Urteil des LG Duisburg vom 13.10.2005

LG Duisburg: tagessatz, minderung, schmerzensgeld, alter, trennung, fahrtkosten, vollstreckbarkeit, verkehrsunfall, entschädigung, erholung

Landgericht Duisburg, 12 S 89/05
Datum:
13.10.2005
Gericht:
Landgericht Duisburg
Spruchkörper:
12. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
12 S 89/05
Vorinstanz:
Amtsgericht Duisburg, 72 C 5170/04
Tenor:
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Amtsgerichts Duisburg
vom 31.03.2005 - 72 C 5170/04 - unter Zurückweisung des
weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie
folgt neu gefaßt:Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 1. €
386,70 und an die Klägerin zu 2. € 386,70 sowie an die Kläger zu 3. bis
5. je € 86,70, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz seit dem 17.08.2004 zu zahlen.Im Übrigen wird die
Klage abgewiesen.Von den Gerichtskosten erster Instanz tragen der
Kläger zu 1. 20 %, die Klägerin zu 2. 17 %, die Kläger zu 3., 4. und 5.
jeweils 10 % und die Beklagte 33 %.Von den außergerichtlichen Kosten
des Klägers zu 1. erster Instanz tragen 62 % der Kläger zu 1. selbst und
38 % die Beklagte. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu
2. erster Instanz tragen 57 % die Klägerin zu 2. selbst und 43 % die
Beklagte. Von den außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 3., 4. und 5.
erster Instanz tragen diese jeweils 78 % selbst und die Beklagte jeweils
22 %. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten erster Instanz
tragen die Beklagte selbst 33 %, der Kläger zu 1. 20 %, die Klägerin zu
2. 17 % und die Kläger zu 3., 4. und 5. jeweils 10 %.Von den
Gerichtskosten zweiter Instanz tragen der Kläger zu 1. 21 %, die
Klägerin zu 2. 20 %, die Kläger zu 3., 4. und 5. jeweils 14 % und die
Beklagte 17 %.Von den außergerichtlichen Kosten zweiter Instanz des
Klägers zu 1. tragen 71 % der Kläger zu 1. selbst und 29 % die Beklagte.
Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2. tragen 70 % die
Klägerin zu 2. selbst und 30 % die Beklagte. Die außergerichtlichen
Kosten zweiter Instanz der Kläger zu 3., 4. und 5. tragen diese jeweils zu
100 %. Von den außergerichtlichen Kosten zweiter Instanz der
Beklagten tragen die Beklagte 17 %, der Kläger zu 1. 21 %, die Klägerin
zu 2. 20 % und die Kläger zu 3., 4. und 5. jeweils 14 %.Das Urteil ist
vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e :
1
I.
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Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen auf das
angefochtene Urteil des Amtsgerichts Duisburg vom 21.03.2005 (Bl. 96 ff. d. A.).
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Das Amtsgericht hat einen Anspruch der Kläger aus § 651 f Abs. 2 BGB wegen des
nach 4 Tagen abgebrochenen Urlaubs bejaht (keine zumutbaren Abhilfeangebote) und
einen Anspruch des Klägers zu 1. auf Minderung wegen des Hotelwechsels (die
insoweit begehrten 115,78 €). Des Weiteren hat es einen Anspruch auf Rückerstattung
von 10/14 der Reisekosten bejaht. Weitergehende Ansprüche (Minderung wegen
fehlender Kinderbetreuung: keine Mängelanzeige; 61,43 € Reiseversicherungen; 25,-- €
Unkostenpauschale; Schmerzensgeld der Kläger zu 1. und 2.) hat es verneint.
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Zur Berechnung:
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vorgerichtlich gezahlt 3.268,-- €
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abzüglich 10/14 von 3.620,-- € 2.585,71 €
7
abzüglich begehrter Minderung Umzug 115,78 €
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= 556,51 € geteilt durch 5 = 113,30 €.
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Für die beiden Erwachsenen, die Kläger zu 1. und 2., hat das Amtsgericht einen
Tagessatz wegen entgangener Urlaubsfreude von 60 € und wegen der Erholung zu
Hause davon 50 % = 30,-- € für 10 Tage für den Anspruch nach § 651 f Abs. 2 BGB
zugrunde gelegt. Jeweils 300,-- € abzüglich gezahlter 113,30 € machen die insoweit
jeweils vom Amtsgericht zugesprochenen 186,70 € bzw. 186,69 € aus. Für die Kinder
hat es einen Tagessatz von 40,-- € angenommen, 50 % davon = 20,-- € x 10 Tage =
200,-- € pro Kind abzüglich gezahlter 113,30 € = weitere 86,70 € pro Kind.
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Mit der Berufung begehrt der Kläger zu 1. Ersatz der gesamten Flugkosten und nicht nur
von auch insoweit 10/14. Darüber hinaus hätte nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs beim Anspruch der Kläger nach § 651 f Abs. 2 BGB nicht ein Abzug
vom Tagessatz von 50 % wegen des Resterholungswertes zu Hause gemacht werden
dürfen. Die Unkostenpauschale stehe dem Kläger zu 1. zu, da sie eine Vielzahl von
Telefonaten hätten führen müssen, Taxikosten hätten zahlen müssen und für eine
gesonderte Heimreise zum Wohnort hätten Sorge tragen müssen. Hinsichtlich des
begehrten Schmerzensgeldes hätte das Amtsgericht dem Beweisangebot nachgehen
müssen.
