Urteil des LG Flensburg vom 15.03.2017

LG Flensburg: untreue, beherrschende stellung, erfüllung, treuepflicht, golf, bankgarantie, niederlassung, bankbürgschaft, auslieferung, einfluss

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Gericht:
LG Flensburg 1.
Große
Strafkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
I KLs 3/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 26 StGB, § 263 StGB, § 266
Abs 1 Alt 2 StGB
Untreue: Beherrschender Einfluss des Hintermannes auf
die Ausgestaltung des Verkaufskonzeptes als
Anstiftungshandlung.
Leitsatz
Sichert ein Verkäufer von Neufahrzeugen seinen Kunden hinsichtlich der Zahlung von
nahezu des gesamten Kaufpreises auf ein als "Sonderkonto" bezeichnetes Konto bei
seiner Hausbank zu, dieser Betrag werde "nur zur Erfüllung des Kaufvertrages"
verwendet, so liegt darin die Begründung einer selbständigen, gerade den
Vermögensinteressen des Käufers dienenden vertraglichen Verpflichtung
(Vermögensbetreuungspflicht), bei deren Verletzung durch eine zweckwidrige
Verwendung des Geldes sich der Verkäufer wegen Treuebruchs (§ 266 Abs 1 2 Alt StGB)
strafbar macht.Beherrschender Einfluss des Hintermannes auf die Ausgestaltung des
Verkaufskonzeptes als Anstiftungshandlung.
Tenor
Die Angeklagten H. S. und O. S. sind der gemeinschaftlichen Untreue schuldig.
Die Angeklagte H. S. wird zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten
verurteilt.
Der Angeklagte O. S. wird zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten
verurteilt.
Der Angeklagte U. S. wird wegen Anstiftung zur gemeinschaftlichen Untreue zu
einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt.
Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich ihrer eigenen
notwendigen Auslagen.
Angewendete Vorschriften:
Für die Angeklagten H. S. und O. S.: §§ 266 Abs. 1 2. Alt., Abs. 2, 263 Abs. 3 Satz 2
Nr. 1, 25 Abs. 2 StGB.
Für den Angeklagten U. S.: §§ 266 Abs. 1 2. Alt., Abs. 2, 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1,
25 Abs. 2, 26 StGB.
Gründe
I.
1. Die 66 Jahre alte Angeklagte H. S. wurde in H. (Thüringen) geboren. Sie
besuchte die Hauptschule bis einschließlich der 9. Klasse. Danach absolvierte sie
eine Lehre als Einzelhandelskauffrau und arbeite in diesem Beruf für eine Dauer
von ungefähr 10 Jahren. Ihr erster Sohn, der Mitangeklagte O. S., wurde 1965, ihr
zweiter Sohn 1966 geboren. Beide Söhne stammen aus ihrer ersten Ehe. Die
Angeklagte arbeitete dann für einen Zeitraum von ca. 10 Jahren nicht und nahm
im Jahre 1976, zunächst halbtags und ab 1979 ganztags, eine Tätigkeit in einer H.-
er Firma auf. Sie war dort als Abteilungsleiterin tätig. Im Jahre 1979 lernte sie ihren
Ehemann, den Mitangeklagten U. S. kennen, den sie am 22.04.1993 heiratete. Im
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Ehemann, den Mitangeklagten U. S. kennen, den sie am 22.04.1993 heiratete. Im
Jahre 1988 machte sie sich zusammen mit ihrem Ehemann, zunächst in H. und
später in F., selbständig. Sie war in F. zuletzt Inhaberin und Geschäftsführerin der
Firma "IMS-M. H. S." sowie Niederlassungsleiterin der Firma "C-T-Network B.V.".
Die Angeklagte ist nicht vorbestraft. Der Bundeszentralregisterauszug über sie
vom 04.05.2006 enthält keine Eintragungen.
2. Der 65 Jahre alte Angeklagte U. S. wurde in Hamburg geboren. Er ist mit der
Angeklagten H. S. verheiratet. Er gründete im Jahre 1988 eine Firma "IMS-M." als
Einzelfirma in H. und betätigte sich als Immobilienmakler. Daneben verkaufte und
"entwickelte" er mit einer eigenen Baufirma auch Grundstücke. Die Tätigkeit
dauerte bis in die 90iger Jahre hinein an. Die Baufirma musste dann Konkurs
anmelden. Gegen Ende der 90iger Jahre ging der Angeklagte daraufhin zusammen
mit seiner Ehefrau nach F.. Der Grund des Umzugs nach F. war zunächst das
gemeinsame Interesse der Eheleute S. am Segelsport. Später betätigte sich der
Angeklagte dann als Immobilienmakler, danach entwickelte er die Idee,
Neufahrzeuge zu vermitteln und erarbeitete das Geschäftskonzept der Firmen
"IMS-M. H. S." und "C-T-Network B.V.".
Der Angeklagte ist ebenfalls nicht vorbestraft. Der Bundeszentralregisterauszug
über ihn vom 04.05.2006 enthält keine Eintragung.
3. Der 41 Jahre alte Angeklagte O. S. wurde in H. geboren, er ist der leibliche Sohn
der Mitangeklagten H. S.. Er legte im Jahre 1987 die Abiturprüfung ab und
verpflichtete sich danach für die Dauer von zwei Jahren bei der Bundeswehr. Er ist
Unteroffizier der Reserve. Nach seiner Bundeswehrzeit war der Angeklagten
zunächst ein halbes Jahr lang arbeitslos, bevor er eine Lehre als
Großhandelskaufmann absolvierte. Diese Lehre schloss er 1989 / 1990 ab. Bis in
das Jahr 1995 arbeitete er in seinem erlernten Beruf. Er war als Entwicklungsleiter
zuständig für die Entwicklung und Projektierung von Schlauchsystemen. Seit dem
Jahre 2002 arbeitete er als Prokurist und Bürovorsteher in der Firma "IMS-M." mit
Sitz in F. und seit Anfang des Jahres 2005 als "Managing Director" der Firma "C-T-
Network B.V.", Niederlassung F..
Der Angeklagte ist verheiratet, er hat ein Kind im Alter von 8 Jahren. Er ist zur Zeit
arbeitslos und lebt von Arbeitslosenhilfe und der Unterstützung durch seine
Schwiegermutter und Freunde. Er hat ca. 1.600,00 € monatlich zur Verfügung.
Auch der Angeklagte S. ist nicht vorbestraft. Der Bundeszentralregisterauszug
über ihn vom 04.05.2006 enthält keine Eintragung.
II.
