Urteil des LG Frankfurt am Main vom 09.02.2010

LG Frankfurt Main: squeeze out, satzung, einberufung, tagesordnung, handelsregister, klageänderung, hinterlegung, hauptaktionär, bekanntmachung, ausschluss

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Gericht:
OLG Frankfurt 5.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 U 89/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 123 Abs 3 S 2 AktG
Zur Frage der Nichtigkeit von
Hauptversammlungsbeschlüssen einer AG
Tenor
Die Berufung des Klägers zu 6) gegen das am 21.4.2009 verkündete Urteil der 5.
Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main wird
zurückgewiesen.
Die zweitinstanzlich erhobene weitergehende Klage des Klägers zu 6) wird nicht
zugelassen.
Von den zweitinstanzlichen Gerichtskosten und den zweitinstanzlichen
außergerichtlichen Kosten der Beklagten haben der Kläger zu 3) 30 %, der Kläger
zu 6) 70 % zu tragen. Im Übrigen tragen der Kläger zu 3) und der Kläger zu 6) wie
auch die Streithelfer der Kläger ihre zweitinstanzlichen außergerichtlichen Kosten
selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger zu 6) kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen der Kosten
jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil
vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung
Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Gründe
I.
Die Beklagte ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft mit Sitz in Stadt1, deren
Grundkapital in Höhe von 40.222.755,-- Euro in eine gleiche Anzahl nennwertloser,
auf den Inhaber lautende Stückaktien eingeteilt ist.
Am 20.12.2007 beschloss die außerordentliche Hauptversammlung der Beklagten
auf Antrag der A GmbH (nachfolgend: Hauptaktionärin) den Ausschluss der
Minderheitsaktionäre.
Frühere Hauptaktionärin war die B AG. Dem Ausschlussverlangen waren
etappenweise Erwerbsvorgänge von Anteilen an der Beklagten unmittelbar oder
mittelbar durch die Hauptaktionärin vorausgegangen.
Auf der Hauptversammlung vom 20.12.2007 wurde über die mit der Einladung
bekannt gemachten Tagesordnungspunkte, über verschiedene Anträge von
Aktionären auf Durchführung von Sonderprüfungen sowie auf Abwahl des
Versammlungsleiters abgestimmt. Ausweislich des notariellen Protokolls der
Hauptversammlung stellte der Leiter der Hauptversammlung das
Zustandekommen des Ausschließungsbeschlusses zu TOP 2 fest. Wegen der
Einzelheiten der festgestellten Beschlussfassung und des Ablaufs der
Hauptversammlung im Übrigen wird auf das Protokoll (Anlage K 24 - Anlagenband)
Bezug genommen.
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Gegen diesen Hauptversammlungsbeschluss haben die Kläger - die Klägerin zu 4)
auch gegen einen weiteren Beschluss betreffend die Ablehnung eines Antrags auf
Sonderprüfung - Anfechtungs-/Nichtigkeitsklagen beim Landgericht Frankfurt am
Main erhoben, die zum Aktenzeichen 3/05 O 10/08 verbunden wurden.
Die Kläger und ihre Streithelfer haben - nebst einer Vielzahl weiterer Einwände - u.
a. geltend gemacht, dass der Beschluss zu TOP 2, anders als im
Hauptversammlungsprotokoll niedergelegt, in der Weise unrichtig festgestellt
worden sei, als der Versammlungsleiter lediglich festgestellt habe, „…dass die
Hauptversammlung die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf den
Hauptaktionär gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung beschlossen
hat.“ Des Weiteren seien Informationsrechte der Aktionäre aus § 131 AktG in
Bezug auf den streitgegenständlichen Beschluss verletzt worden.
Der Kläger zu 6) hat außerdem geltend gemacht, die Beschlussfassung sei
deswegen nichtig, weil in der Einberufung nicht konkret bezeichnet worden sei, in
welcher anderen Weise als durch Nachweis des depotführenden Instituts der
Nachweis der Teilnahmeberechtigung erbracht werden könne.
Alle Kläger und die Streithelfer der Kläger haben beantragt,
festzustellen,
dass der auf der außerordentlichen Hauptversammlung der Beklagten am
20.12.2007 gefasste Beschluss zu TOP 2 mit folgendem Inhalt:
nichtig ist,
hilfsweise für nichtig erklärt wird,
höchsthilfsweise festgestellt wird, dass der Beschluss unwirksam ist.
