Urteil des LG Frankfurt am Main vom 07.10.2010

LG Frankfurt: charakteristische leistung, treuhänder, einlage, persönliches recht, auskunft, einfluss, trustee, gesellschafter, verkehr, form

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Gericht:
LG Frankfurt 23.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2-23 O 385/09,
2/23 O 385/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 280 Abs 2 BGB, § 666 BGB
Leitsatz
Zu den Voraussetzungen eines auf einem Treuhandvertrag beruhenden
Aussonderungsanspruchs im Zusammenhang mit Zahlungsflüssen zwischen
Konzerngesellschaften.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird festgesetzt auf 802.160.000,-- €.
Tatbestand
Die Klägerin ist eine nach englischem Recht, der
Beklagte ist der Insolvenzverwalter der L. AG (im Folgenden: Bankhaus). Beide
Parteien waren Teil der ehemaligen internationalen Investmentbank L.. Die oberste
Holding-Gesellschaft der L.-Gruppe war die L. Inc. (im Folgenden: LBHI) eine
nach dem Recht des US-Bundesstaats Delaware. Zwischen der LBHI
und der Klägerin bestand eine mehrstufige Unternehmensverbindung über eine
Vielzahl von Zwischengesellschaften (vgl. Organigramm Anlage L 1, Anlagenband
I; und Bl. 115 d. A.). Das Bankhaus war eine Tochtergesellschaft von LBHI.
Am 15.09.2008 eröffnete der in London das
Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin. Ebenfalls am
15.09.2008 erließ die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)
gegenüber dem Bankhaus ein sogenanntes Moratorium gemäß § 46 a KWG,
wodurch ein Veräußerungs- und Zahlungsverbot für das Bankhaus bewirkt wurde.
Am 13.11.2008 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des
Bankhauses eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt (Anlage L 6,
Anlagenband I). Das Moratorium wurde am 23.12.2008 aufgehoben.
Streitgegenständlich ist eine Überweisung von Kundengeldern von der Klägerin an
das Bankhaus am 12.09.2008 in Höhe von einer Milliarde US-Dollar, die am
15.09.2008 hätten verzinst zurückgezahlt werden sollen (Anlage L 15, L 17,
Anlagenband I). Die Überweisung wurde am 12.09.2008 um 17:49:58 Uhr dem
Konto, Nr. 066639557, des Bankhauses bei der Bank J., New York, gutgeschrieben
(Anlage L 16, Anlagenband I). Mit Schreiben vom 07.11.2008 verlangte die Klägerin
die Herausgabe der Kundengelder vom Bankhaus. Mit Schreiben vom 03.02.2009
machte sie das Aussonderungsrecht gemäß § 47 InsO und vorsorglich das Recht
auf Ersatzaussonderung gemäß § 48 InsO geltend und meldete vorsorglich die
Rückzahlung der Kundengelder als ungesicherte Insolvenzforderung gemäß § 38
InsO an (Anlage L 19, Anlagenband I). Im Prüfungstermin vom 20.10.2009 bestritt
der Beklagte die angemeldete Insolvenzforderung. Dass der Klägerin dem Grunde
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der Beklagte die angemeldete Insolvenzforderung. Dass der Klägerin dem Grunde
nach ein Anspruch auf Rückzahlung der Kundengelder gegen das Bankhaus
zusteht, ist unstreitig. Der Beklagte ist jedoch der Ansicht, dass dieser Anspruch
als nachrangige Insolvenzforderung gem. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO zu qualifizieren sei
und deshalb mangels Aufforderung des Insolvenzgerichts gem. § 174 Abs. 3 InsO
nicht zur Tabelle angemeldet werden könne.
Für die Aufzeichnung des Transfers von Kundengeldern benutzten die Klägerin und
das Bankhaus das sogenannte ein Buchungssystem der L.-Gruppe. Die
L.-Gruppe unterhielt ein zentrales , d.h. eine
konzernweite Steuerung der liquiden Mittel. Zweck dieses zentralen Cash-
Managements war es, die bei einzelnen Konzerngesellschaften vorhandene
Liquidität zur Deckung von Liquiditätsdefiziten bei anderen Konzerngesellschaften
und zur rentablen Anlage von Liquiditätsüberschüssen einzusetzen.
Der streitgegenständlichen Überweisung lag folgende Geschäftsbeziehung
zwischen der Klägerin und dem Bankhaus zugrunde, deren rechtliche
Qualifizierung zwischen den Parteien streitig ist:
Die Klägerin war nach englischem Recht dazu verpflichtet, Kundengelder bei einem
Kreditinstitut im Sinne der Europäischen Richtlinie 2006/48/EG entsprechend den
Vorschriften des anwendbaren Einlagensicherungssystems zu platzieren. Nach
den Regeln des des von der britischen
Finanzaufsicht ( ) erlassenen Regelwerks zur
Verwahrung von Kundengeldern, hielt die Klägerin die Rückzahlungsansprüche, die
ihr gegen diese Banken zustanden, treuhänderisch. Die Geschäftsbeziehung
zwischen der Klägerin und dem Bankhaus in Bezug auf die Anlage von
Kundengeldern der Klägerin begann im Januar 2003, wobei streitig ist, auf wessen
Initiative dies zurückging. Nach Auffassung der Klägerin ging die Initiative von ihr
aus, nach Auffassung des Beklagten von der LBHI. Es erfolgte ein reger E-mail-
Verkehr zwischen der Klägerin und dem Bankhaus (Anlage L 12, Anlagenband I,
Anlagen B 8 - 10, Anlagenordner I; und Bl. 73 f. d. A.). Es kam schließlich zu einem
Schreiben des Bankhauses an die Klägerin vom 03.02.2002, das falsch datiert ist.
