Urteil des LG Duisburg vom 24.02.1982

LG Duisburg: erblasser, lebensgefahr, unerlaubte handlung, schmerzensgeld, auskunft, verkehrsunfall, unfallfolgen, fahrzeug, rechtshängigkeit, ermessen

Landgericht Duisburg, 10 O 177/81
Datum:
24.02.1982
Gericht:
Landgericht Duisburg
Spruchkörper:
10. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
10 O 177/81
Tenor:
hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg
auf die mündliche Verhandlung vom 03. Februar 1982
durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht
den Richter am Landgericht und
die Richterin
für R e c h t erkannt:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger
20.000,00 DM zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 23.600,00 DM
vorläufig vollstreckbar.
(Hier Freitext: Tatbestand, Gründe etc.) T a t b e s t a n d
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Die Kläger machen gegen den Beklagten einen Schadensersatzanspruch geltend, den
sie darauf stützten, daß der Beklagte es versäumt habe, einen
Schmerzensgeldanspruch des verstorbenen Ehemannes der Klägerin zu 1) und des
Vaters der Kläger zu 2) und 3) rechtzeitig von der Versicherung anerkennen zu lassen
oder rechtshängig zu machen.
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Der Ehemann bzw. Vater der Kläger befuhr am 23.09.1979 gegen 14.45 Uhr mit dem
PKW seiner Arbeitgeberin die Schnellstraße in Richtung. Hinter ihm folgte als zweites
Fahrzeug ein PKW des Fabrikats , an dritter Stelle fuhr ein Polizeibeamter mit dem PKW
. Als der Ehemann bzw. Vater der Kläger sich fast in Höhe eines entgegenkommenden
blauen Fahrzeuges des Fabrikats befand, kam hinter diesem plötzlich ein rotes
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Fahrzeug mit dem polizeilichen Kennzeichen hervor, dessen Fahrer
beabsichtigte, den " " zu überholen. Der rote PKW stieß sodann frontal mit dem vom
Ehemann bzw. Vater der Kläger gesteuerten Fahrzeug zusammen, prallte zurück und
schleuderte gegen den " ". Der Fahrer und der Ehemann bzw,. Vater der Kläger wurde
mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert, wo der Fahrer bereits am
23.09.1979 um 16.50 Uhr verstarb. Der schwer verletzte Ehemann der Klägerin zu 1)
wurde im
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Hospital 6 Stunden lang operiert und befand sich sodann bis zu seinem Todestag am
15.11.1979, also etwa 7 1/2 Wochen auf der Intensivstation dieses Krankenhauses.
Durch den Unfall trug er entsprechend der Bescheinigung des Hospitals vom
30.10.1980 folgende Verletzungen und Verletzungsfolgen davon:
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"Polytrauma, Schocklunge, Ellenbogentrümmerfraktur links, Zustand nach
Pneumothorax und Dauerbeatmung, mehrfache Pneumonien beiderseits,
Zwerchfellruptur, Milzruptur, deutliche Hautabschürfungen im Bereich des Thorax und
des Beckengebietes".
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Die Kläger behaupten, die Klägerin zu 1) habe bei der Mandatserteilung im Büro des
Beklagten am 24.09.1979 klar und unmißverständlich darauf hingewiesen, daß für ihren
Ehemann nach dem am 23.09.1979 erlittenen Verkehrsunfall Lebensgefahr bestehe.