Darüber hinaus hat die Klägerin zu 4) beantragt,
den am 20.12.2007 von der Hauptversammlung der Beklagten unter dem
Tagesordnungspunkt gefassten Beschluss, mit dem der in der Hauptversammlung
namens der D AG gestellte Antrag auf Sonderprüfung abgelehnt wurde, für nichtig
zu erklären,
hilfsweise festzustellen, dass dieser Beschluss unwirksam ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Die Beklagte hat geltend gemacht, dass hinsichtlich der Beschlussfassungen in
der streitgegenständlichen Hauptversammlung weder Nichtigkeits- noch
Anfechtungsgründe vorlägen. Sie hat im Übrigen bestritten, dass die Kläger und
Streithelfer zum Zeitpunkt der Bekanntmachung der Tagesordnung Aktionäre der
Beklagten gewesen seien.
Der Beschluss zu TOP 2 sei ordnungsgemäß gefasst worden. Der
Versammlungsleiter habe insofern festgestellt, „dass der Vorschlag der
Verwaltung zu Tagesordnungspunkt 2 - Übertragung der Aktien der
Minderheitsaktionäre auf den Hauptaktionär gegen Gewährung einer
angemessenen Barabfindung (Ausschluss von Minderheitsaktionären) - mit
40.049.453 Ja-Stimmen bei 69.501 Nein-Stimmen mit der erforderlichen Mehrheit
gefasst worden ist“. Alle auf der Hauptversammlung gestellten Fragen seien in
ausreichendem Umfang beantwortet worden.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf
den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung sowie die in erster Instanz
gewechselten Schriftsätze der Parteien und ihrer Streithelfer Bezug genommen.
Das Landgericht hat - zur Beschlussfeststellung durch den Versammlungsleiter -
gemäß Beweisbeschluss vom 29.05.2008 (Bl. 866 - 869) Beweis erhoben. Wegen
des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom
23.09.2008 (Bl. 990 - 996) und auf die schriftliche Aussage des Zeugen Prof. Dr.
Z1 vom 17.09.2008 (Bl. 1004 - 1007) verwiesen. Mit Antragsschrift vom
26.09.2008 hat die Beklagte das Freigabeverfahren gemäß den §§ 327 e Abs. 2,
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26.09.2008 hat die Beklagte das Freigabeverfahren gemäß den §§ 327 e Abs. 2,
319 Abs. 6 AktG eingeleitet (Az.: 3-05 O 250/08 LG Frankfurt am Main). Mit
Beschluss vom 11.11.2008 - auf den verwiesen wird - hat das Landgericht
festgestellt, dass die Erhebung der Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen gegen die
Wirksamkeit des auf der außerordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom
20.12.2007 zu Tagesordnungspunkt 2 gefassten Beschlusses der Eintragung
dieses Beschlusses in das Handelsregister nicht entgegenstehen.
Durch Beschluss vom 16.02.2009 (Az.: 5 W 38/08) - auf den Bezug genommen
wird - hat der Senat die hiergegen eingelegten Beschwerden zurückgewiesen.
Die Eintragung des Hauptversammlungsbeschlusses in das Handelsregister
erfolgte am 26.03.2009.
Mit der am 21.04.2009 verkündeten Entscheidung - auf die ebenso Bezug
genommen wird - hat das Landgericht die Klagen abgewiesen.
Das Landgericht hat u.a. bezüglich der Klage des Klägers zu 6) ausgeführt, es
komme zunächst nicht darauf an, ob u.a. dieser letztlich seine Aktionärsstellung
zum Zeitpunkt der Bekanntmachung der Tagessordnung ordnungsgemäß
nachgewiesen habe, da eine fehlende Anfechtungsbefugnis auch nur zur materiell-
rechtlichen Unbegründetheit der Klage führe, die Klagen gegen die
Beschlussfassung zu TOP 2 jedoch schon aus anderen materiell-rechtlichen
Gründen ohne Erfolg seien.
