Urteil des LG Frankfurt am Main vom 02.02.2010

LG Frankfurt: corporate governance, aufsichtsrat, notwendige streitgenossenschaft, aktionär, erhöhung des grundkapitals, genehmigung, vergütung, geschäftsjahr, zustellung, einzahlung

Gericht:
LG Frankfurt 5.
Kammer für
Handelssachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3-05 O 178/09,
3/05 O 178/09, 3-5
O 178/09, 3/5 O
178/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 114 AktG, § 161 AktG
Tenor
Die Klage des Klägers zu 2) wird abgewiesen.
Auf die Klage der Klägerin zu 1) werden
1. der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 8. Mai 2009 zu
Tagesordnungspunkt 3 über die Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr
2008,
2) der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 8. Mai 2009 zu
Tagesordnungspunkt 4 über die Entlastung des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr
2008,
3.) die Beschlussfassung der Hauptversammlung der Beklagten vom 8. Mai 2009
zu Tagesordnungspunkt 6 über die Aufhebung des bisherigen genehmigten
Kapitals I und Schaffung eines neuen genehmigten Kapitals I sowie eine
entsprechende Satzungsänderung,
4.) die Beschlussfassung der Hauptversammlung der Beklagten vom 8. Mai 2009
zu Tagesordnungspunkt 7 über die Aufhebung des bisherigen genehmigten
Kapitals II und Schaffung eines neuen genehmigten Kapitals II sowie eine
entsprechende Satzungsänderung
für nichtig erklärt.
Die gerichtlichen Kosten der Klage der Klägerin zu 1) hat die Beklagte, die
gerichtlichen Kosten der Klage des Klägers zu 2) hat dieser selbst zu tragen.
Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten haben die Beklagte und der
Kläger zu 2) jeweils ½ zu tragen.
Der Kläger zu 2) hat seine außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits selbst zu
tragen.
Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1) haben die Beklagte und ihre
beiden Streithelfer jeweils 1/3 zu tragen.
Von den außergerichtlichen Kosten der Streithelfer der Beklagten haben diese
jeweils ½ und der Kläger zu 2) jeweils ½ zu tragen.
Das Urteil ist (wegen der Kosten) jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von
120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert für die Klage der Klägerin zu 1) und für die des Klägers zu 2) wird bis
zur Verbindung jeweils auf EUR 200.000 und seit Verbindung auf insgesamt EUR
200.00 festgesetzt.
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Tatbestand
Die Beklagte ist ein in der Rechtsform einer Europäischen Aktiengesellschaft
betriebenes Unternehmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge, dessen
Grundkapital in Höhe von EUR 161.143.734,-- sich hälftig in Stamm- und
Vorzugsaktien aufteilt. 58,17 Prozent der stimmberechtigten Aktien befinden sich
in der Hand der K..
Die Kläger und die Streithelfer der Beklagten sind Aktionäre der Antragsgegnerin.
Am 8.5. 2009 fand die ordentliche Hauptversammlung 2009 der Antragsgegnerin
statt. Gegenstand der Tagesordnung war unter anderem die Entlastung des
Vorstands (Top 3), die Entlastung des Aufsichtsrats (TOP4) für das Jahr 2008 sowie
zu TOP 6 und 7 Schaffung neuen genehmigten Kapitals. Unter TOP 3 und 4 wurden
Vorstand und Aufsichtsrat entlastet und zu Top 6 und 7 die vorgesehenen
Beschlussfassungen zu neuem genehmigten Kapital gefasst. Der
Beschlussfassung vorausgegangen war eine Generaldebatte in welcher die Kläger
als Aktionäre der Gesellschaft Fragen an den Vorstand der Antragsgegnerin
richtete und sich die Fragen anderer Aktionäre zu eigen machte und zu denen die
Verwaltung Stellung nahm. Wegen der Einzelheiten der Hauptversammlung wird
auf das in Ablichtung zur Akte gereichte notarielle Protokoll des Notars X, UR. Nr.
49/09, (Anlage B3, Bl. 189 ff d. A.) Bezug genommen.
Die Kläger waren selbst auf der Hauptversammlung anwesend, wobei der Kläger zu
2) auf der Hauptversammlung Redebeiträge hielt und Fragen stellte. Weitere
Fragen stellte u. a. der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zu1), der seinerseits
als Aktionär an der Hauptversammlung teilnahm.
Insbesondere wurden folgende Fragen gestellt, wobei die Fragen 1)-10) der Kläger
zu 2) und die Fragen 11) und 12) der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zu 1)
stellte:
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Am 15.6.2009 ging die Klageschrift des Klägers zu 2) bei Gericht ein. Sie war mit“
per Telefax vorab“ gekennzeichnet. Ein entsprechendes Telefax ist jedoch bei
Gericht nicht auffindbar. Ausweislich des Empfangsjournals beim Landgericht
gingen jedoch am 5.6.2009 15 Seiten per Fax, abgesandt unter der FAX-Nr. des
Klägers zu 2), ein. Mit Verfügung vom 2.7.2009 wurde der Kläger zu 2) zur Zahlung
des Gerichtkostenvorschusses aufgefordert, nachdem mit Beschluss vom
30.6.2009 die Zustellung der Klage vor der vorherigen Zahlung des Vorschusses
abhängig gemacht worden war. Ausweislich der Zahlungsmitteilung der
Gerichtskasse erfolgte die Einzahlung/Wertstellung des angeforderten Vorschusses
am 3.8.2009. Nach Verfügung der Zustellung wurde die Klage des Klägers zu 2)
der Beklagten über ihre Prozessbevollmächtigten am 12.8.2009 zugestellt. Beim
Kläger zu 2) wurde angefragt (Bl. 118 d. A.), wann er den Kostenvorschuss
eingezahlt habe, und nochmals auf die Folgen einer verzögerten Einzahlung
hingewiesen (Bl. 221, 354 R d. A.). Eine Reaktion des Klägers zu 2) hierauf erfolgte
nicht.
Die Kläger sind der Auffassung, dass die Beschlussfassungen zu TOP 3, 4, 6 und 7
aus dem Gesichtspunkt der Informationsverletzung anfechtbar seien. Die
streitgegenständlichen Fragen seien nicht oder nicht ausreichend beantwortet
worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die jeweiligen Klageschriften vom
4.6.2009 (Bl. 17 ff d. A.) und 2.6.2009 (Bl. 82 ff d. A.) sowie auf die ergänzenden
Schriftsätze vom 29.9.2009 (Bl. 246 ff. d. A.) und 1.10.2009 (Bl. 268 ff d. A.) Bezug
genommen. Auch der Bericht der Gesellschaft gem. § 161 AktG zur Einhaltung der
Regeln des Corporate Governance Kodex sei unzureichend. Es ergebe sich hieraus
nicht, dass bei dem Aufsichtsratsmitglied X eine Interessenkollision gegeben sei.
Dessen Anwaltssozietät sei von der Beklagten im Entlastungszeitraum mandatiert
worden, ohne dass deutlich werde, dass hier keine ordnungsgemäße
Genehmigung nach § 114 AktG vorliege.
