Urteil des LG Duisburg vom 14.01.2010
LG Duisburg (antrag, verfahrenskosten, stundung, eröffnung, beschwerde, sperrfrist, schuldner, ausdrücklich, analogie, gläubiger)
Landgericht Duisburg, 7 T 176/09
Datum:
14.01.2010
Gericht:
Landgericht Duisburg
Spruchkörper:
7. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
7 T 176/09
Vorinstanz:
Amtsgericht Duisburg, 60 IK 89/09
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des
Amtsgerichts Duisburg vom 23.06.2009 sowie der Prozesskostenhilfe-
antrag der Schuldnerin vom 26.08.2009 werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Schuldnerin zur Last.
Streitwert für das Beschwerdeverfahren: bis 300,00 €.
Gründe:
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I.
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Wegen des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Gründe zu I. des
angefochtenen Beschlusses vom 23.06.2009 (Bl. 57 ff. d. A.).
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Das Amtsgericht hat die Anträge der Schuldnerin auf Restschuldbefreiung und auf
Stundung der Verfahrenskosten zurückgewiesen und den Antrag der Schuldnerin auf
Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen mangels Masse abgewiesen. Zur
Begründung hat es ausgeführt, der Antrag auf Restschuldbefreiung sei aufgrund der
Rechtskraft des Abweisungsbeschlusses vom 15.02.2008 (AG Duisburg, 60 IK 211/07)
unzulässig, weshalb auch dem Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten das
erforderliche Rechtsschutzinteresse fehle. Wegen der Einzelheiten wird zur Vermeidung
von Wiederholungen auf die Gründe zu II. des angefochtenen Beschlusses Bezug
genommen.
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Gegen diesen Beschluss, der dem Verfahrensbevollmächtigten der Schuldnerin am
30.06.2009 zugestellt worden ist, hat die Schuldnerin mit Schreiben ihres
Verfahrensbevollmächtigten vom 30.06.2009, Eingang bei Gericht am 06.07.2009,
Beschwerde eingelegt und diese begründet (Bl. 68 ff. d. A.). Mit Beschluss vom
08.07.2009 (Bl. 76 d. A.) hat das Amtsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die
Akten dem Landgericht Duisburg zur Entscheidung vorgelegt. Mit Schriftsatz vom
26.08.2009 hat die Schuldnerin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt und
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mit Schreiben vom 31.08.2009 die Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse nachgereicht. Mit Beschluss I vom 14.01.2010 hat die Einzelrichterin das
Beschwerdeverfahren auf die Kammer übertragen.
II.
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1. Die Beschwerde der Schuldnerin war als das gemäß §§ 6 Abs. 1, 4d Abs. 1, 34
Abs. 1, 289 Abs. 2 S. 1 InsO statthafte Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde
auszulegen. Diese ist auch im übrigen zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Im
Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht den Antrag der Schuldnerin auf Erteilung der
Restschuldbefreiung zurückgewiesen und aus diesem Grund die Stundung der
Verfahrenskosten und die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt.
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a) Der Antrag der Schuldnerin auf Erteilung der Restschuldbefreiung war
zurückzuweisen, weil er – wenn nicht bereits unzulässig – jedenfalls unbegründet ist.
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aa) Nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fehlt einem Antrag des
Schuldners auf Restschuldbefreiung das Rechtsschutzbedürfnis, wenn er innerhalb von
drei Jahren nach rechtskräftiger Versagung der Restschuldbefreiung in einem früheren
Verfahren wegen einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung seiner
Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten gestellt worden ist (BGH, Beschluss vom
16.07.2009 – IX ZB 219/08, NZI 2009, 691 = WM 2009, 1896 = ZInsO 2009, 1777). Zwar
sehe das Gesetz eine Sperrfrist für eine erneute Antragstellung in diesem Fall nicht vor.