Der Zeuge habe im Büro des Beklagten Bilder, die er unmittelbar nach dem Unfall von
dem zerstörten Fahrzeug gemacht habe, vorgelegt, um auf die Schwere des Unfalles
hinzuweisen. Der Beklagte hätte sich daher aufgrund der Unfallschilderung, der
vorgelegten Bilder und des Gutachtens des Kfz.-Sachverständigen zumindest mit der
Versicherung umgehend in Verbindung setzen und sich von dieser einen Verzichtet auf
den Einwand der Rechtshängigkeit bzgl. des Schmerzensgeldanspruches bestätigen
lassen müssen. Für den Fall, daß dieser Verzicht nicht schriftlich von der Versicherung
erklärt worden wäre, wäre es seine Pflicht gewesen, Klage zu erheben. Dadurch, daß
der Beklagte den Schmerzensgeldanspruch nicht geltend gemacht habe, habe er
fahrlässig gehandelt; er sei ihnen- den Klägern - zum Ersatz des Schadens verpflichtet,
den sie dadurch erlitten hätten, daß das Schmerzensgeld , welches andernfalls auf sie
als Erben übergegangen wäre, nicht gezahlt worden sei.
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Ihr verstorbene Ehemann bzw. Vater sei auch bis zu seinem Tode ansprechbar und bei
Bewußtsein gewesen. Es wäre mit Sicherheit sein Wille gewesen, daß der
Schmerzensgeldanspruch geltend gemacht und seiner Familie zugute gekommen wäre.
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Im Hinblick auf die erlittenen Verletzungen des Erblassers sei ein Schmerzensgeld
angemessen, das in einem vergleichbaren Falle mit 20.000,00 DM bemessen worden
sei.
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Die Kläger beantragen,
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den Beklagten zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger als Schadensersatz ein
der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld zu
zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er behauptet: Die Klägerin zu 1) und ihr Begleiter, der Zeuge hätten bei ihrer
Vorsprache am 24.09.1979 auf ernsthafte Verletzungsfolgen nicht hingewiesen. Es sei
lediglich erwähnt worden, daß der später verstorbene Ehemann der Klägerin zu 1) im
Gegensatz zu dem tödlich verunglückten Unfallverursache Glück gehabt habe, er läge
im Hospital in . Der Erblasser sei bis zu seinem Tode testurfähig gewesen.
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Der Beklagte behauptet weiter, die Versicherung des Unfallverursachers
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, die , hätte gegen einen Anspruch nach § 847 BGB Einwendungen nicht erhoben, wenn
die Schadensakte in seinem Büro geblieben wäre. Unter dem6.8.1981 habe er sich
hinsichtlich der Abwicklung von Großschäden mit der auf folgende Formel geeinigt: "Wir
sind uns darüber einig geworden, daß von uns aus subjektiv der Eindruck entstehen
konnte, jedenfalls uns gegenüber werde sich in derartigen Fällen auf § 847 BGB nicht
berufen."
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Der Beklagte trägt weiter vor: Der Vortrag der Kläger, der Erblasser sei "an den
Unfallfolgen" gestorben, reiche zur Geltendmachung des vorliegenden
Schadensersatzanspruches nicht aus. Streng kausalistisch betrachtet sterbe jemand
immer dann "an den Unfallfolgen", wenn er wegen der Unfallfolgen im Krankenhaus
liege und ihn dann - aus welchen Gründen auch immer - der Tod ereile. Angenommen,
der Erblasser wäre an einer Thrombose wegen der langen Liegezeit gestorbenen, dann
könnte man von ihm als Anwalt nicht verlangen, mit Rücksicht auf diese Entwicklung
vorgreiflich beispielsweise einen Schmerzensgeldanspruch von 100.000,00 DM
rechtshängig zu machen. Mit einer Feststellungsklage sei im Hinblick auf § 847 BGB
nichts gewonnen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivortrags wird auf die
gewechselten Schriftsätze und die vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen , , und sowie durch
Einholung einer schriftlichen Auskunft des Arztes . Bezüglich des Ergebnisses der
Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 07.12.1981 (Bl. 80 - 86 d. A.)
und auf die schriftliche Auskunft (Bl. 78 d.A.) verwiesen.
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Die Akten 40 Js 540/79 StA Duisburg lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen
Verhandlung.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die zulässige Klage ist sachlich gerechtfertigt.