Laut Klägerin stamme es in Wahrheit vom 10.02.2003, wie der Faxkopf auf der
Anlage L 10 (Anlagenband I) zeige, laut Beklagtem datiere es in Wahrheit vom
03.02.2003. In diesem Schreiben bestätigt das Bankhaus, dass sämtliche
Guthaben auf Konten der Klägerin vom Bankhaus als Treuhänder verwahrt werden
und die Bank diese Gelder von anderen Geldern getrennt verwalten wird. Dieses
Schreiben ist seitens des Bankhauses unterzeichnet vom Rechtsabteilungsleiter
des Bankhauses Herrn Z. und von Herrn F.
Des Weiteren kam es zu einer Vereinbarung zwischen der Klägerin und dem
Bankhaus vom 12./14.02.2003 (Anlage L 11, Anlagenband I), in der die Klägerin
dem Bankhaus mitteilt, dass sämtliche Gelder auf dem Konto L. (Europe) Client
Segregated Account von der Klägerin als Treuhänder ( verwahrt werden,
und dass das Bankhaus die erforderlichen Vorkehrungen treffen muss, damit
sämtliche Gelder, die bei ihm unter dem oben genannten Namen eingehen, intern
als "Kundengelder" verbucht werden. Diese Vereinbarung ist unterzeichnet von der
Klägerin und dem Bankhaus, unter anderem wieder von Herrn Z. E-mail-Verkehr
im Zeitraum zwischen diesen beiden Schreiben ist nicht überliefert.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Vereinbarung vom 12./14.02.2003 stelle eine
Ergänzung zu dem Schreiben vom ihrer Auffassung nach 10.02.2003 dar, und es
handele sich insgesamt um eine Treuhandvereinbarung zwischen der Klägerin und
dem Bankhaus mit der Folge, dass das Bankhaus die Kundengelder ebenfalls als
Treuhänder verwahrt habe (sog. Kettentreuhand). Dies sei in der Folge stets so
gelebt worden zwischen der Klägerin und dem Bankhaus, und den Mitarbeitern des
Bankhauses sei stets bewusst gewesen, dass die Gelder, die die Klägerin beim
Bankhaus anlegte, nicht Gelder der Klägerin, sondern Kundengelder gewesen
seien. Das sei auch daran ersichtlich, dass das T-System in London ermöglicht
habe, einen Transfer von Kundengeldern zum Bankhaus durch Hinzufügung der
Bezeichnung „ “ als einen Transfer von Kundengeldern kenntlich zu
machen. Nur weil das T-System in Frankfurt keine separate Bezeichnung „
.“ vorgesehen habe, seien Kundengeldüberweisungen im T-System in
Frankfurt stets als „ “ gekennzeichnet worden. Aus dieser Unzulänglichkeit
des Systems habe resultiert, dass das Bankhaus den Vorgaben aus den
Vereinbarungen mit der Klägerin anderweitig habe Rechnung tragen müssen.
Bei der Vereinbarung zwischen der Klägerin und dem Bankhaus habe es sich
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Bei der Vereinbarung zwischen der Klägerin und dem Bankhaus habe es sich
gerade nicht um eine standardisierte Vereinbarung gehandelt, die die Klägerin mit
gruppenfremden Anlagebanken vor der ersten Kundengeldüberweisung
abgeschlossen habe, sondern um eine individuell ausgehandelte Vereinbarung von
erfahrenen und leitenden Mitarbeitern der Klägerin und des Bankhauses. Eine
solche Vereinbarung sei auch wirtschaftlich sinnvoll gewesen, weil das Bankhaus
der Klägerin im Vergleich zum sonstigen Markt sehr gute Konditionen für die
Anlage von Kundengeldern geboten habe. Die Klägerin behauptet, bei der
streitgegenständlichen Überweisung habe es sich um Kundengelder von über
1.000 verschiedenen natürlichen und juristischen Personen gehandelt. Zum
Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Bankhaus am
13.11.2008 hätten über 1.500 Kunden zum Kreis der wirtschaftlich Berechtigten
gehört (Kundenliste, aktualisierte Anlage L 42, Anlagenordner II). Die Klägerin ist
der Auffassung, ihr stehe zunächst aus der Treuhandvereinbarung ein
Auskunftsanspruch gemäß §§ 675 Abs. 1, 666 BGB zu. Sodann habe sie einen
Aussonderungsanspruch gemäß § 47 InsO. Die Treuhandabrede führe zur
schuldrechtlichen Aussonderungsberechtigung. Das Treugut sei ihr dinglich
zuzuordnen, denn die Kundengelder seien wirtschaftlich dem Vermögen der
Klägerin zuzuordnen, und die Anforderungen des Unmittelbarkeitsprinzips und die
Voraussetzungen an die Bestimmbarkeit des Treuguts seien erfüllt. Sie ist weiter
der Auffassung, dass ihr ein Ersatzaussonderungsrecht gemäß § 48 InsO zustehe,
falls die Auskunft ergebe, dass über das Treugut unberechtigt verfügt worden sei.
