Urteil des LG Duisburg vom 16.11.2006
LG Duisburg: allgemeine geschäftsbedingungen, gesetzliche frist, verjährungsfrist, agb, minderung, reisevertrag, zweifelsfall, vollstreckbarkeit, vertragsklausel, datum
Landgericht Duisburg, 12 S 41/06
Datum:
16.11.2006
Gericht:
Landgericht Duisburg
Spruchkörper:
12. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
12 S 41/06
Vorinstanz:
Amtsgericht Duisburg, 53 C 4469/05
Schlagworte:
Reisevertrag, Verjährung, Allgemeine Geschäftsbedingungen
Normen:
BGB §§ 187; 651g; 651m
Leitsätze:
Zur Verkürzung der Verjährung nach § 651 g II BGB durch
Reisebedingungen eines Reiseveranstalters
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Duisburg
vom 08.03.2006 (53 C 4469/05) wird zurückgewiesen. Die Kosten des
Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last. Das Urteil ist vorläufig
vollstreckbar.
Gründe
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Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil des
Amtsgerichts Duisburg Bezug genommen (§ 540 ZPO).
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Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, weil etwaige Ansprüche des Klägers auf
Minderung des Reisepreises verjährt seien.
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Die Beklagte habe die Verjährung durch wirksam in den Vertrag einbezogene
allgemeine Geschäftsbedingungen, dort Ziffer 14, auf ein Jahr verkürzt. Diese
Vertragsklausel sei nicht überraschend.
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Sie halte auch einer Inhaltskontrolle stand. Sie entspreche der durch § 651 m S. 2 BGB
eröffneten Möglichkeit, die Verjährungsfrist auf genau ein Jahr zu verkürzen.
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Die Klausel verkürze die Verjährungsfrist auch nicht auf unter ein Jahr. Sowohl § 651 g
Abs. 2 S. 2 BGB als auch Ziffer 14 der Reisebedingungen der Beklagten bestimmten,
dass die Verjährung mit dem Tag beginne, an dem die Reise dem Vertrag nach enden
sollte. Nach § 186 BGB sei die Auslegungsvorschrift des § 187 BGB sowohl für die
gesetzliche Frist als auch für die durch die Geschäftsbedingungen verkürzte Frist
heranzuziehen. Bei der Auslegung der Verjährungsbestimmungen ergebe sich, dass
gemäß § 187 Abs. 1 BGB der Tag der Rückreise nicht mitzähle, so dass die Verjährung
ab dem folgenden Tag beginne. Da die von der Beklagten verwendete Klausel den
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Gesetzeswortlaut aufgreife, sei diese Klausel genauso auszulegen. Daraus ergebe sich,
dass die Ansprüche des Klägers mit Ablauf des 02.10.2004 unter Berücksichtigung
einer Hemmung der Verjährung wegen Verhandlungen von 52 Tagen verjährt seien.
Mit der Berufung rügt der Kläger, dass das Amtsgericht rechtsirrig die Verjährung seiner
Ansprüche angenommen habe.
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Ziffer 14 der AGB der Beklagten würde die Verjährung auf einen Zeitraum von unter
einem Jahr verkürzen, das verstoße gegen § 651 m S. 2 BGB und führe zur
Unwirksamkeit der Klausel mit der Folge, dass die gesetzliche Verjährungsregelung
greife, nach der die klägerischen Ansprüche nicht verjährt seien.
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Der Kläger begründet dies damit, dass im Geltungsbereich der gesetzlichen Regelung §
187 BGB greife, wonach die Verjährung einen Tag nach dem vertraglich vorgesehenen
Ende der Reise beginne. Nach der von der Beklagten verwendeten Klausel beginne die
Verjährung dagegen einen Tag früher, nämlich mit dem Tag der Rückreise. Für eine
Auslegung und damit eine Anwendung des § 187 BGB auf die Klausel der Beklagten
sei kein Raum, der Reisevertrag regele diese Frage hinreichend konkret. Damit ende
die Verjährung ein Jahr und einen Tag vor der gesetzlichen Regelung, was die
Verjährung insgesamt unzulässig auf einen Zeitraum von unter einem Jahr verkürze.
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Im Übrigen wiederholt der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen zu den behaupteten
Mängeln der von der Beklagten erbrachten Reiseleistung.