Die Kläger beantragen,
1.) der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 8. Mai 2009 zu
Tagesordnungspunkt 3 über die Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr
2008,
2.) der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 8. Mai 2009 zu
Tagesordnungspunkt 4 über die Entlastung des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr
2008,
3.) die Beschlussfassung der Hauptversammlung der Beklagten vom 8. Mai
2009 zu Tagesordnungspunkt 6 über die Aufhebung des bisherigen genehmigten
Kapitals I und Schaffung eines neuen genehmigten Kapitals I sowie eine
entsprechende Satzungsänderung,
4.) die Beschlussfassung der Hauptversammlung der Beklagten vom 8. Mai
2009 zu Tagesordnungspunkt 7 über die Aufhebung des bisherigen genehmigten
Kapitals II und Schaffung eines neuen genehmigten Kapitals II sowie eine
entsprechende Satzungsänderung
für nichtig zu erklären.
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Die Beklagte und ihre Streithelfer beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte macht geltend, dass eine Informationsverletzung nicht vorliege. Die
Fragen seien hinreichend in der Hauptversammlung beantwortet worden.
Soweit keine nähere Auskunft gegeben worden sei, stehe der Gesellschaft ein
Auskunftsverweigerungsrecht zu. Wegen der Einzelheiten wird auf die
Klageerwiderung vom 28.8.2009 (Bl. 126 ff d. A.) verwiesen.
Die Erklärung zum Corporate Governance Kodex sei nicht zu beanstanden. Die
Genehmigung oder Zustimmung zur Mandatierung der Sozietät des
Aufsichtsratsmitglieds X sei ordnungsgemäß erfolgt. Details habe der Bericht nicht
zu enthalten.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt
der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage des Klägers zu 2) ist unbegründet; hingegen die Klage der Klägerin zu 1)
in vollem Umfang begründet.
Die Klage des Klägers zu 2) ist aus materiell-rechtlichen Gründen unbegründet
ohne das es insoweit darauf ankommt, dass an sich eine notwendige
Streitgenossenschaft mit der Klägerin zu 1) vorliegt.
Zwar hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass es sich bei den Klägern von
aktienrechtlichen Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen um notwendige
Streitgenossen i.S.d. § 62 ZPO handelt, denen gegenüber in der Sache eine
einheitliche Entscheidung ergehen muss (vgl. BGH AG 1993, 422; 1999, 375), doch
kann dies nur zum Tragen kommen, soweit bei Klägern überhaupt die materiell-
rechtlichen Anfechtungsvoraussetzungen gegeben sind (vgl. Hüffer, AktG, 8.Aufl.,
§ 246 Rz. 3). Die sich aus § 248 AktG ergebende Rechtskraftwirkung der
Entscheidung im Anfechtungsprozess über die Mangelhaftigkeit von
Hauptversammlungsbeschlüssen für alle Aktionäre genügt zwar, um eine solche
notwendige Streitgenossenschaft anzunehmen, ersetzt aber nicht die
Notwendigkeit für jeden einzelnen Kläger, die materiell-rechtlich erforderlichen
Klagevoraussetzungen einzuhalten.
Die Regelung der notwendigen Streitgenossenschaft gestaltet die prozessuale
Stellung der Streitgenossen gegenüber der einfachen Streitgenossenschaft in
besonderer Weise, um in den Fällen, in denen eine einheitliche Entscheidung
geboten ist, diese einheitliche Entscheidung zu ermöglichen. Die gesetzliche
Regelung ist auf die Vertretung bei Säumnis einzelner Streitgenossen beschränkt
und damit lückenhaft. Ihr kann nicht entnommen werden, dass stets eine
übereinstimmende Beurteilung aller Prozesshandlungen der Streitgenossen oder
den Streitgenossen gegenüber vorzunehmen ist. Eine „einheitliche Streitpartei“
gibt es nicht. Vielmehr bleiben die Streitgenossen auch in den Fällen des § 62 ZPO
selbständige Streitparteien in jeweils besonderen Prozessrechtsverhältnissen zum
gemeinsamen Gegner (h. M., vgl. BGH NJW 1996, 1061; Zöller-Vollkommer, ZPO
28. Auflage, § 62 Rz. 24; Stein-Jonas-Bork, ZPO, 21. Auflage, § 62 Rz. 30). Ob die
Prozesshandlung eines Streitgenossen oder gegenüber einem Streitgenossen
Wirkung auch im Verhältnis zu den anderen Streitgenossen entfaltet, ist daher
eine Frage des einzelnen Regelungsproblems, die differenzierend unter
Berücksichtung des Zweckes der notwendigen Streitgenossenschaft und des
Grundsatzes der Selbständigkeit der Streitgenossen zu beurteilen ist (§§ 61, 63
ZPO).
Unter dieser Prämisse sind - entsprechend allgemeiner Auffassung - die
Prozesshandlungen der notwendigen Streitgenossen grundsätzlich gesondert zu
beurteilen; insbesondere sind Zustellungen gesondert zu bewirken und lösen
gegebenenfalls unterschiedliche Fristenläufe aus (vgl. Stein-Jonas-Bork, a.a.O.,
Zöller-Vollkommer a.a.O.) und sind die jeweiligen materiellrechtlichen
Klagevoraussetzungen zu prüfen. § 62 ZPO hilft insoweit nur dem säumigen
Streitgenossen. Daraus folgt, dass die Klageerhebung einzelner notwendiger
Streitgenossen keine Wirkung zugunsten anderer Streitgenossen oder zu Lasten
der Beklagten als Anfechtungsgegnerin haben kann. Dementsprechend bedingt
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der Beklagten als Anfechtungsgegnerin haben kann. Dementsprechend bedingt
die notwendige Streitgenossenschaft nicht, dass die Klage einzelner notwendiger
Streitgenossen wegen Fristüberschreitung oder sonstigen Fehlens von materiellen
Anfechtungsvoraussetzungen wie Rechtsschutzbedürfnis, Widerspruchseinlegung
gegen die angegriffene Beschlussfassung in der Hauptversammlung oder
Aktieninhaberschaft zur Zeitpunkt Bekanntmachung der Tagesordnung nicht
abgewiesen werden können und damit Prozessergebnisse notwendig identisch
sind. Eine andere Beurteilung würde auch den Willen des Gesetzgebers
konterkarieren, wonach eine Anfechtungsbefugnis nur dann gegeben ist, wenn der
Aktionär zum Zeitpunkt der Bekanntmachung der Tagesordnung Aktionär der
Gesellschaft war und Widerspruch gegen den Beschluss zur Niederschrift erklärt
hat, § 245 Abs. 1 Nr. 1 AktG. Würde man trotz Fehlens dieser gesetzlich
geforderten Voraussetzung wegen der notwendigen Streitgenossenschaft mit
anderen Anfechtungsklägern, bei denen diese Voraussetzungen vorliegen, bei
anderen Klägern auf das Vorliegen dieser Voraussetzungen verzichten, läge hierin
eine Ungleichbehandlung und würde rechtsmissbräuchlichen Klageerhebungen
Vorschub leisten, der der Gesetzgeber gerade durch die Neufassung des § 245
AktG begegnen wollte.