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Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, daß die Kläger als Erben des
verstorbenen von dem Beklagten Schadensersatz in Höhe von 20.000,00 DM aus
positiver Verletzung des zwischen dem Erblasser und dem Beklagten geschlossenen
Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB) verlangen können. Der Beklagte hat dadurch,
daß er den dem Erblasser gegen den Schädiger
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und dessen Haftpflichtversicherung zustehenden Schmerzensgeldanspruch nach §§
823, 847 BGB nicht rechtzeitig von der hat anerkennen lassen oder rechtshängig
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gemacht hat, die ihm durch das Mandat übertragenen Pflichten als Rechtsanwalt in
fahrlässiger Weise verletzt.
Der Beklagte bzw. seine beiden Angestellten und sind bei der Mandatserteilung am
24.09.1979 darauf hingewiesen worden, daß für den Erblasser nach dem am
23.09.1979 erlittenen Verkehrsunfall Lebensgefahr bestand. Dies folgt aus der klaren
und glaubhaften Aussage des Zeugen , der bekundet hat, den Zeuginnen und seien
Unfallhergang und Tragweite des Unfalls geschildert worden. Der Zeuge hat ausgeführt,
er habe noch am Unfalltage sofort nach der Operation des Erblassers im Beisein der
Klägerin zu 1) mit dem Oberarzt gesprochen. Dieser habe ihnen wenig Hoffnung
gemacht und gesagt, Herr habe schwere innere Verletzungen und einen Trümmerbruch
des linken Armes erlitten und dadurch bedingt, eine schwere Infektion; es bestehe
Lebensgefahr. Mit dem Eindruck der Lebensgefahr seien die Klägerin und er - der
Zeuge - am nächsten Tage zur Besichtigung des Unfallfahrzeuges und sodann direkt
zum Büro des Beklagten gefahren. Den Angestellten sei dieser Eindruck vermittelt
worden; sie seien darauf hingewiesen worden, daß Lebensgefahr bestehe, und seien
selbst auch über die Tragweite des Unfalls entsetzt gewesen.
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Demgegenüber haben die Zeuginnen und zwar bekundet, die Klägerin zu 1) und der
Zeuge hätten Sie beim Eintragen der entsprechenden Daten in einem
Unfallaufnahmebogen nicht darauf hingewiesen, dass Lebensgefahr bestehe; von einer
Lebensgefahr sei nicht die Rede gewesen. Ob das Wort "Lebensgefahr" bei der
Besprechung am 24.09.1979 gefallen ist oder nicht, kann aber dahingestellt bleiben.
Aus den Aussagen der beiden Zeuginnen ergibt sich nämlich, dass ihnen jedenfalls die
Schwere des vom Erblasser erlittenen Unfalls und der dadurch bedingten Verletzungen
mitgeteilt worden ist. Wie u. a. auch aus dem von den Zeuginnen
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und ausgefüllten Unfallaufnahmebogen hervorgeht, sind beide Zeuginnen darauf
hingewiesen worden, daß es sich bei dem Unfall um einen Frontalzusammenstoß
gehandelt hat. Beide Zeuginnen haben entsprechend ihrer eigenen Aussage gewußt,
daß sich der Erblasser im Hospital in befand und der andere Fahrer tödliche
Verletzungen erlitten hatte. Die Zeugin hat außerdem bekundet, es sei ihnen von Frau
oder Herrn gesagt worden, daß sich der Erblasser auf der Intensivstation befinde.
Darüber hinaus sind den Angestellten und nach den Bekundungen des Zeugen
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auf Bilder vom Unfallfahrzeug des Ehemannes und Vater der Kläger vorgelegt worden,
aus denen ebenfalls auf die Schwere des Unfalls und der von Herrn
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erlittenen Verletzungen geschlossen werden konnte. Zwar haben die Zeuginnen und
nach Vorlage der vom Zeugen aufgenommenen Bilder bei ihrer Vernehmung
ausgesagt, sie könnten sich nicht mehr daran erinnern, daß ihnen die Bilder am
24.09.1979 gezeigt worden seien. Diese Bekundung steht jedoch nicht in Widerspruch
zu der glaubhaften Darstellung des Zeugen
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denn keine der beiden Angestellten des Beklagten hat positiv ausgeschlossen, daß
Bilder bei dem Gespräch vorgelegt worden sind.