In der Hauptverhandlung konnte der folgende, als erwiesen angesehene
Sachverhalt festgestellt werden:
Die Angeklagte H. S. ist Inhaberin und Geschäftsführerin der auf ihren Namen
angemeldeten Firma "IMS-M. H. S." - im folgenden Firma "IMS-M." - mit Sitz in F.,
S. 66, gewesen. Der Angeklagte O. S. ist in dieser Firma seiner Mutter seit 2002
als Prokurist und Bürovorstand tätig gewesen. Daneben ist er "Managing Director"
der Firma "C-T-Network B.V." mit Sitz in Holland gewesen. Die Niederlassung in F.,
die als Finanzzentrale fungiert hat, ist in den Räumlichkeiten der Firma "IMS-M.", S.
66 in F., betrieben worden. Als Niederlassungsleiterin ist wiederum die Mutter des
Angeklagten O. S., H. S., eingesetzt gewesen.
Die Firma "C-T-Network B.V." ist gegen Ende des Jahres 2004, maßgebliche
beeinflusst durch den Angeklagten U. S., gegründet worden. Gesellschafter dieser
Firma mit Sitz in Holland sind der Angeklagte O. S. als "Managing Director" zu 8 %
sowie eine Firma "C-T-Network Limited" zu 92 % gewesen. Die Geschäftsanteile
dieser Firma sind durch die Herren E. H., H. L., W. R. sowie durch die Firma "IMS-M."
zu je 25 % gehalten worden. Die Firma "C-T-Network B.V." hat Niederlassungen in
F., als Finanzzentrale, in D. und in Süddeutschland unterhalten. Die Niederlassung
in D., die durch Herrn R. als Niederlassungsleiter betrieben worden ist, hat als
Auslieferungszentrale für bestellte Kraftfahrzeuge fungiert.
Der Grund für die Einsetzung des Angeklagten O. S. als "Managing Director" der
Firma "C-T-Network B.V." hat hauptsächlich darin bestanden, die Gesellschafter
der Firma, unter anderem auch den Angeklagten U. S., nicht nach außen in
Erscheinung treten zu lassen. Hintergrund für die Gründung der Firma "C-T-
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Erscheinung treten zu lassen. Hintergrund für die Gründung der Firma "C-T-
Network B.V." ist es gewesen, einen besseren Absatz von EU-Neufahrzeugen im
Inland zu gewährleisten und sich gegenüber den in der Bundesrepublik ansässigen
Vertragshändlern behaupten zu können.
An dem Sitz der Firma "C-T-Network B.V." in Holland hat kein Geschäftsbetrieb
stattgefunden. Die eigentliche Firmenzentrale ist die Niederlassung in F. gewesen.
Der Angeklagten O. S. hat trotz seiner Stellung als "Managing Director" keinen
wesentlichen Einfluss auf die Geschäfte der Firma ausgeübt. In den
Entscheidungsprozess ist er nur am Rande eingebunden gewesen. Verhandlungen
mit möglichen Vertragspartnern über den Abschluss von Rahmenverträgen über
die Lieferung von Neufahrzeugen sind in erster Linie durch den Angeklagten U. S.
aufgenommen worden und durch ihn maßgeblich geführt worden. Des weitern ist
für den Geschäftsbetrieb vor Ort der jeweiligen Niederlassungsleiter zuständig
gewesen, in F. die Angeklagte H. S., in D. Herr W. R..
Hinter den Niederlassungsleitern hat der Angeklagte U. S. gestanden, der
gleichsam als "Präsident" der Firma die Ausrichtung und das Geschäftskonzept
gestaltet hat. Diese tatsächliche Funktion hat der Angeklagte U. S. aus einem
Büro unter seiner Privatadresse, Am S. 8 b in F., ausgeübt. Er hat von dort aus
telefoniert und Geschäftskontakte geknüpft. Der Angeklagte O. S. ist durch ihn
dann wiederholt am Tage fernmündlich in Kenntnis gesetzt worden.
Eine identische tatsächliche Funktion hat der Angeklagte U. S. auch in der Firma
"IMS-M." ausgeübt. Die Angeklagte H. S. ist zwar nach außen hin als Inhaberin und
Geschäftsführerin eingesetzt gewesen, jedoch sind intern die wesentlichen
Entscheidungen von ihrem Ehemann getroffen worden.
Die Firmen "IMS-M." und "C-T-Network B.V." sind mittlerweile insolvent.
Im angeklagten Tatzeitraum zwischen Juni 2005 und Oktober 2005 hat sich die
Geschäftstätigkeit der genannten Firmen folgendermaßen dargestellt: Die Firma
"IMS-M." hat eine Vielzahl von EU-Neufahrzeuge und Neufahrzeuge aus dem
Innland zum Kauf angeboten, unter anderem auch über ihre Homepage im
Internet "www.IMS-M..de". Dabei ist in den Angeboten mit erheblichen Rabatten, für
Endkunden mit 6 bis 22 %, für Autohändler mit 12 bis 25 % und für so genannte
"VIP-Händler" mit 20 bis 36 % unter dem jeweiligen Listenpreis, geworben worden.
Die Firma "IMS-M." ist dabei als Vermittlerin für die Firma "C-T-Network B.V." als
Verkäuferin der Kraftfahrzeuge aufgetreten. Die Firma "IMS-M." ist die einzige
Vermittlerin gewesen.
Die angeboten Kraftfahrzeuge verschiedener Marken und Typen haben die Kunden
bei einer Bestellung über die Firma "IMS-M." nach ihren Wünschen mittels eines so
genannten Konfigurators individuell zusammenstellen können. Die jeweilige
Bestellung ist, nachdem sie bei der Firma "IMS-M." eingegangen ist, anschließend
an die Firma "C-T-Network B.V." weitergeleitet worden. Die Firma "IMS-M." hat für
jede Kundenbestellung eine Sicherheitsleistung in Höhe von 3% des Kaufpreises
durch den Kunden verlangt.
Zur Absicherung der Kaufpreiszahlung hat ein als
"Abwicklungsleitfaden zum Großhändlerpreis + Konditionen"
bezeichnetes Schreiben der Firma "IMS-M." neben der Beibringung einer
Bankgarantie oder Bankbürgschaft für die Kunden auch die Möglichkeit
vorgesehen, den Kaufpreis abzüglich der Sicherheitsleistung in Höhe von 3%,
mithin 97 % des Kaufpreises, auf ein Sonderkonto zu überweisen. Der
Abwicklungsleitfaden hat dazu unter Ziffer 4 den folgenden Wortlaut enthalten:
4. Um den Produktionsvorgang schnellstens auszulösen, sichert der Kunde die 97
% des Kaufpreises wie folgt ab:
a) Bankgarantie mit einer Laufzeit von 15 Wochen - die Referenznummer der
Bankgarantie wird auf dem Kaufvertrag vermerkt. Somit ist für den Besteller und
auch für seine Bank eine klare Bindung der Bankgarantie an die Erfüllung des
Kaufvertrages gegeben.
b) Bankbürgschaft mit einer Laufzeit von 15 Wochen - die Referenznummer der
Bankbürgschaft wird auf dem Kaufvertrag vermerkt. Somit ist für den Besteller und
seine Bank eine klare Bindung der Bankbürgschaft an die Erfüllung des
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seine Bank eine klare Bindung der Bankbürgschaft an die Erfüllung des
Kaufvertrages gegeben.
c) Überweisungen von 97% auf ein Sonderkonto bei unserer Bank. Wir bestätigen,
dass dieser Betrag nur zur Erfüllung Ihres Kaufvertrages dient".