Die Klage des Klägers zu 2) ist unbegründet, es fehlt es an der rechtzeitigen
Klageerhebung innerhalb der Klagefrist des § 246 Abs. 1 AktG.
Einer Einrede der Beklagten bedurfte es nicht, vielmehr ist die Einhaltung der
Anfechtungsfrist von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. Dörr in Spindler/Stilz
AktG, § 246 R. 13).
Eine nach dem Ablauf der Monatsfrist angestrengte Anfechtungsklage ist nämlich
selbst dann unbegründet, wenn ein anderer fristgemäß Anfechtungsklage erhoben
hat (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 04.05.2006 - 5 W 14/06 -;
Waclawik WM 2004, 1361; von Falkenhausen/Kocher ZIP 2004, 1179).
Zwar ist - trotz der Unauffindbarkeit des FAX der Klageschrift vom 2.6.2009 wegen
des entsprechenden Eingangsjournals (Bl. 120 d. A.) zugunsten des Klägers zu 2)
zu unterstellen, dass die Anfechtungsklage innerhalb der Monatsfrist bei Gericht
eingereicht worden ist, doch ist die Zustellung nicht demnächst i.S.d. § 167 ZPO
erfolgt, was der Kläger zu 2) zu vertreten hat.
Die Klage des Klägers zu 2) wurde der Beklagten erst am 12.8.2009 zugestellt, was
auf der verzögerten Zahlung des angeforderten Kostenvorschusses durch den
Kläger zu 2) beruht. Zustellungsverzögerungen durch nicht rechtzeitige Zahlung
eines angeforderten Kostenvorschusses gehen zu Lasten des Klägers
(MünchKomm-Hüffer, AktG 2. Aufl. § 246 m.w.Nachw.). Der Kläger zu 2) ist mit
Vorschussanforderung vom 2.7.2009 aufgefordert worden, den
Gerichtskostenvorschuss zu zahlen. Die Einzahlung/Wertstellung erfolgte
ausweislich der Zahlungsmitteilung der Gerichtskasse aber erst am 3.8.2009.
Trotz mehrfacher Nachfrage und entsprechenden Hinweises des Gerichts (Bl. 119,
Bl. 224 und Bl. 354R d. A.) erfolgte erst mit Schriftsatz vom 31.1.2010 Angaben
des Klägers zu 2), wann er die Einzahlung des geforderten
Gerichtskostenvorschusses vorgenommen hat.
Unabhängig davon, dass hier ein verspätetes Vorbringen i.S.d. § 296 Abs. 2 ZPO
vorliegt, da die Vernehmung des dort benannten Zeugen R nicht mehr im Termin
am 2.2.2010 mangels rechtzeitiger Ladungsmöglichkeit erfolgen konnte und das
vorgelegte Schreiben des Zeugen R ein ungeeignetes zivilprozessuales
Beweismittel ist, da es lediglich eine einfache schriftliche Erklärung des Zeugen
darstellt und der Kläger zu 2) nichts dazu vorgetragen hat, warum die Benennung
des Zeugen, dessen schriftliche Erklärung vom 15.9.2009 stammt, nichtrechtzeitig
erfolgt ist, mithin eine grobe Nachlässigkeit des Klägers zu 2) für dieses verspätete
Vorbringen gegeben ist, ist ein Verschulden des Klägers zu 2) an der verspäteten
Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses gegeben. Das Verhalten der vom ihm
beauftragten Bank bei der Abwicklung seines Zahlungsauftrages muss sich der
Kläger zu 2) hier gem. § 278 BGB zurechnen lassen (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB,
69.Aufl., § 278 Rz. 30 m.w.Nachw.)
"Demnächst" ist i.S.d. § 167 ZPO ist eine Zustellung dann erfolgt, wenn der Kläger
oder sein Prozessbevollmächtigter nicht durch nachlässiges Verhalten zu einer
nicht nur ganz geringfügigen Verzögerung der Zustellung beigetragen haben;
dabei kann die Frist zur Klageerhebung voll ausgeschöpft werden, ohne dass dies
dem Kläger zum Nachteil gereichen darf. Da der Kläger nach Einreichung der Klage
grundsätzlich warten darf, bis der Kostenvorschuss von ihm eingefordert wird (vgl.
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grundsätzlich warten darf, bis der Kostenvorschuss von ihm eingefordert wird (vgl.
BGH WM 1986, 273 ; NJW 1972, 1948 , 1949; OLG Düsseldorf MDR 1996, 1294 ),
reicht es aus, wenn er den Vorschuss nach der Anforderung durch das Gericht
unverzüglich, das heißt innerhalb einer Frist von zwei Wochen (vgl. BGH NJW 1986,
1347; KG KG-Report 2000, 233) einzahlt. Der Gerichtskostenvorschuss wurde hier
jedoch erst 4 Wochen nach der Aufforderung eingezahlt. Die Zustellung konnte
daher nicht – aus dem Kläger zu 2) zuzurechnenden Gründen – nicht innerhalb von
ca. 2 Wochen nach Aufforderung zur Zahlung des Kostenvorschusses verfügt
werden, so dass eine Rückwirkung nach § 167 ZPO ausscheidet.
Hingegen sind auf die Klage der Klägerin zu 1) die angegriffenen
Beschlussfassungen der Hauptversammlung der Beklagten vom 8.5.2009 zu TOP
3, 4, 6 und 7 für nichtig zu erklären, da jeweils ein Anfechtungsgrund gegeben ist.
Diese Anfechtbarkeit der Entlastungsbeschlüsse ist schon aus dem Gesichtspunkt
einer unrichtigen bzw. unvollständigen Organerklärungen gem. § 161 AktG
gegeben. Gemäß § 161 AktG haben Vorstand und Aufsichtsrat der
börsennotierten Gesellschaft jährlich zu erklären, dass den Empfehlungen der
"Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex" (nachfolgend
DCGK) entsprochen wurde und wird oder welche Empfehlungen nicht angewendet
wurden oder werden und dies ggf. zu berichtigten wobei ein Unterlassen zu
Anfechtbarkeit der Entlastungsbeschlüsse führt (vgl. BGH, Urt. v. 21.9.2009 – II ZR
174/08 – ZIP 2009, 2051) Die Erklärung ist gem. § 161 Satz 2 AktG den Aktionären
dauerhaft zugänglich zu machen und hat einerseits einen Vergangenheits-,
andererseits einen Gegenwarts- und Zukunftsbezug (Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, §
161 AktG Rz. 14, 20), bzw. den Charakter einer "Dauererklärung", die jeweils
binnen Jahresfrist zu erneuern und im Fall vorheriger Abweichung von den DCGK-
Empfehlungen umgehend zu berichtigen ist (vgl. BGH ZIP 2009, 2051; BGH AG
2009, 285; Seibert, BB 2002, 581, 583; Hüffer, a.a.O., § 161 AktG Rz. 20; Ringleb in
Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Deutscher Corporate Governance Kodex, 3. Aufl.
