Urteil des LG Frankfurt am Main vom 19.08.2009

LG Frankfurt Main: montage, unfall, fahrzeug, rückabwicklung, firma, form, rücktritt, anwaltskosten, beratung, mangelfolgeschaden

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Gericht:
OLG Frankfurt 17.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
17 U 282/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 280 BGB, § 437 BGB, § 439
BGB
Schadensersatz für fehlerhafte anwaltliche Beratung
Leitsatz
Zur Belehrungspflicht beim Rücktritt vom Kaufvertrag ohne Nacherfüllungsverlangen
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 26.09.2008 verkündete Urteil der 20.
Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main abgeändert und der Beklagte
verurteilt, an die Klägerin 7.240,07 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus Euro 4.568,92 seit
11.01.2008 und aus Euro 2.671,15 seit 01.04.2008 sowie vorgerichtliche Kosten in
Höhe von 661,16 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
jeweiligen Basiszinssatz seit 01.04.2008 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Von der Darstellung eines Tatbestands wird gemäß § 540 Abs. 3 ZPO in
Verbindung mit § 313 a Abs. 1 ZPO in entsprechender Anwendung abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige, weil form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der
Klägerin ist begründet.
Die Klägerin hat gemäß § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem geschlossenen
Anwaltsvertrag im Hinblick auf einen Beratungsfehler Anspruch auf
Schadensersatz in Höhe der ihr im Hinblick auf den Beratungsfehler entstandenen
Gerichts- und Anwaltskosten.
Der Beratungsfehler im Rahmen des Mandats, dass die Klägerin dem Beklagten
durch ihren Ehemann erteilte, der auch vom Beklagten beraten wurde, liegt darin,
dass der Beklagte vorprozessual wie im Rechtsstreit die Firma Autohaus A GmbH,
von der die Klägerin am 21.04.2005 ein gebrauchtes Fahrzeug erwarb, nach einem
Unfall, der dadurch ausgelöst wurde, dass das linke Vorderrad auf die
Gegenfahrbahn rollte und dort mehrere 1.000,00 Euro Sachschaden an einem dort
fahrenden Kleintransporter verursachte, vorprozessual wie in der im Rechtsstreit
vor dem Landgericht Frankfurt am Main 2-21 O 126/05/ 17 U 157/07
Oberlandesgericht Frankfurt am Main von vorneherein auf Rückabwicklung des
Kaufvertrages über den gebrauchten PKW X in Anspruch nahm, statt das Autohaus
zunächst auf Nacherfüllung in Anspruch zu nehmen.
Um ein Rückabwicklungsverlangen nach § 437 Nr. 2 BGB erfolgreich zu gestalten,
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Um ein Rückabwicklungsverlangen nach § 437 Nr. 2 BGB erfolgreich zu gestalten,
hätte zunächst ein Nacherfüllungsverlangen unter Fristsetzung gestellt werden
müssen, § 437 Nr. 1 BGB i. V. m. § 439 BGB. Der Rechtsstandpunkt des
Beklagten, ein Nacherfüllungsverlangen sei nicht notwendig gewesen, weil
unwidersprochen vorgetragen worden sei, auch die Radaufhängung sei defekt bzw.
nicht nur das Rad defekt gewesen und deswegen eine Nacherfüllung nicht möglich
gewesen sei, wie dies auch in seinem Schreiben vom 29.04.2005 (Bl. 21, 22 d. A.)