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Die Kläger beantragen,
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unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Beklagte zu
verurteilen, über den erstinstanzlich zuerkannten Betrag hinaus an den Kläger zu 1.
weitere 692,89 €, an die Klägerin zu 2. weitere 663,30 €, sowie an die Kläger zu 3.
bis 5. jeweils weitere 313,30 €, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz seit dem 17.08.2004 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt im wesentlichen das angefochtene Urteil, ist jedoch der Auffassung, dass
hinsichtlich der Kinder ein Tagessatz von 40,-- € zu hoch sei.
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II.
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Die Berufung hat teilweise Erfolg.
18
Der Anspruch der Kläger zu 1. und 2. nach § 651 f Abs. 2 BGB ist auf jeweils 386,70 €
zu erhöhen. Im Übrigen bleibt es bei den vom Amtsgericht zugesprochenen Beträgen.
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Nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2005, 1047 ff.) beeinträchtigen Weiterarbeit
und Ersatzurlaub den Entschädigungsanspruch nach § 651 f Abs. 2 BGB nicht. Dies
muss auch für den zu Hause verbrachten Urlaub entgegen der Auffassung des
Amtsgerichts gelten. Der BGH hat in dem Urteil offengelassen, ob feste, sowohl vom
Einkommen als auch vom Reisepreis unabhängige Tagessätze verwendet werden
dürfen. Jedenfalls sei die Entscheidung, etwa die Hälfte des Reisepreises als
Entschädigung anzusetzen, nicht zu beanstanden. Bei dem dieser Entscheidung
zugrundeliegenden Fall hatten die Reisenden die Reise erst gar nicht angetreten. In
dem vorliegenden Fall, bei dem die Reise nach 4 Tagen abgebrochen wurde und 10
von 14 Tagen zu Hausen verbracht wurden, hält die Kammer im Rahmen des § 287
ZPO für die Erwachsenen, die Kläger zu 1. und 2., einen Tagessatz von 50,-- € für 10
Tage = jeweils 500,-- € für angemessen. Nach Abzug der bereits jeweils gezahlten
113,30 € verbleibt ein Betrag von 386,70 €. Für die drei Kinder, die Kläger zu 3. bis 5.,
im Alter von 4, 6 und 7 Jahren hält es die Kammer für angemessen, 1/3 von 500,-- €
jeweils zugrunde zu legen, gleich 166,67 €. Wenn man die jeweils gezahlten 113,30 €
in Abzug bringt, verbleiben pro Kind 53,37 €. Insoweit hat das Amtsgericht den Kindern
mehr zugesprochen. Eine Verschlechterung kommt jedoch nicht in Betracht. Diese
pauschale Bemessung des Schadensersatzanspruchs steht im Einklang mit dem oben
genannten Urteil des BGH, der solche festen Tagessätze nicht für unzulässig gehalten
hat.
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Ein Anspruch des Klägers zu 1. auf Ersatz der kompletten Flugkosten besteht nicht. Das
Amtsgericht hat die Vereinbarung (Bl. 18 d. A.) zutreffend so ausgelegt, dass sich die
Beklagte verpflichtet, den Teil des Gesamtreisepreises zu erstatten, der auf den nicht auf
Fuerteventura verbrachten Zeitraum entfiel, als 10/14 des Gesamtreisepreises.
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Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Ausführungen des
Amtsgerichts in dem angefochtenen Urteil verwiesen. Bei einer Auslegung nach §§ 133,
157 BGB ist davon auszugehen, dass auch die Flugkosten nur anteilig erstattet werden
sollten. Eine Trennung der Flugkosten von den sonstigen Kosten war nicht beabsichtigt,
was insbesondere durch das Wort inklusive zum Ausdruck gebracht wurde.
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Auch ein Anspruch der Kläger zu 1. und 2. auf Zahlung von Schmerzensgeld hat das
Amtsgericht zu Recht verneint. Mit der Berufung haben die Kläger zu 1. und 2. ihr
Vorbringen, es sei zu "erheblichen psychischen und auch körperlichen
Beeinträchtigungen” gekommen, nicht substantiiert, obwohl sie in dem
amtsgerichtlichen Urteil darauf hingewiesen worden sind, dass konkrete Tatsachen
mitzuteilen seien. Die Zeugen waren daher nicht zu vernehmen, da dies auf einen
Ausforschungsbeweis hinausliefe.
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Auch eine Unkostenpauschale ist dem Kläger zu 1. nicht zu ersetzen. Eine solche kann
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der Geschädigte ohne Spezifizierung nach einem Unfall beanspruchen (Palandt-
Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 249, Rdnr. 43). Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass der
Geschädigte einige Aufwendungen zu tätigen hat (Kommunikationskosten, Fahrtkosten
etc.). Diese für den Verkehrsunfall entwickelten Erwägungen sind auf den vorliegenden
Fall nicht übertragbar. Im Reisevertragsrecht sind derartige Unkostenpauschalen nicht
anerkannt (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 14.12.2000, Aktenzeichen 16 U 55/00). Der
Kläger hätte im einzelnen darlegen müssen, welche Kosten ihm durch welche
Telefonate und Taxifahrten entstanden sein sollen und welche Kosten bei ihm in
Deutschland für eine gesonderte Heimreise angefallen sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1. ZPO. Die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO.
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Streitwert für das Berufungsverfahren: 2.296,09 €.
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