2008, Rz. 1579; a. A. Heckelmann, WM 2008, 2146, 2148). Geschieht dies nicht
oder entspricht die Erklärung von vornherein in einem - wie hier - nicht
unwesentlichem Punkt nicht der tatsächlichen Praxis der Gesellschaft, liegt darin
ein Gesetzesverstoß, der jedenfalls dem genannten Verstoß zuwider gefasste
Entlastungsbeschlüsse (§ 120 AktG) anfechtbar macht (vgl. BGH a.a.O.; Hüffer,
a.a.O., § 161 AktG Rz. 31; Lutter in KölnKomm/AktG, 3. Aufl. 2006, § 161 AktG Rz.
65, 67; Spindler in Schmidt/Lutter, 2008, § 161 AktG Rz. 61 f., 65). So verhält es
sich im vorliegenden Fall, da sich aus der im Entlastungszeitraum am 21.5.2008
abgegeben Erklärung nichts über einen etwaigen Interessenkonflikt, insbesondere
über die Vergabe von Rechtsanwaltsmandaten an die Rechtsanwaltsozietät eines
Aufsichtsratsmitglieds insbesondere über die zunächst nicht vorliegende
Genehmigung dieser Mandate ergibt, wobei hinzu kommt, dass ein Vorstand, der
ohne Zustimmungsbeschluss des Aufsichtsrats leistet, seine Pflichten verletzt,
unabhängig von der Frage einer nachträglichen Genehmigung (vgl. hierzu
Ziemons FD-HGR 2008, 269757 unter Hinweis auf OLG München, Urt. v. 24.9.2008
- 7 U 4230/07 -).
Die Offenlegung von Interessenkonflikten im Aufsichtsrat nach Ziff. 5.5.3 Satz 1
Deutscher Corporate Governance Kodex versteht sich als Teil der
Rechenschaftslegung des Aufsichtsrats gegenüber der Hauptversammlung (vgl.
BGH ZIP 2009, 2051). Der Kodex lässt jedoch offen, wie über den Konflikt zu
berichten ist, wobei grundsätzlich eine detaillierte Darstellung des Konflikts und
seiner Behandlung im Aufsichtsrat nicht gefordert ist. Bei Beschlüsse des
Aufsichtsrats über die Zustimmung zu einem Vertrag zwischen der Gesellschaft
und einem Aufsichtsratsmitglied i.S. von § 114 AktG befindet sich das betroffene
Mitglied bei der Beratung und Entscheidung im Aufsichtsrat in einem
Interessenkonflikt. Es ist deshalb auch für die Aktionäre in der Hauptversammlung
von Interesse, ob das betreffende Aufsichtsratsmitglied an der Beratung und
Beschlussfassung teilgenommen hat. Mit der freiwilligen Anerkennung nach Ziff.
5.5.3 Satz 1 Deutscher Corporate Governance Kodex hat der Aufsichtsrat insoweit
auf den Schutz der Vertraulichkeit der Interna des Aufsichtsrats verzichtet, so dass
derartige Interessenkonflikte in den Aufsichtsratsbericht aufzunehmen sind. Die
Angabe von Einzelheiten ist jedoch entbehrlich; es genügt, wenn auf den
Interessenkonflikt und seine Behandlung hingewiesen wird, was hier aber nicht
ausreichend erfolgt ist (vgl. hierzu BGH ZIP 2009, 2051).
Die zu den Tagesordnungspunkten 3 und 4 gefassten Beschlüsse über die
Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat für das Geschäftsjahr 2008 verletzen
auch anderweitig das Gesetz.
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Ein Entlastungsbeschluss ist dann anfechtbar, wenn Gegenstand der Entlastung
ein Verhalten ist, das eindeutig einen schwerwiegenden Gesetzes- oder
Satzungsverstoß darstellt. Dem kann auch nicht die Regelung in § 120 Abs. 2 Satz
2 AktG entgegengehalten werden. Die in § 243 Abs. 1 AktG getroffene Regelung,
wonach jeder gesetzes- oder satzungswidrige Beschluss der Hauptversammlung
angefochten werden kann, erfährt durch die Abtrennung des Verzichts auf
Schadensersatzansprüche von der Entlastung keine Durchbrechung. Anderenfalls
könnte eine zur Billigung rechtsbrechenden Verhaltens entschlossene Mehrheit
gegen den Widerstand einer gesetzes- und satzungstreuen Minderheit eine
Entlastung des Vorstandes jederzeit durchsetzen. Dies widerspricht indes nicht nur
der Regelung in § 243 Abs. 1 AktG, sondern wäre auch mit dem Gesichtspunkt der
Treuepflicht der Mehrheit gegenüber der Minderheit unvereinbar (vgl. BGH NJW
2003, 1032, 1033 – Macrotron; NZG 2005, 77, 78 – ThyssenKrupp ; LG München I
CR 2007, 423 f.; Hüffer, AktG, 8. Aufl., Rdn. 12 zu § 120; Henze BB 2005, 165, 168
f.). Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze muss vorliegend die Anfechtbarkeit
bejaht werden.
Um darüber entscheiden zu können, ob ein derartiger Gesetzesverstoß vorliegt,
benötigen die Aktionäre die entsprechenden Informationen. Entsprechend der
Funktion des Auskunftsrechts, das auch zur Meinungs- und Urteilsbildung anderer
Aktionäre, insbesondere der Minderheitsaktionäre beitragen soll, ist Maßstab für
die Erforderlichkeit bzw. Beurteilungsrelevanz eines Auskunftsverlangens der
Standpunkt des objektiv urteilenden Aktionärs, der die Gesellschaftsverhältnisse
nur aufgrund allgemein bekannter Tatsachen kennt und daher die begehrte
Auskunft als nicht nur unwesentliches Beurteilungselement benötigt. Für das
Auskunftsrecht im Rahmen einer bevorstehenden Organentlastung gilt nichts
anderes. Die Aktionäre haben hier darüber zu entscheiden, ob die Tätigkeit der
Organmitglieder im abgelaufenen Geschäftsjahr zu billigen ist, sie in der
Unternehmensführung eine „glückliche Hand“ bewiesen haben und ihnen das
Vertrauen auch für ihre künftige Tätigkeit auszusprechen ist. Daher kann ein
Entlastungsbeschluss angefochten werden, wenn das Auskunftsrecht verletzt
worden ist (vgl. BGHZ 94, 324, 326; BGH NZG 2005, 77, 78 – ThyssenKrupp
m.w.N.).
Das Fragerecht der Aktionäre aus § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG wurde vorliegend
verletzt. Nach dieser Vorschrift ist jedem Aktionär auf Verlangen vom Vorstand
Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben, soweit sie zur
sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich ist.