Erst zum Zeitpunkt der Abholung des Kraftfahrzeuges durch den Kunden bei der
Niederlassung der Firma "C-T-Network B.V." in D. hat dann die Auszahlung des
überwiesenen Kaufpreises beziehungsweise die Freigabe der hingegebenen
Bankgarantien oder Bankbürgschaften erfolgen sollen.
Der Abwicklungsleitfaden ist durch die Firma "IMS-M." an die jeweiligen Käufer der
Fahrzeuge zusammen mit einer entsprechenden Auftragsbestätigung übersandt
worden. In der Auftragsbestätigung ist die Bestellung ferner im Namen der
"nachfolgenden Lieferfirma",
nämlich der Firma "C-T-Network B.V.", bestätigt worden. Nach Eingang der
Zahlung auf das Sonderkonto hat der Kunde dann ein Schreiben der Firma "C-T-
Network B.V." mit folgender Bestätigung erhalten:
"(...) wir bestätigen Ihnen den Eingang Ihrer Einzahlung in Höhe von (...) vom (...)
auf unser Sonderkonto."
C-T-Network B.V. garantiert Ihnen, dass der von Ihnen eingezahlte Betrag nur
verwandt wird, um Ihre Bestellung, bzw. die Auslieferung Ihres bestellten
Fahrzeuges sicher zu stellen".
Diese Bestätigungsschreiben hat regelmäßig der Angeklagte O. S. unter der
Bezeichnung "Managing Director" unterschrieben.
Dieser Ablauf einer Bestellung hat dem üblichen Verfahren entsprochen. Der Inhalt
des Abwicklungsleitfadens der Firma "IMS-M." und des Bestätigungsschreibens der
Firma "C-T-Network B.V." ist allen drei Angeklagten auch bekannt gewesen. Zudem
ist die Verfahrensweise von allen Angeklagten untereinander im Vorfeld
abgestimmt worden.
Alle drei Angeklagten sind des weiteren auch an der Abfassung des
Abwicklungsleitfadens bzw. den zugrunde liegenden organisatorischen
Abstimmungen beteiligt gewesen. Die Angeklagten H. und U. S. haben die erste
Formulierung des Abwicklungsleitfadens sowie seine späteren Überarbeitungen
verfasst. Die letzte Fassung ist dann unter Beteiligung eines Rechtsanwaltes
erarbeitet worden. Der Angeklagte O. S. hat insbesondere die Einrichtung des als
"Sonderkonto" bezeichneten Kontos bei der C.bank in F., Kontonummer 212 832
001, veranlasst. Die gewählte Bezeichnung "Sonderkonto" stammt von den
Angeklagten. Die Verwendung dieses Begriffes ist zwischen ihnen vereinbart
worden.
Die Gelder sind entweder auf das Konto der Firma "C-T-Network B.V." bei der
C.bank in F., Kontonummer 212 832 001, BLZ: 215 400 60, oder aber auf das
Konto bei der V.bank S.- F. eG, Kontonummer 143 193 97, BLZ: 216 617 19,
überwiesen worden. Die Sicherheitsleistung in Höhe von 3 % ist auf ein Konto der
Firma "IMS-M.", ebenfalls bei der V.bank S.- F. eG, Kontonummer 435 056 1, BLZ:
216 617 19, eingezahlt worden.
Über das Kontos 435 056 1 der Firma "IMS-M." bei der V.bank S.- F. eG sind alle
drei Angeklagten verfügungsberechtigt gewesen, hinsichtlich der übrigen Konten
nur die beiden Angeklagten H. S. und O. S..
In dem Zeitraum zwischen Juni und Oktober 2005 haben die nachfolgend
aufgeführten Geschädigten jeweils ein Fahrzeug bestellt und dafür die
angegebenen Anzahlungen geleistet. Alle Geschädigten haben einen Betrag in
Höhe von 97 % auf ein entsprechendes Sonderkonto überwiesen. Von der
daneben bestehenden Möglichkeit der Beibringung einer an die Erfüllung des
Kaufvertrages gebundenen Bankbürgschaft oder Bankgarantie haben sie keinen
Gebrauch gemacht. Die Aufzählung gibt dabei die Gesamtsumme des
eingezahlten Kaufpreises, der sich aus der Sicherheitsleistung in Höhe von 3% für
die Firma "IMS-M." und des Restkaufpreises von 97 % zusammensetzt, wieder:
Dabei hat in den Fällen 91) und 92) das Bestelldatum und im Fall 91) der
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Dabei hat in den Fällen 91) und 92) das Bestelldatum und im Fall 91) der
Fahrzeugtyp nicht ermittelt werden können. Insgesamt haben die Geschädigten
Zahlungen in einer Gesamtsumme von 2.156.374,61 € geleistet.
Entgegen der den Kunden gemachten Zusicherung, den überwiesenen Kaufpreis
nur zur Erfüllung der jeweiligen Kaufverträge auszuzahlen, sind die eingezahlten
Geldbeträge durch die Angeklagten jedoch in erheblichem Umfang zu anderen
Zwecken verwendet worden. Unter anderem hat es die folgenden Entnahmen zu
privaten Zwecken der Angeklagten gegeben:
Am 19.07.2005 ist von der Firma "C-T-Network B.V." eine Überweisung in Höhe von
320.000,00 € von deren Konto 212 832 001 bei der C-bank F. auf das Konto 435
056 1 der Firma IMS-M. bei der V.bank S.- F. eG vorgenommen worden. Dieser
Geldbetrag ist am 20.07.2005 auf ein privates Konto des Angeklagten O. S. zur
Anschaffung eines Grundstücks in H. N. weiter transferiert worden.
Im Juli 2004 hat die Angeklagte H. S. eine Überweisung in Höhe von 56.600,00 €
auf ein Notaranderkonto als Anzahlung für ein durch die Angeklagten S.
beabsichtigten Hauskauf in G. von dem Konto 435 056 1 der Firma "IMS-M." bei
der V.bank S.- F. eG vorgenommen.
In der Zeit von Februar bis Juni 2005 sind durch die Angeklagte H. S. zumindest 10
Raten für die Abzahlung eines im November 2004 durch die Angeklagten S.
gekauften Katamarans von dem C-bank Konto der Firma "C-T-Network B.V." in
einer Gesamtsumme von 478.700,00 € gezahlt worden.
