Urteil des LG Frankfurt am Main vom 02.12.2008

LG Frankfurt: abrechnung, ablauf der frist, saldo, nebenkosten, bad, wasser, wohnraummiete, zugang, post, mietvertrag

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Gericht:
LG Frankfurt 17.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2-17 S 63/08, 2/17
S 63/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 130 BGB, § 556 Abs 3 BGB
Wohnraummiete: Anforderungen an eine
Betriebskostenabrechnung und deren Zugang gegenüber
Eheleuten als Mitmieter
Tenor
Das Teilanerkenntnis- und Schlussurteil des Amtsgerichts Bad Homburg – 2 C –
vom 6.5.2008 wird teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 35,90 Euro
nebst Zinsen daraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu
zahlen, seitens des Beklagten 1) seit dem 27.09.07 und seitens der Beklagten 2)
seit dem 23.10.2007.
Der Beklagte 1) wird verurteilt, an die Klägerin weitere 118,20 Euro nebst Zinsen
daraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
11.10.2007 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten und außergerichtliche Kosten der Klägerin tragen: die Klägerin
selbst zu 68%, der Beklagte 1) zu 2% und die Beklagten als Gesamtschuldner zu
30%.
Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten 1) trägt er zu 34% selbst, zu 66% die
Klägerin.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten 2) trägt sie zu 30% selbst, zu 70% die
Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Parteien streiten um Nebenkosten. Die Klägerin hat zunächst den Saldo aus
der Nebenkostenabrechnung vom 30.12.2006 für das Jahr 2005 in Höhe von
814,28 Euro sowie erhöhte Nebenkostenabschlagszahlungen von je 100 Euro für
die Monate März bis August 2007 eingeklagt und die Klage auf Ausgleich des
Saldos später in Höhe von 35,80 Euro zurückgenommen. Die Beklagten haben von
der Nebenkostennachforderung für das Jahr 2005 einen Betrag von 35,90 Euro
anerkannt.
Mit Teilanerkenntnis- und Schluss-Urteil vom 6.5.2008 hat das Amtsgericht Bad
Homburg unter Abweisung der Klage im Übrigen die Beklagten zur Zahlung von
1.155,31 Euro nebst Zinsen verurteilt. Es hat die Entscheidung damit begründet,
dass auf Grund formal ordnungsgemäßer Abrechnung der Nebenkosten des Jahres
2005 der Klägerin 735,31 Euro als Saldo zustünden, sowie entsprechend um
monatlich 70 Euro erhöhte Nebenkostenabschläge für die Monate März bis August
2007.
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2007.
Von der Darstellung weiterer Einzelheiten des zu Grunde liegenden Sachverhalts
und der Entscheidungsgründe wird abgesehen (§ 540 Abs. 1 ZPO).
Mit der Berufung wenden sich die Beklagten gegen die Verurteilung insgesamt.
Sie rügen
– dass das Amtsgericht der Klägerin einen Anspruch gegen die Beklagte 2)
zuerkannt hat, obwohl die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2005 nur an den
Beklagten 1) adressiert gewesen ist,
– dass eine Erledigterklärung wegen der Vorauszahlungen im Schriftsatz der
Klägerseite vom 7.1.2008 unberücksichtigt geblieben sei,
– die Auffassung des Amtsgerichts, die Abrechnung sei nachvollziehbar, obwohl in
der techem-Abrechnung kein Verteilerschlüssel angegeben gewesen sei,
– die Annahme des Amtsgerichts, für die Liegenschaften ... sei nur ein zentraler
Wasserzähler vorhanden,
– dass ihr Bestreiten der Gesamtwohnfläche unberücksichtigt geblieben sei.
Hilfsweise rechnen die Beklagten auf mit einem Guthaben aus der Abrechnung für
2006, das sie selbst mit 490,37 Euro, die Klägerin jedoch mit 392,18 Euro
beziffern.
Die Beklagten tragen jetzt auch vor, dass sie die Nebenkostenvorauszahlungen für
März bis August 2007 in Höhe von jeweils 220 Euro – anstatt wie im Tatbestand
des erstinstanzlichen Urteils festgehalten in Höhe von je 160 Euro – erbracht
hätten.