Eine hinreichende Antwort wurde jedenfalls nicht auf die Fragen des Klägers zu 2)
die sich auf die Mandatierung der Rechtsanwaltskanzlei, an dem das
Aufsichtsratsmitglied X beteiligt ist, beziehen und die die Klägerin sich
zulässigerweise zu Eigen gemacht hat, nicht erteilt. Wenn ein Aktionär nach den
Einzelheiten von Zustimmungen und Genehmigungen und Bezahlung für die
Mandate fragt, so macht dies erforderlich, die Daten der Zustimmungsbeschlüsse
taggenau und jedenfalls den inhaltlichen Umfang der Mandate sowie deren
Bezahlung zu benennen (so auch LG München I, Urteil v. 12.3.2009 – 5 HKO
13800/08 -).
Gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 AktG hat über die Aufsichtsratsvergütung allein die
Hauptversammlung zu entscheiden. Ohne deren (ausdrückliche) Zustimmung sind
geschlossene Beratungsverträge der AG mit einem Aufsichtsratsmitglied (oder mit
einem ihm gleichzustellenden Unternehmen) über Tätigkeiten, die ihm schon
aufgrund seiner Organstellung obliegen, nicht nach § 114 Abs. 1 AktG
genehmigungsfähig, sondern gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen § 113
AktG nichtig (BGH DStR 2007, 1048 m. w .Nachw.). Dasselbe gilt, wenn der dem
Aufsichtsrat zur Genehmigung gemäß § 114 Abs. 1 AktG vorgelegte Vertrag nicht
eindeutige Feststellungen darüber ermöglicht, ob die nach dem Vertrag zu
vergütenden Leistungen außer- oder innerhalb des organschaftlichen
Pflichtenkreises des Aufsichtsratsmitglieds liegen und ob der Vertrag nicht
verdeckte Sonderzuwendungen einschließt (BGH a.a.O.).
Um dies zu überprüfen, bedarf es daher der Mitteilung von näheren Einzelheiten
und inwieweit dies den Aufsichtsratsmitgliedern bei der Zustimmung oder
Genehmigung bekannt war. Hier ist nämlich darauf abzustellen, dass die nach der
Auskunft des Vorstandes in der Hauptversammlung gegebene „anwaltliche
Mandatierung“ insbesondere in den Rechtsgebieten Gesellschaftsrecht,
Arbeitsrecht und Markenrecht so allgemein gefasst, dass nicht auszuschließen ist,
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Arbeitsrecht und Markenrecht so allgemein gefasst, dass nicht auszuschließen ist,
dass dies nicht schon zur Kontroll- und Beratungsfunktion des Aufsichtsrats
zuzurechnen ist ( BGH v. 11. 3. 1991, II ZR 188/89, a. a. O., BGHZ 114, 127, 129
ff.; v. 4. 7. 1994, II ZR 197/93, a. a. O., BGHZ 126, 340, 345) zumal zu dem
organschaftlichen Pflichtenkreis eines Aufsichtsratsmitglieds auch der Einsatz
seiner individuellen Fachkenntnisse gehört (vgl. BGH v. 3. 7. 2006, II ZR 151/04,
ZIP 2006, 1533; Semler NZG 2007, 881, 885) und vorliegend nach der Auskunft
des Vorstandes in der Hauptversammlung im wesentlichen um Standardmandate
gegangen sein soll.
Die Mandatierung von Rechtsanwaltskanzleien und weiteren Beratern, von denen
Mitgliedern im Aufsichtsrat einer Gesellschaft sitzen, ist nach der
höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH a.a.O.) grundsätzlich äußerst kritisch zu
bewerten ist, da hierdurch Umgehungstatbestände für die der Hauptversammlung
zustehende Vergütungsentscheidung für den Aufsichtsrat geschaffen werden und
Situationen entstehen können, die ein gewisses Nähe- und
Abhängigkeitsverhältnis nahe legen, die der gesetzlich gebotenen Kontrolle des
Vorstandes durch den Aufsichtsrat entgegen stehen könnten. Erfolgen gleichwohl
Mandatierungen muss es den Aktionären in der Hauptversammlung gestattet
sein, Einzelheiten hierzu zu erfragen, um feststellen zu können, ob diese
Umstände (nicht) vorliegen. Damit wird das dem Vorstand bestehende Recht, die
aus seiner Sicht geeignetste Anwaltskanzlei oder Beratergesellschaft zu
mandatieren nicht beschnitten, doch besagt dies nicht, das er gegenüber der
Hauptversammlung nicht offen zu legen braucht, warum er dies getan hat, wenn
ein Vertreter dieser Kanzlei oder Gesellschaft im Aufsichtsrat der Gesellschaft
sitzt.
Soweit der Bundesgerichtshof bei Einzelfragen, die besondere „Beratungstiefe“
verlangen, d. h. Fragen die ein besonderen Fachgebiets betreffen, für gemäß § 114
AktG genehmigungsfähig erachtet hat, geht es um spezielle Einzelfragen und
gerade nicht um Standardmandate (vgl. BGH v. 4. 7. 1994, II ZR 197/93, a. a. O.,
BGHZ 126, 340, 344 f.; Lutter/Kremer, ZGR 1992, 87, 108; Lutter/Drygala, a. a. O.,
S. 394). Sie und das für die spezielle Beratung zu entrichtende Entgelt müssen in
diesem Fall dem Aufsichtsrat gegenüber (im Rahmen des § 114 Abs. 1 AktG) so
konkret bezeichnet werden, dass er sich ein eigenständiges Urteil über die Art der
Leistung, ihren Umfang sowie die Höhe und Angemessenheit der Vergütung bilden
kann (BGH v. 4. 7. 1994, II ZR 197/93, a. a. O.) und dies muss auch im Rahmen der
Entlastungsbeschussfindung für Vorstand und Aufsichtsrat ggf. auf Fragen in der
Hauptversammlung den Aktionären mitgeteilt werden.
Die Antwort der Verwaltung genügt diesen Anforderungen schon nach dem Inhalt
der Antwort nicht. Der Vorstand der Beklagten verwies selbst auf die Beauftragung
in den genannten Tätigkeitsfeldern hin und, dass es sich um Standardaufträge
gehandelt hat. Näheres über den Inhalt der entsprechenden Beschlussvorlagen
wurde vom Vorstand aber nicht erläutert, insbesondere, warum diese
Standardaufträge nicht zu dem organschaftlichen Pflichtenkreis des
Aufsichtsratsmitglieds gehört haben sollen, bzw. warum gerade hier diese Kanzlei
mandatiert werden musste. Soweit hierzu von dem Vorstandsmitglied in der
mündlichen Verhandlung vor der Kammer nähre Ausführungen gemacht wurden-
die als ausreichend anzusehen sein dürften - ist dies ohne Bedeutung, da diese
gegenüber den Aktionären in der Hauptversammlung hätten gegeben werden
müssen und sich aus dem notariellen Protokoll hierüber auch nichts ergibt.