Darüber hinaus hat es weitere erhebliche Privatentnahmen sowie Entnahmen zur
Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes gegeben, darunter Zahlungen in Höhe
von insgesamt 80.000,00 € auf Privatkonten der Angeklagten H. S., Einzahlungen
auf das Visa-Card-Konto der Angeklagten H. S. sowie Zahlungen auf das
Privatkonto des Angeklagten O. S. in Höhe von 43.700,00 € vom Konto 435 056 1
der Firma "IMS-M." bei der V.bank S.- F. eG. Daneben erfolgten Abbuchungen in
Höhe von 125.000,00 € durch die Angeklagten H. S. am 22.09.2005, in Höhe von
100.000,00 € durch den Angeklagten O. S. am 14.10.2005 sowie weitere
Überweisungen auf Firmenkonten in den Niederlanden am 15.09.2005 in Höhe von
250.000,00 €, am 16.09.2005 in Höhe von 100.000,00 €, am 27.09.2005 in Höhe
von 250.000,00 € und am 12.10.2005 in Höhe von 70.000,00 € von dem Konto 143
193 97 der Firma "C-T-Network B.V." bei der V.bank S.- F. eG. Weitere
Feststellungen zur genauen Höhe der Gesamtsumme der entnommenen Gelder
haben nicht getroffen werden können.
Sämtliche zwischen der Firma "C-T-Network B.V." und den insgesamt 107
Geschädigten geschlossenen Kaufverträge sind nicht erfüllt worden. Es ist weder
zu einer Auslieferung der bestellten Kraftfahrzeuge gekommen, noch ist die
Kaufpreissumme an die Geschädigten zurückgezahlt worden. Die Kaufverträge
haben die Angeklagten nicht erfüllen können, da die Versuche, geeignete
Rahmenverträge mit Fahrzeuggroßhändlern über die Lieferung von
Kraftfahrzeugen zu derart günstigen Konditionen zu schließen, gescheitert sind.
Von den getätigten Entnahmen haben alle drei Angeklagten jeweils Kenntnis
gehabt auch wenn hinsichtlich des Kontos der Firma "C-T-Network B.V." bei der C-
bank nur die Angeklagten H. S. und O. S. verfügungsberechtigt gewesen sind. Der
Angeklagte U. S. ist von den aufgeführten Abbuchungen von dem Konto der C-
bank jeweils im einzelnen unterrichtet gewesen und hat diese gebilligt. Soweit es
die Abbuchung des Betrages in Höhe von 320.000,00 € zugunsten des
Angeklagten O. S. betrifft, hat er diesen in seinem Entschluss, das Grundstück zu
erwerben, ausdrücklich bestärkt.
Auch die übrigen getätigten Entnahmen zu privaten Zwecken oder zur Fortführung
des Geschäftsbetriebes sind jeweils in Kenntnis und mit Billigung aller drei
Angeklagten erfolgt.
Es haben hingegen keine Feststellungen dahingehend getroffen werden können,
dass die Angeklagten bereits zu Beginn des angeklagten Tatzeitraumes im Juni
2005 bereits eingegangene oder noch abzuschließende Kaufverträge nicht haben
erfüllen wollen.
Während die Angeklagte H. S. als Inhaberin und Geschäftsführerin der Firma "IMS-
M." und der Angeklagte O. S. als "Managing Direktor" der Firma "C-T-Network B.V."
gegenüber den Kunden aufgetreten sind, ist der Angeklagte U. S. neben seiner
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gegenüber den Kunden aufgetreten sind, ist der Angeklagte U. S. neben seiner
bereits erwähnten Rolle als "Präsident" beider Firmen der eigentliche Ideegeber
des durch alle drei Angeklagten verwirklichten Geschäftskonzeptes gewesen. Er
hat dieses Konzept der Firmentätigkeit maßgeblich entwickelt, nämlich die
Gründung einer weiteren, in Holland ansässigen Firma "C-T-Network B.V." und die
Abwicklung der einzelnen Bestellungen unter Einschaltung der Firma "IMS-M." als
Vermittlerin. Ferner ist der gesteigerte Abschluss von Kaufverträgen mit Kunden
gerade in dem angeklagten Tatzeitraum in den Monaten von Juni bis Oktober 2005
wesentlich auf seine Initiative zurückzuführen. Dieses Vorgehen der Steigerung
des Auftragsvolumens hat die Voraussetzungen für eine verbesserte
Verhandlungsposition bei der Vereinbarung eines noch abzuschließenden
Rahmenvertrages mit einem Fahrzeuggroßlieferanten schaffen sollen. Dafür sei es
notwendig gewesen, in größerem Umfang auf eingezahlte Kundengelder zugreifen
zu können.
Letztendlich sind die Geschäftsideen des Angeklagten U. S., wenn auch mit
möglichen Abweichungen im Detail, durch die beiden Mitangeklagten auch
umgesetzt worden. Der Angeklagte U. S. hat seine Vorstellung von der konkreten
Ausgestaltung und dem Ablauf eines Verkaufs von der Bestellung bis zur
Auslieferung eines Fahrzeugs unter Mitwirkung der anderen Angeklagten
verwirklichen können. Aufgrund seiner beherrschenden tatsächlichen Stellung
haben sich die Mitangeklagten seinem Willen gebeugt und sich ihm untergeordnet.
Im Ergebnis sind alle wesentlichen Entscheidungen nach seinen Vorgaben
umgesetzt worden.
Die Einsetzung der Angeklagten H. S. und O. S. als vertretungsberechtigte Organe
der Firmen "IMS-M." und "Car-Trading-Nework B.V." hat darüber hinaus im
wesentlichen nur formalen Charakter aufgewiesen. Der eigentliche
Entscheidungsträger beider Firmen ist für alle grundsätzlichen und wichtigen
Fragen tatsächlich der Angeklagte U. S. gewesen.
Die Angeklagten H. und U. S. haben, vor allem vor Gründung der Firma "C-T-
Network B.V.", auch erfolgreich EU-Neufahrzeuge und Neufahrzeuge aus der
Bundesrepublik, zu Beginn ihrer Tätigkeit über Händler in den Niederlanden, in
einer größere Anzahl erfolgreich an Kunden vermittelt. Zwischen April und
September 2005 ist es zu einer Auslieferung von insgesamt 161 Kraftfahrzeugen
an Kunden gekommen.
Zudem ist innerhalb des angeklagten Zeitraums auch ein nicht unerheblicher
Gesamtbetrag an eingegangenen Kundengeldern im Wege von
Vertragsstornierungen an andere Käufer zurückgezahlt worden, so im Juli 2005 in
Höhe von 87.000,00 €, im August 2005 in Höhe von 656.000,00 € und im
September 2005 in Höhe von 106.000,00 € vom Konto 212 832 001 der Firma "C-
T-Network B.V." bei der C-bank.
