Urteil des LG Duisburg vom 10.03.1998

LG Duisburg (kläger, ungerechtfertigte bereicherung, 1995, zahlung, mietzins, höhe, mieter, vermieter, kaution, nebenkosten)

Landgericht Duisburg, 13 (23) S 455/97
Datum:
10.03.1998
Gericht:
Landgericht Duisburg
Spruchkörper:
23. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 (23) S 455/97
Vorinstanz:
Amtsgericht Wesel, 5 C 401/96
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts
Wesel vom 25. September 1997 (5 C 401/96) wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
Streitwert der Berufung: 11.248,50 DM.
(4.798,50 DM + 3.600,00 + 2.850,00 DM).
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
1
I.
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Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
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1.
4
Die eingeklagte Forderung auf Zahlung des Mietzinses bis September 1996 sowie der
Nutzungsentschädigung für die erste Oktoberhälfte 1996 ist unstreitig.
5
2.
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Im Streit sind die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen der Beklagten.
7
a)
8
Mit der Begründung die Kläger hätten die Nebenkosten nicht abgerechnet, verlangen
die Beklagten Rückerstattung sämtlicher Vorauszahlungen, die sie mit 5.000,00 DM
beziffern, und rechnen hiermit auf. Dieser Rückzahlungsanspruch besteht nicht.
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Als Anspruchsgrundlage kommt allenfalls ungerechtfertigte Bereicherung gemäß § 812
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BGB in Betracht. Ohne Rechtsgrund haben die Beklagten die
Nebenkostenvorauszahlungen indessen nicht geleistet; Rechtsgrund ist der Mietvertrag.
Er ist nicht nachträglich deshalb entfallen, weil die Kläger jahrelang nicht abgerechnet
haben. Aus dieser Tatsache ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht zu folgern,
daß keine Nebenkosten angefallen sind. Sie behaupten nicht, kein Wasser verbraucht
und keinen Müll zur Entsorgung gegeben zu haben, sie behaupten auch nicht, es seien
keine umlagefähigen Grundsteuern und Gebühren für Straßenreinigung sowie
Versicherungsprämien angefallen. Daher kann der Kläger dadurch, daß er nicht
abgerechnet hat, nicht in Höhe sämtlicher Vorauszahlungen ungerechtfertigt bereichert
sein (vgl. LG Koblenz WuM 1995, 98). Da die Beklagten nicht einmal behaupten, auf die
Nebenkosten mehr als tatsächlich zur Kostendeckung erforderlich vorausgezahlt
gezahlten haben, sind die Kläger die keine Nachzahlung fordern, nicht gehalten, zur
Abwehr des Rückzahlungsanspruchs die Höhe der angefallenen Nebenkosten im
einzelnen darzulegen.
Dem Mieter ist zuzugestehen, daß ihm das, was er zuviel gezahlt hat, zurückzuerstatten
ist, auch muß er berechtigt sein, Druck auf den Vermieter auszuüben, um ihn zur
Abrechnung und Ermittlung eines etwaigen Rückzahlungssaldos zu veranlassen.
Hierzu ist es nicht erforderlich, daß Unterlassen der jährlichen Abrechnung dadurch zu
sanktionieren, daß der Mieter alle Vorauszahlungen zurückfordern kann. Seine Rechte
kann er in anderer Weise hinreichend wahren. Er kann insbesondere auf
Rechnungslegung klagen (BGHZ 113, 188 = NJW 1991, 836 = ZMR 1991, 113; BGH
WPM 1991, 2069). Ferner ist der Mieter berechtigt, gemäß § 273 BGB die fällig werden
Vorauszahlungen zurückzubehalten, wenn der Vermieter mit der fälligen
Nebenkostenabrechnung in Verzug ist (BGH NJW 1984, 1684 = ZMR 1984, 818; BGHZ
91, 62 = NJW 1984, 2466 = ZMR 1984, 339; OLG Koblenz NJW-RR 1995, 394 = ZMR
1995, 157). Auf diese Weise läßt sich verhindern, daß der Vermieter sich einen Vorteil
dadurch verschafft, daß er nicht abrechnet. Spätestens dann, wenn er die laufenden
Vorauszahlungen nicht mehr erhält, er aber gleichwohl den Versorgungsträgern und
sonstigen Zahlungsempfängern gegenüber zur Zahlung - nunmehr aus eigenen Mitteln -
verpflichtet bleibt, wird er bestrebt sein, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß er
die Nebenkostenvorauszahlungen wieder erhält.
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Der vereinzelt geäußerten Ansicht, der Mieter könne sämtliche Vorauszahlungen
zurückfordern, wenn der Vermieter nicht abrechne ( so in nicht näher begründeten
Urteilen LG Essen WuM 1992, 200; LG Lüneburg WuM 1992, 380; LG Stade WuM 1995,
343; LG Gießen NJW-RR 1996, 777 = WuM 1995, 442), vermag die Kammer daher nicht
zu folgen.