Diese Fragen waren auch zur Beurteilung der Entlastung von Vorstand und
Aufsichtsrat erforderlich. Nur wenn ein objektiv denkender Aktionär, auf den
abzustellen ist, darüber informiert ist, ob und insbesondere auch wann und unter
welchen Voraussetzungen der Aufsichtsrat den vom Vorstand genannten
Zahlungen an eine Rechtsanwaltskanzlei, der ein Mitglied des Aufsichtsrates der
Gesellschaft angehört, zugestimmt hat, kann er beurteilen, inwieweit die
Voraussetzungen von § 114 AktG erfüllt sind (vgl. OLG München AG 2009, 121,
122). Ebenso ist die ordnungsgemäße Beantwortung dieser Frage für die
Beurteilung der Entlastung des Aufsichtsrates erforderlich, was sich insbesondere
auch aus dem Normzweck von § 114 AktG ergibt. Diese Vorschrift will eine
unsachliche Beeinflussung von Aufsichtsratsmitgliedern durch den
vertragsschließenden Vorstand verhindern. Der Vorstand als überwachtes Organ
soll Mitglieder des Aufsichtsrates nicht hinter dem Rücken und vor allem auch nicht
ohne Billigung des Aufsichtsrates honorieren (vgl. BGHZ 168, 188, 192 f.; BGH
NZG 2007, 103 f.; Hüffer, AktG, a.a.O., Rdn. 1 zu § 114; Breuer/Fraune in: Heidel,
Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., Rdn. 1 zu § 114 AktG). Demgemäß
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Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., Rdn. 1 zu § 114 AktG). Demgemäß
steht auch der Aufsichtsrat in der Pflicht, Interessenkollisionen bei einem seiner
Mitglieder zu verhindern. Um beurteilen zu können, ob der Aufsichtsrat diesen
Anforderungen gerecht wurde und somit pflichtgemäß handelte, benötigt der
objektiv denkende Aktionär die entsprechenden Informationen.
Hinsichtlich der zu antwortenden Einzelheiten stand dem Vorstand auch kein
Auskunftsverweigerungsrecht zu. Aus § 131 Abs. 3 Satz 2 AktG ergibt sich die
klare und eindeutige gesetzliche Anordnung, dass aus anderen als den in § 131
Abs. 3 Satz 1 (Nrn. 1.-7.) AktG genannten Gründen ein zulässiges (§ 131 Abs. 1
Sätze 1 und 2 AktG) Auskunftsbegehren nicht verweigert werden darf.
Für den Verweigerungsgrund nach § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 AktG (strafbewehrte
Geheimhaltungspflichten) gilt, dass die Auskunftsverweigerung hiernach nur dann
gerechtfertigt ist, wenn die strafbewehrte Geheimhaltungspflicht den Vorstand -
die Mitglieder des Vorstands - selber trifft, wenn also in ihrer Person die
tatsächlichen Voraussetzungen des Verpflichtungsgrundes verwirklicht werden.
Auf die von der Beklagten in diesen Zusammenhang gestellte berufliche
Verschwiegenheitspflicht eines Rechtsanwalts nach § 43a Abs. 2 Satz 1 BRAO,
deren Verletzung in der Tat auch strafbewehrt sein kann (§ 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB),
kann sich die Beklagte daher weder für sich noch für ihre Vorstandsmitglieder
berufen, weil weder sie selbst noch die Mitglieder ihres Vertretungsorgans (§ 78
Abs. 1 Satz 1 AktG) rechtsanwaltliche Tätigkeiten ausüben und es für sie auch
nicht um die Wahrung ihr/ihnen in diesem Zusammenhang anvertraute(r)
Privatgeheimnisse geht.
Das Auskunftsverweigerungsrecht kann auch nicht damit begründet werden, mit
dem drohenden Nachteil der Gesellschaft bei näheren Erläuterungen einzelner
Mandate. Nach § 131 Abs. 3 Satz 1 Ziff. 1 AktG kann die Auskunft verweigert
werden, soweit sie geeignet ist, der Aktiengesellschaft nicht unerheblichen Nachteil
zuzufügen. Maßgebend ist eine vernünftige kaufmännische Beurteilung. Der
Nachteil muss nicht zwingend sein, Eignung genügt. Nachteil ist hierbei jede
einigermaßen gewichtige Beeinträchtigung des Gesellschaftsinteresses.
Maßgeblich ist nicht die subjektive Überzeugung des Vorstandes, sondern eine
vernünftige kaufmännische Beurteilung als objektiv verstandener, voller
richterlicher Überprüfung zugänglicher Maßstab.
Die insoweit darlegungsbelastete Beklagte hat nicht dargelegt, warum die Kenntnis
von Standardmandaten ihr einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen soll. Die
Nennung von Personen wäre nicht notwendig gewesen, vielmehr hätte es hier
genügt, mitzuteilen auf welchen rechtlichen Komplex, z .B: arbeitsrechtliche
Prüfung von Sanktion mit leitendem Mitarbeiter, sich das jeweils einzelne Mandant
bezogen hat.
Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass die an die Kanzlei des
Aufsichtsratsmitglieds X gezahlte Vergütung von ca. 1 Mio. EUR im
Gesamtkomplex der gezahlten anwaltlichen Vergütungen von ca. 57 Mio. EUR um
geringfügige Leistungen gehandelt habe. Die Beklagte verkennt, dass es hier nicht
um die Relation der von ihr gezahlten Beratervergütungen geht, sondern es auf
die Vergütung des Aufsichtsratsmitglieds ankommt. Da es auf die Unabhängigkeit
des Aufsichtsrats ankommt, ist konkret zu prüfen, ob eine Zuwendung auch
tatsächlich geeignet erscheint, die Unabhängigkeit in Frage zu stellen. Nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (DStR 2007, 398) scheidet eine
Anwendung der §§ 113, 114 AktG nur aus, wenn es sich bei den - unmittelbaren
oder mittelbaren – Zuwendungen um - abstrakt betrachtet - ganz geringfügige
Leistungen handelt oder wenn sie im Vergleich zu der von der Hauptversammlung
durch Satzungsbestimmung oder durch Einzelbeschluss festgesetzten
Aufsichtsratsvergütung einen vernachlässigenswerten Umfang haben. Soweit die
Beklagte nunmehr vorbringt, Herr X habe nur mit ca. EUR 10.000,-- an den
Honoraren partizipiert, handelt es sich nicht um eine ganz geringfügige Leistung
(vgl. hierzu v. Schenck DStR 2007, 395). Abgesehen davon, dass dies 50 % der
Festvergütung von Herrn X als Aufsichtsratsmitglied ausmacht und fraglich ist, ob
in diese Relation auch die von der Beklagten gezahlte erfolgsabhängige Vergütung
an ihre Aufsichtsratsmitglieder einzubeziehen ist, die an die Höhe der Dividende
gebunden ist, da der BGH (vgl. DStR 2006, 1610 m.w.Nachw.) verlangt, dass diese
Vergütung feststehen muss, damit sich der Aufsichtsrat ein Bild von der
Angemessenheit der getroffenen Vereinbarung machen und damit ausschließen
kann, dass die Vergütung überhöht ist und so dem Aufsichtsratsmitglied für eine
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kann, dass die Vergütung überhöht ist und so dem Aufsichtsratsmitglied für eine
zulässige Beratungstätigkeit eine unzulässig hohe Vergütung zufließt, ist auch
unter Berücksichtigung der erfolgsabhängigen Vergütung die ausweislich des
Geschäftsberichts für Herrn X EUR 129.000 im Jahr 2008 betragen hat, bei 6,7 %
keine ganz geringfügige Leistung gegeben, zumal nicht bekannt ist, in welchem
Umfang Herrn X ansonsten Honorare aus seiner Mitgliedschaft in der Sozietät
zufließen (vgl. hierzu v. Schenck DStR 2007, 395, 398) und auch dies für die Frage
bedeutsam sein kann, ob angesichts des Gesamteinkommens des
Aufsichtsratsmitglieds diese Vermögensmehrung durch die der Sozietät erteilten
Mandate geeignet ist, dessen Unabhängigkeit zu beeinflussen.
