Urteil des LG Essen vom 24.06.2008

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Landgericht Essen, 3 O 251/08
Datum:
24.06.2008
Gericht:
Landgericht Essen
Spruchkörper:
3. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 O 251/08
Normen:
§§ 894, 899 BGB
Sachgebiet:
Bürgerliches Recht Zivilrecht
Leitsätze:
Widerspruchseintragung ins Grundbuch durch eine einstweilige
Verfügung; ausgeschiedener Gesellschafter
Tenor:
1. Zu Gunsten der H- AG (Anschrift: .....) und der B- AG (Anschrift: ....) als
Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts „B- GbR“ wird ein
Widerspruch gegen die für den Antragsgegner als Gesellschafter der
Gesellschaft bürgerlichen Rechts „I- GbR“ für das Grundstück, FlSt-Nr.
..., ...., Gebäude und Freifläche, im Grundbuch von ... beim Amtsgericht
..., Blatt ... in Abteilung I unter der laufenden Nummer 2 eingetragene
Eigentümerstellung eingetragen.
2. Zu Gunsten der H- AG (Anschrift: ...) und der B- AG (Anschrift: ...) als
Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts „B- GbR“ wird ein
Widerspruch gegen die für den Antragsgegner als Gesellschafter der
Gesellschaft bürgerlichen Rechts „I- GbR“ für das Grundstück, FlSt-Nr.
..., ...., Gebäude und Freifläche, Gewerbe im Grundbuch von ... beim
Amtsgericht ...., Blatt ..... in Abteilung I unter der laufenden Nummer 2
eingetragene Eigentümerstellung eingetragen.
3. Das Grundbuchamt wird gemäß § 941 ZPO um die Eintragung des
Widerspruchs gemäß Ziffer I und gemäß Ziffer II ersucht.
4. Der Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
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Die Verfügungsklägerin begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung die Eintragung
von Widersprüchen gegen die Richtigkeit des Grundbuchs.
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Die Verfügungsklägerin ist – das ist zwischen den Parteien unstreitig -
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Rechtsnachfolgerin der I- GbR. Letztere ist im Grundbuch von ... als Eigentümerin der
Grundstücke ... und ..., deren nähere grundbuchmäßige Bezeichnung sich aus den
Anträgen ergibt, eingetragen. Aktuelle Gesellschafter der Klägerin sind die H- AG sowie
eine Firma B-AG. Der Verfügungsbeklagte war Gesellschafter der I- GbR und ist als
solcher (noch) im Grundbuch eingetragen. Am 23.02.2007 ist er aus der Gesellschaft der
Antragstellerin aufgrund Kündigung ausgeschieden, ohne dass dieser
Gesellschafterwechsel im Grundbuch nachvollzogen worden wäre. Gleiches gilt für
einen früheren weiteren Gesellschafter, Herrn L. T. Die Verfügungsklägerin forderte den
Verfügungsbeklagten unter dem 14.11.2007 zur Bewilligung der Grundbuchberichtigung
auf. Dieses verweigerte er unter dem 21.11.07. Unter dem 21.04.2008 forderte die
Verfügungsklägerin den Verfügungsbeklagten zur Bewilligung der Eintragung eines
Widerspruchs gegen die Richtigkeit des Grundbuchs auf, was dieser unter dem
07.05.2008 ablehnte.
Die Verfügungsklägerin bestreitet, dass dem Verfügungsbeklagten nach seinem
Ausscheiden aus der Gesellschaft bürgerlichen Rechts Gegenrechte zustehen, die ihn
zur Ausübung eines Rückbehaltungsrechts berechtigen. Sie ist der Ansicht, dass wenn
diese bestünden, könnten sie der Eintragung eines Widerspruchs nicht
entgegengehalten werden.
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Die Verfügungsklägerin beantragt,
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1. Zu Gunsten der H- AG (Anschrift: ...) und der B- AG (Anschrift: ...) als
Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts "B- GbR" wird ein
Widerspruch gegen die für den Antragsgegner als Gesellschafter der Gesellschaft
bürgerlichen Rechts "I-GbR" für das Grundstück, FlSt-Nr. ..., ..., Gebäude und
Freifläche, im Grundbuch von ... beim Amtsgericht ..., Blatt ... in Abteilung I unter
der laufenden Nummer 2 eingetragene Eigentümerstellung eingetragen.
2. Zu Gunsten der H- AG (Anschrift: ...) und der B- AG (Anschrift: ...) als
Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts "B- GbR" wird ein
Widerspruch gegen die für den Antragsgegner als Gesellschafter der Gesellschaft
bürgerlichen Rechts "I-GbR" für das Grundstück, FlSt-Nr. ..., ..., Gebäude und
Freifläche, Gewerbe im Grundbuch von ... beim Amtsgericht ..., Blatt ... in Abteilung
I unter der laufenden Nummer 2 eingetragene Eigentümerstellung eingetragen.
