Urteil des LG Duisburg vom 16.11.2009

LG Duisburg (architekturbüro, kläger, atelier, bezeichnung, architektur, uwg, verwendung, gesellschaft, werbung, vorschrift)

Landgericht Duisburg, 23 O 8/09
Datum:
16.11.2009
Gericht:
Landgericht Duisburg
Spruchkörper:
3. Kammer für Handelssachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
23 O 8/09
Tenor:
hat die 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg
auf die mündliche Verhandlung vom 21.09.2009
durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht
und die Handelsrichter Dr. und
für R e c h t erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für
jeden Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden
Ordnungsgeldes bis zu 250.000 € und für den Fall, dass dieses nicht
beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6
Monaten, zu vollziehen an der Beklagten, zu unterlassen, im
Wettbewerb handelnd die Bezeichnung „Architektur Atelier“ oder
„Architekturbüro“ im Firmennamen zu verwenden, ohne in die
Architektenliste bei der zuständigen Architektenkammer eingetragen zu
sein.
2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 208,65 € nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab dem
01.11.2008 zu zahlen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 7.000 € vorläufig
vollstreckbar.
T a t b e s t a n d :
1
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Unterlassung irreführender Werbung.
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Die Beklagte, deren einzelkaufmännisches Unternehmen auf die Veräußerung von
Grundstücken gerichtet ist, die zum Zeitpunkt ihrer Veräußerung mit einer
Genehmigungsplanung nach der HOAI versehen sind, firmiert als " ". Auf ihrer
Homepage wirbt sie u. a. mit der Aussage: "Unsere günstigen und scharf kalkulierten
Preise beruhen neben unserem Hauskonzept darauf, dass wir kein Bauträger sind,
keine Makler zwischengeschaltet haben, lediglich als Architekturbüro fungieren …". Die
Beklagte selbst ist nicht als Architektin in die Architektenliste eingetragen. Sie
beschäftigt allerdings neben mehreren Diplom-Ingenieuren einen bei der
Architektenkammer eingetragenen Architekten, Herrn .
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Mit Schreiben vom 17.10.2008 beanstandete der Kläger gegenüber der Beklagten die
Verwendung der Bezeichnung "Architektur Atelier" und "Architekturbüro", erteilte ihr
eine Abmahnung und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten
Unterlassungserklärung auf. Diese Aufforderung wiederholte er mit Schreiben vom
03.11.2008 und 02.12.2008 jeweils unter Fristsetzung. Die Beklagte lehnte die Abgabe
einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ab.
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Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte, da sie selbst nicht als Architektin
eingetragen sei, nicht berechtigt sei, die Bezeichnung "Architektur Atelier" oder
"Architekturbüro" zu verwenden. Neben der Unterlassung dieses Verhaltens begehrt er
die Erstattung der ihm entstandenen Abmahnkosten in Höhe von 208,65 €.
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Der Kläger hat ursprünglich beantragt,
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1. die Beklagte kostenpflichtig und vorläufig vollstreckbar zu verurteilen, bei Meidung
eines vom Gericht für jeden Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung
festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 € und für den Fall, dass dieses
nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6
Monaten, zu vollziehen an der Beklagten, es zu unterlassen, im Wettbewerb
handelnd
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a. die Bezeichnung "Architektur Atelier" zu verwenden und/oder
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b. die Bezeichnung "Architekturbüro" zu verwenden
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ohne in die Architektenliste bei der zuständigen Architektenkammer eingetragen
zu sein,
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2. die Beklagte kostenpflichtig und vorläufig vollstreckbar zu verurteilen, an den
Kläger 208,65 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab dem 01.11.2008
zu zahlen.
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Nach Teilklagerücknahme in der mündlichen Verhandlung beantragt er nunmehr,
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die Beklagte zu verurteilen,
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1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung
festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 € und für den Fall, dass dieses
nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6
Monaten, zu vollziehen an der Beklagten, es zu unterlassen, im Wettbewerb
handelnd die Bezeichnung "Architektur Atelier" oder "Architekturbüro" im
Firmennamen zu verwenden, ohne in die Architektenliste bei der zuständigen
Architektenkammer eingetragen zu sein,
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2. an den Kläger 208,65 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszins ab dem 01.11.2008 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie meint unter Berufung auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, es sei
ihr erlaubt, in ihrer Werbung darauf hinzuweisen, dass ihr Unternehmen
Architektenleistungen erbringe. Hierfür sei es ausreichend, dass sie einen
eingetragenen Architekten beschäftige.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage ist begründet.