und in weiteren vorprozessualen Schreiben zum Ausdruck kommt, ist unrichtig und
begründet einen fehlerhaften Rechtsstandpunkt. Im genannten Vorprozess hat die
Klägerin nur Vermutungen aufgestellt, wodurch sich das linke Vorderrad plötzlich
vom PKW gelöst habe. Mehr war nach der so genannten Symptomtheorie auch
nicht erforderlich. Danach musste sie nur das Symptom des Mangels, nämlich das
Ablösen des Vorderrades darlegen. Von vorneherein drängte es sich aber auf,
dass am PKW womöglich über das bloße Loslösen hinaus kein Schaden entstanden
ist und womöglich das Loslösen des Rades nur auf eine unzureichende Befestigung
des Vorderrades zurückzuführen ist, ohne dass weitere Teile des Fahrzeuges
davon betroffen waren. So hat es sich jedenfalls durch das Gerichtsgutachten vom
15.04.2006 im Vorprozess auch herausgestellt mit der Folge, dass auf den Rat des
Beklagten hin das Fahrzeug dann unter Montage des Reserverades genutzt wurde.
Jedenfalls danach hatte die Klägerin, die den Schaden dadurch erst einmal selbst
behoben hatte und das Fahrzeug als solches nutzen konnte, nur noch Anspruch
auf Nachlieferung und gegebenenfalls Montage eines neuen Reifens sowie
Schadensersatz wegen der Bremsscheiben, die durch den Unfall all zu stark
abgenutzt wurden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte man noch in erster
Instanz die Klageanträge entsprechend umstellen müssen. Dabei ist allerdings
auch mehr als fraglich, ob derartige Risiken, dass sich während des Verlaufs des
Rechtsstreits herausstellt, dass das Fahrzeug über das Ablösen des Vorderrades
und dessen Beschädigung hinaus, vom Sachverständigen SV1 im Vorprozess auf
der Basis des Ersatzes eines neuen Reifens auf 200,00 Euro geschätzt und des
Minimalschadens im Hinblick auf die Bremsscheiben nicht in vollem Umfang zu
Lasten der Klägerin gingen und eine Zustandsfeststellung aufgrund des
Sachverhalts dringend veranlasst war, bevor ein Rücktrittsverlangen im Hinblick
auf angeblich nicht behebbare Mängel geltend macht.
Das drängte sich nach dem Sachverhalt, wie er dem Beklagten unterbreitet wurde,
geradezu auf. Es ist bereits fraglich, ob das Rücktrittserfordernis eines erheblichen
Mangels überhaupt vorliegt.
Nach der Rechtsprechung ist ein Reparaturaufwand von weniger als 5 % des
Kaufpreises an sich nicht erheblich (vgl. die Zusammenstellung der
Rechtsprechung in Reinking/Eggert, 10. Aufl. 2009, Der Autokauf, Rdnr. 544,
1729).Es handelte sich zweifelsfrei um einen behebbaren Mangel, denn abgestellt
werden kann nicht darauf, die fehlerhafte Befestigung des Rades sei einer
Mangelbehebung nicht mehr zugänglich, wie im Schreiben vom 29.04.2005
festgehalten ist und wie es auch im Vortrag des Vorprozesses anklingt, so weit der
Beklagte damals die Klägerin vertrat. Abzustellen ist vielmehr auf den
Kaufgegenstand, nämlich den PKW in seiner Gesamtheit. Der PKW ist bei Montage
eines neuen (gebrauchten) Reifens voll funktionsfähig.
Die Klägerin selbst hat dann die Funktionsfähigkeit durch Montage des
Ersatzreifens herbeigeführt. Ihr Anspruch begrenzte sich damit dann auch
eindeutig darauf. Die vom Sachverständigen SV1 als Grundlage des
Vergleichsabschlusses geschätzten 200,00 Euro basieren auf der Montage eines
neuen Reifens – die Klägerin hätte an sich nur Anspruch auf einen gebrauchten
Ersatzreifen gleicher Art und Güte wie die der anderen Räder gehabt.Aber auch bei
einem Neureifen hätten sich die Mängelbeseitigungskosten auf 3,4 % des
Kaufpreises von damals 5.980,00 Euro belaufen. Hinzu tritt die Erneuerung der
Bremsscheiben, die allenfalls einen Minimalbetrag von 40,00 Euro ausmachen und
die – wie der Prämienschaden – lediglich ein Mangelfolgeschaden ist.