Der Angeklagte O. S. hat nach der Einleitung des Strafverfahrens gegen die drei
Angeklagten am 07.02.2006 gegenüber der Staatsanwaltschaft Kiel umfassend
zur Sache ausgesagt. Er hat weiterhin am 23.01.2006 eine Verzichtserklärung
über Forderungen, die sich aus der Einzahlung eines Betrages in Höhe von
579.000,00 € aus den Geschäftskonten der Firmen "IMS-M." und "C-T-Network
B.V." auf Konten in Liechtenstein ergeben haben, verzichtet. Dadurch hat die
Sicherung und Rückführung dieser Gelder bewirkt werden können.
III.
Die getroffenen Feststellungen beruhen hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse
der Angeklagten (Ziffer I.) auf den glaubhaften Angaben der Angeklagten und den
verlesenen Auszügen aus dem Bundeszentralregister vom 04.05.2006 und
hinsichtlich des Tatgeschehens (Ziffer II.) auf den umfassenden und glaubhaften
Geständnissen aller Angeklagten, an deren Richtigkeit keine Bedenken bestehen.
IV.
1. Die Angeklagten H. S. und O. S. haben sich damit der gemeinschaftlichen
Untreue schuldig gemacht, §§ 266 Abs. 1 2. Alt., 25 Abs. 2 StGB.
Eine erforderliche Treuepflicht beziehungsweise Vermögensbetreuungspflicht hat
gegenüber sämtlichen Geschädigten bestanden. Im Rahmen des
Treuebruchstatbestandes nach § 266 Abs. 1 2. Alt. StGB kommen grundsätzlich
nur inhaltlich besonders qualifizierte Pflichten in Betracht
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nur inhaltlich besonders qualifizierte Pflichten in Betracht
(Schönke/Schröder/Lenckner/Perron, 27. Aufl., 2006, § 266 Rdnr. 23). Gegenseitige
Verträge können dabei nur dann die Grundlage für eine
Vermögensbetreuungspflicht sein, wenn die Treuepflicht wesentliche und nicht nur
beiläufige Vertragspflicht ist (Tröndle/Fischer, 53. Aufl., 2006, § 266 Rdnr. 29).
Dabei finden sich Treuepflichten in aller Regel nur in fremdnützig typisierten
Schuldverhältnissen, wenn sie also den Charakter einer Geschäftsbesorgung im
Sinne des § 675 BGB zum Gegenstand haben (Schönke/
Schröder/Lenckner/Perron, a.a.O., § 266 Rdnr. 23 a). Dennoch kann sich bei einer
atypischen Gestaltung der vertraglichen Beziehung eine Treuepflicht auch aus
einem an sich nicht fremdnützigen Rechtsverhältnis ergeben und zwar dann, wenn
die Stellung des Verkäufers der eines Einkaufskommissionärs (§§ 383 ff. HGB)
angenähert ist (Schönke/Schröder/Lenckner Perron, a.a.O., § 266 Rdnr. 27).
Eine solche - wenn auch atypische Gestaltung - ist vorliegend gegeben. Denn
neben den üblichen Verkäuferpflichten im Zusammenhang mit dem Verkauf des
jeweils bestellten Kraftfahrzeuges hat sowohl nach dem Abwicklungsleitfaden der
Firma "IMS-M." als auch nach dem Bestätigungsschreiben der Firma "Car-Trading-
Network B.V." gerade die Verwahrung des Kaufpreises in Höhe von jeweils 97 % auf
einem "Sonderkonto" und die Verwendung dieses Geldes gerade zur Anschaffung
des durch den einzelnen Kunden bestellten Kraftfahrzeuges im Vordergrund
gestanden. Neben die sich aus § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB ergebenden Pflichten der
Firma "C-T-Network B.V." im Zusammenhang mit der Abwicklung des einzelnen
Kaufvertrages ist damit die vertraglich garantierte Verpflichtung getreten, die
eingezahlten Kundengelder so wie durch den Abwicklungsleitfaden und das
Bestätigungsschreiben zugesichert und nicht zu anderen Zwecken zu verwenden.
Durch die Abgabe dieser Garantieerklärung ist der Sicherung der
Vermögensinteressen der Kunden eine besondere und herausgehobene
Bedeutung innerhalb der vertraglichen Verpflichtungen eingeräumt worden. Diese
Verpflichtung kann nicht mehr als bloße untergeordnete und beiläufige
Nebenpflicht zum jeweils geschlossenen Kaufvertrag verstanden werden, sondern
muss als eine selbständige, neben die Eigentumsverschaffungspflicht tretende
vertragliche Verpflichtung verstanden werden. Dies gilt um so mehr, als gerade die
abgegebene Garantie für den Großteil der 107 abgeschlossenen Kaufverträge
überhaupt erst Auslöser dafür gewesen sein dürfte, dass die Kunden ohne
Bestellung von anderen Sicherheiten eine Vorauszahlung geleistet haben. Insofern
entspricht die eingegangene Verpflichtung im Ergebnis der Pflicht eines
Kommissionärs (§§ 383 ff. HGB), eingezogenes Geld getrennt von seinem
sonstigen Geschäftsvermögen aufzubewahren (vgl. Fischer/ Tröndle, a.a.O., § 266
Rdnr. 36 m.w.N.).
Die Geschädigten haben die Garantieerklärung auch in dieser Richtung verstehen
müssen. Denn nach den Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen
Käufers hat durch die Einzahlung des Kaufpreises auf ein Sonderkonto gerade den
nachvollziehbaren Sorgen der Kunden vorgebeugt werden sollen, hinsichtlich des
Kaufpreises in Vorkasse treten zu müssen, ohne eine hinreichende Sicherheit zu
erhalten. Es ist weiter auf Seiten der Geschädigten der Eindruck erweckt worden,
das Geld werde erst dann ausgezahlt werden, wenn das bestellte Fahrzeug an den
Kunden ausgeliefert worden ist.
Diese durch Rechtsgeschäft begründete Vermögensbetreuungspflicht hat
aufgrund der entsprechenden Passage in dem Abwicklungsleitfaden sowohl für die
Firma "IMS-M.", als auch aufgrund der Formulierung in dem Bestätigungsschreiben
für die Firma "Car-Trading- Network B.V." bestanden.
Diese Vermögensbetreuungspflicht müssen sich die Angeklagte H. S. als Inhaberin
und Geschäftsführerin der Firma "IMS-M." und der Angeklagte O. S. als "Managing
Director" der Firma "Car-Trading- Network B.V." und damit als
vertretungsberechtigte Organe der handelnden juristischen Personen als
besonderes strafbegründendes persönliches Merkmal (§ 28 Abs. 1 StGB) nach §
14 Abs. 1 Nr. 1 StGB zurechnen lassen. Der "Director" nimmt als
vertretungsberechtigten Organ einer Limited-Gesellschaft nach englischem Recht
die laufende Geschäftsführung wahr (siehe Römermann, NJW 2006, S. 2065, 2067)
und ist damit hinsichtlich seiner Vertretungsbefugnis mit dem Geschäftsführer
einer GmbH zu vergleichen.
