufungserwiderung,
Bl. 213 d.A.). Es liegt nicht völlig fern, auch dies dem Verlangen der Beklagten zu
entnehmen. Allerdings hat dann die an den Kläger gerichtete Aufforderung zur
Stellungnahme nicht erkennen lassen, zu welchen in dem Gutachten
angesprochenen Gesichtspunkten die Beklagte weitere Informationen erhalten
wollte.
Sofern der Versicherungsnehmer erst auf Verlangen des Versicherers Auskunft
erteilen muss, bestimmt es sich nach Art, Reichweite und Sinngehalt der ihm vom
Versicherer gestellten Fragen, in welchem Umfang er Angaben machen muss
(BGH NJW-RR 2006, 258 ff. Rn 16 in juris zu § 20 Nr. 1 d VGB 88). Dabei ist es
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(BGH NJW-RR 2006, 258 ff. Rn 16 in juris zu § 20 Nr. 1 d VGB 88). Dabei ist es
Sache des Versicherers zu entscheiden, was er mit welcher Genauigkeit beim
Versicherungsnehmer erfragt (BGH a.a.O. Rn 17). Zwar hat in der
Haftpflichtversicherung der Versicherungsnehmer die relevanten Tatumstände i.S.
von § 5 Nr. 3 Satz 2 AHB dem Versicherer nicht erst auf Verlangen mitzuteilen.
Doch kann dann kein anderer Maßstab als bei einer Obliegenheit, auf Verlangen
des Versicherers Auskunft zu erteilen, gelten, wenn der Versicherungsnehmer
dem Haftpflichtversicherer bereits Informationen zu Tatumständen mitgeteilt hat
und der Versicherer diese für ausreichend gehalten hat, um sie einem
Sachverständigen vorzugeben. Auch dann ist es nach der Erstattung des
Gutachtens Sache des Haftpflichtversicherers, zu entscheiden und dem
Versicherungsnehmer mitzuteilen, welche ergänzenden Informationen er mit
welcher Genauigkeit noch erhalten will. Denn der Versicherer darf die Aufgabe, zu
beurteilen, ob und ggfs. welche weiteren Informationen er zur Feststellung des
Versicherungsfalles und des Umfangs seiner Leistungspflicht noch benötigt, nicht
auf den Versicherungsnehmer abwälzen. Sofern die Beklagte gewünscht haben
sollte, dass der Kläger zu der Richtigkeit oder Genauigkeit bestimmter von Prof. Dr.
B zugrunde gelegter Informationen nochmals Stellung nimmt, hätte sie dies klar
formulieren müssen. Ihre pauschale Aufforderung zur Stellungnahme genügte
diesen Anforderungen nicht.
Als unterlegene Partei hat die Beklagte gemäß §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 101 Abs. 1
ZPO die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Nebenintervention
zu tragen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.
10, 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen
Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.