Eine Nichtigkeit der Beschlussfassung sei nicht wegen mangelhafter Einberufung
gegeben; die Formulierung in der Einladung reflektiere sowohl die entsprechende
Passage in der Satzung der Beklagten in § 14 Nr. 2 als auch den Wortlaut des §
123 Abs. 3 S. 2 AktG. Eine Auflistung der sonstigen Möglichkeiten des Nachweises
der Teilnahmeberechtigung sei nicht notwendig gewesen. Auch habe hierzu keine
rechtliche Veranlassung bestanden.
Gegen diese Entscheidung haben der Kläger zu 3) und der Kläger zu 6) Berufung
eingelegt. Mit dem am 4.2.2010 eingegangenen Schriftsatz vom selben Tage hat
der Kläger zu 3) seine - mit Schriftsatz vom 22.7.2009 (Bl.1169 - 1175)
begründete - Berufung zurückgenommen (Bl. 1231). Ebenso hat der Streithelfer
der Kläger zu 15) mit Schriftsatz vom 8.2.2010 seine Nebenintervention
zurückgenommen. Die Zurücknahme der Nebenintervention hat zuletzt mit einem
nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz vom
8.2.2010 auch der Streithelfer der Kläger zu 16) erklärt.
Der Kläger zu 6) macht nach wie vor geltend, dass ein Einberufungsmangel
betreffend die Einberufung der Hauptversammlung vom 20.12.2007 gegeben sei.
Der Vorstand der Beklagten habe bei den Angaben zur Teilnahmeberechtigung
und Stimmrechtsausübung der Aktionäre die in der Satzung enthaltene
ausschließliche Bestimmung, dass das Teilnahme- und Stimmrecht nur denjenigen
Aktionären zustehe, die den in der Satzung genannten Nachweis erbringen,
weggelassen . Der Vorstand habe damit für das Teilnahme- und Stimmrecht der
Aktionäre den Nachweis der Berechtigung auf andere Weise als durch den
Nachweis des Anteilsbesitzes durch das depotführende Institut entgegen der
klaren Bestimmung in der Satzung nicht ausgeschlossen (Bl. 1184).
Des Weiteren wendet sich der Kläger zu 6) gegen eine Beschlussfassung in der
Hauptversammlung der Beklagten vom 28.08.2006 zu Punkt 5 b der
Tagesordnung „Änderung von Abschnitt V (Hauptversammlung) §§ 13 und 14 der
Satzung (Einberufung und Ort bzw. Teilnahmeberechtigung und Hinterlegung der
Aktien)“: Hierzu macht der Kläger geltend, dass die erfolgte Beschlussfassung
nichtig sei, weil die Beklagte in der Einberufung zu dieser Hauptversammlung im
Hinblick auf das Inkrafttreten des Gesetzes zur Unternehmensintegrität und
Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) am 01.11.2005 auf nebeneinander
bestehende Möglichkeiten der Teilnahmeberechtigung durch Hinterlegung und
durch Nachweis des Anteilsbesitzes hingewiesen habe. Für diese Angaben der
Teilnahmeberechtigung durch (zusätzlichen) Nachweis des Anteilsbesitzes fehle es
aber an einer satzungsmäßigen Grundlage. Es könne keine Rede davon sein, dass
aufgrund des § 123 Abs.3 AktG n.F. ohne eine entsprechende
Satzungsbestimmung eine neue Rechtslage bestehe, wonach ab 01.11.2005
zwingend der Nachweis des depotführenden Instituts nach dem Record-date-
Modell eröffnet worden sei.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens des Klägers zu 6) wird
auf dessen Berufungsbegründung vom 30.07.2009 (Bl. 1182-1187) verwiesen.
Der Kläger zu 6) beantragt,
die angefochtene Entscheidung abzuändern und festzustellen, dass der in der
Hauptversammlung der Beklagten vom 20.12.2007 unter Punkt 2 der
Tagesordnung gefasste Beschluss nichtig ist:
„Die Aktien der übrigen Aktionäre (Minderheitsaktionäre) werden gemäß §§
327 a ff. AktG auf den Hauptaktionär, die A GmbH, …str., Stadt2, übertragen. Die
Übertragung erfolgt gegen Gewährung einer Barabfindung durch die A GmbH.