Ferner ist sie der Auffassung, dass ihr ein Schadensersatzanspruch gemäß § 280
Abs. 1 BGB zustehe in Höhe der Differenz zwischen 802.316.923,00 € und aus den
aus der Auskunft resultierenden Beträgen, falls die Auskunft ergebe, dass weder
ein Aussonderungs- noch ein Ersatzaussonderungsanspruch besteht. Hilfsweise
stehe ihr ein Anspruch auf Feststellung zur Insolvenztabelle hinsichtlich des
Betrages zu, der sich aus der Differenz von 806.491.398,00 € und den aus der
Auskunft resultierenden Beträgen ergebe. Das Moratorium nach § 46 a KWG
entfalte keine privatrechtsgestaltende Wirkung in Form einer Stundungswirkung.
Dies begegne auch verfassungsrechtlichen Bedenken.
Die Klägerin beantragt,
1. Der Beklagte wird verurteilt,
1.1 der Klägerin Auskunft über den Verbleib des am 12. September 2008 von
der Klägerin an das Bankhaus um 17:49:58 Uhr auf das Konto des Bankhauses bei
J., Kontonummer 066639557 überwiesenen Kundengeldes in Höhe von USD 1 Mrd.
bzw. von Teilbeträgen desselben zu erteilen. Dabei sind der (Teil-) Betrag, die
Konten, das Datum und die Uhrzeit der Überweisung durch Vorlage der
Originaldokumente zu benennen.
1.2 der Klägerin unter Vorlage der Originaldokumente Auskunft darüber zu
erteilen, ob und welche Gegenleistungen das Bankhaus bzw. der Beklagte für diese
Kundengelder erhalten hat und in welcher Form diese Gegenleistungen noch
unterscheidbar in der Masse vorhanden sind.
2. Der Beklagte wird verurteilt, erforderlichenfalls die Richtigkeit und
Vollständigkeit seiner Angaben gemäß den Klageanträgen zu 1.1. und 1.2. an
Eides statt zu versichern.
3. Der Beklagte wird verurteilt, je nach erteilter Auskunft gemäß dem
Klageantrag zu 1.,
3.1 den sich aus der Auskunft nach dem Klageantrag zu 1. ergebenden Betrag
nebst den daraus vertraglich geschuldeten Zinsen vom 12. September 2008 bis
zum 15. September 2008 in Höhe von 2,3475 % zuzüglich Verzugszinsen in Höhe
von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus diesem Betrag seit dem 16.
September 2008 an die Klägerin herauszugeben;
3.2 die als Gegenleistung für das ursprünglich aussonderungsfähige Treugut
erlangten individualisierbaren Gegenstände an die Klägerin herauszugeben;
3.3 einen Schadensersatzanspruch in Höhe der Differenz zwischen EUR
802.316.923,00 und den aus Ziffer 3.1 und 3.2 resultierenden Beträgen, der in
dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Bankhauses unter der laufenden
Tabellennummer 226 angemeldet ist, zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 8
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. September 2008 zur
Insolvenztabelle festzustellen.
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Hilfsweise beantragt die Klägerin,
den Beklagten zu verurteilen, die auf Zahlung in Höhe von EUR 806.491.398,00
gerichtete Forderung der Klägerin, die in dem Insolvenzverfahren über das
Vermögen des Bankhauses unter der laufenden Tabellennummer 226 angemeldet
ist, in Höhe der Differenz zwischen EUR 806.491.398,00 und den nach Klageantrag
zu 3. ausgeurteilten Beträgen zur Insolvenztabelle festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte bestreitet zunächst mit Nichtwissen, dass es sich bei der
streitgegenständlichen Überweisung ausschließlich um Kundengelder gehandelt
habe. Weiter behauptet er, ein etwaiger Auskunftsanspruch sei gemäß § 362 BGB
erloschen, weil der Beklagte sämtliche Auskünfte bereits erteilt habe. Er ist der
Auffassung, dass der Klägerin kein Aussonderungs- oder
Ersatzaussonderungsanspruch zustehe, weil das Bankhaus die
streitgegenständliche Überweisung als Einlage und nicht als Treuhänder
entgegengenommen habe. Dementsprechend sei der Betrag auch auf das
allgemeine US-Dollar-Nostrokonto des Bankhauses überwiesen worden und nicht
auf ein separates Treuhandkonto. Der Beklagte behauptet, dass Herrn Z. bei der
Formulierung der Bestätigung vom 03.02.2003 ein Fehler unterlaufen sei. An den
Stellen, in denen die Vorgängerregelungen des , nämlich der
( ), auf "Gesellschaft" ( ) Bezug nähmen, habe Herr Z. irrtümlich
das Bankhaus eingesetzt. Dabei unterscheide der eindeutig zwischen
"Gesellschaft" ( ) und "Bank" ( ) (vgl. Gegenüberstellung Bl. 75 d. A.).
