Urteil des LG Duisburg vom 10.02.2009

LG Duisburg: firma, öffentliche ausschreibung, akte, konzept, stadt, nachbesserung, schadenersatz, erstellung, schnittstelle, theater

Landgericht Duisburg, 1 O 415/01
Datum:
10.02.2009
Gericht:
Landgericht Duisburg
Spruchkörper:
1. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 O 415/01
Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 1.530.705,13 ( = DM
2.993.799,12) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basis-zinssatz nach § 1 des Diskontsatz - Überleitungs - Gesetzes vom
09.06.1998 seit dem 04.06.2000 bis zum 31.12.2001 sowie in Höhe von
8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem
01.01.2002 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des
jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die klagende Stadt ließ in ihrem Theater die Untermaschinerie erneuern. Diese besteht
aus 6 Doppelstockpodien mit Versenkungsschieberanlagen und Schrägstellenantrieben
für die obere Hubplattform, 2 Personenversenkungen, 1 Prospektregallager, 1
Ausgleichspodium, dem Stahlbau für den festen Teil des Bühnenbodens in 4 Ebenen,
einer Ventilstation, einer Pumpenstation, einer Steuerung mit
Geschwindigkeitsregelkreis sowie einer Havariefahrt mit der Möglichkeit, über eine
Schnittstelle auf das Bühnenleitsystem der Obermaschinerie aufgeschaltet zu werden.
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Der Beklagte erhielt mit Vertrag vom 06.12./12.12.2006 von der Klägerin den Auftrag,
die Ausführungsplanung mit den Grundleistungen nach § 73 Abs. 3 HOAI,
Leistungsphase 5 . zu fertigen, und zwar aufbauend auf die vorhandene
Ausführungsplanung des Vorplaners (Fa. ) mit der Entwicklung neuer technischer
Konzeptionen. Weiter beauftragt wurde die Vorbereitung der Vergabe mit den
Grundleistungen nach § 73 Abs. 3 HOAI, Leistungsphase 6. mit Erstellung eines für die
Erneuerung einer Untermaschinerie üblichen Leistungsverzeichnisses, die Mitwirkung
bei der Vergabe mit den Grundleistungen nach § 73 Abs. 3 HOAI, Leistungsphase 7. mit
Prüfen und Werten der Angebote, Mitwirkung bei der Verhandlung mit Bietern und
Erstellung eines Vergabevorschlages sowie schließlich die Mitwirkung bei der
Objektüberwachung mit den Aufgaben, das Objekt auf Übereinstimmung mit der
Ausführungsplanung, dem Leistungsverzeichnis und den anerkannten Regeln der
Technik zu überwachen, die Abnahme der neuen Untermaschinerie durch den TÜV, die
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Erstellung des Aufmasses, die fachtechnische Abnahme der Leistung und die
Feststellung der Mängel und deren Behebung. Dafür wurde eine Vergütung von DM
151.955,62 einschließlich vereinbart
In seinem Leistungsverzeichnis vom 30.08.1996 legte der Beklagte maximale
Geräuschpegel fest, und zwar für die Einzelfahrt der Podien mit 100 % Last und 100 %
Geschwindigkeit beim Heben und Senken 35 dB (A) (Spitzenwert 40 dB A) und bei
Gruppenfahrt mit 5 Podien bei gleichen Leistungen 42 dB (A) (Spitzenwert 45 dB A).
Dazu war eine hydraulische Antriebstechnik mit mechanischer Gleichlaufeinrichtung
gefordert. Aufgrund dieses Leistungsverzeichnisses wurde die Werkleistung von der
Klägerin öffentlich ausgeschrieben. Darauf gingen acht Angebote ein, darunter auch
Angebote der Firma GmbH & Co. Systemtechnik KG. Dazu gehörte ein Nebenangebot,
das die ausgeschriebene hydraulische Antriebstechnik mit mechanischer
Gleichlaufeinrichtung enthielt, jedoch nicht die ebenfalls ausgeschriebene
Speicherstation. In seinem Vergabevorschlag empfahl der Beklagte, die Firma aufgrund
dieses Nebenangebots zu beauftragen. Diesem Vorschlag folgte die Klägerin.