Die Barabfindung beträgt EUR 6,25 je Aktie der C-AG.“
Des Weiteren beantragt der Kläger zu 6) festzustellen,
dass folgender in der Hauptversammlung der Beklagten vom 28.08.2006 unter
Punkt 5 b der Tagesordnung gefasste Beschluss nichtig ist:
㤠14 Anmeldung zur Hauptversammlung, Nachweis
(1) zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des
Stimmrechts sind nur diejenigen Aktionäre berechtigt, die sich bis zum Ablauf des
7. Tages vor der Hauptversammlung bei der Gesellschaft oder einer in der
Einberufung bezeichneten Stelle anmelden und ihren Aktienbesitz nachweisen.
(2) Zum Nachweis ist eine in Textform in deutscher oder englischer Sprache
erstellte Bescheinigung des depotführenden Instituts über den Aktienbesitz
ausreichend. Der Nachweis des Aktienbesitzes muss sich auf den Beginn des
einundzwanzigsten Tages vor der Hauptversammlung beziehen“.
Der Kläger zu 6) beantragt hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die erweiterte Klage abzuweisen.
Sie hat einer Zulassung der Revision widersprochen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.
Da der Kläger 6) nicht mehr Aktionär der Beklagten sei, fehle ihm die
Klagebefugnis. Ebenso liege der vom Kläger zu 6) geltend gemachte
Einberufungsmangel zur streitgegenständlichen Hauptversammlung vom
20.12.2007 nicht vor. Aus der Einberufung ergebe sich unzweifelhaft, dass nur
diejenigen Aktionäre teilnahme- und stimmberechtigt seien, die ihre
Teilnahmeberechtigung nachweisen. Zusätzlich sei darüber informiert worden,
dass für den Nachweis des Anteilsbesitzes eine Bescheinigung durch das
depotführende Institut ausreichend sei. Weder durch § 14 Nr. 2 Satz 1 der Satzung
der Beklagten noch durch § 123 Abs. 3 AktG werde ein Nachweis auf anderem Weg
ausgeschlossen.
Die Klageerweiterung des Klägers zu 6) sei bereits unzulässig, weil die
Voraussetzungen des § 533 ZPO nicht erfüllt seien. Der Klageänderung werde
widersprochen. Der Kläger zu 6) führe mit seinem erweiterten Klageantrag einen
völlig neuen Streitgegenstand in das Verfahren ein. Im Übrigen sei die neue Klage
auch unbegründet, weil die Altsatzung, zu der der Kläger nichts vorgetragen habe,
und die Nachweismöglichkeit gemäß § 123 Abs. 3 S. 2 AktG n.F. nach zutreffender
Auffassung nebeneinander stünden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Beklagten
wird auf die Berufungserwiderung vom 23. September 2009 (Bl. 1205 - 1211)
Bezug genommen.
Die informatorisch beigezogene Akte 5 W 38/08 OLG Frankfurt am Main ist
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
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Nachdem der Kläger zu 3) sein Rechtsmittel zurückgenommen hat, war lediglich
noch über die Berufung des Klägers zu 6) zu entscheiden.
Dessen Berufung ist auch zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt
worden. Das Rechtsmittel führt jedoch in der Sache nicht zum Erfolg, denn die
angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 546) wie
auch nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen keine andere Entscheidung
rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO).
Zwar ist die seitherige Klage weiterhin zulässig.
Nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2007, 300 = NZG 2007, 26 f; BGH Z 169,
122) ist ein Aktionär analog § 265 Abs. 2 ZPO zur Fortführung seiner Anfechtungs-
/Nichtigkeitsklage befugt, sofern er daran noch ein rechtliches Interesse hat. Ein
solches Fortführungsinteresse besteht nach Erlöschen der Mitgliedschaft durch
den Squeeze-Out insbesondere dann, wenn der Ausgang des
Anfechtungsverfahrens noch rechtlich erhebliche Auswirkungen auf die als
Vermögensausgleich für den Verlust der Mitgliedsrechte zu gewährende
angemessene Barabfindung haben kann (BGH, a.a.O., Juris Rdnr. 19).