Die Angeklagten H. S. und O. S. haben diese bestehende Treuepflicht auch
verletzt. Es genügt insofern eine vermögensrelevante Handlung, durch die sich der
Täter in Widerspruch zum Inhalt der Vermögensbetreuungspflicht setzt
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Täter in Widerspruch zum Inhalt der Vermögensbetreuungspflicht setzt
(Tröndle/Fischer, a.a.O., § 266 Rdnr. 38). Die Verletzungshandlung liegt in der
festgestellten zweckwidrigen Verwendung des Geldes und der unterlassenen
Absonderung von dem sonstigen Geschäftsvermögen.
Dabei müssen sich die beiden Angeklagten die jeweils durch den anderen
begangenen Verletzungshandlungen nach § 25 Abs. 2 StGB zurechnen lassen.
Denn die Angeklagten haben gemeinschaftlich gehandelt, da die einzelnen
Abbuchungen jeweils in Kenntnis und mit Billigung des anderen und aufgrund eines
einheitlichen Tatentschlusses, nämlich die eingezahlten Gelder nicht gemäß der
abgegeben Garantie zu verwenden, erfolgt sind.
Es ist durch die dem Zweck der Garantie zuwiderlaufenden Verwendung der
eingezahlten Gelder auch ein Vermögensnachteil bei den Kunden eingetreten.
Denn diese haben weder das bestellte Kraftfahrzeug erhalten, noch ist der
angezahlte Kaufpreis durch die Angeklagten zurückerstattet worden. Der
Gesamtschaden beläuft sich dabei auf die Summe der durch die 107
Geschädigten insgesamt eingezahlten 2.156.374,61 €.
Die Angeklagten H. S. und O. S. haben weiter vorsätzlich gehandelt. Die
Umstände, die die Vermögensbetreuungspflicht zugunsten der Geschädigten
begründet haben, sind ihnen bekannt gewesen. Sie haben Kenntnis von der
Funktion der Sonderkonten der Firma "C-T-Network B.V." gehabt und haben auch
von der Bedeutung der Zusage in der Abwicklungsrichtlinie, das Geld werde nur zur
Erfüllung der einzelnen Kaufverträge verwendet, gewusst. Die Angeklagten haben
ferner auch die Umstände gekannt, die ihre Mittäterschaft nach § 25 Abs. 2 StGB
begründen.
Beide Angeklagten haben auch rechtswidrig und schuldhaft gehandelt.
Der Treuebruch erfüllt den besonders schweren Fall der gewerbsmäßigen Untreue
(§ 266 Abs. 2 iVm § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB). Denn aufgrund der
wiederholten Abbuchungen und der im angeklagten Zeitraum üblichen Praxis, auf
die eingezahlten Kundengelder auch zu privaten Zwecken zuzugreifen, muss
davon ausgegangen werden, dass die Angeklagten sich eine nicht nur
vorübergehende Einnahmequelle von nicht unerheblichem Umfang haben
verschaffen wollen (vgl. Tröndle/ Fischer, a.a.O., § 266 Rdnr. 83, § 263 Rdnr. 120).
Es handelt sich bei der begangenen Untreue, trotz der einzelnen selbständigen
Handlungen bei der Entnahme und zweckwidrigen Verwendung der eingezahlten
Gelder, um eine einheitliche Tat des Treuebruchs. Die verschiedenen
Einzelhandlungen in Form der zweckwidrigen Verfügungen über die Gelder auf den
Sonderkonten können zu einer rechtlichen Bewertungseinheit zusammengefasst
werden. Denn die aufgrund eines einheitlichen Motivationszusammenhanges -
Steigerung des Auftragsvolumens zur Stärkung der eigenen Verhandlungsposition
- jeweils gleichartig erfolgten Zugriffe auf die überwiesenen Gelder, getragen von
einem
übereinstimmend im Voraus gebildeten Vorsatz sind insgesamt zur Verfolgung
eines einheitlichen Deliktserfolges vorgenommen worden (vgl. Schönke/
Schröder/Stree/Sternberg-Lieben, a.a.O. Vorbemerkung zu §§ 52 ff. Rdnr. 17). Vor
diesem Hintergrund lässt sich die Zusammenfassung der einzelnen
vorgenommenen Verfügungen über die Gelder zu einem einheitlicher
Handlungskomplex rechtfertigen.
2. Der Angeklagte U. S. hat sich der Anstiftung zur gemeinschaftlichen Untreue in
einem besonders schweren Fall schuldig gemacht §§ 266 Abs. 1 2. Alt., Abs. 2, 263
Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 25 Abs. 2, 26 StGB.
Eine Strafbarkeit wegen einer täterschaftlich begangenen Untreue scheidet aus.
Es fehlt insofern an dem besonderen persönlichen strafbegründenden Merkmal
der Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten U. S. gegenüber den
Geschädigten. Denn der Angeklagte hat nicht die formale Position eines
vertretungsberechtigten Organs, weder in der Firma "IMS-M." noch in der Firma
"Car-Trading- Network B.V.", inne gehabt. Ihn traf auch als so genannter faktischer
Geschäftsführer der Firmen keine eigene Vermögensbetreuungspflicht gegenüber
den Geschädigten.
Zwar kann die rein tatsächliche Möglichkeit, auf das Vermögen eines Dritten
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Zwar kann die rein tatsächliche Möglichkeit, auf das Vermögen eines Dritten
einzuwirken, für die Begründung des Treuebruchtatbestandes ausreichend sein.
Denn der Treuebruch lässt auch ein sonstiges Treueverhältnis genügen
("tatsächliches Treueverhältnis", siehe Tröndle/Fischer, a.a.O., § 266 Rdnr. 31). Der
Treuebruchtatbestand knüpft auch nicht zwingend an die formale Position als
juristisches Organ an, sondern an die faktische Verfügungsmacht über ein
bestimmtes Vermögen, wenn damit ein schützenswertes Vertrauen in eine
pflichtgemäße Wahrnehmung der Vermögensinteressen verbunden ist. Deshalb
kann auch derjenige, der nicht förmlich zum Geschäftsführer bestellt worden ist,
aber mit Zustimmung der Gesellschafter die Geschäftsführung tatsächlich
übernommen hat - so genannter faktischer Geschäftsführer bei der GmbH - Täter
des Treuebruchs sein (BGH, Urteil vom 10.07.1996, NStZ 1996, S. 540 ff.; BGH,
Beschluss vom 20.09.1999, NStZ 2000, S. 34 ff.). Jedoch wirkt die Treuepflicht in
dem Fall des lediglich faktisch agierenden Geschäftsführers nur gegenüber der
GmbH als juristischer Person selbst und nicht gegenüber möglichen
Geschäftskunden. Im Übrigen gilt auch, dass im Falle des tatsächlichen
Treueverhältnisses der Täter trotz des Fehlens einer rechtlich wirksamen
Vermögensbetreuungspflicht seine Tätigkeit nach dem wirklichen oder
mutmaßlichen Willen des Vermögensinhabers aufnehmen beziehungsweise
fortführen muss (Schönke/ Schröder/Lenckner/Perron, a.a.O., § 266 Rdnr. 30).