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Es gelang der Firma nicht, eine abnahmefähige Leistung herzustellen. Schon die
technische Abnahme durch den TÜV scheiterte. Die Geräuschpegel bewegten sich für
die Einzelfahrt zwischen 46 und 55 dB (A) und für die Gruppenfahrt zwischen 48,2 und
57,1 dB (A). Zu einer erfolgreichen Nachbesserung kam es nicht. Vielmehr wurde über
das Vermögen der Firma das Konkursverfahren eröffnet. Der Konkursverwalter lehnte
die Fertigstellung der Arbeit ab. Die von der Klägerin angemeldete Forderung in Höhe
von DM 11.322.104,77 wurde zur Tabelle festgestellt. Daraus hat die Klägerin Ende
November 2008 € 341.738,59 erhalten.
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Die Klägerin behauptet, mit der hydraulischen Antriebstechnik und mechanischer
Gleichlaufeinrichtung seien die geforderten Geräuschpegel selbst bei optimaler,
mangelfreier Leistungsausführung nicht zu erreichen. Das gelte in besonderem Maße
für die auf Empfehlung des Beklagten beauftragte Leistung ohne Speicherstation. Es
seien darüber hinaus keinerlei Maßnahmen zur Körperschallentkoppelung im
Leistungsverzeichnis enthalten, die unbedingt erforderlich gewesen seien. Die
Schnittstelle zwischen der Hydrauliksteuerung und der vorhandenen Elektronik sei auch
nicht funktionstauglich. Dafür sei der Beklagte aufgrund einer von vornherein
unzureichenden Ausführungsplanung verantwortlich. Die Klägerin nimmt den Beklagten
deshalb auf Schadenersatz in Anspruch.
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Zur Schadenshöhe trägt sie gestützt auf das Gutachten eines Sachverständigen vor,
eine den Leistungsanforderungen gerecht werdende Nachbesserung sei überhaupt
nicht möglich. Für eine noch erträgliche Annäherung mit einem Geräuschpegel von 40
dB (A) für ein Einzelfahrt seien Arbeiten erforderlich, die mit einem Kostenaufwand von
5.660.800,00 DM verbunden seien. Bei einer Leistungsbeschreibung, die alle
notwendigen Vorrichtungen enthalten hätte, wäre es allerdings zu einer Auftragssumme
von 11.600.000,00 DM gekommen statt der mit der Firma vereinbarten Auftragssumme
von 6.788.654,10 DM. Unter Abzug des Differenzbetrages in Höhe von 4.811.345,90
DM von dem Nachbesserungsaufwand in Höhe von 5.660.800,00 DM gelangt die
Klägerin hinsichtlich des Geräuschproblems zu einem Schaden von 849.454,10 DM.
Dazu kämen für die Herstellung einer funktionstauglichen Schnittstelle weitere
1.508.000,00 DM brutto. Dazu macht die Klägerin Kosten für ein Gutachten zu den
Mängeln der Werkleistung und der Höhe der Nachbesserungskosten mit 207.524,00 DM
geltend, für ein Zweitgutachten zu den Mängeln weitere 56.400,00 DM, an
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Schadenersatz für die 350.421,02 DM, worauf allerdings nichts gezahlt worden ist,
sowie an Einnahmeausfall für die klagende Stadt aufgrund mangelbedingt abgesagten
Theatervorstellungen einen Betrag von 22.000,00 DM. Es ergibt sich so ein
Gesamtschaden von 2.993.799,12 DM.
Bei der Sanierung der Untermaschinerie ist die Klägerin einen anderen Weg gegangen.