In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist zwar speziell für den
Gebrauchtwagenkauf eine 10 - % - Regel, wie sie das Oberlandesgericht Bamberg
entwickelt hat (OLG Bamberg, Urt. v. 10.04.2006, abgedruckt u. a. in DAR 2006, S.
456 ff = MDR 2007, S. 87 ff) entgegen getreten worden (vgl. OLG Köln, Urt. v.
12.12.2006 NJW 2007, S. 1694). Jedenfalls geben Reparaturkosten unter 3 % des
Kaufpreises kein Recht zum Rücktritt (vgl. OLG Düsseldorf DAR 2004, S. 392).
Festzuhalten bleibt dabei als Grundsatz, dass jedenfalls nicht jede Lieferung einer
sachmangelhaften Sache ein Rücktrittsrecht gemäß § 437 BGB auslöst und der
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sachmangelhaften Sache ein Rücktrittsrecht gemäß § 437 BGB auslöst und der
Kläger bei Unerheblichkeit des Mangels, der sich bei einem Gebrauchtwagenkauf
danach bemisst, ob und mit welchem Kostenaufwand sich der Mangel beseitigen
lässt, ein Rücktrittsrecht gemäß § 437 BGB auslöst. Auch unter diesem Blickwinkel
ist ein Beratungsfehler des Beklagten in Betracht zu ziehen, der im Rahmen des
mit der Klägerin geschlossenen Anwaltsvertrags eine umfassende und
erschöpfende Belehrung der Auftraggeberin vorzunehmen hatte und dabei den
sichersten Weg wählen musste (BGH NJW 1981, S. 2742 f; 88, 487, 566; NJW RR 90,
S. 250). Unter beiden aufgezeigten Gesichtspunkten war eine umfassende und
eindringliche Belehrung des Ehemannes der Klägerin als deren Wissensvertreter
geboten, dass ein Nacherfüllungsverlangen unter Fristsetzung gestellt werden
muss, um ein Rückabwicklungsverlangen mit Sicherheit erfolgreich zu gestalten.
Unrichtig ist der Standpunkt des Beklagten, er habe unwidersprochen eine
endgültige und ernsthafte Ablehnung von Ansprüchen aus Gewährleistung
vorgetragen, mit der Folge, dass eine solche der Entscheidung zu Grunde zu legen
ist. Die Klageschrift vom 19.07.2005 im bereits näher bezeichneten Vorprozess
liest sich zwar so (S. 3, 3. Abs. d. Sache 2-21 O 326/05 LG Frankfurt am Main/17 U
157/07 OLG Frankfurt am Main).Tatsächlich ist dies aber nur eine Bewertung des
Klägervertreters und kein Tatsachenvortrag, denn er hat das Schreiben, mit dem
er angeblich Gewährleistungsansprüche geltend machte, wie die Schreiben der
damaligen Beklagten vorgelegt. Danach ist von vorneherein mitgeteilt worden,
dass Rückabwicklung verlangt werde und eine Nacherfüllung nicht möglich sei, weil
der ursprünglich bestehende Mangel, nämlich die fehlerhafte Befestigung des
Rades, einer Behebung nicht mehr zugänglich sei. Von der Ablehnung von
Nacherfüllungsansprüchen ist gerade nicht die Rede.
Soweit die Firma Autohaus A mit Schreiben vom 02.05.2005 mitteilte, aus
vorgenannten Gründen würden sämtliche Ansprüche abgelehnt, bezieht sich das
eindeutig auf die mit Schreiben vom 29.04.2005 geltend gemachten Ansprüche,
die nicht nur auf Rückabwicklung gerichtet waren, sondern auch auf den Ersatz der
weiteren Schäden, die auf den Unfall zurückzuführen waren.