Diese Voraussetzungen sind bei dem Angeklagten U. S., der stets im Hintergrund
agierte und für die Kunden nicht erkennbar aufgetreten ist, nicht gegeben. Insofern
hat nur eine rein faktische Möglichkeit vorgelegen, auf das Vermögen der Kunden
unter Einschaltung der Mitangeklagten zuzugreifen. Diese im Verhältnis zu den
Geschädigten nur zufällige Möglichkeit des Zugriffs reicht für die Begründung einer
eigenen Treuepflicht nicht aus. Demnach kommt eine Strafbarkeit wegen einer
Untreue in Täterschaft nicht in Betracht. Das besondere strafbegründende
persönliche Merkmal der Vermögensbetreuungspflicht liegt bei dem Angeklagten
nicht vor. Auch eine Zurechnung nach § 25 Abs. 2 StGB kann nicht erfolgen, da
über diese Bestimmung nur die Zurechnung von Tathandlungen möglich ist.
Allerdings ist der Angeklagte U. S. als Anstifter des durch die beiden
Mitangeklagten gemeinschaftlich begangenen Treuebruchs zu bestrafen. Er hat
bei den Mitangeklagten den Tatentschluss zur Untreue hervorgerufen und sie
damit zur Tat im Sinne des § 26 StGB bestimmt (vgl. Tröndle/Fischer, a.a.O., § 26
Rdnr. 3).
Die Einwirkungshandlung des Angeklagten ist dabei in folgendem zu sehen:
Aufgrund seiner herausgehobenen tatsächlichen Stellung als "Präsident" der
beiden Firmen und Ideengeber hat er gleichsam im Hintergrund alle wichtigen
Entscheidungen getroffen und sie durch die von ihm eingesetzten Mitangeklagten
als jeweils Verantwortliche in den Firmen umsetzen lassen. Er hat damit einen
entscheidenden und vor allem einen beherrschenden Einfluss auf die
Mitangeklagten ausgeübt und das Geschehen nach seinem Willen und seinen
Vorstellungen gelenkt und gesteuert. Der Anstieg der Bestellungen gerade in dem
Zeitraum zwischen Juni und Oktober 2005 ist als die Umsetzung seines
Geschäftskonzeptes zu werten. In diesem Zusammenhang hat er den Plan
gefasst, durch ein gesteigertes Auftragsvolumen in großem Umfang auf
eingezahlte Kundengelder zurückgreifen zu können, um dadurch seine eigene
Position bei der Aushandlung von günstigen Konditionen beim Abschluss von
Rahmenlieferungsverträgen zu verbessern. Die zweckwidrige Verwendung der
eingezahlten Gelder ist dabei von ihm einkalkuliert gewesen. Die beiden
Mitangeklagten haben sich den Vorgaben des Angeklagten U. S. auch
untergeordnet und seine Pläne umgesetzt.
Die vorsätzlich und rechtswidrige Haupttat im Sinne des § 26 StGB ist der durch
die Mitangeklagten H. S. und O. S. verwirklichte gemeinschaftliche Treuebruch.
Der Angeklagte U. S. hat auch vorsätzlich gehandelt. Er hat um seine
beherrschende Stellung innerhalb der Firmen als auch um die Möglichkeit, auf die
beiden Mitangeklagten einwirken zu können, gewusst. Die Einwirkungshandlungen
sind durch ihn wissentlich begangen worden. Der Angeklagte hatte ferner Kenntnis
von der zweckwidrigen Verwendung der eingezahlten Kundengelder und damit
auch von dem eingetretenen Vermögensschaden. Der Umstand, dass keine
Kraftfahrzeuge ausgeliefert worden sind, ist ihm bekannt gewesen. Schließlich hat
er auch die Umstände gekannt, die die Annahme eines Treuebruchs in einem
besonders schweren Fall bei den Mitangeklagten begründen.
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Der Angeklagte hat die Anstiftung auch rechtswidrig und schuldhaft begangen.
Hingegen kommt für alle Angeklagten eine Strafbarkeit wegen Betruges nicht in
Betracht, da aufgrund der getroffenen Feststellungen nicht mit der notwendigen
Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass die Angeklagten jeweils bei
Abschluss eines Kauf- beziehungsweise Vermittlungsvertrages über ihre
Leistungsfähigkeit haben täuschen wollen.
V.
Die Angeklagten H. S. und O. S. sind dem gemäß wegen einer gemeinschaftlich
begangenen Untreue in einem besonders schweren Fall, der Angeklagte U. S.
wegen einer Anstiftung zu dieser Tat zu bestrafen
Für die Angeklagten H. S. und O. S. gilt bei der Bestimmung des Strafmaßes
zunächst folgendes: Der Tatbestand des § 266 Abs. 1 2. Alt., Abs. 2 iVm § 263
Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB eröffnet für einen Treuebruch in einem besonders
schweren Fall einen Strafrahmen von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe
(§§ 266 Abs. 2, 263 Abs. 3 Satz 1 StGB).
Hinsichtlich des Angeklagten U. S., bei dem als Anstifter zum gemeinschaftlich
begangenen Treubruch das besondere strafbegründende persönliche Merkmal der
Vermögensbetreuungspflicht gefehlt hat, ist bei der Ermittlung des Strafmaßes
zunächst der Strafrahmen gemäß §§ 28 Abs. 1, 49 Abs. 1 StGB herabzusetzen.
Dieser ermäßigte Strafrahmen sieht Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu 7
Jahren und 6 Monaten vor (§ 49 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3, Alt. 3 StGB).
Strafmildernd ist für die Angeklagten in der Strafzumessung folgendes zu werten:
Zugunsten aller drei Angeklagten sind zunächst ihre umfassenden und frühzeitig
erfolgten Geständnisse strafmildernd zu berücksichtigen. Die Angeklagten haben
sich seit Beginn der Hauptverhandlung kooperativ gezeigt, haben alle an sie
gerichteten Fragen beantwortet und die ihnen zur Last gelegte Tat vollumfänglich
eingeräumt. Dabei muss auch Berücksichtigung finden, dass durch die
Geständnisse ein sehr langer - möglicherweise über die Dauer von einem Jahr
hinaus - und kostenintensiver Prozess verhindert worden ist. Des weiteren haben
alle Angeklagten in ihrem letzten Wort die Tat glaubhaft bereut und Verfehlungen
und Versäumnisse ausdrücklich eingeräumt.