Auch ist im vorliegenden Falle in erster Instanz zur Höhe der zu gewährenden
angemessenen Barabfindung bereits ein Spruchverfahren anhängig (Az.: 3/05 O
72/09 LG Frankfurt am Main - Bl. 1206), in dem doch eben die Angemessenheit
der Abfindung für den Verlust der Mitgliedsrechte geprüft [und damit dem
rechtlichen Interesse des Klägers zu 6) genügt] wird.
Anders als in dem vom BGH beschiedenen Fall (a.a.O.) ging allerdings hier der
Eintragung des streitgegenständlichen Hauptversammlungsbeschlusses ein
- rechtskräftig beschiedenes - Freigabeverfahren (§ 327 e Abs. 2, 319 Abs. 6 Satz
1 und 7 AktG) voraus, mit dem doch festgestellt wurde, dass die erhobenen
Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen bezüglich TOP 2 der außerordentlichen
Hauptversammlung vom 20.12.2007 einer Eintragung des Beschlusses in das
Handelsregister nicht entgegenstehen. Hierbei sieht § 319 Abs. 6 Satz 8 AktG
ohne ersichtliche Einschränkung vor, dass dann, wenn sich die Klage(n) als
begründet erweisen, die Gesellschaft, die den Beschluss erwirkt hat, verpflichtet
ist, dem Antragsgegner (hier: Kläger zu 3.) den Schaden zu ersetzen hat, der ihm
aus einer auf dem Beschluss beruhenden Eintragung [in das Handelsregister]
entstanden ist. Nach Auffassung des Senats wird daher schon durch den Wortlaut
dieser Regelung das Fortbestehen der Klagebefugnis hinsichtlich der - zum
Zeitpunkt der Eintragung in das Handelsregister bereits rechtshängigen - Klagen
impliziert, wobei dahinstehen kann, ob allein schon eine in 2. Instanz (mit)
erstrebte günstigere Kostenentscheidung ein Teil des Schadensausgleichs wäre
(vgl. zum Ganzen Schmidt/Lutter, AktG (2008), § 319 Rdn. 42, 44).
Die seitherige Klage des Klägers zu 6) ist jedoch nicht begründet.
Zunächst kommt es nicht darauf an, ob der Kläger zu 6) seine Aktionärstellung
zum Zeitpunkt der Bekanntmachung der Tagesordnung ordnungsgemäß
nachgewiesen hat (LGU S. 18), denn die Klage ist auch sonst unbegründet.
Der gemäß § 241 Nr. 1 AktG hinsichtlich der Beschlussfassung zu TOP 2 geltend
gemachte Nichtigkeitsgrund liegt nicht vor.
Wie das Landgericht (LGU Seite 18) und ebenso der Senat im bezeichneten
Beschluss vom 16.2.2009 (BA S. 15) ausgeführt haben, liegt ein
Einberufungsmangel nicht vor. Die Hauptversammlung wurde nicht unter Verstoß
gegen § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG einberufen, denn die Formulierung in der
Einladung zur Hauptversammlung reflektiert sowohl die entsprechende Passage
der Satzung der Beklagten in § 14 Nr. 2 als auch den Wortlaut des § 123 Abs. 3
Satz 2 AktG. Ebenso war eine Auflistung der sonstigen Möglichkeiten des
Nachweises der Teilnahmeberechtigung nicht notwendig, wie auch hierzu keine
rechtliche Verpflichtung bestand.
Der Kläger zu 6) unterscheidet nicht hinreichend zwischen der Frage der
Teilnahmeberechtigung und dem insoweit erforderlichen Nachweis .
In der Einberufung heißt es (u. a. Anlage B 46 - Bl. 860):
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…Zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimmrechts
in der Hauptversammlung sind gemäß § 14.1 der Satzung diejenigen Aktionäre
berechtigt, die sich spätestens bis zum Ablauf des 13. Dezember 2007
angemeldet haben.