Einer rechtlichen Bewertung brauchte im vorgenannten Rechtsstreit nicht
ausdrücklich entgegen getreten zu werden. Die Geständnisfiktion bezieht sich
nicht auf Rechtsausführungen, sondern lediglich auf Tatsachen.
Auch das Verteidigungsverhalten der Beklagten des Vorprozesses im Rechtsstreit
erlaubt keinen Rückschluss darauf, dass sie ein Nacherfüllungsverlangen der
Klägerin abgelehnt hätte (vgl. dazu BGH NJW 2005, S. 1384).
Auf den entsprechenden Vorschlag der Einzelrichterin des Oberlandesgerichts ist
die Beklagte sofort eingegangen, obgleich sie in Form der beabsichtigten
Beweisaufnahme noch gute Chancen zur Rechtsverteidigung hatte und das
Ergebnis der Beweisaufnahme - nach der Darstellung der beabsichtigten
Verfahrenweise der damaligen Einzelrichterin von vorneherein beschränkt auf
Ansprüche im Hinblick auf eine Nacherfüllung – durchaus unklar war.
Festzuhalten bleibt dabei, dass es aus Sicht der Beklagten einen erheblichen
Unterschied ausmacht, ob von ihr lediglich der Austausch des Rades und der
Ersatz der Bremsscheiben und des Prämienschadens als Mangelfolgeschaden
verlangt wird – alles geringfügig gegenüber dem Rückabwicklungsverlangen, um
das allein sich der Rechtsstreit bis dahin verhielt – gegenüber den erheblichen
Folgen eines Eingehens auf ein Rückabwicklungsverlangen.
Auf der vorgeschilderten Grundlage war es erheblich, soweit der Beklagte
behauptete, der Ehemann der Klägerin habe es ausdrücklich abgelehnt,
Nacherfüllung von der Verkäuferin des gebrauchten X , der Autohaus A GmbH, zu
verlangen.
In der Berufungserwiderung fehlte es allerdings erst einmal an jeglichem Vortrag,
dass dem Ehemann der Klägerin, dem Zeugen Z1, entsprechend der bereits zuvor
aufgezeigten Grundsätze vom Beklagten nachdrücklich vor Augen gestellt wurde,
welches Risiko die Klägerin im Falle einer Klageerhebung auf Rückabwicklung läuft,
wenn sie von einem Nacherfüllungsverlangen Abstand nimmt. Soweit der
Beklagten geltend gemacht hat, im Hinblick auf die Schadensbeschreibung sei von
einem erheblichen Schaden ausgegangen worden, erhebt sich schon die Frage,
auf welcher Grundlage er davon ausging. Insoweit konnten nur Vermutungen
bestehen, denn optisch hatte der PKW keinen Schaden erlitten, sondern war nur
bei davon rollendem Vorderrad noch ein Stück auf der Fahrbahn geschliffen, bis er
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bei davon rollendem Vorderrad noch ein Stück auf der Fahrbahn geschliffen, bis er
zum Halten kam.
Selbst wenn man unter diesen Umständen dem Beklagten keinen Beratungsfehler
im Hinblick auf die Erforderlichkeit einer Aufklärung, es könne hier ein so genannter
Bagatellschaden vorliegen, anlasten will mit der Folge, dass ein Rücktritt von
vorneherein aussichtslos sei, steht dies einem Beratungsfehler wegen
Nichtaufklärung über das Risiko, ein Nacherfüllungsverlangen zu unterlassen, nicht
entgegen. Eine derartige Aufklärung über die Risiken, von einem
Nacherfüllungsverlangen Abstand zu nehmen, hat der Kläger zwar im Termin zur
mündlichen Verhandlung vom 27.04.2009 im Rahmen der entsprechenden und auf
der Seite 2 des Protokolls festgehaltene Erörterung (Bl. 210 d. A.) behauptet und
weiter auch behauptet, der Ehemann der Klägerin habe ihm auseinandergesetzt,
er habe mit der Anspruchsgegnerin geredet und diese hätte das abgelehnt. Ein
entsprechender Beweis hierfür ist aber nicht geführt.