Sie hat sich für ein elektromechanisches Konzept mit elektronischer
Gleichlaufeinrichtung entschieden, das zu einem Preis von 2.583.315,20 € zuzüglich
Planungskosten von 359.560,47 €, insgesamt 2.942.875,67 € ausgeführt wurde. Das
Ergebnis gibt keinerlei Anlass zu Beanstandungen. Die Geräuschpegel liegen im
allgemeinen unter 30 dB (A). Hilfsweise stützt die Klägerin ihre Schadensberechnung
darauf, dass sie sich von Anfang an für diesen Weg entschieden hätte, wenn der
Beklagte ihr mitgeteilt hätte, dass die geforderten Geräuschwerte bei einer
hydraulischen Antriebstechnik mit mechanischer Gleichlaufeinrichtung nicht zu
erreichen seien. Dann hätte sie sich die gesamten Kosten durch die Bezahlung der
Firma in Höhe von 2.986.992.31 €, an den Beklagten in Höhe von 130.127,68 € und die
übrigen vorgenannten Kosten nach dem Schadensfall in Höhe von 325.358,04 €
erspart.
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Die Klägerin beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an sie € 1.530.705,13 ( = DM 2.993.799,12) nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des
Diskontsatz - Überleitungs - Gesetzes vom 09.06.1998 seit dem 04.06.2000 bis
zum 31.12.2001 sowie in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
nach § 247 BGB seit dem 01.01.2002 zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte trägt vor, er habe das Leistungsverzeichnis nach unmittelbarer Vorgabe
und ständiger Kontrolle durch das Hochbauamt und die Leitung des Theaters der Stadt
erstellt. Seine Stellung gegenüber der Beklagten sei nur die eines Beraters und
administrativen Helfers gewesen. So sei auch seine Vergabeempfehlung nach
eingehender Abstimmung mit dem Hochbauamt der Klägerin und der ausführenden
Firma vorgelegt worden. Der Inhalt seines Vergabevorschlages sei ihm von dem
Hochbauamt vorgegeben worden.
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Im Leistungsverzeichnis seien die Vorgaben zum maximal zulässigen Schallpegel
aufgeführt und die ausführende Firma habe die Einhaltung dieser Werte zugesichert.
Eine über das Leistungsverzeichnis hinausgehende Darstellung von Einzelheiten sei
gegenüber einer Fachfirma nicht erforderlich und in der Bühnentechnik auch nicht
üblich. Mit der im Leistungsverzeichnis vorgenommenen Darstellung sei jede Fachfirma
in der Lage gewesen, den geforderten und vertraglich geschuldeten technischen
Standard zu erbringen.
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Vor der Auftragserteilung sei zwischen ihm, dem Hersteller der Computersteuerung der
Obermaschinerie und der Firma die Schnittstelle zur Steuerung besprochen worden,
und zwar auf der Basis eines umfangreichen Schnittstellenpapiers. Darin seien
sämtliche relevanten Parameter, Funktionsdiagramme einschließlich der erforderlichen
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Regelungs-, Steuerungs-, Sicherheits- und Freigabesignale beschrieben.
Er habe dann festgestellt, dass die miserable Bauausführung der Firma eine immense
Nachbesserung erforderte um überhaupt für das Theater eine szenische Nutzung zu
ermöglichen. Die Firma habe mit minderwertigem Material gearbeitet. Die
ausgeschriebenen Maßnahmen zur Körperschallentkoppelung seien schlicht nicht
ausgeführt worden. Auf ausdrücklichen Wunsch des Hochbauamtes seien die
Korrekturmaßnahmen als Zusatzleistungen auf der Basis von
Stundenverrechnungssätzen durchgeführt worden. Alle Mängel hätten ausschließlich
die bauliche Ausführungsleistung betroffen.