Für alle Angeklagten muss weiter strafmildernd in die Abwägung einfließen, dass
das Geschäftskonzept nicht von vornherein darauf angelegt gewesen ist,
potentielle Kaufinteressenten durch eine zweckwidrige Verwendung der
eingezahlten Gelder zu schädigen. Es hat zudem eine beanstandungsfreie Zeit der
Geschäftstätigkeit gebeben, innerhalb derer es zur ordnungsgemäßen
Auslieferung von Fahrzeugen gekommen ist. Zum anderen sind auch innerhalb
des angeklagten Tatzeitraums Kraftfahrzeuge ausgeliefert, Kaufverträge storniert
und Gelder in nicht unbeträchtlichem Umfang an andere Kunden zurückerstattet
worden.
Zudem kommt allen Angeklagten zugute, dass den Geschädigten eine gewisse
Leichtfertigkeit zur Last gelegt werden muss, die es den Angeklagten ermöglicht
hat, sich ohne die Bestellung von wirksamen Sicherheiten die Verfügungsmacht
über die eingezahlten Gelder zu verschaffen. Denn die Vorausentrichtung des
gesamten Kaufpreises ohne hinreichende Absicherung stellt ein zumindest
unübliches Käuferverhalten dar. Die bestehenden Risiken sind entweder nicht
hinreichend erkannt oder aber in Kauf genommen worden. Insofern dürften die
Gedanken der geschädigten Kunden an einen möglichen Verlust der eingezahlten
Gelder im Hinblick auf die in Aussicht gestellten überdurchschnittlich hohen
Rabatte zerstreut worden sein.
Schließlich muss bei allen Angeklagten mildernd in die Strafzumessung einfließen,
dass sie bislang nicht vorbestraft sind und sich erstmals strafrechtlich zu
verantworten haben.
Für den Angeklagten O. S. ist darüber hinaus positiv zu werten, dass er sich bereits
frühzeitig im Rahmen des Ermittlungsverfahrens kooperativ gezeigt hat und zwar
durch eine vollumfängliche Aussage zur Sache und daneben durch seine
Mitwirkung an der Rückführung und Sicherung von Geldern aus Liechtenstein. Er
hat sich dadurch um eine zumindest teilweise Schadenswiedergutmachung
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hat sich dadurch um eine zumindest teilweise Schadenswiedergutmachung
bemüht.
Zugunsten der Eheleute S. muss schließlich berücksichtigt werden, dass sie
aufgrund ihres hohen Lebensalters einer besonderen Haftempfindlichkeit
ausgesetzt sind.
Strafschärfend spricht zu Lasten der Angeklagten:
Zunächst muss der sehr hohe eingetretene Vermögensschaden von über zwei
Millionen Euro sowie die hohe Anzahl von geschädigten Kunden zu Lasten der
Angeklagten Berücksichtigung finden. Zudem spricht gegen die Angeklagten auch
der lange Zeitraum von fünf Monaten innerhalb dessen sie die eingezahlten Gelder
zweckwidrig verwendet haben.
Ferner kann den Angeklagten vorgeworfen werden, dass sie in der Verfolgung ihrer
Geschäftsidee eine besondere Beharrlichkeit gezeigt haben. Sie haben sich
zumindest in der zweiten Hälfte des angeklagten Zeitraumes der Erkenntnis
verschlossen, dass ihr Geschäftskonzept gescheitert ist und keine Kraftfahrzeuge
an die Geschädigten ausgeliefert werden können. Dennoch haben sie es nicht
unterlassen, weiterhin im Internet Werbung zu betreiben, Kaufverträge über
Neuwagen abzuschließen und die Anzahlung des Kaufpreises auf ein Sonderkonto
von den Geschädigten zu fordern.
Strafschärfend ist weiterhin der Umstand zu bewerten, dass die Angeklagten durch
die Verwendung der eingezahlten Gelder auch zu privaten Zwecken sich in
besonderer Weise von der vertraglich begründeten Garantie, die Gelder nicht
zweckfremd einzusetzen, entfernt haben. Darin ist ein erhöhtes Maß an
Pflichtwidrigkeit zu sehen (§ 46 Abs. 2 Satz 2 StGB). Dieses wirkt gerade im
Bereich der Untreue bei einem eklatanten Verstoß gegen die vertraglichen
Vorgaben der Vermögensbetreuungspflicht strafschärfend
(Schönke/Schröder/Stree, a.a.O., § 46 Rdnr. 17).
Des weiteren wiegt der Schuld- und Unrechtsgehalt der dem Angeklagten U. S. zur
Last gelegten Anstiftungstat ungleich schwerer als die durch die beiden
Mitangeklagten begangene Untreue, obwohl der Angeklagte an den einzelnen
zweckwidrigen Zugriffen auf die Sonderkonten nicht beteiligt gewesen ist. Denn
dem Angeklagten U. S. ist aufgrund seiner beherrschenden Stellung innerhalb der
beiden Firmen und des im wesentlichen von ihm herrührenden
Geschäftskonzeptes der Hauptvorwurf für das verwirklichte Unrecht und den auf
Seiten der Kunden angerichteten Schaden zu machen. Dabei kann auch nicht
unberücksichtigt bleiben, dass der Angeklagte seine Einflussmöglichkeiten auf die
Mitangeklagten zur Verwirklichung seiner Ziele ausgenutzt hat.
Daher ist es trotz des für den Angeklagten U. S. nach §§ 28 Abs. 1, 49 Abs. 1 StGB
gemilderten Strafrahmens von einem Monat bis zu 7 Jahren und 6 Monaten
gerechtfertigt, gegen ihn eine deutlich höhere Freiheitsstrafe als gegen die beiden
Mitangeklagten zu verhängen.
Die Freiheitsstrafe für den Angeklagten O. S. muss angesichts seines
strafmildernd wirkenden Nachtatverhaltens ihrerseits geringer ausfallen, als die
gegen die Angeklagte H. S. zu verhängende Freiheitsstrafe.
Unter Berücksichtigung aller dieser für und gegen die Angeklagten sprechenden
Umstände sowie der persönlichen Verhältnisse der Angeklagten und des
Schuldgehalts der Straftaten sind aufgrund einer Gesamtabwägung die folgenden
Freiheitsstrafen tat- und schuldangemessen:
Für die Angeklagte H. S. eine Freiheitsstrafe von
3 Jahren und 6 Monaten,
für den Angeklagten O. S. eine Freiheitsstrafe von
2 Jahren und 9 Monaten,
sowie für den Angeklagten U. S. eine Freiheitsstrafe von
5 Jahren.
In dieser Gesamtabwägung ist noch einmal besonders das im Hauptverfahren
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In dieser Gesamtabwägung ist noch einmal besonders das im Hauptverfahren
frühzeitig abgelegte und umfassende Geständnis aller Angeklagten zu ihren
Gunsten gewürdigt worden.
VI.
Die getroffene Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 Satz 1 StPO.