Dass der Klägerin der Fehler auch aufgefallen sei, zeige das Schreiben vom
12./14.02.2003, in dem die im verwendeten Begrifflichkeiten nun richtig
verwendet würden. Dieser Brief stelle demnach keine Ergänzung, sondern eine
Ablehnung, verbunden mit einem neuen Antrag gemäß § 150 Abs. 2 BGB, dar.
Diesen Antrag habe das Bankhaus durch Gegenzeichnung am 14.02.2003
entgegengenommen. Diese Vereinbarung entspreche auch der Regelung 9.3.82R
, die ein zwischen den Kunden und der einlegenden Gesellschaft, nämlich der
Klägerin, bestehendes Treuhandverhältnis voraussetze, in dessen Rahmen die
Gesellschaft den schuldrechtlichen Auszahlungsanspruch gegen die kontoführende
Bank treuhänderisch für die Kunden halte. Die kontoführende Bank selbst, nämlich
das Bankhaus, werde hierdurch jedoch keinesfalls zur Treuhänderin der
Kundengelder. Die von der Klägerin behauptete Treuhandkonstruktion hätte auch
wirtschaftlich keinen Sinn gemacht. Die von der Klägerin angenommenen
Kundengelder seien beim Bankhaus als Einlage behandelt worden, damit dieses
sich günstiger als über externe Quellen habe refinanzieren können, nachdem die
günstige Refinanzierung unstreitig der alleinige wirtschaftliche Grund für die Anlage
der Kundengelder beim Bankhaus war. In keinem einzigen Fall habe das Bankhaus
die überwiesenen Beträge bei Dritten treuhänderisch angelegt, sondern mit
Wissen und Wollen der Klägerin stets für die Refinanzierung seines eigenen
Aktivgeschäfts genutzt. Da das Bankhaus pflichtgemäß gehandelt und keine
Abreden mit der Klägerin verletzt habe, scheide auch die Feststellung eines
Schadensersatzanspruchs der Klägerin zur Tabelle aus.
Der Rückzahlungsanspruch der Klägerin werde dem Grunde nach anerkannt, sei
aber als Forderung aus einer Rechtshandlung, die einem Gesellschafterdarlehen
wirtschaftlich entspreche, gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nachrangig, sodass
mangels Aufforderung gemäß § 174 Abs. 3 InsO keine Feststellung zur Tabelle
erfolgen könne. Der Beklagte ist der Auffassung, dass es für die Frage, ob es sich
bei der streitgegenständlichen Überweisung um ein Gesellschafterdarlehen
gehandelt habe, vornehmlich auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise
ankomme. Maßgeblich sei der bestimmende Einfluss der Obergesellschaft auf die
Darlehensgewährung, der nicht zwangsläufig gesellschaftsrechtlich begründet
werden müsse. Der bestimmende faktische Einfluss im L-Konzern sei
insbesondere durch das zentrale Cash-Management-System ausgeübt worden.
Die Entscheidung des BGH (NJW-RR 2008, 1134) stehe dieser Betrachtungsweise
nicht entgegen, weil auch der BGH der Auffassung sei, dass die Voraussetzungen
des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO erfüllt seien, wenn der Dritte bei wirtschaftlicher
Betrachtung einem Gesellschafter gleichstehe. Der erforderliche bestimmende
Einfluss auf die Darlehensgewährung sei insbesondere, aber eben nicht
ausschließlich, bei gesellschaftsrechtlicher Weisungsgebundenheit gegeben. Die
Rechtsauffassung der Klägerin berge eine erhebliche Missbrauchsgefahr: Der
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Rechtsauffassung der Klägerin berge eine erhebliche Missbrauchsgefahr: Der
Gesellschafter könnte das Recht der Gesellschafterdarlehen einfach durch die
Zwischenschaltung einer anderen von ihm beherrschten Tochtergesellschaft bei
der Darlehensgewährung umgehen.
Schließlich bestreitet der Beklagte die Höhe der Forderung und den Zinsanspruch
sowie eingerechnete Rechtsberatungskosten. Der Beklagte ist der Auffassung,
dass für eine privatrechtsgestaltende Stundungswirkung des § 46 a KWG ein
systematischer Vergleich mit der Parallelvorschrift im Versicherungsaufsichtsrecht
spreche. Das Reichsgericht habe zur Vorgängernorm des § 89 VAG (§ 69 VAG a.F.)
ausgeführt (RGZ 112, 348), dass einem Gläubiger des Versicherers mit Anordnung
des Zahlungsverbots gleichzeitig untersagt werde, seine Forderungen geltend zu
machen. Verzug des Bankhauses liege also nicht vor.
Für die Frage, ob es sich bei der streitgegenständlichen Überweisung um ein
Gesellschafterdarlehen gehandelt habe, beruft sich die Klägerin insbesondere auf
die BGH-Entscheidung NJW-RR 2008, 1134. Der BGH habe entschieden, dass Dritte
als verbundene Unternehmen nur dann einem Gesellschafter gleichgestellt
würden, wenn der Gesellschafter der begünstigten Gesellschaft an der
kreditgebenden Gesellschaft maßgeblich beteiligt und in der Lage sei,
bestimmenden Einfluss auf die Geschäftsführung des Dritten zu nehmen. Die LBHI
habe keinen bestimmenden Einfluss auf die Entscheidung der Geschäftsführung
der Klägerin, wo diese die Kundengelder anlege, nehmen können. Es habe keine
ununterbrochene Weisungskette zwischen LBHI und der Klägerin bestanden, und
die Klägerin war sowohl aus gesellschaftsrechtlichen Gründen als auch aus
aufsichtsrechtlichen Gründen unabhängig von etwaigen Weisungen durch LBHI.