Doch enthalte § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO, wonach die Restschuldbefreiung zu versagen ist,
wenn in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens
oder nach diesem Antrag dem Schuldner die Restschuldbefreiung erteilt oder nach
§ 296 oder § 297 InsO versagt worden ist, insoweit eine planwidrige Regelungslücke,
die im Wege richterlicher Rechtsfortbildung durch eine Sperrfrist zu schließen sei, die
sich an der Frist für die Berücksichtigung von Falschangaben des Schuldners im
Rahmen des § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO orientiere. Hierfür spreche auch die Absicht des
Gesetzgebers, den Katalog des § 290 Abs. 1 InsO um einen Versagungstatbestand
"Nr. 3a" zu erweitern, wonach der Schuldner dann keine Restschuldbefreiung erlangen
können soll, wenn ihm in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des
Insolvenzverfahrens oder danach die Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 Nr. 5 oder
6 InsO versagt wurde (vgl. Regierungsentwurf vom 22.08.2007, BT-Drs. 16/7416).
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Die seiner bisherigen Rechtsprechung zu entnehmende Einschränkung, dass seit
Abschluss des früheren Verfahrens keine weiteren Gläubiger hinzugekommen sind (vgl.
BGH, Beschlüsse vom 06.07.2006 – IX ZB 263/05, ZInsO 2006, 821; vom 11.10.2007 –
IX ZB 270/05, ZInsO 2007, 1223), hat der 9. Zivilsenat ausdrücklich aufgegeben und
ausgeführt, dass die Gründe, die in der vorstehenden Konstellation das
Rechtsschutzbedürfnis des Schuldners für einen Folgeantrag in Frage stellten, auch im
vorliegenden Fall, dass es einen neuen Gläubiger gibt, gelten würden. Anderenfalls
hätte es der Schuldner in der Hand, durch Begründung neuer Forderungen und
erforderlichenfalls Herbeiführung eines Fremdantrags die Rechtskraft des die
Restschuldbefreiung versagenden Beschlusses zu unterlaufen. Bliebe die Unredlichkeit
des Schuldners in einem vorausgegangenen Verfahren ohne Konsequenzen, könnte
der Zweck der Versagungsvorschriften, die eine fühlbare Sanktion für die Unredlichkeit
des Schuldners darstellen sollen, nicht erreicht werden. Denn die Gerichte würden
sofort wieder mit einem erneuten Verfahren belastet und dem Schuldner müssten die
Verfahrenskosten innerhalb kurzer Zeit ein weiteres Mal gestundet werden, selbst wenn
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in dem früheren Verfahren die Kostenstundung aufgrund seines unredlichen Verhaltens
aufgehoben und ihm die Restschuldbefreiung versagt worden ist (vgl. BGH, Beschluss
vom 16.07.2009 – IX ZB 219/08, a. a. O.).
Seine entgegenstehende Rechtsprechung in dem Beschluss vom 21.02.2008 – IX ZB
52/07 (ZInsO 2008, 319) hat der Senat in der vorstehend zitierten Entscheidung
ausdrücklich aufgegeben. Vor diesem Hintergrund hält auch die Kammer an ihrer
bisherigen Rechtsprechung, dass die rechtskräftige Zurückweisung eines Antrags auf
Stundung der Verfahrenskosten bzw. Erteilung der Restschuldbefreiung wegen des
Vorliegens eines Grundes zur Versagung der Restschuldbefreiung der Zulässigkeit
eines neuen Antrags jedenfalls dann nicht entgegenstehe, wenn zwischenzeitlich ein
neuer Gläubiger hinzugetreten sei (vgl. Beschlüsse vom 16.10.2008 – 7 T 190/08; vom
23.10.2008 – 7 T 167/08; vom 31.10.2008 – 7 T 197/08, ZInsO 2009, 110 = ZVI 2009,
14; vom 05.11.2008 – 7 T 219/08), nicht mehr fest.
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bb) Der vorliegende Fall unterscheidet sich von dem vom Bundesgerichtshof
entschiedenen Fall dadurch, dass in dem vorangegangenen Verfahren 60 IK 211/07
(AG Duisburg) das Insolvenzverfahren noch nicht eröffnet war, sondern bereits im
Eröffnungsverfahren die Stundung der Verfahrenskosten abgelehnt wurde, weil schon in
diesem Verfahrensstadium ein Versagungsgrund für die Restschuldbefreiung gemäß
§ 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO zweifelsfrei festzustellen war. Der Antrag auf
Restschuldbefreiung in dem damaligen Verfahren blieb unbeschieden, weil er durch die
Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse, die infolge des
Ausschlusses der Verfahrenskostenstundung auszusprechen war, gegenstandslos
geworden war.