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Ist demnach aber davon auszugehen, daß den Zeuginnen und aufgrund der vorgelegten
Bilder und der vom Zeugen und der Klägerin zu 1) abgegebenen Unfalldarstellung
sowohl Unfallhergang als auch der Umstand bekannt waren, daß der Vater und
Ehemann der Kläger auf der Intensivstation im Hospital in
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lag, so hätten sie sich angesichts der Schwere des Unfalls nicht mit der unter dem Punkt
Schmerzensgeld gemachten Angabe im Unfallaufnahmebogen "
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Hospital" begnügen dürfen. Vielmehr hätten sie den Verkehrsunfall hinsichtlich der vom
Erblasser erlittenen Verletzungen in allen Einzelheiten aufnahmen müssen, so daß der
Beklagte bei der Durchsicht des Unfallaufnahmebogens auf die Tragweite des Unfalls
und der Verletzungen sowie die Notwendigkeit der sofortigen Geltendmachung eines
Schmerzensgeldanspruches hingewiesen wurde. Dadurch, daß die Zeuginnen und von
einer detaillierten Schilderung der Verletzungen des Fahrers abgesehen haben, haben
sie die dem Mandanten gegenüber bestehenden Sorgfaltspflichten zur umfassenden
Sachverhaltsaufklärung verletzt, wobei ihr Verschulden gemäß § 278 BGB dem
Beklagten zuzurechnen ist.
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Der Beklagte hat darüber hinaus auch selbst gegen die ihm aus der Mandatserteilung
ergebenden Verpflichtungen verstoßen. Der Beklagte hätte nämlich, wenn er schon
seinen Angestellten die Aufnahme von Unfällen übertragen hat, entweder diese
eindringlich darüber belehren müssen, daß in Hinblick auf § 847 Abs. 1 S. 2 BGB Art
und Umfang der erlittenen Verletzungen aufzunehmen sind, oder er hätten den
Unfallaufnahmebogen so fassen und sicherstellen müssen, daß die Angaben über
Verletzungen von den Angestellten derart erfragt und niedergelegt wurden, wie es für
seine Entscheidung hinsichtlich einer etwaigen sofortigen Geltendmachung eines
Schmerzensgeldanspruches notwendig war. Der im Unfallaufnahmebogen angekreuzte
Hinweis darauf, daß ein Attest nachzureichen ist, vermag demgegenüber insbesondere
in Fällen, in denen - wie hier - ersichtlich Eilbedürftigkeit besteht, nicht die sofortige
umfassende Sachverhaltsaufklärung ersetzen.
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Zumindest aber hätte der Beklagte, nachdem er aus dem Unfallaufnahmebogen
immerhin entnehmen konnte, dass es sich um einen schweren Verkehrsunfall, und zwar
um einen Frontalzusammenstoß handelte und der Fahrer im Krankenhaus lag, als
erfahrener Anwalt weitere Rückfragen stellen müssen, um entscheiden zu können, ob
die Notwendigkeit bestand, möglichst schnell Schmerzensgeldansprüche zu stellen.
Dies gilt umsomehr, als der Erblasser nicht sofort verstorben ist, dem Beklagten daher
noch genügend Zeit verblieben ist, um entsprechende Schritte zu ergreifen.