Beide Parteien tragen neu vor, dass inzwischen eine Berichtigung der Abrechnung
für das Jahr 2005 vorliegt, der zufolge 189,03 Euro weniger Heiz- und
Warmwasserkosten angefallen sind.
Die Beklagten als Berufungskläger stellen den Antrag
unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts Bad Homburg vom 06.05.2008
(2 C 1866/07-19)
die Klage abzuweisen.
Die Klägerin als Berufungsbeklagte beantragt Zurückweisung der Berufung.
Die Klägerin meint, der Rechtsstreit sei in Höhe von 420 Euro erledigt, weil über die
Nebenkosten des Jahres 2007 inzwischen unstreitig abgerechnet ist.
Die Berufung der Beklagten ist teilweise begründet.
In Höhe einer Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 35,90 Euro war das
Urteil des Amtsgerichts aufrecht zu erhalten, weil die Beklagten in dieser Höhe die
Klageforderung anerkannt hatten. Einen Widerruf ihres prozessualen
Anerkenntnisses – etwa im Hinblick auf die nachträglich entstandene
Aufrechnungsmöglichkeit mit einem Guthaben aus nachfolgender Abrechnung –
haben die Beklagten nicht erklärt.
Im Übrigen ist die Berufung der Beklagten 2) in vollem Umfang, die Berufung des
Beklagten 1) überwiegend begründet.
Die Beklagte 2) ist schon deshalb weder zum Ausgleich eines eventuellen Saldos
aus der Nebenkostenabrechnung 2005 noch zur Entrichtung darauf gründender
erhöhter Vorauszahlungen verpflichtet, weil ihr bis zum Ablauf der Frist zur
Abrechnung der Nebenkosten des Jahres 2005 keine Abrechnung zugegangen war.
Denn Adressat der noch im Dezember 2006 erstellten Abrechnung war nur der
Beklagte 1). Ungeachtet des physischen Zugangs einer schriftlichen Erklärung im
Briefkasten der Partei kann das Schriftstück mit Rechtswirkung nur demjenigen
zugehen, an den es adressiert ist. Denn es muss unterstellt werden, dass nur der
Adressat befugt ist, die entsprechende Post zu öffnen. Anderes ergibt sich nicht
aus der im Mietvertrag formularvertraglich enthaltenen Klausel zur gegenseitigen
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aus der im Mietvertrag formularvertraglich enthaltenen Klausel zur gegenseitigen
Empfangsvollmacht der Mieter für Erklärungen des Vermieters. Der so
Bevollmächtigte ist lediglich Empfangsbote für die an den jeweils anderen
adressierten Erklärungen.
Die Berufung des Beklagten 1) ist teilweise begründet.
Die Berufung ist in Höhe von 420,– Euro begründet, weil das Amtsgericht in der
Annahme, die Beklagten hätten für März bis August 2007 jeweils nur
Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von monatlich 160,– Euro geleistet,
schuldeten aber je 230,– Euro, die Beklagten zur Zahlung von weiteren insgesamt
420,– Euro Nebenkostenabschlägen für diesen Zeitraum (je 70 Euro für März bis
August 2007) verurteilt hat. Denn bei Schluss der mündlichen Verhandlung war die
Klage insofern unschlüssig, weil über die Nebenkosten des Jahres 2007 inzwischen
abgerechnet ist.
Erledigt war die Klageforderung durch diese Abrechnung nicht, denn der Anspruch
bestand von Anfang an nicht. Denn die Klägerin hat nicht in Abrede gestellt, dass
sie mit Schreiben vom 28.06.2007 an die Beklagten selbst erklärt hat, dass die
Beklagten im Monat 220,– Euro Vorauszahlungen geleistet haben. Weil der von ihr
geforderte Saldo aus der Abrechnung 2005 auch noch stärker als vom
Amtsgericht bereits vorgenommen zu kürzen gewesen ist, hatte sie keinen über
220,– Euro monatlich hinausgehenden Vorauszahlungsanspruch.