Ferner haben Aktionäre, die an der Hauptversammlung teilnehmen und
Stimmrechte ausüben wollen, nach § 14.2 der Satzung ihre
Teilnahmeberechtigung nachzuweisen. Hierzu reicht der Nachweis des
Anteilsbesitzes durch das depotführende Institut aus, der der Textform bedarf. Der
Nachweis hat sich auf den Beginn des einundzwanzigsten Tages vor der
Hauptversammlung, also auf Donnerstag, den 29. November 2007, 0:00 Uhr zu
beziehen…
Dieser Text ist richtig und entspricht in der Sache auch vollumfänglich § 14 der
Satzung der Beklagten, die insoweit nichts weggelassen hat. Vielmehr folgt aus
der Einberufung ohne Weiteres, dass eben nur diejenigen Aktionäre teilnahme-
und stimmberechtigt sind, die ihre Teilnahmeberechtigung nachweisen. Zusätzlich
wird darüber informiert, dass für den Nachweis des Anteilsbesitzes eine
Bescheinigung durch das depotführende Institut ausreichend ist. Weder § 14 der
Satzung der Beklagten, wo es heißt:
1. Zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimmrechts
sind nur diejenigen Aktionäre berechtigt, die sich bis zum Ablauf des 7. Tages vor
der Hauptversammlung bei der Gesellschaft oder einer in der Einberufung
bezeichneten Stelle anmelden und ihren Aktienbesitz nachweisen.
2. Zum Nachweis ist eine in Textform in deutscher oder englischer Sprache
erstellte Bescheinigung des depotführenden Instituts über den Aktienbesitz
ausreichend. Der Nachweis des Aktienbesitzes muss sich auf den Beginn des
einundzwanzigsten Tages vor der Hauptversammlung beziehen. Anlage B 45, Bl.
858, 859), noch § 123 Abs. 3 AktG schließen einen Nachweis auf anderem Wege
aus.
Nachdem der Kläger zu 6) weitere spezifizierte Angriffe gegen die angefochtene
Entscheidung nicht erhoben und der Kläger zu 3) sein Rechtsmittel
zurückgenommen hat, hat es bei den - zutreffenden - Gründen der angefochtenen
Entscheidung, die der Senat in jeder Hinsicht billigt, im Übrigen zu verbleiben.
Ergänzend nimmt der Senat auf die Beschlussgründe vom 16.2.2009 (Az. 5 W
38/08) Bezug.
Darüber hinaus ist die in der Berufungsbegründung des Klägers zu 6) erfolgte
Klageerweiterung nicht zuzulassen.
Mit diesem - am 02.06.2009 eingegangenen - Antrag begehrt der Kläger zu 6) -
ebenso wegen eines vermeintlichen Einberufungsmangels - erstmalig die
Feststellung der Nichtigkeit (§§ 241 Nr. 1, 123 Abs. 3 Satz 2 AktG) einer
Beschlussfassung der Hauptversammlung der Beklagten vom 28.08.2006 zu 5b
der damaligen Tagesordnung [Änderung von Abschnitt V (Hauptversammlung) §§
13 und 14 der Satzung (Einberufung und Ort bzw. Teilnahmeberechtigung und
Hinterlegung der Aktien)] - Bl. 1185 -, mit der die - derzeit gültige - Neufassung zu
§ 14 der Satzung beschlossen wurde.
Die Voraussetzungen des § 533 ZPO für eine Zulassung der Klageänderung in der
Berufungsinstanz - wie hier: einer nachträglichen Klagehäufung (Zöller-Greger,
ZPO, 27. Aufl., § 263 Rn 2 m. N.; BGH NJW 1985, 1841(1842]) - liegen indes nicht
vor.
Die Beklagte hat nämlich dieser Klageänderung widersprochen (Bl. 1210) wie im
Übrigen die Klageänderung schon deswegen nicht sachdienlich i.S. von § 533 Nr. 1
ZPO ist, weil der neue Klageantrag unzulässig wäre, denn der Kläger vermag
hinsichtlich seines neuerlichen Klagebegehrens kein rechtliches Interesse
darzutun:
Nachdem der Kläger zu 6) jedenfalls mit der Eintragung des hier
streitgegenständlichen Übertragungsbeschlusses seine Aktionärsstellung bei der
Beklagten verloren hat und ihm nach Ausscheiden aus der Gesellschaft ein
rechtliches Interesse zur Vernichtung einer beschlossenen Satzungsänderung
nicht mehr zur Seite stünde (BGH NJW 2007, 300 - Juris Rn 27; Senat Urt. v.