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In diesem Zusammenhang kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Beklagte
seinen ersten Schriftsatz an die Klägerin zu 1) ein Schreiben beigefügt hat, in dem
gebeten wird, von zwischenzeitlichen Telefonaten Abstand zu nehmen und wichtige
Fragen schriftlich einzureichen. Der Beklagte mußte deshalb damit rechnen, daß nach
der Aufnahme des Unfalls die Klägerin zu 1) keine weiteren Maßnahmen ergreifen, sie
sich vielmehr darauf verlassen würde, daß entsprechend dem Schreiben die
Angelegenheit nach fachmännischen Gesichtspunkten und unter dem Bestreben, den
größtmöglichen wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen, bearbeitet werde.
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Der Beklagte hätte bei Beachtung der von ihm als Rechtsanwalt zu erwartenden
Sorgfaltspflicht im Hinblick auf die Art und die Schwere der Verletzungen sowie die
bestehende Lebensgefahr entweder den Schmerzensgeldanspruch des später
verstorbenen Herrn von der Versicherung des Unfallverursachers
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schriftlich anerkennen lassen oder aber Klage zur Herbeiführung der Rechtshängigkeit
erheben müssen. Eine derartige Klage wäre auch in der Form einer Leistungsklage
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möglich gewesen. Selbst wenn der Beklagte den Schmerzensgeldanspruch nicht sofort
der Höhe nach hätte beziffern können, so hätte es ausgereicht, wenn er zunächst
Unfallhergang und Art der Verletzungen dargelegt und die Schmerzensgeldforderung
der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellt hätte.
Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, daß die dann, wenn die Schadensakte in
seinem Büro geblieben wäre, gegen einen Anspruch aus § 847 BGB Einwendungen
nicht erhoben hätte. Vielmehr ist durch das unter dem 09.03.1981 an die
Prozessbevollmächtigten der Kläger gerichtete Schreiben des für die tätigen Prokuristen
bestätigt worden, daß der Versicherer die Zahlung eines Schmerzensgeldes ablehnt. In
diesem Schreiben des zunächst vom Beklagten benannten Zeugen, auf dessen
Vernehmung dann verzichtet wurde, ist ausgeführt, nach der überwiegenden Praxis der
Haftpflichtversicherer genüge die -. meistens telefonisch - mit dem Anwalt getroffene
Vereinbarung, den Schmerzensgeldanspruch als rechtshängig anzusehen, wenn der
Verletzte zum Zeitpunkt dieser Vereinbarung noch lebe; im vorliegenden Fall stelle sich
das Problem der mangelnden Rechtshängigkeit jedoch nicht, da eine Vereinbarung in
der aufgezeigten Form nicht getroffenen worden sei. Der Beklagte hätte sich deshalb
wenigstens telefonisch mit der Versicherung des Unfallgegners über das
Schmerzensgeld abstimmen müssen. Nur in diesem Fall hätte er damit rechnen können,
dass eine Klageerhebung sich erübrigte.
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Der Beklagte kann sich auch nicht entlastend auf die mit der im Jahre 1981 getroffene
Einigungsformel berufen, es habe von ihm aus subjektiv der Eindruck entstehen
können, jedenfalls ihm gegenüber werde sich die Versicherung in derartigen Fällen
nicht aus § 847 BGB berufen. Insoweit liegt nämlich nur ein Irrtum im Beweggrund vor,
der aber nicht geeignet ist, sich gegenüber Dritten, und damit gegenüber den Klägern
als Erben des Verstorbenen aus der Haftung zu befreien.
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Das Versäumnis des Beklagten, den Schmerzensgeldanspruch von der
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anerkennen zu lassen bzw. diesen rechtshängig zu machen, ist ursächlich für den
Verlust der Forderung geworden. Da der Erblasser laut Auskunft des Arztes ,
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an dessen Sachkunde keine Zweifel bestehen, bis zu seinem Todestag wach und
ansprechbar gewesen ist, hatte der Beklagte ausreichend Zeit, sich eine ausdrückliche
persönliche Vollmacht für das Geltendmachen der Schmerzensgeldforderung geben zu
lassen bzw. die Klägerin zu 1) dahingehend zu belehren, daß der Erblasser eine
entsprechende Erklärung abgeben müsse. Daß der Erblasser in diesem Fall einen
derartigen Willen geäußert hätte, entspricht der Lebenserfahrung, zumal die Klägerin zu
1) bereits am Tage nach dem Unfall das Anwaltsbüro des Beklagten aufgesucht und
diesen mit der Vertretung ihres Ehemannes in dessen Namen beauftragt hat.