Entgegen der Ansicht der Beklagten war der Zeitpunkt dieser Zahlungen auch
nicht deshalb unerheblich, weil zu allen Mandaten der Rechtsanwaltskanzlei vom
Aufsichtsrat die Zustimmung erteilt worden sei. Vom Standpunkt eines objektiv
denkenden Aktionärs war die Angabe der Zahlungsdaten „erforderlich“ i. S. d. §
131 Abs. 1 Satz 1 AktG, um beurteilen zu können, ob zu diesen Zeitpunkten
jeweils bereits ein Zustimmungsbeschluss nach § 114 AktG existierte. Die
Relevanz dieses Auskunftsbegehrens entfiel auch nicht aufgrund der Mitteilung,
sämtliche Mandate seien vom Aufsichtsrat vorsorglich nachträglich genehmigt
worden, zumal aus Sicht eines Aktionärs nicht geklärt war, ob diese nachträgliche
Genehmigung den gesetzlichen Anforderungen genügte (vgl. OLG München ZIP
2009, 1667)
Die Kausalität des Gesetzesverstoßes im Sinne des § 243 Abs. 4 Satz 1 AktG
muss bejaht werden. Nach dieser Regelung kann ein
Hauptversammlungsbeschluss wegen unrichtiger, unvollständiger oder
verweigerter Information nur angefochten werden, wenn ein objektiv urteilender
Aktionär die Erteilung der Information als wesentliche Information für die
sachgerechte Wahrnehmung seiner Teilnahme- und Mitgliedschaftsrechte
angesehen hätte. Auf die Frage, ob der tatsächliche Inhalt der in der
Hauptversammlung verweigerten oder unvollständig gegebenen Auskunft einen
objektiv urteilenden Aktionär von der Zustimmung zur Beschlussvorlage
abgehalten hätte, kann es nicht ankommen, weil man anderenfalls dem
Normzweck des Frage- wie auch des Anfechtungsrechts nicht gerecht würde.
Beide Rechte gehören zu den Kernelementen des Schutzes der
Minderheitsaktionäre. Wenn dieser Schutz nicht leer laufen oder sinnentleert sein
soll, kann es nicht darauf ankommen, ob der Aktionär in Kenntnis der Information
anders abgestimmt hätte als tatsächlich geschehen. Demgemäß stellt der
Gesetzeswortlaut auf die wesentliche Voraussetzung für die sachgerechte
Wahrnehmung der Teilnahme- und Mitgliedschaftsrechte ab. Darunter ist dann
aber die Relevanz für das Mitwirkungs- bzw. Mitgliedschaftsrecht dergestalt zu
verstehen, dass dem Beschluss ein Legitimationsdefizit anhaftet, das bei einer
wertenden, am Schutzzweck der Norm orientierten Betrachtungsweise die
Rechtsfolge der Anfechtbarkeit rechtfertigt (vgl. BGH NZG 2005, 77, 79 -
ThyssenKrupp für die Rechtslage vor dem Inkrafttreten des UMAG; auch
Göz/Hohlborn WM 2006, 157, 160). Werden einem Aktionär Auskünfte
vorenthalten, die aus der Sicht eines objektiv wertenden Aktionärs in der
Fragesituation zur sachgerechten Beurteilung des Beschlussgegenstandes
„erforderlich“ sind, so liegt darin zugleich ein relevanter Verstoß gegen das
Teilnahme- und Mitwirkungsrecht des Aktionärs, ohne dass es darauf ankommt, ob
der tatsächliche Inhalt der in der Hauptversammlung verweigerten oder nicht
hinreichend gegebenen Auskunft einen objektiv wertenden Aktionär von der
Zustimmung zur Beschlussvorlage abgehalten hätte. Wenn die vorenthaltene
Auskunft zur sachgerechten Beurteilung erforderlich ist, so muss darin eine
wesentliche Voraussetzung für die sachgerechte Wahrnehmung der
Aktionärsrechte gesehen werden.
Auch die Beschlussfassungen zu den Tagesordnungspunkten 6 und 7
(genehmigtes Kapital I und II) sind aus dem Gesichtspunkt der
Informationsverletzung anfechtbar.
Der Kläger zu 2) – dessen Fragen sich die Klägerin zu 1) zulässigerweise zu Eigen
gemacht hat - fragte bezüglich der Ausnutzung des Genehmigten Kapitals in den
Jahren 2005 bis 2008, welche Provisionen bezüglich der einzelnen
Kapitalerhöhungen an welche Berater gezahlt wurden und zwar unter Angabe der
jeweiligen Höhe, gegebenenfalls auch Teilbeträge und unter Angabe des Datums
der jeweiligen Überweisung und welche Zahlungen (auch Teilzahlungen) auf das
gezeichnete Kapital jeweils erfolgt sind unter Angabe des Namens des Zahlenden,
Datum der Zahlung und Eingangskonto bei der Gesellschaft. Die Beklagte hat
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Datum der Zahlung und Eingangskonto bei der Gesellschaft. Die Beklagte hat
hinsichtlich der Kosten nur die Provisionen der Banken genannt, nicht jedoch der
übrigen Berater, nach denen gefragt war. Angaben zu konkreten
Überweisungsvorgängen wurden ausdrücklich nicht gemacht.
Insoweit steht den Aktionären jedoch ein Informationsanspruch zu. Die Beklagte
kann dem nicht entgegenhalten, es fehle der erforderliche Bezug zu einem der
Tagesordnungspunkte und die Auskunft sei daher nicht zur sachgemäßen
Beurteilung erforderlich. Die Hauptversammlung sollte neue Beschlüsse über die
Schaffung neuen Genehmigten Kapitals in Höhe von EUR 12.800.000,– bzw. EUR
6.400.000 fassen. In der Vergangenheit hatte die Beklagte bereits Beschlüsse
gefasst, mit denen genehmigtes Kapital geschaffen wurde. Zur sachgerechten
Beurteilung des unter Tagesordnungspunkten 6 und 7 zu fassenden Beschlüsse
war die Auskunft vor allem deshalb erforderlich, weil der Vorstand unter
bestimmten Voraussetzungen ermächtigt werden sollte, mit Zustimmung des
Aufsichtsrates das Bezugsrecht der Aktionäre ganz oder teilweise auszuschließen
sowie den weiteren Inhalt der Aktienrechte und die Bedingungen der
Aktienausgabe festzulegen.