Seine Berufung ist in Höhe weiterer 189,03 Euro begründet, weil die Klägerin im
Nachhinein durch die neue Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten für das
Jahr 2005 ihre Klage insofern selbst unschlüssig gemacht hat. Dabei reduziert sich
die Forderung nicht nur um – wie die Klägerin meint – 10,34 Euro. Denn bei den
Heiz- und Warmwasserkosten gemäß techem-Abrechnung handelt es sich um
allein auf die Wohnung der Beklagten bezogene Kosten. In der Abrechnung der
Klägerin vom 30.12.2006 ist zu sehen, dass auf die Beklagten nicht nur 5,47% der
Heiz- und Warmwasserkosten umgelegt wurden, sondern alle. Dem entsprechend
kommt auch eine Korrektur der techem-Abrechnung um 189,03 Euro (Senkung
vom 1.507,75 Euro auf 1.318,72 Euro den Beklagten in vollem Umfang zu Gute.
Von der vom Amtsgericht aus zutreffenden Gründen – auf die hier Bezug
genommen wird – bereits auf einen Saldo von 735,31 Euro gekürzten Abrechnung
für das Jahr 2005 verbleiben nach Abzug weiterer 189,03 noch 546,28 zu Lasten
des Beklagten 1).
Dagegen machen die Beklagten eine Hilfsaufrechnung geltend, die die Klägerin in
Höhe von 392,18 Euro gegen sich gelten lassen will, so dass ein Saldo von
(546,28-392,18=) 154,10 zu Lasten des Beklagten 1) verbleibt.
Unbegründet ist hingegen die Hilfsaufrechnung mit einem vermeintlich höheren
Guthaben aus der Nebenkostenabrechnung für 2006 wegen der
Hausmeisterkosten von 12
x
350 Euro = 4200 Euro, die aus dem vom Amtsgericht
dargelegten Gründen um 20% = 840 zu korrigieren ist. Denn in den mit Schriftsatz
vom 19.07.2008 von den Beklagten selbst vorgelegten Buchungen vom
Hauskonto sind die Hausmeisterkosten schon um eine Gutschrift von 840 Euro
korrigiert.
Unbegründet ist auch die Hilfsaufrechnung mit einem vermeintlich höheren
Guthaben wegen der Wasserkostenvorauszahlungen im Jahr 2006. Der Einwand
der Beklagten beruht auf einem Rechenfehler in ihrem Schriftsatz vom
19.07.2008. Die Beklagten errechnen aus 4 x 2035 und 1 x 254,38
unzutreffenderweise einen Betrag von 6.359,38.
Es bleibt damit bei einem Endsaldo zu Lasten des Beklagten 1) von 154,10 Euro.
Davon 118,20 allein und 35,90 als Gesamtschuldner neben der Beklagten 2).
Zinsen schulden die Beklagten erst ab dem 11.10.2007. Denn die Abrechnung
vom 30.12.2006 war zunächst nicht nachzuvollziehen. Die "allgemeinen
Betriebskosten gemäß Aufstellung" von 10.147,19 Euro waren in den beigelegten
"Buchungen vom Hauskonto" nicht zu entdecken. Auch fiel auf, dass in den
"Buchungen vom Hauskonto" Wasser und Kanalkosten enthalten waren und dass
die Abrechnung erstens nochmals gesondert und zweitens ganz andere Wasser-
und Kanalgebühren enthielt.
Die Abrechnung war erst mit Hilfe der Erläuterungen in der Klageschrift zu
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Die Abrechnung war erst mit Hilfe der Erläuterungen in der Klageschrift zu
verstehen. Fälligkeit konnte nicht sofort mit der Zustellung des erläuternden
Schriftsatzes eintreten, denn dem Mieter ist eine Überlegungsfrist und Frist zur
Überprüfung der Angaben des Vermieters von mindestens zwei Wochen
zuzubilligen.
Die Kostenentscheidung für die Berufung beruht auf §§ 92, 100 ZPO
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713
ZPO analog.
Der Streitwert der Berufung beträgt (1.155,31+ 490,91=) 1.646,22 Euro.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.