Urteil des LG Duisburg vom 27.03.2008

LG Duisburg: minderung, reiseveranstalter, bauarbeiten, umzug, einspruch, verfügung, ausnahme, vollstreckbarkeit, quote, entschädigung

Landgericht Duisburg, 12 S 70/07
Datum:
27.03.2008
Gericht:
Landgericht Duisburg
Spruchkörper:
12. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
12 S 70/07
Vorinstanz:
Amtsgericht Duisburg, 74 C 3324/07
Tenor:
Das Versäumnisurteil vom 29.11.2007 bleibt aufrecht erhalten.Die
weiteren Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.Das
Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e :
1
I.
2
Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen auf das angefochtene
Urteil (Bl. 130 - 137 d. A.). Im übrigen wird von einer Darstellung des Sach- und
Streitstandes gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.
3
II.
4
Der Einspruch des Klägers gegen das Urteil der Kammer vom 29.11.2007 ist zulässig,
insbesondere ist die Einspruchfrist gem. § 339 Abs. 1 ZPO gewahrt, da das Urteil am
21.12.2007 zugestellt und der Einspruch am 24.12.2007 eingelegt worden sind.
5
Die Berufung ist allerdings unbegründet.
6
1. Die vom Amtsgericht zugrunde gelegte Minderungsquote von 15 % für den als
Reisemangel anzusehenden Baulärm vor dem Bungalow ist nicht zu beanstanden. Sie
entspricht den von der Kammer und anderen Gerichten in vergleichbaren Fällen
angenommenen Minderungssätzen.
7
Bei der Bewertung dieses Reisemangels sind insbesondere die Intensität und Dauer
der Lärmbelästigung zu berücksichtigen.
8
Insofern hat das Amtsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass der Kläger und seine
Mitreisenden die Möglichkeit hatten, dem Baulärm vor ihrem Bungalow durch ein
Ausweichen auf andere Teile der Anlage zu entrinnen. Die Kammer folgt dem
Amtsgericht auch darin, dass es insoweit grundsätzlich auf die Gewohnheiten eines
Durchschnittsreisenden ankommt, der sich in einem Urlaub am Meer bei sommerlichen
Temperaturen typischerweise tagsüber nur kurzfristig im Zimmer aufhält. Gründe,
9
weshalb sich der Kläger und seine Mitreisenden entgegen diesen Gepflogenheiten
ganztätig in dem Bungalow aufhalten wollten (vgl. Bl. 24 d. A.), hat der Kläger nicht
dargelegt. Selbstverständlich kann jeder Reisende selbst bestimmen, wo er seine
Urlaubszeit verbringen möchte, er muss sich aber gleichwohl eine an objektivierbaren
Kriterien ausgerichtete Bemessung der Minderung gefallen lassen. Hiervon geht –
anders, als die Berufung suggerieren möchte – auch die unter der in der
Berufungsbegründung angegebenen Fundstelle (NJW-RR 1987, 496) abgedruckte
Entscheidung des LG Frankfurt am Main aus, welches die Ausweichmöglichkeit an den
Strand zum Anlass genommen hat, das Maß der Minderung um 1/3 zu kürzen.
2. Zu Recht hat das Amtsgericht die Minderung erst ab dem Zeitpunkt der
Mängelanzeige zugesprochen. Entgegen der Meinung des Klägers war eine
Mängelanzeige nicht ausnahmsweise entbehrlich, weil die Beklagte Kenntnis von den
Bauarbeiten hatte. Nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer (vgl. z. B. LG
Duisburg, RRa 2003, 114), an der sie auch im vorliegenden Fall festhält, ist eine
unverzügliche Mängelanzeige auch für dem Reiseveranstalter bekannte Mängel
erforderlich. Da nicht jeder objektive Mangel von jedem Reisenden gleichermaßen als
Beeinträchtigung seiner Reise empfunden wird, besteht ein berechtigtes Interesse des
Reiseveranstalters, auch hinsichtlich bekannter Mängel eine Mängelanzeige zu
erhalten. Ohne Beanstandung seitens des Reisenden hat der Reiseveranstalter keine
Veranlassung, Abhilfe anzubieten.