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Nach Auffassung der Kammer greift die dreijährige Sperrfrist auch in diesem Fall ein,
weil die vom Bundesgerichtshof angeführten Gründe für eine analoge Anwendung des
§ 290 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. Nr. 2 InsO gleichermaßen zutreffen. Würde man den
vorliegenden Fall anders behandeln und einem erneuten Restschuldbefreiungsantrag
Erfolg bescheiden, käme es darüber hinaus unabhängig davon, ob das frühere
Insolvenzverfahren bereits zur Eröffnung gelangt oder im Eröffnungsverfahren "stecken
geblieben" ist, in kurzer Frist zu einer doppelten Belastung des Insolvenzgerichts, die –
wie der Bundesgerichtshof ausdrücklich festgestellt hat – innerhalb der dreijährigen
Sperrfrist des § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht zu vereinbaren ist mit dem Sinn und Zweck
der Versagungsvorschriften, die Unredlichkeit des Schuldners fühlbar zu sanktionieren.
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Zu der Anwendung der vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze auf den
vorliegenden Fall muss in methodischer Hinsicht eine "doppelte Analogie" gebildet
werden. Auch die Ablehnung der Stundung der Verfahrenskosten in dem
vorangegangenen Verfahren beruht letztlich auf einer Analogie, da der
Ausschlusstatbestand des § 4a Abs. 1 S. 4 InsO lediglich auf die Versagungsgründe
des § 290 Abs. 1 Nr. 1 und 3 InsO, nicht aber des § 290 Abs. 1 Nr. 5 und 6 InsO, Bezug
nimmt. Dass § 4a Abs. 1 InsO die Voraussetzungen für die Stundung der
Verfahrenskosten nicht abschließend regelt, ist in Rechtsprechung und Literatur seit
längerem anerkannt (vgl. BGH, NZI 2005, 232; NZI 2006, 712; Ganter, in: Münchener
Kommentar zu InsO, 2. Aufl. 2007, § 4a InsO Rn. 16) und wird auch von der Schuldnerin
nicht in Frage gestellt. Hieraus ergibt sich in Verbindung mit der vom Bundesgerichtshof
nunmehr postulierten analogen Anwendung des § 290 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. Nr. 2 InsO
aus Sicht der Kammer zwingend, dass auch die rechtskräftige Ablehnung der
Verfahrenskostenstundung in einem früheren Insolvenzeröffnungsverfahren wegen des
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Vorliegens eines Versagungsgrundes für die Restschuldbefreiung innerhalb der
Sperrfrist dem Erfolg eines erneuten Restschuldbefreiungsantrags entgegensteht.
Fraglich kann in rechtssystematischer Hinsicht allenfalls sein, ob dies – wie der
Bundesgerichtshof meint – bereits das Rechtsschutzbedürfnis und damit die
Zulässigkeit des Antrags oder – was bei einer konsequenten Analogie zu § 290 Abs. 1
Nr. 3 InsO näher läge – erst die Begründetheit des Antrags entfallen lässt. Auf das
Ergebnis hat dies jedoch keine Auswirkungen.
b) Kann die Schuldnerin somit ihr Ziel der Restschuldbefreiung mit dem beantragten
Verfahren nicht erreichen, ist (auch) ihr Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten
wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.
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c) Die Abweisung des Eröffnungsantrags mangels Masse wird von der Beschwerde
nicht gesondert angegriffen und ist aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen
Beschlusses (Bl. 63 d. A.) nicht zu beanstanden.
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2. Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren konnte der Schuldnerin gemäß §§ 4
InsO, 114 S.1 ZPO nicht bewilligt werden, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus
den vorstehenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 4 InsO, 97 Abs. 1 ZPO. Die
Streitwertfestsetzung beruht auf § 58 Abs. 3 S. 1 i. V. m. Abs. 1 GKG.
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