3. Das Grundbuchamt wird gemäß § 941 ZPO um die Eintragung des Widerspruchs
gemäß Ziffer I und gemäß Ziffer II ersucht.
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Der Verfügungsbeklagte beantragt,
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den Erlass der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
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Er beruft sich auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen fälliger Freistellungs- und
Schadensersatzansprüchen sowie eines Abfindungsanspruchs aus seiner Tätigkeit als
Gesellschafter. Insofern verweist er auf anhängige Klagen vor dem Landgericht
Stuttgart. Er weist darauf hin, dass der Grundbesitz das einzige Vermögen der GbR
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darstelle, so dass ein besonderes Interesse seinerseits hinsichtlich des geltend
gemachten Zurückbehaltungsrechts bestehe. Darüber hinaus bestreitet er die
Eilbedürftigkeit und weist darauf hin, dass er selbst ohnehin nicht alleine über den
Grundbesitz verfügen könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der
gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen in den Akten Bezug genommen,
insbesondere auf die Schutzschrift des Verfügungsbeklagten.
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Entscheidungsgründe:
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Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist zulässig und begründet.
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Der Verfügungsanspruch folgt aus §§ 894, 899 BGB.
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Das Grundbuch betreffend der beiden streitgegenständlichen Grundstücke in ..., ... und
... ist hinsichtlich der dort eingetragenen Eigentümer unrichtig, denn der
Verfügungsbeklagte, der jeweils als Gesellschafter der Rechtsvorgängerin der Klägerin,
der I- GbR eingetragen ist, ist tatsächlich bereits am 23.02.2007 aus der Gesellschaft
ausgeschieden.
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Ist das Grundbuch aber unrichtig, so kann zum Schutze des Rechtsverkehrs ein
Widerspruch gegen die Richtigkeit eingetragen werden (§ 899 BGB). Sinn und Zweck
ist die Verhinderung gutgläubigen Erwerbs durch Dritte. Voraussetzung für den
Anspruch auf Eintragung eines Widerspruchs ist neben der Unrichtigkeit des
Grundbuchs, dass das gesicherte Recht und damit der Anspruch auf Berichtigung
bestehen (Palandt/Bassenge, BGB, 67. Auflage, § 899 Rn. 7). Diese Voraussetzungen
sind, wie dargelegt, gegeben.
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Der Verfügungsbeklagte kann sich gegenüber dem Anspruch auf Eintragung eines
Widerspruchs nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihm ein Zurückbehaltungsrecht
gegenüber dem Grundbuchberichtigungsantrag zusteht. Allerdings ist es anerkannt,
dass dem ausgeschiedenen Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft ein
Zurückbehaltungsrecht wegen fälliger Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis
gegenüber dem Grundbuchberichtigungsanspruch zustehen kann (vgl. BGH NJW 1990,
1171; Münchener Kommentar BGB, Wacke, 4. Auflage 2004, § 894 Rn. 29). Abgesehen
davon, dass der Verfügungsbeklagte das Bestehen von Zurückbehaltungsrechten nicht
ansatzweise substantiiert dargelegt, sondern deren Bestehen schlichtweg behauptet
hat, kann ein solches Zurückbehaltungsrecht jedenfalls allenfalls dem
Grundbuchberichtigungsanspruch, nicht aber dem Anspruch auf Eintragung eines
Widerspruchs entgegengesetzt werden. Das folgt aus dem Sinn und Zweck des
Widerspruchs. Dieser dient dem Schutz des redlichen Rechtsverkehrs vor
unberechtigten Übertragungen und gutgläubigem unrichtigen Erwerb durch Dritte. Das
Grundbuch ist unstreitig unrichtig, lediglich der entsprechende Berichtigungsanspruch
ist bei Vorliegen eines Zurückbehaltungsrechts noch nicht fällig. Durch die Eintragung
des Widerspruchs erleidet der Verfügungsbeklagte auch keine Rechtsnachteile, da
dieser keinen Einfluss auf die gegebenenfalls später erfolgende Grundbuchberichtigung
hat und ein insoweit bestehendes Zurückbehaltungsrecht nicht berührt. Das Bestehen
eines fälligen Grundbuchberichtigungsanspruchs setzt der Anspruch auf Eintragung
eines Widerspruchs nicht voraus.
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Eine besondere Eilbedürftigkeit als Voraussetzung eines Verfügungsgrundes ist wegen
der Regelung des § 899 Abs. 2 BGB nicht erforderlich. Die Eintragung eines
Widerspruchs kann aufgrund Bewilligung oder – wie vom Gesetzgeber vorgesehen –
durch Eintragung einer einstweiligen Verfügung erfolgen. Für Letztere ist gemäß § 899
Abs. 2 BGB die Glaubhaftmachung eines besonderen Eilbedürfnisses nicht erforderlich.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit beruht auf der Natur des einstweiligen Verfügungsverfahrens.
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