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Das Unterlassen des Beklagten ist auch ursächlich für den Verlust des
Schmerzensgeldanspruches. Der Ehemann bzw. Vater der Kläger ist entsprechend der
Auskunft des Arztes "an den Unfallfolgen" gestorben. Selbst wenn man diese an sich
klare Formulierung dahin deuten wollte, daß sie die Möglichkeit mitumfaßt, der
Erblasser sei nicht unmittelbar an den Folgen des Verkehrsunfalls, sondern z.B. wegen
der langen Liegezeit an einer Thrombose gestorben, so wäre nach der herrschenden
Adäquanztheorie der Unfall immer noch - mittelbar - ursächlich für den später
eingetretenen Tod (vgl. Palandt-Heinrichs, Vorbem. vor § 249 BGB, Anm. 5).
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Durch das Versäumnis der Beklagten ist den Klägern ein Schaden in Höhe in Höhe von
20.000,00 DM entstanden. Dies ergibt sich daraus, daß die Kläger als Erben des
Verstorbenen im Falle des Anerkenntnisses oder der Rechtshängigmachung des
Schmerzensgeldanspruchs eine entsprechende Forderung gegen den Unfallgegner und
dessen Versicherung gehabt hätten. Der Fahrer hat nämlich durch überholen trotzt
Gegenverkehrs in grob fahrlässiger Weise gegen die Vorschrift des § 5 StVO verstoßen
und durch Verletzung von Körper und Gesundheit des Erblassers eine unerlaubte
Handlung nach § 823 Abs. 1 und 2 BGB begangen. Die Kläger hätten vom
Unfallverursacher bzw. von dessen Versicherung auch ein Schmerzensgeld in Höhe
von 20.000,00 DM gemäß § 847 BGB verlangen können. Bei der Bemessung dieses
Schmerzensgeldes war zu berücksichtigen, daß der verstorbene Vater bzw. Ehemann
der Kläger durch den Unfall entsprechend der Bescheinigung des Hospitals vom
30.10.1980 schwerste innere Verletzungen erlitten und bis zu seinem Tode etwa 7 1/2
Wochen im Krankenhaus behandelt worden ist. Er ist laut Auskunft des Arztes bis zu
seinem Todestag wach und ansprechbar gewesen und konnte selbst allein aus dem
Umstand, daß er sich während der gesamten Behandlungszeit auf der Intensivstation
des Krankenhauses befunden hat, auf die Gefahr eines nahen Todes schließen. Er
mußte in den letzten Taten vor seinem Ableben von einem Respirator beatmet werden
und war schließlich nur noch in der Lage, auf Fragen schriftlich Auskunft zu geben. Es
war weiter zu berücksichtigen, daß der Unfall vom Schädiger in grob fahrlässigerweise
herbeigeführt worden ist. Als Ausgleich für die infolge der erheblichen Verletzungen
erlittenen Schmerzen, die lange Verweildauer auf der Intensivstation des
Krankenhauses und die Beeinträchtigung des seelischen Wohlbefindens des
Erblassers war ein Schmerzensgeldbetrag von 20.000,00 DM angemessene, den er
bzw. seine Erben vom Unfallverursache und von dessen Versicherung hätten fordern
können. Den Klägern ist daher ein Schaden in dieser Höhe entstanden, für den der
Beklagte aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung einzustehen hat.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
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Streitwert: 20.000,00 DM.
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