10
Die Mängelanzeige war auch nicht deshalb entbehrlich, weil eine Beseitigung des
Mangels objektiv unmöglich war. Dass letzteres der Fall gewesen sei, hat der insoweit
darlegungs- und beweispflichtige Kläger nicht hinreichend dargetan und unter Beweis
gestellt. Die Beweislast des Klägers ergibt sich daraus, dass jede Partei die für sie
günstigen Umstände darzulegen und zu beweisen hat. Da die Entbehrlichkeit der
Anzeige gerade eine Ausnahme vom allgemeinen Rügeerfordernis begründet, hat der
Kläger diesen für ihn günstigen speziellen Umstand zu beweisen.
11
Der bloße Vortrag des Klägers, eine Abhilfe sei nicht möglich gewesen, reicht insoweit
nicht aus. Insbesondere kann aus dem von der Zeugin bekundeten Umstand, dass dem
Kläger auf die Mängelanzeige vom 20.02.2006 ein Umzug erst für den 22.02.2006
angeboten worden sei – mithin für einen Zeitpunkt, zu dem dem Kläger und seinen
Mitreisenden ein Umzug nicht mehr zumutbar war –, nicht geschlossen werden, dass
auch im Falle einer früheren Mängelanzeige ein Ersatzbungalow nicht zu einem
früheren Zeitpunkt zur Verfügung gestanden hätte.
12
Eine Mängelanzeige konnte das Amtsgericht nach den insoweit übereinstimmenden
Zeugenaussagen, deren Würdigung die Berufung nicht angreift, erstmals am 20.02.
2006 feststellen. Auch die klägerseits benannte Zeugin hat die Beweisfrage zu 5., ob
sich der Kläger erstmals am 20.02.2006 fernmündlich an das Büro der Beklagten
gewandt und Beeinträchtigungen durch Bauarbeiten gerügt habe, ausdrücklich und
eindeutig bejaht. Daher scheidet eine Erstreckung der Minderung auf den davor
liegenden Zeitraum aus.
13
3. Gewährleistungsansprüche wegen der erstmals im Schriftsatz vom 28.08.2006
vorgetragenen weiteren Mängel hat das Amtsgericht zu Recht abgelehnt, weil der
Kläger diese nicht innerhalb der Ausschlussfrist des § 651 g Abs. 1 BGB geltend
gemacht hat. In dem insoweit maßgeblichen anwaltlichen Anspruchsschreiben vom
28.02.2006 werden Gewährleistungsansprüche ausschließlich wegen des Baulärms
14
geltend gemacht; weitere Mängel sind dort ebenso wenig erwähnt wie in der
Klageschrift vom 02.05.2006. Insoweit verhilft der Berufung auch nicht der Vortrag zum
Erfolg, diese Mängel seien ebenfalls schriftlich am 20.02.2006 bei der Reiseleitung
gerügt worden. Denn das Beanstandungsschreiben vom 20.02.2006, auf dessen
Rückseite die weiteren Mängel in der Tat aufgeführt sind, erfüllt zwar die
Voraussetzungen einer Mängelanzeige im Sinne des § 651 d Abs. 2 BGB, lässt aber die
Geltendmachung von Ansprüchen nicht erkennen.
4. Schließlich steht weder dem Kläger noch seinen Mitreisenden eine Entschädigung
wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit gemäß § 651 f Abs. 2 BGB zu. Wie das
Amtsgericht geht die Kammer in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass eine
erhebliche Beeinträchtigung der Reise im Sinne dieser Vorschrift nur vorliegt, wenn die
Reise in einem Maße mangelhaft war, das eine Minderung des Gesamtreisepreises um
mindestens 25 % rechtfertigt. Da es nach dem oben Gesagten bei der vom Amtsgericht
festgestellten Minderung in Höhe von 137,57 € bleibt, welche bezogen auf den
Gesamtreisepreis von 1.605,00 € einer Quote von weniger als 9 % entspricht, ist die
Erheblichkeitsschwelle vorliegend noch nicht überschritten.
15
III.
16
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
17
IV.
18
Der Streitwert für die Berufung wird auf 1.839,- € festgesetzt.
19