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Bei einer Besprechung am 05.11.1997 sei unter Beteiligung von Vertretern des
Hochbauamtes, des Rechtsamtes und der technischen Theaterleitung mit ihm
Einvernehmen erzielt worden, dass die Firma aufgrund der bestehenden Mängel keine
weiteren Zahlungen erhalten sollte. Über diese Bedenken habe sich der Baudezernent
der Klägerin hinweggesetzt und auf die vorläufige Schlussrechnung über 3.940.362,85
DM trotz fehlender Fälligkeit einen Betrag von 3.000.000,00 DM an die Fa. auszahlen
lassen. Darüber hinaus habe er eine Bürgschaftsurkunde über 1.600.000,00 DM zurück
gegeben, durch die geleistete Vorauszahlungen gesichert worden seien. Mit diesem
grob fahrlässigen Verhalten habe sich die Klägerin einen Schaden über 4.600.000,00
DM selbst zugefügt, den sie nicht dem Beklagten anlasten könne.
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Die Klägerin habe auch allein zu vertreten, dass die Firma überhaupt berücksichtigt
worden sei. Sie hätte von der Ausschreibung ausgeschlossen werden müssen, weil sie
einem Vertreter der Klägerin Geld angeboten habe. Diesen Vorfall habe man dem
Beklagten verschwiegen.
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Die Klägerin erwidert, die Firma habe aus ihrer Sicht im November 1997 einen
Anspruch auf eine Teilzahlung in der genannten Größenordnung gehabt. Zu diesem
Zeitpunkt seien alle davon ausgegangen, die Firma könne die vorhandenen Mängel
innerhalb weniger Wochen ohne zusätzliche Kosten für die Klägerin bewerkstelligen.
Gegenteiliges habe auch der Beklagte nicht gesagt. Die Firma habe zwei –
Bürgschaften gestellt, eine Bürgschaft mit der Nummer 436690 über 339.500,00 DM.
Damit sei die Vertragserfüllung einschließlich der Mängelbeseitigung besichert
gewesen. Dieser Bürgschaftsbetrag sei zunächst unter Vorbehalt voll ausgezahlt
worden. Unter dem 08.06.2001 habe die Versicherung den Vorbehalt zurückgenommen.
Gleichwohl sei dieser Betrag nicht auf den vom Beklagten geschuldeten Schadenersatz
anzurechnen. Die zweite Bürgschaft über 1.600.000,00 DM mit der Nummer 413943
habe nur die Abschlagszahlungen für die auf der Baustelle angelieferten aber noch
nicht eingebauten Stoffe und Bauteile bis zum Einbau der Teile sowie die geleisteten
Abschlagszahlungen bis zu deren Anrechnung auf fällige Zahlungen besichert.
Nachdem im Oktober 1997 nach der vorläufigen Fertigstellung der Untermaschinerie
alle vertragswesentlichen Bauteile eingebaut gewesen seien, sei eine längere
Einbehaltung dieser Bürgschaftsurkunde nicht zu rechtfertigen gewesen. Für die
Sicherung der Nachbesserung habe ja die Vertragserfüllungsbürgschaft gehaftet.
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Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt
der eingereichten Schriftsätze und vorgelegten Dokumente Bezug genommen.
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Das Gericht hat Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird
auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. –Ing. vom 15.07.2003
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(Blatt 341 – 359 der Akte) nebst Ergänzung vom 05.10.2004 (Blatt 549 – 556 der Akte)
und wegen seiner mündlichen Anhörung auf die Sitzungsniederschrift vom 12.11.2004
(Blatt 604 – 607 der Akte) Bezug genommen. Es wird weiter Bezug genommen auf das
Gemeinschaftsgutachten der Sachverständigen Prof. und Dipl. –Ing. vom 26.10.2006
(Anlagenhefter) mit den Ergänzungen vom 06.08.2007 durch Prof. L (Blatt 855 – 877 der
Akte) sowie den Ergänzungen durch Dipl. –Ing. vom 11.07.2007 (Blatt 837 – 848 der
Akte) und vom 07.05.2008 (Blatt 927 – 930 der Akte)
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist begründet. Der Beklagte schuldet der Klägerin den geforderten
Schadenersatz gemäß § 635 BGB a.F. wegen Schlechterfüllung des zwischen den
Parteien geschlossenen Ingenieurvertrages.