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Er beantragt,
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unter Abänderung des am 8.3.2006 verkündeten Urteils des Amtsgerichts
Duisburg, Az.: 53 C 4469/05, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 976,20 €
nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 8.1.2005 zu
zahlen,
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hilfsweise,
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das Urteil des Amtsgerichts Duisburg vom 8.3.2006, Az.: 53 C 4496/05 aufzuheben
und die Sache an das Amtsgericht Duisburg zurückzuverweisen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
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Zu Recht hat das Amtsgericht die Verjährung der klägerischen Ansprüche auf
Minderung des Reisepreises angenommen.
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Auf dessen Ausführungen, insbesondere zur Berechnung der Verjährung, wird zur
Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
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Zu ergänzen ist Folgendes:
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Eine Verkürzung der Verjährungsfrist auf unter ein Jahr findet durch die von der
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Beklagten verwendete Klausel in Ziffer 14 ihrer allgemeinen Geschäftsbedingungen auf
keinen Fall statt.
1.
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Die Kammer stimmt allerdings dem Kläger zu, dass nach dem Wortlaut der Klausel Ziffer
14 der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten (S. 61 des Preisteils zum
Reisekatalog, Sommer 2003, der Beklagten, welcher der Kammer vorliegt) die
Verjährung ab dem Tag der Rückreise berechnet wird. Dieser Wortlaut ist klar und
bedarf keiner weiteren Auslegung.
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Dann gilt aber auch dasselbe für den Beginn der gesetzlichen Regelung der Verjährung
in § 651 g Abs. 2 S. 2 BGB, der insofern wortgleich lautet: "Die Verjährung beginnt mit
dem Tag, an dem die Reise dem Vertrag nach enden sollte".
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Auch hier ist kein Raum für eine Auslegung, so dass die Auslegungsvorschrift des § 187
nicht heranzuziehen ist. Denn auf eine Regelung, die nicht auszulegen ist, findet eine
Auslegungsvorschrift keine Anwendung.
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Entsprechendes ergibt sich übrigens auch aus § 187 BGB selbst, der auf den
Verjährungsbeginn im Reisevertragsrecht nach Ansicht der Kammer nicht anwendbar
ist. Denn diese Vorschrift stellt für den Anfang einer Frist auf ein Ereignis oder einen in
den Lauf eines Tages fallenden Zeitpunkt ab. Weder § 651 g Abs. 2 S. 2 BGB noch
Ziffer 14 der AGB der Beklagten beziehen sich aber maßgebend auf ein Ereignis oder
auf einen in einen Tag fallenden Zeitpunkt, sondern vielmehr auf einen Tag selbst.
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2.
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Sollte man dagegen – wie das Amtsgericht und die von ihm zitierte Rechtsprechung - §
187 BGB auf den Verjährungsbeginn in Reisevertragssachen für anwendbar halten und
die fragliche Klausel damit auslegungsbedürftig sein, so wäre § 187 BGB auch auf die
vertragliche Regelung in den AGB der Beklagten anwendbar. Denn nach § 186 BGB
gelten die Auslegungsvorschriften der §§ 187 bis 193 BGB auch für die in
Rechtsgeschäften und damit in Verträgen enthaltenen Frist- und Terminsbestimmungen.
Dann wäre diese Auslegung des Verjährungsbeginns zwingend und damit zugleich
sichergestellt, dass die Verjährung nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen
tatsächlich ein Jahr nach dem Tag endet, der auf den Tag des vertragsgemäßen Endes
der Reise folgt.
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Die Wirksamkeit dieser Klausel steht auch nicht vor dem Hintergrund der
Zweifelsregelung in § 305 c Abs. 2 BGB infrage. Nach dieser Vorschrift gehen Zweifel
bei der Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders. Aber
bei objektiver Auslegung der Klausel, wenn man denn überhaupt zu einer Auslegung
gelangen sollte, wäre § 187 BGB vorrangig zu beachten, so dass gerade kein
Zweifelsfall im Sinne des § 305 c Abs. 2 BGB vorliegt.
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Die Revision wird nicht zugelassen, weil es entscheidungserheblich auf die Frage, ob §
187 BGB auf den Verjährungsbeginn in Reisevertragssachen überhaupt anwendbar ist,
nicht ankommt.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die
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vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10 ZPO.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 976,20 €
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