Die ordnungsgemäße Abwicklung der Kapitalerhöhungen – insbesondere, dass
keine Zahlungen an die Zeichner flossen ( Hin- und Herzahlen) in der
Vergangenheit, zu der auch die Zahl der Aktien gehört, die aufgrund früherer
Kapitalmaßnahmen geschaffen wurden, ist für die Aktionäre von Bedeutung. Die
Hauptversammlung verlagert bei der Schaffung genehmigten Kapitals ihre
Kompetenzen, die sie sonst bei der Erhöhung des Grundkapitals aufgrund von §
182 AktG hätte, auf den Vorstand. Dann aber muss ein Vertrauen in die
Vorgehensweise des Vorstandes vorhanden sein. Um dies beurteilen zu können,
ist es sachgerecht, nach den genauen Zahlungen und Kosten früheren
Kapitalmaßnahmen zu fragen. Es ist, wenn der Verwaltung ein an sich der
Hauptversammlung zustehendes Recht übertragen werden soll, bei dem die
Gefahr der Verwässerung des Aktienbesitzes des einzelnen Aktionärs besteht, für
den Aktionär von Bedeutung für eine sachgerechte Abstimmung, ob bei einer
früheren gleich oder ähnlich gelagerten Rechtsübertragung zur Kapitalerhöhung
Vereinbarungen oder sonstige Absprachen mit Dritten getroffen wurde und ob und
wie Zahlungen erfolgt sind.
Die Schaffung genehmigten Kapitals setzt ein Vertrauen in die Verwaltung voraus,
für das es relevant sein kann, wie der Vorstand vorangegangene
Kapitalerhöhungen abgewickelt hat.
Angesichts der durchgreifenden Informationsverletzungen die zur
Nichtigkeitserklärung aller angegriffenen Beschlussfassungen auf die
Anfechtungsklage der Beklagten zu 1) führt, bedarf es im vorliegenden Verfahren
keiner Entscheidung, ob es zu den anderen streitgegenständlichen Fragen zu
Informationsverletzungen gekommen ist und inwieweit ggf. eine
Informationsverletzung als wesentlich einzustufen ist.
Soweit sich die Beklagte darauf beruft, dass das Auskunftsbegehren
rechtsmissbräuchlich gewesen sei, so ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es im
vorliegenden Verfahren nur um 12 Fragen ging, mithin einer Anzahl von Fragen,
die nach der Erfahrung der Kammer aus einer Vielzahl von aktienrechtlichen
Beschlussmängel- und Auskunftserzwingungsverfahren (über 300
Klageerhebungen und Auskunftserzwingungsanträge in den Jahren 2007- 2009
beim LG Frankfurt am Main) noch eher am unteren Rand der Anzahl jeweils
streitgegenständlicher Fragen liegt. Zudem hat die Beklagte selbst nicht
vorgetragen, dass sie in der Hauptversammlung die Fragen als
rechtsmissbräuchlich beanstandet und deswegen eine Antwort verweigert habe.
Hier hätte der Hauptversammlungsleiter ggf. die Fragesteller entsprechend darauf
hinweisen und zu einer Beschränkung der Fragen anhalten müssen (vgl. Kubis in
MünchKomm, AktG, 2. Aufl. § 131 Rz. 56).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 100, 101 Abs. 2 ZPO.
Wegen des Unterliegens hat der Kläger zu 2) seine außergerichtlichen Kosten und
die gerichtlichen Kosten seiner Klage selbst zu tragen. Die außergerichtlichen
Kosten der Beklagten und ihrer Streithelfer haben die Kläger zu 2) und die
Beklagte, bzw. deren Streithelfer anteilig entsprechend ihrer Beteiligung und
Obsiegen im Rechtsstreit zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin
zu1) haben die Beklagte und ihre Streithelfer anteilig zu tragen. Die Kammer folgt
insoweit der neueren Rechtsprechung des zuständigen Rechtsmittelgerichts (vgl.
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insoweit der neueren Rechtsprechung des zuständigen Rechtsmittelgerichts (vgl.
Beschluss vom 17.11.2008 – 5 U 6/08 -) wonach die streitgenössischen
Nebenintervenienten – wie vorliegend – auch anteilig die außergerichtlichen Kosten
des obsiegenden Gegners des Rechtsstreits zu tragen haben. Hingegen hat die
Beklagte die gerichtlichen Kosten der Klage der Klägerin zu 1) in vollem Umfang
selbst zu tragen. Eine anteilige Kostenbelastung der Streithelfer mit den
Gerichtskosten kommt hier nicht in Betracht. Nicht beizutreten vermag die
Kammer (vgl. auch Bischoff MDR 1999,787) aus Rechtsgründen hier der ebenfalls
in der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 17.11.2008 –
5 U 6/08 – vertretenen Auffassung, dass der streitgenössische Streithelfer bei
Unterliegen der unterstützten Partei auch anteilig die gerichtlichen Kosten zu
tragen hat. § 101 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 100 ZPO regelt nur das Verhältnis zwischen
dem streitgenössischen Streithelfer und dem Gegner der unterstützten Partei,
nicht jedoch das Verhältnis zwischen dem Streithelfer und der von ihm
unterstützten Partei (vgl. Baumbach/Hartmann, ZPO § 101 Rz. 35 und 6
m.w.Nachw.). Jedenfalls für eine prozessuale Kostenentscheidung zwischen diesen
fehlt es an der gesetzliche Anordnung der prozessualen Erstattungspflicht
zwischen Hauptpartei und ihrem Streithelfer, da § 100 Abs. 1 ZPO auf den § 101
Abs. 2 ZPO verweist nur von Kostenerstattung spricht und diese nach
prozessualen Grundsätzen der §§ 91 ff ZPO nur zwischen gegnerischen Parteien
stattfindet.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in
§ 709 ZPO.
Der Streitwert für die Klage waren EUR 200.000,-- festzusetzen. Nach der
Rechtsprechung des zuständigen Senats des Oberlandesgerichts Frankfurt am
Main – dem nicht zu folgen die Kammer keinen Anlass sieht – ist regelmäßig bei
Anfechtungen zu Hauptversammlungsbeschlüssen, mittlerer und großer
Aktiengesellschaften, zu denen die Beklagte zu rechnen ist, ein Wert von EUR
50.000,-- je Beschlusspunkt anzusetzen, sofern nicht besondere Umstände, eine
Abweichung gebieten.
Diese Umstände sieht die Kammer als nicht gegeben, so dass jeweils EUR
50.000,-- anzusetzen waren, was bei 4 angegriffenen Beschlussfassungen für jede
Klage für sich und nach Verbindung insgesamt den Wert von EUR 200.000,-- ergibt.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.