Vielmehr spricht das Schreiben des Beklagten vom 29.04.2005 an die Firma
Autohaus A GmbH (Bl. 21 d. A.) dagegen, denn in diesem Schreiben ist nicht die
Rede davon, die Anspruchsgegnerin habe eine Nacherfüllung abgelehnt. Vielmehr
wird der Rechtsstandpunkt vertreten, eine Nacherfüllung sei erst gar nicht möglich,
weil der ursprünglich bestehende Mangel, nämlich die fehlerhafte Befestigung des
Rades, einer Behebung nicht mehr zugänglich ist.
Der Zeuge Z1 hat im Gegenteil als Zeuge vernommen bekundet, die
Anspruchsgegnerin sei zu einer Reparatur im Sinne der Montage des Reifens
bereit gewesen, habe aber auf einer Abwicklung des Schadens der Gegenseite
über die Versicherung bestanden. Der Zeuge Z2 hat dies ebenfalls bestätigt. Es
gibt keinerlei Anhaltspunkte, dass die beiden Zeugen entgegen dieser ihrer
Aussage dem Beklagten das glatte Gegenteil mitteilten. Dabei ist die
Einzelrichterin auch keinesfalls davon überzeugt, dass die beiden Zeugen diesen
Sachverhalt dem Beklagten mitteilten oder dass dies bei ihm so ankam, denn der
Zeuge Z1 spricht kaum deutsch und der Zeuge Z2 berichtet sehr weitschweifig
und umständlich und stellenweise auch schwer verständlich.
Das Schreiben vom 29.04.2005 des Beklagten spricht dafür, dass er hier einen
fehlerhaften Rechtsstandpunkt vertreten hat und es ihm auf die Abklärung solcher
Fragen im Gespräch mit dem Zeugen Z1 erst gar nicht ankam.
Da eine entsprechende Risikoaufklärung, die hier nicht entbehrlich war, nicht
feststeht, sondern die Einzelrichterin im Gegenteil für erwiesen erachtet, dass die
Risikoaufklärung unterblieb, kann es nicht mehr darauf ankommen, dass
außerhalb des Erstgesprächs die Zeugin Z3, als sie dazu gerufen wurde, um zu
dolmetschen, bekunden konnte, der Zeuge Z1 habe die Erklärung abgegeben,
dass er den Wagen nicht repariert haben wolle und dann die Rede seitens des
Beklagten davon war, dass ein Rechtsstreit lange dauern könne und Kosten für das
Abstellen des Fahrzeuges anfallen würden.
Das ist keine Risikoaufklärung in der hier zu fordernden Art und Weise, denn die
Risiken eines fehlenden Nacherfüllungsverlangen sind – wie im Einzelnen
aufgezeigt – erheblich und können sich nicht auf Vorstellungen beschränken, dass
hier Abstellkosten entstehen und sich der Rechtsstreit lange hinzieht, wenn die
Klägerin der Meinung sein kann, sie werde auf der Grundlage der Schritte, die der
Beklagte für sie unternimmt, letztendlich gewinnen.
Die Zeugenaussagen Z1 und Z2 deuten vielmehr darauf hin, dass eine derartige
Risikoaufklärung nicht erfolgt ist, denn beide Zeugen haben übereinstimmend und
überzeugend bekundet, der Zeuge Z2 habe vom Unfall berichtet und sie hätten
dann beide wissen wollen, was der Anwalt denn rate, wie vorgegangen werden
solle.