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Der Kläger hat Anspruch auf die zuletzt beantragte Unterlassung irreführender Werbung
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aus §§ 3, 4 Nr. 11, 5, 8 Abs. 3 UWG.
Der Kläger ist klagebefugt gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG.
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Er kann die Beklagte gemäß § 8 Abs. 1 UWG auf Unterlassung in Anspruch nehmen, da
die Beklagte durch die Art und Weise ihrer Firmierung dem § 3 UWG zuwider handelt
und Wiederholungsgefahr besteht.
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Nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG liegt eine unlautere Wettbewerbshandlung u. a. dann vor,
wenn einer gesetzlichen Vorschrift zuwider gehandelt wird, die auch dazu bestimmt ist,
im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Eine solche Vorschrift
stellt § 2 Baukammergesetz NW (BauKaG NW) dar. Nach § 2 Abs. 1 BauKaG NW darf
die Berufsbezeichnung "Architekt" nur führen, wer in die von der Architektenkammer
geführte Architektenliste eingetragen ist. Nach Abs. 2 der Vorschrift dürfen
Wortverbindungen mit Berufsbezeichnungen nach Abs. 1 oder ähnliche Bezeichnungen
wie beispielsweise "Architekturbüro" nur von Personen verwendet werden, die
entsprechende Berufsbezeichnungen zu führen befugt sind.
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Das Bundesverfassungsgericht hat sich mit der verfassungskonformen Auslegung
dieser Vorschrift in seiner Entscheidung vom 02.01.2008 beschäftigt (GRUR 2008, 806).
Es hat ausgeführt, das Recht auf Berufsfreiheit aus Art. 12 GG erfordere es, zwischen
einem von Art. 12 gedeckten bloßen werbenden Hinweis auf die Qualifikation eines
Mitarbeiters und der unerlaubten Verwendung einer Berufsbezeichnung in der Firma
einer Gesellschaft zu unterscheiden. Auch eine Gesellschaft, die nicht von einem
Architekten geleitet werde, aber eingetragene Architekten beschäftige, dürfe damit
werben, dass sie Architektenleistungen erbringe. Das Berufsrecht verbiete nämlich
weder die Beschäftigung von Architekten noch die Werbung mit deren Qualifikationen.
Gerade im Bau- und im Bauträgerbereich, der verschiedene Disziplinen umfasse, könne
es zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Information über das Leistungsspektrum
einer Gesellschaft sachdienlich sein, auch mit der Erbringung von Architektenleistungen
zu werben. § 2 Abs. 2 BauKaG NW genüge den verfassungsrechtlichen Anforderungen
daher nur dann, wenn der Eintragungsvorbehalt für die Verwendung der
Berufsbezeichnung "Architekt" auf die Firmierung der Gesellschaft beschränkt bleibe.
Nur die Verwendung der Berufsbezeichnung oder entsprechender Wortverbindungen im
Firmennamen der Gesellschaft ist nach dieser verfassungskonformen Auslegung daher
durch § 2 BauKaG NW untersagt.
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Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung kann der Beklagten im vorliegenden Fall
nicht generell verboten werden, im Wettbewerb handelnd die Bezeichnung "Architektur
Atelier" und "Architekturbüro" zu verwenden. In jedem Fall unzulässig ist jedoch die
Verwendung von Zusätzen wie "Architektur Atelier" und "Architekturbüro"
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im Firmennamen. Mit dem zuletzt einschränkend formulierten Unterlassungsantrag ist
die Klage daher begründet.
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Die Wiederholungsgefahr wird im Hinblick auf die Verwendung des Firmenzusatzes
"Architektur Atelier" durch den bisherigen Verstoß indiziert. Im Hinblick auf die
Bezeichnung "Architekturbüro" besteht nach dem Zusammenhang des bisherigen
Verhaltens der Beklagten eine Erstbegehungsgefahr, da dieser Zusatz bereits in
Werbeanzeigen verwand wurde.
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Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von Abmahnkosten ist begründet aus § 12 Abs.
1 Nr. 2 UWG. Die Abmahnkosten des Vereins sind auch dann voll zu zahlen, wenn die
Abmahnung nur teilweise berechtigt war (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27.
Auflage, § 12 Rdnr. 1.99).
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 ZPO.
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Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:
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für den Antrag zu 1) auf 10.000 €
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für den Antrag zu 2) auf 208,65 €.
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