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Wenn die Beklagten in der Vergangenheit das ihnen nach § 273 BGB zustehende
Zurückbehaltungsrecht nicht geltend gemacht haben, so können sie das Geleistete
gleichwohl nicht gemäß § 813 BGB zurückfordern, denn das Zurückbehaltungsrecht ist
keine dauernde Einrede, weil es nur bis zur Vorlage der Abrechnung wirkt. Auch nach
Beendigung des Mietverhältnisses können die Beklagten dem Mietzinsanspruch der
Kläger nicht das Zurückbehaltungsrecht zur Erzwingung der Nebenkostenabrechnung
entgegensetzen.
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b)
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Die Beklagten haben keinen Anspruch auf Zahlung eines Zuschusses zu den
Heizkosten.
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Insoweit behaupten sie, die Kläger hätten ihnen wegen der unzureichenden Heizung
einen Zuschuß für Oktober 1995 bis März 1996 in Höhe von 6 x 600,00 DM = 3.600,00
DM versprochen, und sie verweisen auf die von ihnen gefertigte Bestätigung eines
Ferngesprächs, die vom 8. Februar 1996 datiert. Im Schriftsatz vom 15. Januar 1997
behaupten Sie hierzu, mit den Klägern zu Beginn der Heizperiode die Zahlung des
Zuschusses in Anwesenheit des Zeugen vereinbart zu haben. Wenn ihrem Vortrag
zufolge diese Vereinbarung schon vor Beginn des Winters getroffen wurde, so ist nicht
nachzuvollziehen, warum sie den Mietzins bis März 1996 in voller Höher zahlten.
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Vor diesem Hintergrund ist die Beweiswürdigung des Amtsgerichts, dem die Aussage
des Zeugen nicht zum Nachweis genügte, zutreffend. Auch wenn er über Lautsprecher
das gehört hat, was der Kläger gesagt hat, so schränkt er seine Aussage doch
bemerkenswert in dem Sinn ein, daß er die Vereinbarung dem Telefonat entnommen
haben will. Der weiter von ihm geschilderte Streit zwischen den Parteien, auch das
spätere Gespräch mit dem Kläger im Juni 1996, sprechen jedenfalls gegen eine
Einigung. Bemerkenswert ist auch, daß der Zeuge eine Einigung über 6 x 300,00 DM
mitbekommen haben will, was er auch in dem nachgereichten Gedächtnisprotokoll
bestätigt. Wenn das Gespräch laut Aussage des Zeugen im Januar 1996 stattgefunden
hat - also nicht vor Beginn der Heizperiode -, so bleibt die Frage, warum die Beklagten
nicht wenigstens gegen den Mietzins für März 1996 aufrechneten.
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Die Beweisantritte durch weitere in der Berufungsbegründung benannten Zeugen
betreffen nicht die Vereinbarung des Zuschusses, sondern die mangelhafte Beheizung;
sie brauchten nicht gehört zu werden.
18
c)
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Auch die Aufrechnung der Beklagten mit dem Kautionsguthaben über 2.850,00 DM
greift nicht durch.
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Die Kaution ist erst zurückzugeben oder zu verrechnen, wenn das Sicherungsbedürfnis
des Vermieters nicht mehr besteht. Abgesichert werden sämtliche Ansprüche aus dem
Mietverhältnis und aus dem Abwicklungsverhältnis nach Beendigung (Sternel,
Mietrecht, 3. Aufl., III. Rz. 224). Hierzu gehören auch die Kosten der Rechtsverfolgung
(vgl. LG München II DGVZ 1984, 77). Namentlich dann, wenn rückständiger Mietzins
gerichtlich geltend zu machen ist, gehören sie zu dem durch den Zahlungsverzug
ausgelösten Schaden, der in materieller Hinsicht gemäß § 286 BGB zu ersetzen ist.
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Vorliegend besteht das Sicherungsbedürfnis der Kläger fort, so daß der Anspruch der
Beklagten auf Rückerstattung der Kaution nicht fällig ist. Zu Recht verweisen die Kläger
darauf, daß die Beklagten die gegen sie festgesetzten Kosten des erstinstanzlichen
Rechtsstreits in Höhe von 1.802,39 DM zzgl. Zinsen nicht bezahlt haben. Ihre
Entgegenstehende Behauptung in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 24. Februar
1998 haben die Beklagten nicht unter Beweis gestellt. Addiert man zu den
erstinstanzlichen Kosten die der Berufung, so ist der Kautionsbetrag erreicht. Den
Klägern ist nicht zuzumuten, die Kaution auf den rückständigen Mietzins zu verrechnen
und wegen der Rechtsverfolgungskosten, die infolge der gerichtlichen Durchsetzung der
die Kaution übersteigenden Mietzinsforderung anfallen, ungesichert zu sein. Dies gilt
insbesondere deshalb, weil die Beklagten gegen den eingeklagten Mietzins nicht nur
mit dem Anspruch auf Kautonsrückzahlung aufrechnen, sondern weitere vermeintliche
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Gegensprüche in nach § 19 Abs. 3 GKG streitwert- und damit auch kostenerhöhender
Weise zur Aufrechnung stellen.
II.
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Die Kostenentscheidung ergeht nach § 97 ZPO. In den Streitwert wurden die
Hilfsaufrechnungen mit dem Anspruch auf Zahlung des Heizkostenzuschusses und mit
dem Kautionsrückzahlungsanspruch gemäß § 19 Abs. 3 GKG einbezogen.
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