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Der Beklagte ist als Fachingenieur mit der Erstellung des Leistungsverzeichnisses für
die öffentliche Ausschreibung, der Prüfung der eingegangenen Angebote und darauf
fußend der Erarbeitung des Vergabevorschlages von der Klägerin beauftragt worden.
Das ist der eindeutige Inhalt des schriftlichen Vertrages zwischen den Parteien. Es
handelt sich dabei um einen Werkvertrag, weil der Beklagte bestimmte Ergebnisse
(Leistungsverzeichnis / Vergabeempfehlung) schuldete. Die Pflichten des Beklagten
werden durch diesen Vertragsinhalt allein bestimmt. Es ist nicht von Bedeutung, in
welchem Umfang das vereinbarte Honorar die Gebührenziffern der HOAI ausschöpft.
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Der Beklagte hat dafür einzustehen, dass er als beauftragter Sonderfachmann für ein
bühnentechnisches Werk die dazu erforderlichen Spezialkenntnisse hat, um den
übernommenen Auftrag fachgerecht ausführen zu können. Er kann sich deshalb nicht
darauf berufen, dass die Mitarbeiter des städtischen Hochbauamtes Vorgaben gemacht
hätten. Er verfügte auch gegenüber diesen über hier gefragte Spezialkenntnisse und
war deshalb von der Klägerin als Fachingenieur hinzugezogen worden. Soweit die ihm
übertragene Aufgabe der Erarbeitung eines Vergabevorschlages betroffen war, durfte er
ungeeignete Angebote nicht zur Vergabe vorschlagen. Wenn solche seitens der
Klägerin bevorzugt wurden, musste er diese auf die Ungeeignetheit des Angebots
eindringlich hinweisen. Mit seinem Vergabevorschlag für das Nebenangebot der Firma
hat der Beklagte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme einem fachlich völlig
ungeeignetem Angebot zum Zuschlag verholfen.
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Alle von der Kammer beauftragten Sachverständigen sind zu dem Ergebnis gelangt,
dass mit den beauftragten Arbeiten aus dem Nebenangebot der Firma die geforderten
Schallpegelwerte nicht zu erreichen waren. Das hätte der Beklagte, wie die
Sachverständigen ausgeführt haben, anhand der aus dem Nebenangebot ersichtlichen
Werkplanung der Fa. erkennen müssen.
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Der Sachverständige Prof. Dr. hat in seinem Gutachten vom 15.07.2003 auf Seite 14
ausgeführt, das vom Beklagten entwickelte Konzept der hydraulischen Antriebstechnik
mit mechanischer Gleichlaufeinrichtung könne unter Einbeziehung einer
Speicherstation die geforderten Schallpegel erreichen. Der Hydraulikanlage ohne
Druckspeicher hat dieser Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten vom
05.10.2004 auf Seite 3 ihre fehlende Eignung bescheinigt. Er hat hier ausgeführt, bei
einem Wegfall des Druckspeichers werde die Restpulsation der Hydraulikpumpen über
das Hydrauliköl in die Zylinder geleitet und von dort in die Podien übertragen. Durch ein
Einhausen könnten diese Geräusche nicht reduziert werden.
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Der Sachverständige Prof. sagt in seinem Ergänzungsgutachten vom 06.08.2007 auf
Seite 8, eine hydraulische Anlage ohne Speicherstation sei für den Einsatz im ständigen
Theaterbetrieb nicht geeignet. Die ständige wirtschaftliche Verfügbarkeit und der leise
Betrieb einer hydraulischen Anlage könne nur mit einer Speicherstation realisiert
werden. Ohne Speicherstation müssten die Pumpen ständig laufen, um den
Betriebsdruck zu erreichen oder zu halten, oder im Bedarfsfall eingeschaltet werden.
Das Hochfahren der Pumpen bis zur Erreichung des Betriebsdrucks brauche viel Zeit
und die Pumpen seien sehr laut.