Durch das MoMiG sei das Eigenkapitalersatzrecht reformiert und die
Subordinierung von Gesellschafterdarlehen auf eine neue dogmatische Grundlage
gestützt worden. Vor diesem Hintergrund gehöre die Klägerin nicht zum
Adressatenkreis des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO. LBHI und die Klägerin hätten keinen
Haftungsverbund gebildet, da zumindest die Klägerin nicht für Verbindlichkeiten
von LBHI eingestanden habe. Die Klägerin habe auch nicht für Rechnung von LBHI
gehandelt. Die Anlage der Kundengelder sei vielmehr für die an den
Kundengeldern wirtschaftlich Berechtigten erfolgt. Die Klägerin sei bei der Anlage
der Kundengelder ausschließlich den Kunden zur sicheren Anlage der
Kundengelder verpflichtet gewesen.
Des Weiteren finde keine Subordinierung statt, weil die streitgegenständliche
Überweisung mit Fällen des Innenkonsortiums vergleichbar sei. Die Beteiligung von
Fremdgläubigern sei ein Indiz gegen eine Subordinierung als
Gesellschafterdarlehen.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze
ergänzend Bezug genommen. Des weiteren wird auf die Erklärungen der Parteien
in der mündlichen Verhandlung vom 06.07.2010 Bezug genommen.
Die Widerklage, die in dem Schriftsatz des Beklagten vom 06.07.2010 enthalten
war, den der Beklagtenvertreter im Termin der mündlichen Verhandlung vom
06.07.2010 übergeben hat, hat die Kammer abgetrennt (Az.: 2-23 O 362/10).
Entscheidungsgründe
Der Klageantrag zu 3.3 ist seiner Fassung nach als Hauptantrag gestellt. Nach
seinem Inhalt und der zum Antrag gegebenen Begründung (Klagebegründung S.
35 ff, Bl. 35 ff. d.A.) stellt er in der Sache jedoch einen Hilfsantrag dar. Es ist
deshalb zunächst eine Auslegung vorzunehmen, auf deren Grundlage die Kammer
diesen Antrag als Hilfsantrag behandelt.
Die Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Auskunftsanspruch gegen den Beklagten, so dass die
Stufenklage bereits jetzt insgesamt entscheidungsreif ist. Der Klägerin stehen
auch die hilfsweise geltend gemachten Ansprüche nicht zu.
Zwischen den Parteien ist zwar unstreitig, dass die Klägerin aktivlegitimiert ist.
Alle geltend gemachten Ansprüche der Klägerin basieren jedoch auf deren
Annahme einer Treuhandabrede zwischen ihr und dem Bankhaus.
Diese Annahme teilt die Kammer nicht.
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Gegen eine Treuhandabrede spricht zunächst das Schreiben der Klägerin an das
Bankhaus vom 12.02.2003, das das Bankhaus am 14.02.2003 gegengezeichnet
hat.
Darin heißt es (deutsche Übersetzung):
"…Wir teilen Ihnen hiermit mit und rufen Ihnen in Erinnerung, dass gemäß
diesen Regeln Kundengelder jederzeit als solche erkenntlich sein müssen. Über
das Reuters Handelssystem oder im Rahmen von Telefonaten platziert die L. Inc.
(UK) Branch Treasury Dealers vereinbarungsgemäß Gelder bei Ihnen für unsere
Kunden auf den Namen der L. (Europe). Wir teilen Ihnen hiermit mit, dass,
a) sämtliche Gelder auf dem Konto L. (Europe) Client Segregated Account von
uns als Treuhänder ( ) verwahrt werden, und dass
b) Sie die erforderlichen Vorkehrungen treffen müssen, damit sämtliche
Gelder, die bei Ihnen unter dem oben genannten Namen eingehen, intern als
"Kundengelder" verbucht werden.
Die Bezeichnung, unter der Gelder bei Ihnen eingezahlt werden, sollte diese
Einlage von anderen Einlagen für L. abheben und unseren formalen Vorgaben
entsprechen. …" (Anlage L 11, Anlagenband I).
Dieser Inhalt widerspricht dem Schreiben des Bankhauses an die Klägerin vom 03.
oder 10.02.2003, in dem es heißt (deutsche Übersetzung):
"…in Bezug auf oben genanntes Konto bestätigen wir hiermit, dass
1. sämtliche Guthaben auf Konten der L. (Europe) („LBIE“) von dem Bankhaus
("die Bank") als Treuhänder ( ) (oder ggf. als ) verwahrt werden und
die Bank diese Gelder von anderen Geldern getrennt verwalten wird und das Konto
der LBIE nicht mit anderen Konten zusammenlegen wird und Gelder auf diesem
Konto der LBIE nicht mit Beträgen, die der Bank bezüglich anderer Konten der
Bank geschuldet werden, verrechnen oder diesbezüglich Gegenforderungen
geltend machen wird; und dass
2. die Kontobezeichnung das Konto der LBIE in ausreichendem Maß von
anderen Konten mit Geldern der Bank abhebt und den formalen Vorgaben der
Bank entspricht. …" (Anlage L 10, Anlagenband I).