Dass rechtsunkundige Personen, wie der Zeuge Z1 und der Zeuge Z2, die noch
dazu beide nicht eben einen geschäftsgewandten Eindruck gemacht haben, nicht
mit einer festen Vorstellung, was zu geschehen habe, zum Anwalt gehen, sondern
um sich von diesem beraten zu lassen, ist plausibel und nachvollziehbar. Letztlich
kommt es auf die Glaubhaftigkeit und Glaubwürdigkeit der Zeugenaussagen nicht
an, weil hier das Schreiben des Beklagten vom 29.04.2005 ganz eindeutig dafür
spricht, dass er eine Risikobelehrung im Hinblick auf den von ihm eingenommenen
rechtsfehlerhaften Standpunkt auch für entbehrlich gehalten hat.
Diesen Rechtsstandpunkt hat er auch noch während des Verlaufs des
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Diesen Rechtsstandpunkt hat er auch noch während des Verlaufs des
Rechtsstreits beibehalten und zu einer Risikobelehrung zunächst einmal überhaupt
nichts vorgetragen.
Von daher steht zur Überzeugung der Einzelrichterin fest, dass es an einer
umfassenden und erschöpfenden Belehrung im Sinne hier auch einer
eindringlichen Belehrung gefehlt hat.
Dass der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Berufungsverfahren des
Vorprozesses nach Mandatsübernahme nicht seinerseits der damals beklagten
Autohaus A GmbH eine Frist zur Nacherfüllung setzte, lässt die Kausalität der
Pflichtverletzung des Beklagten für den der Klägerin entstandenen Schaden
entgegen seiner Auffassung, der das Landgericht im angefochtenen Urteil gefolgt
ist, nicht entfallen. Eine Unterbrechung des haftungsrechtlichen
Zurechnungszusammenhangs zwischen der Pflichtverletzung des Erstschädigers
und dem Schaden des Auftraggebers liegt nur dann vor, wenn ein zweiter
Rechtsberater eine sachfremde und nicht nachvollziehbare Entschließung trifft
oder den Geschehensablauf so verändert, dass der Schaden bei wertender
Betrachtungsweise in keinem inneren Zusammenhang mit der schuldhaften
Pflichtverletzung des tätigen Rechtsanwalts steht (vgl. BGH WM 2005, 1812, 1813;
WM 2002, 505, 508).Abgesehen davon, dass der Beklagte nicht nur die Berufung
im Vorprozess einlegte, sondern diese auch mit Schriftsatz 24.7.2007 begründete
sowie das Mandat erst unter dem 7.9.2007 niederlegte und dem jetzigen
Prozessbevollmächtigten der Klägerin nur wenige Wochen Zeit zur Prüfung und
Reaktion, vor allem auf den Hinweis der Einzelrichterin durch Zwischenverfügung
vom 24.9.2007 verblieb, war eine Nacherfüllung zum damaligen Zeitpunkt auch
nicht mehr möglich.
Da bereits nach der Erstellung des Sachverständigengutachtens am 15.4.2006 der
Pkw mit einem Ersatzrad repariert und wieder gefahren wurde, konnte durch das
Setzen einer wirksamen Frist gemäß §§ 437 Nr. 3 i. V. m. § 323 Abs. 1 BGB die
Rücktrittsvoraussetzungen nicht mehr geschaffen werden.
Aus diesen Gründen scheidet auch der Ansatz eines Mitverschuldens zu Lasten
der Klägerin aus, weil sie sich etwa ein Verschulden ihres neuen
Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen müsste.
Die Höhe des der Klägerin entstandenen Schadens in Form von ihr entstandenen
Gerichts- und Anwaltskosten ist unbestritten und auch im Einzelnen belegt worden.
Das gleiche gilt für die geltend gemachte Nebenforderung in Höhe der
anwaltlichen Kosten für die vorgerichtliche Tätigkeit.
Zinsen waren teilweise aus dem Gesichtspunkt des Verzugs und teilweise als
Prozesszinsen beansprucht und geschuldet, §§ 286, 288, 291 BGB.
Als unterlegene Partei hat der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO i.
V. m. § 713 ZPO.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision lagen nicht vor.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.