17.11.2009 - 5 U 116/08 - dort: S. 8), weil die Unwirksamkeit einer
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17.11.2009 - 5 U 116/08 - dort: S. 8), weil die Unwirksamkeit einer
Satzungsänderung keine Auswirkung auf die dem Kläger zu 6) zustehende
Barabfindung oder sonstige Vermögensinteressen des Klägers hätte, ist erst recht
ein solches rechtliches Interesse (nach Ausscheiden des Klägers zu 6)) im Rahmen
einer - wie hier - allenfalls in Betracht kommenden allgemeinen Feststellungsklage
im Sinne von § 256 ZPO (vgl. Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 249 Rdnr. 6 m. N.) zu
verneinen, jedenfalls nicht hinreichend dargetan. Auch teilt der Senat nicht die - in
mündlicher Verhandlung vom Kläger zu 6) geäußerte - Auffassung, dass für den
Fall der Nichtigkeit des Squeeze-Out-Beschlusses seitens der Beklagten
Schadenersatz in Form der Rückgabe von Aktien geschuldet sei und deshalb auch
ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Nichtigkeit des
Satzungsänderungsbeschlusses aus dem Jahre 2006 bestehe; denn nach
Auffassung des Senats kann im Rahmen des Schadenersatzes grundsätzlich nicht
die Rückgängigmachung der inzwischen stattgefundenen Ausgliederung
(verlorenen Aktionärsstellung) verlangt werden, denn Schuldnerin des
Schadenersatzanspruchs ist die Gesellschaft, nicht die Hauptaktionärin, der die
Aktien doch übertragen wurden.
Selbst wenn man dies anders sehen wollte, könnte der klageerweiternde Antrag
keinen Erfolg haben. Soweit nämlich der Kläger zu 6) geltend machen will, die
Einberufung habe gegen die seinerzeit geltende Satzung der Beklagten verstoßen,
weil die Einladung/Einberufung zur Hauptversammlung vom 28.06.2006 (Seite 5
der Berufungsbegründung) im Hinblick auf das Inkrafttreten des UMAG am
01.11.2005 - vermeintlich satzungswidrig - nebeneinander zwei Möglichkeiten für
die Teilnahmeberechtigung an der Hauptversammlung bezeichnete, nämlich die
Teilnahmeberechtigung durch Hinterlegung und die Teilnahmeberechtigung durch
Nachweis des Anteilsbesitzes (Depotbanknachweis), greift dies nicht durch; denn
nach verbreiteter Rechtsansicht und der Rechtsprechung des Senats stehen seit
Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung zur Teilnahmeberechtigung an der
Hauptversammlung die Altsatzung mit einem etwaigen statuarischen
Hinterlegungserfordernis und die Nachweismöglichkeit gemäß § 123 Abs. 3 Satz 2
AktG n.F. nebeneinander (z. B. Senat, Urt. v. 10.6.2008, 5 U 134/07, Juris
Orientierungssatz und Rn 26; Urt. v. 13.1.2009, 5 U 13/08 - Juris Orientierungssatz
und Rn 17 f; OLG Stuttgart, Urt. v. 15.10.2008, 20 U 19/07 - Juris Rn 76; OLG
München, AG 2008, 508 - Juris Rn 8; Kiefner/Zetsche, ZIP 2006, 551 - Bl. 1213).
Der klageerweiternde Antrag wäre selbst als Zwischenfeststellungsklage zur
seitherigen Klage (§ 256 Abs. 2 ZPO) unzulässig, weil die Entscheidung über die
seitherige Klage zu TOP 2 nicht von der (Un-)Wirksamkeit der Satzungsänderung
aus dem Jahr 2006 abhängt, denn nach der Senatsrechtsprechung wäre auch eine
vermeintlich nichtige Satzungsänderungsregelung aus dem Jahr 2006
ausreichende Grundlage für die Einberufung der Hauptversammlung zum
20.12.2007 gewesen.
Die - einheitlich zu treffende - Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97, 91, 516
Abs. 3 ZPO. Etwaige außergerichtliche zweitinstanzliche Kosten der Streithelfer der
Kläger, die sich in der zweiten Instanz nicht mehr beteiligt haben, tragen diese
selbst (§§ 101 Abs. 2, 100 Abs. 2 ZPO).
Die weiteren Nebenentscheidungen haben ihre Grundlage in den §§ 708 Nr. 10,
711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO
nicht vorliegen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.