Diese Erklärung nennt das Bankhaus als Treuhänder, während die zweite Erklärung
die Klägerin als Treuhänder bezeichnet. Außerdem spricht das zweite Schreiben
von Einlagen der Klägerin und nicht von Anlage von Kundengeldern durch das
Bankhaus als Treuhänder bei Drittbanken.
Eine Einlage, die charakteristischerweise der Refinanzierung einer Bank dient, kann
jedoch nicht zugleich Treugut sein, welches im Innenverhältnis zwischen Treugeber
und Treunehmer den Beschränkungen der Treuhandabrede unterliegt.
Warum es überhaupt zu dem zweiten Schreiben kam, ist unklar geblieben.
Während dem ersten Schreiben ein reger E-mail-Verkehr vorausging (Anlage L 12),
sind E-mails oder sonstige Abreden zwischen der Klägerin und dem Bankhaus in
dem Zeitraum zwischen den beiden Schreiben nicht bekannt.
Es kommt also auf eine Auslegung der beiden Schreiben an. Für die Auslegung ist
– wie für den Rechtsstreit insgesamt – deutsches Recht anwendbar. Gem. Art. 28 I
S. 1 EGBGB a.F. unterliegt ein Vertrag bei fehlender Bestimmung durch die
Parteien dem Recht des Staates, mit dem er die engsten Verbindungen aufweist.
Diese Verbindung wird bei einer in beruflicher oder gewerblicher Tätigkeit
erbrachten Leistung in dem Staat vermutet, in dem die Partei, welche die
charakteristische Leistung zu erbringen hat, ihre Hauptniederlassung hat. Die
charakteristische Leistung hatte hier das Bankhaus mit Sitz in Frankfurt am Main
zu erbringen – sei es als Treuhänder, wie von der Klägerin behauptet, sei es als die
die Einlage entgegennehmende Bank, wie von dem Beklagten behauptet. Die
charakteristische Leistung bei einem Treuhandvertrag hat der Treuhänder zu
erbringen (vgl. z.B. BGH NJW 2004, 287); die charakteristische Leistung im
Zusammenhang mit einer Einlage wird bei der Bank verortet, bei der das
Bankguthaben besteht (MüKo, BGB, 4. Aufl. 2006, Art. 28 EGBGB Rn. 350 f).
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Maßgeblich sind also die Vorschriften über das Zustandekommen eines Vertrages
gem. §§ 145 ff BGB.
Da das zweite Schreiben dem ersten Schreiben – wie oben ausgeführt –
widerspricht, stellt die Übersendung des zweiten Schreibens gemäß § 150 Abs. 2
BGB eine Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrag dar. Diesen Antrag hat
das Bankhaus durch Gegenzeichnung am 14.02.2003 angenommen. Die beiden
Schreiben können deshalb nicht als sich ergänzende Abreden zwischen den
Parteien ausgelegt werden.
Der Brief vom 12.02.2003 entspricht auch dem Wortlaut der Regelung 9.3.82 R
(Anlage L 12). Dort heißt es (deutsche Übersetzung):
„Wenn eine Gesellschaft ein Kunden-Bankkonto eröffnet, so muss die
Gesellschaft gegenüber der Bank eine schriftliche Mitteilung abgeben oder
abgegeben haben, in welcher die Bank aufgefordert wird, gegenüber der
Gesellschaft schriftlich zu bestätigen:
(1) dass alle Gelder, die dem Konto gutgeschrieben werden, von der
Gesellschaft als Treuhänder (oder ggf. als gehalten werden, und dass die
Bank nicht berechtigt ist, das Konto mit einem anderen Konto zu vermischen oder
in Bezug auf Beträge, die ihr auf einem anderen Konto der Gesellschaft geschuldet
werden, eine Aufrechnung vorzunehmen oder Gegenansprüche gegen die Gelder
auf dem Konto geltend zu machen; und
(2) dass der Name des Kontos dieses ausreichend von allen anderen Konten
unterscheidet, die Gelder enthalten, die der Gesellschaft gehören, und es der
Form, die die Gesellschaft fordert, entspricht.“
Die Bezeichnung „Gesellschaft ( “ als Treuhänder ( korrespondiert in
dem zweiten Schreiben mit der Klägerin, und gerade nicht mit dem Bankhaus. In
dem ersten Schreiben dagegen korrespondiert „Gesellschaft“ mit dem Bankhaus.