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Der Sachverständige Dipl. –Ing. hat in seinem Ergänzungsgutachten vom 07.05.2008
auf Seite 2 zu a) kurz ausgeführt, der ausgeschriebene maximale Schalldruckpegel sei
auch mit Speicherstation nicht einzuhalten gewesen. Daraus ergibt sich auch, dass die
Bauweise ohne Speicherstation noch ungünstiger ist.
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In ihrem Gemeinschaftsgutachten vom 26.10.2006 haben die Sachverständigen Prof.
und Dipl. –Ing. auf Seite 4 festgehalten, schon die Ausführungsplanung des Beklagten
sei nicht geeignet gewesen, die festgelegten Geräuschpegel einzuhalten. Der
Sachverständige hat das auf Seite 7 folgendermaßen näher erläutert. Allein mit der
Vorgabe eines mechanischen Gleichlaufs über Zahnstangen und Zahnräder sei die
Überschreitung des maximalen Schallpegels von 35 dB (A) höchst wahrscheinlich.
Ganz sicher sei mit einer Überschreitung des maximalen Schallpegels bei Überfahrt und
gleichzeitigem Betrieb der ausgeschriebenen Schrägstellungsantriebe zu rechnen
gewesen.
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Soweit der Sachverständige die Vermutung äußert, der geforderte maximale
Schallpegelwert sei nicht ernst gemeint, sondern nur als Annäherungswert (Seite 9)
verstanden worden, sind seine Ausführungen schon widersprüchlich. Er teilt nämlich
auch mit, in vergleichbaren Fällen müssten die Auftragnehmer bei Nichterreichen des
geforderten anspruchsvollen Wertes auf ihre Kosten zusätzliche schalldämmende
Maßnahmen ausführen. Das zeigt, dass die Auftragnehmer sich auch zum Erreichen der
vereinbarten Werte verpflichtet sehen. So war es auch hier bei der Firma , die sogar
darüber ein Garantieversprechen abgegeben hat.
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Es war sachgerecht und naheliegend, dass die Klägerin sich nach den gemachten
Erfahrungen entschlossen hat, die Untermaschinerie des Theaters neu mit einem
elektromechanischen Konzept und elektronischer Gleichlaufregelung zu realisieren.
Auch der Sachverständige hat im Gutachten vom 26.10.2006 auf Seit 8 unten
ausgeführt, erst die Wahl eines generell anderen Antriebssystems und der Verzicht auf
einen mechanischen Gleichlauf mittels Zahnstangen machten das Erreichen des
Schallpegels von 35 dB(A) möglich. Es ist auch einleuchtend, dass die Klägerin sich
von vornherein für diesen Weg entschieden hätte, wenn der Beklagte ihr pflichtgemäß
gesagt hätte, dass die Ziele eines niedrigen Geräuschpegels am ehesten mit dem
elektromechanischem Konzept und elektronischer Gleichlaufregelung erreichbar waren.
Die Garantie der vorgegebenen Werte durch die Firma nutzte der Klägerin nämlich
nichts, weil diese mit einem Konzept arbeitete, mit dem der geforderte Geräuschpegel
schlechthin nicht zu erreichen war. Der Beklagte hat der Klägerin deshalb die nutzlosen
Aufwendungen zu erstatten, die sie für den fehlgeschlagenen von vornherein nicht
erfolgreich durchführbaren Weg zur Erneuerung der Untermaschinerie gemacht hat.
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Das sind zunächst die an die Firma gezahlten Beträge von Zusammen 5.842.049,16 DM
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(= 2.986.992,31 €). Hier kann der Kläger nicht einen Mitverschuldenseinwand deshalb
erheben, weil die Klägerin im November 1997 auf die vorläufige Schlussrechnung
3.000.000,00 DM gezahlt hat. Zu diesem Zeitpunkt gingen nicht nur die Klägerin,
sondern auch der Beklagte noch davon aus, dass die Firma in der Lage sei, die
erforderlichen Nachbesserungsarbeiten erfolgreich zu Ende zu führen. Die Klägerin
hatte zu dieser Zeit insbesondere keinen Anlass an Schadenersatzforderungen gegen
den Beklagten oder einen sonstigen Dritten zu denken. Insoweit hatte sie auch keinen
Grund, bei ihrer Entscheidung über die Leistung einer Teilzahlung an die Firma die
Vermögensinteressen des Beklagten zu berücksichtigen.