Dieser Widerspruch kann nicht durch eine „ergänzende“ Auslegung der beiden
Schreiben dahingehend aufgelöst werden, dass eine sog. Kettentreuhand
entstehen würde, wie die Klägerin behauptet. Der Inhalt der behaupteten (Ketten-
)Treuhand wäre vertraglich durch das Schreiben vom 12./14.02.2003 überhaupt
nicht geregelt gewesen. Dieser Widerspruch kann vielmehr nur dadurch aufgelöst
werden, dass in dem zweiten Schreiben gem. § 150 Abs. 2 BGB ein neuer Antrag
zu sehen ist, der durch Gegenzeichnung angenommen wurde. Der Argumentation
der Klägerin, dass die Wertungen des englischen Rechts bezüglich der Frage
maßgeblich seien, ob ein Schweigen des zweiten Schreibens zu seinem Verhältnis
zum ersten Schreiben für oder gegen eine Ersetzung des ersten Schreibens durch
das zweite Schreiben spricht, und nach englischem Recht von einer Ergänzung des
ersten Schreibens durch das zweite Schreiben auszugehen sei, kann nicht gefolgt
werden. Denn auf das Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Bankhaus
findet – wie oben ausgeführt – deutsches Recht Anwendung. Gem. Art. 32 Abs. 1
Nr. 1 EGBGB a.F. richtet sich die Auslegung eines Vertrages nach dem auf den
Vertrag anzuwendenden Recht. Dann können auch keine Wertungen aus dem
englischen Recht für die Auslegung herangezogen werden.
Der von der Klägerin verwendete Begriff Kettentreuhand kann sinnvollerweise nur
so verstanden werden, dass die eigenen Pflichten des Treuhänders in der gleichen
Weise, wie sie für den ersten Treuhänder bestehen, an den weiteren Treuhänder
weitergegeben werden. Vorliegend ist jedoch die streitgegenständliche
Überweisung von 1 Mrd. USD nicht mit Begleitinformationen versehen worden, aus
denen sich die Person des Treugebers und die Höhe des jeweiligen
Treuhandbetrages ergeben hätten. In der mündlichen Verhandlung am 06.07.2010
hat der Klägervertreter erklärt, dass dem Bankhaus bei der streitgegenständlichen
Überweisung keine Kundenliste zur Verfügung gestellt worden sei. Der
Beklagtenvertreter hat erklärt, dass niemals Kundenlisten zur Verfügung gestellt
worden seien, auch nicht bei früheren Überweisungen. Eine Weitergabe der
eigenen Treuhandbindungen der Klägerin an das Bankhaus hat demnach nicht
stattgefunden.
Sofern die Klägerin vorträgt, dass dem Buchungssystem der L.-Gruppe, dem T.-
System, eine Unzulänglichkeit dahingehend innegewohnt habe, dass das T-
System in Frankfurt – anders als das in London – keine separate Bezeichnung „
zur Kenntlichmachung von Kundengeldern
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vorgesehen habe, und das Bankhaus den Vorgaben aus den
streitgegenständlichen Vereinbarungen anderweitig habe Rechnung tragen
müssen und deshalb die Überweisungen der Klägerin als gekennzeichnet
habe, so ist dem entgegenzuhalten, dass auch dies gerade gegen eine
Treuhandabrede zwischen der Klägerin und dem Bankhaus spricht. Denn indem
das Bankhaus im T.-System die Überweisungen der Klägerin als „ (Darlehen)
klassifizierte, entsprach sie den Vorgaben des zweiten Schreibens, da auf Einlagen
( nach herrschender Auffassung die Vorschriften über Darlehen ( )
anzuwenden sind (vgl. MüKo, BGB, 5. Aufl. 2009, § 675 Rn. 78). Wird für die
Auslegung der Vereinbarung zwischen der Klägerin und dem Bankhaus die gelebte
Praxis herangezogen, so kommt man also auch zu dem Ergebnis, dass die
Vorgaben nur des zweiten Schreibens „gelebt“ wurden.
Letztlich spricht auch der wirtschaftliche Zweck nicht für eine Treuhand. Eine
Treuhandvereinbarung ist normalerweise dadurch gekennzeichnet, dass einem
Treuhänder nach außen hin mehr Rechte übertragen werden, als er nach der
schuldrechtlichen Abrede mit dem Treugeber im Innenverhältnis tatsächlich
ausüben darf (vgl. Palandt, BGB, 69. Aufl. 2010, Überblick vor § 104 Rn. 25, § 903
Rn. 33). Das von der Klägerin dem Bankhaus zugestandene Recht, gegen
Gewährung einer Verzinsung mit den Kundengeldern zu arbeiten, kennzeichnet
gerade das Wesen einer Einlage und keine Treuhand.
Die Klägerin hat nicht bestritten, dass die günstige Refinanzierung der alleinige
wirtschaftliche Grund für die Anlage der Kundengelder beim Bankhaus war. Eine
Tätigkeit des Bankhauses, welche dieses seinerseits zu einer treuhänderischen
Anlage der Kundengelder bei Dritten verpflichtet hätte, war weder durch die
britischen Vorschriften über die Anlage von Kundengeldern gefordert noch von den
agierenden Personen beabsichtigt. Es wäre im übrigen dann auch nicht erklärlich,
warum die Klägerin das Geld überhaupt beim Bankhaus angelegt hat, wenn dieses
verpflichtet gewesen wäre, das Geld als Treuhänder bei einem Dritten anzulegen.
Dafür hätte die Klägerin das Bankhaus nicht benötigt, sondern hätte das Geld
unmittelbar bei dem Dritten anlegen können.
Ohne ein Treuhandverhältnis hat die Klägerin keinen Auskunftsanspruch des
begehrten Inhalts gemäß § 666 BGB. Vereinbart zwischen den Parteien war nach
Auffassung der Kammer, dass es sich bei der streitgegenständlichen Überweisung
um eine Einlage handelte in Höhe von 1 Mrd. USD, die 3 Tage später verzinst
zurückgezahlt werden sollte. Die Klägerin hat also einen Rückzahlungsanspruch
gegen das Bankhaus, der ohnehin unstreitig ist. Für diesen Rückzahlungsanspruch
ist es unerheblich, welche Verfügungen in Bezug auf den Ausgangsbetrag vom
Bankhaus getroffen wurden. Ein Auskunftsanspruch lässt sich aus der
Vereinbarung und aus dem Rückzahlungsanspruch nicht herleiten.
Da die Kammer nicht von einer Treuhandabrede zwischen den Parteien ausgeht,
hat die Klägerin auch keinen Aussonderungsanspruch gemäß § 47 InsO. Der
Klägerin steht kein dingliches oder persönliches Recht im Hinblick auf die
streitgegenständliche Überweisung zu, aufgrund dessen sie geltend machen
könnte, dass ein Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse des Bankhauses gehöre.
Einlagen bei einer Bank fallen als rein schuldrechtliche Ansprüche in der Insolvenz
der Bank in die Insolvenzmasse und berechtigen den Einlegenden nicht zur
Aussonderung, sondern zur Anmeldung als einfacher Insolvenzanspruch, was hier
auch geschehen ist, wenn der Beklagte der Forderung auch widersprochen hat.
Der Klägerin steht auch kein Ersatzaussonderungsanspruch gemäß § 48 InsO zu.
Voraussetzung hierfür wäre, dass das Bankhaus oder der Beklagte einen
Gegenstand, dessen Aussonderung hätte verlangt werden können, unberechtigt
veräußert hat. Dies scheidet hier, wie soeben ausgeführt, aus.
Der Klägerin steht auch hilfsweise kein Schadensersatzanspruch gemäß § 280
Abs. 2 BGB zu, weil es an einer Pflichtverletzung durch das Bankhaus oder den
Beklagten fehlt. Die Klägerin sieht die Pflichtverletzung in einem Verstoß gegen die
Treuhandvereinbarung. Da die Kammer aber nicht vom Bestehen einer
Treuhandabrede ausgeht, ist auch keine Pflichtverletzung seitens des Bankhauses
oder des Beklagten erkennbar. Die Nutzung der streitgegenständlichen
Überweisung im Rahmen des Geschäftsbetriebes des Bankhauses stellte keine
Pflichtverletzung gegenüber der Klägerin dar. Sonstige Pflichtverletzungen aus der
Einlage sind nicht ersichtlich und werden auch nicht geltend gemacht.
Auch der Hilfsantrag der Klägerin ist unbegründet. Unstreitig steht der Klägerin
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Auch der Hilfsantrag der Klägerin ist unbegründet. Unstreitig steht der Klägerin
gegenüber dem Bankhaus ein Rückzahlungsanspruch zu. Dieser ist zur Tabelle
angemeldet (Anlage L 19), ihm wurde allerdings durch den Beklagten
widersprochen. Sofern die Klägerin begehrt, dass die Differenz zwischen
806.491,398,00 € und den nach Klageantrag zu 3. ausgeurteilten Beträgen zur
Insolvenztabelle festzustellen sei, ist festzuhalten, dass der Klägerin mangels
Treuhandabrede kein Aussonderungsanspruch, kein
Ersatzaussonderungsanspruch und kein Schadensersatzanspruch zusteht, sodass
es keinen Differenzbetrag gibt, der zur Tabelle anzumelden bzw. festzustellen
wäre. Die Frage, ob es sich bei dem angemeldeten Anspruch um eine gem. § 39
Abs. 1 Nr. 5 InsO nachrangige Forderung handelt, und in welcher Höhe sie besteht,
muss die Kammer nicht beantworten, weil die Rückzahlungsforderung als solche
nicht streitgegenständlich ist.
Es bestand kein Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gem. §
156 ZPO.
Zum einen bedurfte die Klägerin nicht des rechtlichen Gehörs auf den
nachgelassenen Schriftsatz des Beklagten vom 31.08.2010 (Bl. 196 ff d.A.), da
dieser sich hauptsächlich um die Frage der Nachrangigkeit der angemeldeten
Forderung dreht, die die Kammer – wie ausgeführt – offenlassen konnte.
Zum anderen erfolgte die mit Schriftsatz vom 21.09.2010 (Bl. 224 d.A.) erklärte
Nebenintervention vierer Kunden der Klägerin nach Schluss der mündlichen
Verhandlung und ist daher fehlgeschlagen (vgl. Musielak, ZPO, 7. Aufl. 2009, § 66
Rn. 14; Zöller, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 66 Rn. 16). Damit war auch über ihre Kosten
nicht im Urteil zu entscheiden (vgl. Zöller, § 101 Rn. 2).
Nach alledem ist die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Der Streitwert wird gem. §§ 44, 45 GKG festgesetzt. Der geltend gemachte
Herausgabeanspruch bezieht sich auf die Hauptforderung, die als höchster Wert
für die Streitwertfestsetzung maßgeblich ist.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.