Das gleiche gilt für die Rückgabe der Bürgschaft mit der Nr. 413943.
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Die Zahlungen an den Beklagten gehören nur hinsichtlich der nachträglich beauftragten
Leistungen in Höhe von 102.552,00 DM (=52.434,01 €) zum Schaden, weil es zu diesen
Leistungen ohne die Beauftragung der Firma nicht gekommen wäre. Die vertraglich
vereinbarte Vergütung in Höhe von 151.955,62 DM ist dem Beklagten zu belassen. Sie
ist die Gegenleistung für die übernommenen Pflichten, auf deren Verletzung gerade die
Schadensersatzpflicht beruht.
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Die aufgewandten Gutachterkosten in Höhe von 207.524,00 DM für PBS und von
56.000,00 DM für ein Zweitgutachten, zusammen 263.924,00 DM(= 134.942,20 €), sind
erstattungsfähiger Schaden. Auch wenn sich die Gutachten nicht mit den Leistungen
des Beklagten beschäftigen wären sie ohne Beauftragung der Firma nicht entstanden.
Für die Klägerin war vor einer Entscheidung über erforderliche Maßnahmen
sachkundiger Rat erforderlich. Es ging um ein stark mangelbehaftetes Spezialwerk, für
dessen Fertigstellung die ausführende Firma wegen Insolvenz nicht mehr in Frage kam.
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Nach Klarstellung der Klägerin, dass an die keine Zahlungen geleistet worden sind,
entfällt dieser Schadensposten.
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Die geforderten 22.000,00 DM Einnahmausfall beim Theater können der Klägerin auch
nicht zuerkannt werden. Es fehlt dazu ein spezifizierter Vortrag. Die Zahl findet sich in
der Zusammenstellung des Mehraufwandes der als Abzugsposten mit der Beschreibung
"Absenkung des Einnahmesolls auf 132 Vorstellungen in der Spielzeit 97/98".
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Zusammenfassend ergibt sich folgender Schaden:
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Zahlungen an Fa. 2.986.992,31 €
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Zahlungen an Beklagten 52.434,01 €
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Gutachterkosten 134.942,20 €
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Zusammen
3.174.368,52 €
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Auf diesen Schaden sind die Zahlung des Insolvenzverwalters in Höhe von 341.738,45
€ und der Hermesversicherung in Höhe von 173.583,59 € anzurechnen. Diese
Zahlungen verringern den infolge der Zahlungen an die Fa. bei der Klägerin
entstandenen Schaden.
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Es verbleibt so ein ersatzfähiger Schaden in Höhe von
2.659.046,48 €.
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Da die Klägerin mit der Klage deutlich weniger fordert, ist die Klage in vollem Umfang
begründet.
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Es ist für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht von Bedeutung, ob seitens der Firma
einem Mitarbeiter der Klägerin Geld angeboten worden ist. Im Falle des Ausschlusses
dieser Firma vom Bieterverfahren wäre es zwar im Tatsächlichen nicht zur
Auftragsvergabe an diese Firma gekommen. Daraus kann der Beklagte aber für sich
nichts herleiten. Der Ausschluss einer Firma aus dem Bieterverfahren wegen
wettbewerbswidrigen Verhaltens dient dem Schutz der anderen Bieter und der
ausschreibenden Stadt im Streitfall, aber nicht den Personen, die wie Architekten oder
Ingenieure auf Seiten der ausschreibenden Stadt an dem Verfahren mitarbeiten.
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Die geforderten Verzugszinsen in jeweils gesetzlicher Höhe stehen der Klägerin zu.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.
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